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Deutschmährische Autoren als Übersetzer

Erzählungen, Gedichte und Romane herausgegeben, die aus Konzentrationslagern kamen oder die tragischen Schicksale der Juden und Exilanten beschrieben.

1.1 Deutschmährische Autoren als Übersetzer

Über die Übersetzer in der deutschmährischen Literatur kann man nicht als über eine spezielle Gruppe sprechen. Es geht vor allem um die Autoren, die sich neben der schriftstellerischen Karriere der Übersetzungs- und Verlagsarbeit widmeten.

Die Gründe, warum sie übersetzten, hingen oft mit der politischen Situation zusammen. Beispielweise in der Zeit des Protektorats Böhmen und Mähren lobte der tschechische Patriot, der Sternberger Deutsche Vincy Schwarz die tschechische Literatur durch seine Übersetzungen der tschechischen Werke in die deutsche Sprache. Die Schriftsteller, die mehrere Sprachen beherrschten, wollten die tschechische oder deutsche Literatur in der Welt präsentieren. Man übersetzte oft auch aus finanziellen Gründen. Wenn man von einem Verlag ein Angebot der Übersetzung bekam, handelte es sich meistens um eine gutbezahlte Arbeit.

Außerdem war ein Vorteil des Übersetzens die Inspiration für eigene Werke.

Die Rede ist nicht nur von Menschen, die aus dem Tschechischen ins Deutsche und umgekehrt übersetzten. Eine Menge von ihnen übersetzte auch aus anderen fremden Sprachen. Die meist frequentierte Sprache war beispielweise Englisch oder Ungarisch. Man muss aber zur Sprache bringen, dass auch Autoren existierten, die ihre eigenen Bücher direkt in zwei Sprachen schrieben. Ein Vertreter eines solchen Falls ist zum Beispiel der tschechische Emigrant Ota Filip.

2 Deutschmährische Übersetzter in der Zeit der Romantik

In der Zeit der Romantik entstanden zahlreiche Werke, die bis heute sehr geschätzt sind. Es handelte sich um die Blütezeit der deutschen Kultur. Die goldene Ära betraf nicht nur die Literatur, sondern auch Musik, Theater und Kunst allgemein.

Beispielweise die romantischen Dramen und Erzählungen wurden laufend aus dem Deutschen in andere Sprachen übersetzt.

12 2.1 Alois Isidor Jeitteles

(20. 6. 1794 Brünn - 16. 4. 1858 Brünn)

Alois Isidor Jeitteles war ein österreichischer Journalist, Schriftsteller und vor allem Arzt. Er wurde in der mährischen Stadt Brünn geboren, obwohl er aus einer Prager jüdischen Familie stammte. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in Mähren, wo er seine Arztpraxis betrieb. Seine eigenen Werke (Schicksalsstrumpf, Die Hausgenossen, Auge und Ohr) schrieb er auf Deutsch und verkaufte er sie in großen deutschen Städten wie Berlin und München oder in Wien. Er übersetzte ins Deutsche aus romanischen Sprachen wie Italienisch, Spanisch und Französisch.

Alois Jeitteles studierte Philosophie an der Universität in Prag und dann Medizin in Wien, wo er im Jahr 1819 zum Doktor promoviert wurde. Noch vor den Promotionen gründete er mit seinem Cousin Ignaz Jeitteles im Jahr 1818 die enzyklopädische Wochenschrift für Israeliten SIONA. Ihr Ziel war, die jüdische Bildung zu heben. Dem widmete er sich jedoch nur kurz. Nach seinem Studium und zahlreichen Studienreisen nach Belgien, Holland, Frankreich und Deutschland kehrte er nach Brünn zurück, wo er seit dem Jahr 1821 seine eigene Arztpraxis betrieb. Den Beruf des Arztes verrichtete er bis zum Jahre 1848, dann entschied er sich, sein bisheriges Leben zu ändern und dem politischen Engagement den Vorzug zu geben. Im gleichen Jahr gewann er eine Anstellung in der Stadtverwaltung und zugleich übernahm er die Redaktion der Brünner Zeitung, die er bis zu seinem Tod leitete.4

Literarische Tätigkeit

Die Literatur und Dramatik war für Alois Jeitteles ein lebenslängliches Hobby.

Bereits seit dem Jugendalter widmete er sich der Poesie. Am Anfang seiner schriftstellerischen Karriere schrieb er für die Taschenbücher „Selam“ und

4 GOEDEKE Karl, GOETZE Edmund. Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen, Band VII, Siebentes Buch: Zeit Des Weltkrieges (1790 1815): Phantastische Dichtung, Berlin: Walter de Gruyter, 2011, S. 28.

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„Aglaia“5. In die Geschichte der Literatur und Musik ging er mit 22 Jahren mit dem Gedichtzyklus „An die ferne Geliebte“ ein. Dieser Gedichtzyklus sprach nämlich seinen guten Freund Beethoven an, der ihn im Jahr 1816 vertonte und in der Welt berühmt machte6. Gleichzeitig fand Alois Gefallen an der Dramatik. In Zusammenarbeit mit Ignaz Franz Kasteli schuf er im Jahr 1818 die Komödie Der Schicksalstrumpf, die in großen Städten wie beispielweise Leipzig, München oder Wien jahrelang über die Bühnen ging. Seine parodistisch gestimmten Komödien wurden auch im Wiener Burgtheater inszeniert. Zu seinen weiteren gespielten Schauspielen gehörten Auge und Ohr (1837), Der Liebe Wahn und Wahrheit (1842), Die Hausgenossen (1843), Der Hirtenknabe von Tolosa und Moderne Walpurgisnacht (1848).7

Alois Isidor Jeitteles als Übersetzer

Seine Liebe zur Musik, Dramatik und Literatur brachte ihn zum Übersetzten.

Jahrelang beschäftigte er sich mit dem Studium der italienischen und spanischen Dramatik, die ihm große Inspiration für seine oben erwähnten Theaterstücke war.

Im Jahr 1821 übersetzte er ins Deutsche das Lustspiel Die Macht des Blutes nach dem Spanischen des Don Agostino Moreto und nach drei Jahren machte er mit der Übersetzung des Spiels Das Fegefeuer des heiligen Patricius (1824)8 vom spanischen Dichter Pedro Calderón de la Barca weiter. Dann widmete er sich nur noch den eigenen Werken.

Zu den Übersetzern aus der Zeit der Romantik gehört beispielweise auch Josef Christian Freiherr von Zedlitz, der aus dem Englischen ins Deutsche das poetische Werk von George Gordon Byron Ritter Harolds Pilgerfahrt (1836) übersetzte.

5 MAUTHE, Gabriele, BLUMESBERGER Susanne, DOPPELHOFER, Michael