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Abbildung 2: Faktoren, die den P-Gehalt im Harn bei Schafen beeinflussen (nach HAY

2.6 Mögliche prophylaktische Maßnahmen

2.6.2 Diätetische Maßnahmen

Von wesentlicher Bedeutung für die Prophylaxe der Urolithiasis ist die Anwendung verschiedener diätetischer Maßnahmen. Je besser die Ration dem Bedarf der Tiere angepasst ist, desto geringer wird beispielsweise die Ausscheidung überschüssiger Ionen über den Harn (UDALL u. CHOW 1969).

Aufgrund der Vorstellungen über Ätiologie und Pathogenese der Urolithiasis müssen nach KIENZLE (1991) Diätmaßnahmen die Konzentration und Löslichkeit der Konkrementbildner durch

- Verringerung der Aufnahme an Konkrementbildnern - Herabsetzen ihrer scheinbaren Verdaulichkeit

- Hemmung ihrer Bildung im körpereigenen Stoffwechsel - Anregung der Diurese

- Verschiebung des Harn-pH-Wertes (Cave: entgegengesetztes Verhalten verschiedener Konkrementbildner) und

- Erhöhung der Konzentration an Inhibitoren verändern.

In Tabelle 2 sind die Empfehlungen für die Fütterungspraxis von KIENZLE (1991) zur Harnsteinprophylaxe bei der Intensivmast von Schafen unter Berücksichtigung der Durchführbarkeit (Kosten, Akzeptanzprobleme) aufgeführt.

Tabelle 2: Empfehlungen zur Harnsteinprophylaxe bei der Intensivmast von Schafen (KIENZLE 1991)

Knappe P-Versorgung Anfangsmast 4 g P/kg Kraftfutter Endmast 3 g P/kg Kraftfutter

weites Ca/P-Verhältnis (2:1) Evtl. Zulage von 10 – 15 g CaCl2/kg Kraftfutter1 ausreichendes Raufutterangebot ≥ 150 g Heu/d

bedarfsgerechte Proteinversorgung Anfangsmast 150 g Rp/kg Kraftfutter Endmast 120 g Rp/kg Kraftfutter

Viehsalzzulagen 5 – 15 g NaCl/kg Kraftfutter oder Lecksteine Ausreichende Tränkemöglichkeit

Vermeidung alkalisierender Verbindungen (Pansenpuffer, Na-Bikarbonat)

1 gleichzeitig harnsäuernde Wirkung

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Für Wiederkäuer werden zur Prophylaxe der Urolithiasis die im Folgenden aufgeführten Empfehlungen bezüglich diätetischer Maßnahmen genannt.

2.6.2.1 Mineralstoffgehalt des Futters Phosphor

Ziel bei der Prävention phosphathaltiger Harnsteine ist es, den P-Gehalt im Harn (s. Kapitel 2.5.2.1) zu reduzieren (LARSON 1996; HESSE et al. 1998). In ihren Untersuchungen an Schafen beobachteten EMERICK und EMBRY (1963) keine Harnsteine bei einem niedrigen P-Gehalt (0,33 %) in der Ration. Ein mittlerer P-Gehalt (0,62 %) verursachte bei gleichzeitig niedrigem Ca-Gehalt (0,44 %) in der Ration eine Urolithiasis-Inzidenz von 31 %. Ein hoher P-Gehalt (0,81 %) in Verbindung mit 0,44 % Calcium in der Ration ging mit einer 73%igen Inzidenz einher, bei höheren Ca-Gehalten traten jeweils weniger häufig Harnsteine auf. Daher vermuten sie, dass der maximal tolerierbare P-Gehalt in einer Ration für Schafe zwischen 0,33 und 0,62 % liegt. Dieser Wert kann von getreidereichen Rationen mit Protein- und Mineralstoffergänzung leicht überschritten werden.

Aufgrund der hohen P- und niedrigen Ca-Gehalte in Getreide besteht bei konzentratreichen Rationen kein zusätzlicher P-Bedarf. Der P-Gehalt im Futter für Schafe sollte laut HAY (1990) 0,6 % im frühen Wachstum und 0,4 % bei älteren Tieren nicht überschreiten.

BEHRENS et al. (2001) empfehlen bei Zufütterung von Kraftfutter an Schafe eine Reduzierung phosphorreicher Futtermittel, insbesondere von Kleie.

Calcium

Im Zusammenhang mit hohen P-Gehalten in der Ration zeigt sich ein reduzierender Effekt eines gleichzeitig erhöhten Ca-Gehaltes auf den P-Gehalt im Serum und im Harn sowie auf die Harnsteininzidenz (SCHNEIDER et al. 1952; LINDLEY et al. 1953; ELAM et al. 1959;

WEAVER 1963; EMERICK u. EMBRY 1963, 1964; PACKETT u. HAUSCHILD 1964;

BUSHMAN et al. 1965a, b; CROOKSHANK et al. 1967; HOAR et al. 1970b; HARDISTY u.

DILLMANN 1971; MUNAKATA et al. 1974b; AHMED et al. 1989). Erhöhte Ca-Konzentrationen im Futter können der steinbildenden Wirkung von Phosphor durch eine Ausfällung von Calciumphosphat im Darm, welches nicht absorbiert wird, vorbeugen (ROSMINI et al. 1988). GILL et al. (1959) beobachteten bei Ratten, die hohe Ca-Gaben in

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Form von Calciumlaktat erhielten, einen reduzierten P-Gehalt im Serum. Sie zogen daraus den Schluss, dass Ca-Zulagen zu phosphorreichen Rationen über eine verminderte intestinale P-Resorption und nachfolgend durch eine Reduktion der renalen P-Exkretion die Harnsteininzidenz senken können.

KHAMIS et al. (1996) beobachteten keine klinischen Symptome einer Urolithiasis bei 1340 konventionell gefütterten Mastbullen und führen dies auf einen protektiven Effekt der im Laufe der Mast steigenden Ca-Konzentrationen im Serum zurück. POOLE (1983, 1989) konnte in seinen Untersuchungen keine Hinweise auf einen protektiven Effekt von Ca-Zulagen bezüglich der Harnsteininzidenz feststellen.

Nach EMERICK und EMBRY (1963) sollte der Ca-Gehalt einer Ration für Schafe mindestens dem P-Gehalt entsprechen. HAY (1990) empfiehlt die Zulage von Calcium in Form von Calciumcarbonat, Calciumchlorid oder Calciumsulfat zur Ration, um ein Ca/P-Verhältnis von 2:1 zu übertreffen und dadurch die Absorption von überschüssigem Phosphor aus getreidereichen Rationen zu reduzieren. Auch BEHRENS et al. (2001) betonen, dass das Ca/P-Verhältnis in der Ration nicht unter 2:1 liegen sollte.

Durch Zulage von Calciumcarbonat (LARSON 1996) kommt es jedoch gleichzeitig zu einer Erhöhung des Harn-pH-Wertes; die Harnsteininzidenz wurde dadurch z. T. deutlich (EMERICK u. EMBRY 1963), z. T. nur geringgradig (YANO et al. 1975) gesenkt, so dass als Calciumsalz Calciumchlorid, das harnansäuernd wirkt, favorisiert wird (BUSHMAN et al.

1967, 1968; KIENZLE 1991). HOAR et al. (1970a) stellten eine deutlichere Reduktion der Urolithiasis-Inzidenz durch Calciumchlorid im Vergleich zu Calciumcarbonat fest.

Magnesium

Magnesium sollte zu maximal 0,2 % in einer kraftfutterreichen Ration für Schafe enthalten sein, da es aus Konzentraten doppelt so effektiv resorbiert werden kann wie aus Raufutter (HAY 1990). Eine Reduktion des Mg-Gehaltes in einer Ration für Mastlämmer, die auf Getreide basierte, zeigte sich nach ØRSKOV und ROBINSON (1981) als effektive Maßnahme. Zuvor war die Urolithiasis ein persistierendes Problem in dieser Herde, nach Reduktion der Magnesiumoxid-Supplementierung trat über zehn Jahre kein Urolithiasis-Fall mehr auf.

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2.6.2.2 Erhöhung des Rohfasergehaltes in der Ration

Als weitere Maßnahme nennt HAY (1990) die Verfütterung eines schmackhaften Futters, um den Speichelfluss und die endogene Exkretion von Phosphor in den Darm zu stimulieren. Für betroffene Schafherden empfiehlt sie einen hohen Rohfasergehalt in der Ration bei minimalem Konzentrateinsatz. Weder Obstruktionen noch Harnsedimente stellten MUNAKATA et al. (1974b) bei Ochsen fest, als sie die Konzentratmenge auf 1 % der Körpermasse begrenzten und Heu ad libitum anboten.

Auch KIENZLE (1991), BEHRENS et al. (2001) und GRÜNDER (2002) erwähnen eine Erhöhung des Raufutteranteils als eine Möglichkeit zur Harnsteinprophylaxe.

2.6.2.3 Ansäuerung des Harnes

Laut KIENZLE (1991) und GRÜNDER (2002) können harnsäuernde Substanzen, z. B.

Calciumchlorid oder Ammoniumchlorid, das Struvitsteinrisiko verringern bzw. die Harnsteinbildung sogar völlig verhindern. Außerdem sollte auf alkalisierende Substanzen („Pansenpuffer“) verzichtet werden.

Die Zulage von Chloridionen zur Ration (1,5 % NH4Cl oder 1,5 % CaCl2) senkt den pH-Wert und den Sättigungsgrad des Harnes mit Phosphationen (HAY 1990). Das Ammoniumion wird im Körper durch Stoffwechselvorgänge abgebaut und das verbleibende Chloridion anstelle von Bikarbonat renal ausgeschieden, so dass der Harn eine saure Reaktion zeigt (UDALL u.

CHOW 1969). Die harnansäuernde Wirkung des Calciumchlorids lässt sich durch die bevorzugte intestinale Absorption des Anions gegenüber der des Kations erklären. Über 90 % des Chlorids, aber weniger als 40 % des Calciums werden absorbiert (WESTENHOFF 2000).

CROOKSHANK et al. (1960) beobachteten eine Reduktion der Urolithiasisrate bei Mastochsen durch die Zulage von 90 g NH4Cl/Tier und Tag. LARSON (1996) empfiehlt den Einsatz von Ammoniumchlorid oder Ammoniumsulfat, wenn die Bestrebungen, den P-Gehalt in der Ration zu reduzieren, nicht möglich bzw. wirkungslos geblieben sind.

Ammoniumsulfat scheint dabei schmackhafter zu sein als Ammoniumchlorid. UDALL und CHOW (1965) stellten durch die Zulage von Ammoniumchlorid ebenfalls einen protektiven Effekt in Bezug auf die Harnsteininzidenz fest und schreiben diese Wirkung dem Chloridion zu. Die pH-Werte des Harnes wurden allerdings nicht untersucht.

Trotz eines sehr engen Ca/P-Verhältnisses (0,1:1) konnten BUSHMAN et al. (1967) die

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Harnsteininzidenz bei Schafen (postmortale Befunde) durch die Zulage von 1,5 % NH4Cl zur Ration von 50,0 % auf 4,2 % signifikant reduzieren. Der Harn-pH-Wert sank von 8,24 auf 6,43. Auch 1,5 % CaCl2 wirkten sich günstig auf die Harnsteininzidenz aus. Keines der beiden Salze zeigte in dieser Dosierung nachteilige Auswirkungen auf die Futteraufnahme oder die Körpermassenzunahmen. 0,5%ige Zulagen hingegen waren unwirksam, sowohl in Bezug auf den Harn-pH-Wert als auch auf die Harnsteininzidenz. Außerdem zeigten BUSHMAN et al.

(1968), dass die Harnsteininzidenz bei Schafen durch die Zulage von 1 % NH4Cl von 50 % (Kontrollgruppe) auf 5 % und durch die Zulage von 1 % CaCl2 auf 16 % gesenkt werden konnte. Parallel kam es durch die 1%ige NH4Cl-Zulage, welche die stärkere Reduktion der Steininzidenz bewirkte, zu einer signifikanten Reduktion des Harn-pH-Wertes (von 8,73 auf 8,35), die jedoch nicht so stark ausgeprägt war wie die durch die 1,5%ige NH4Cl-Zulage.

Verschiedene Autoren ziehen Calciumchlorid Ammoniumchlorid vor, da dieses Salz neben seinem harnansäuernden Effekt eine Erweiterung des Ca/P-Verhältnisses in den i. d. R.

phosphorreichen Rationen bewirkt (BUSHMAN et al. 1967, 1968; KIENZLE 1991;

WESTENHOFF 2000).

HICKING (1981) beobachtete bei Schaflämmern, die eine Ration mit einem 3%igen CaCl2 -Anteil als Prophylaktikum bekamen, erst nach Wochen eine Ausscheidung von Grießmaterial.

Im Gegensatz dazu schieden die provokativ gefütterten Tiere (3 % Natriumhydrogencarbonat in der Ration) bereits nach 14 Tagen Grießmaterial (Struvit- und Apatitkristalle) aus.

OEHME (1968), WALKER und VAUGHAN (1980) sowie GASTHUYS et al. (1993) empfehlen nach der Entfernung eines Harnsteins die Zulage von Ammoniumchlorid zur Ration für zwei bis drei Wochen, um den Harn anzusäuern und eventuell vorhandene weitere kleine Steine in der Blase aufzulösen, so dass eine erneute Obstruktion verhindert wird.

Ammoniumchlorid bewirkte außerdem eine Reduktion der Silikatsteininzidenz, jedoch ist hier im Gegensatz zu Struvitsteinen ein engeres Ca/P-Verhältnis von prophylaktischer Bedeutung (STEWART et al. 1991).

2.6.2.4 Förderung der Wasseraufnahme

Eine erhöhte Wasseraufnahme führt i. d. R. zu einer Harnverdünnung und damit zu einer Herabsetzung der Konzentration lithogener Substanzen im Harn (UDALL 1959). Den Tieren muss daher stets sauberes, frisches Wasser in ausreichender Menge zur Verfügung stehen

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(FÖRSTER 1988; HAY 1990; LARSON 1996).

Kochsalz (NaCl) kann zur Anregung der Wasseraufnahme und der Diurese verwendet werden und vermindert die Harnsteininzidenz (PARKER 1981; PETERSSON et al. 1988; AHMED et al. 1990; KIENZLE 1991; BEHRENS et al. 2001; GRÜNDER 2002). Durch die Einmischung von bis zu 4 % Natriumchlorid in die Ration wird dieser Effekt erreicht, ohne dass eine Depression der Futteraufnahme eintritt (UDALL 1962; HAY 1990). NaCl-Konzentrationen über 5 % in der Ration haben negative Auswirkungen auf die Schmackhaftigkeit des Futters und reduzieren die Futteraufnahme (SOCKETT u. KNIGHT 1984).

Die Anregung der Diurese durch Kochsalz bewirkte in den Untersuchungen von BUSHMAN et al. (1967) nur einen geringen Rückgang der Harnsteininzidenz von 50 % (Kontrollgruppe) auf 38 % (0,5 % NaCl) bzw. 33 % (1,5 % NaCl). Selbst eine 4%ige NaCl-Zulage reduzierte die Inzidenz nur auf 35 % und stellte keine signifikante Reduktion dar, obwohl das Harnvolumen um mehr als das Doppelte anstieg. Daher sehen BUSHMAN et al. (1968) keinen Zusammenhang zwischen durchschnittlichem Harnvolumen und der Bildung von Harnsteinen. LARSON (1996) spricht einer Salzzulage nur einen geringen protektiven Effekt zu und weist darauf hin, dass eine Vergrößerung des Harnvolumens bei gefährdeten Tieren die Zeit zwischen Entstehung einer Obstruktion und Ruptur von Harnblase oder Urethra verkürzt, so dass gegebenenfalls ein noch schnelleres Eingreifen notwendig ist.

Eine Harnstoffzulage (NPN-Verbindung, non-protein nitrogen) steigert ebenfalls die Wasseraufnahme (HAY 1990).

2.6.2.5 Weitere Maßnahmen

Durch eine Reduktion der Proteinaufnahme bzw. der Aufnahme stickstoffhaltiger Substanzen soll die Ammoniakbildung vermindert werden. KIENZLE (1991) berichtet von einer sehr unterschiedlichen Effizienz dieser Maßnahme.

Wenn eine Ration keine Grünfutterkomponenten enthält, kann eine Hypovitaminose A erwartet werden, die wiederum im Zusammenhang mit einer Harnsteinbildung stehen kann (BHATT et al. 1973; KIENZLE 1991; LARSON 1996). Daher empfehlen AHMED et al.

(1989) eine Zufütterung von Grünfutter zu konzentratreichen Rationen. GRÜNDER (2002) sieht eine vorbeugende Wirkung durch Gaben von Vitamin A.

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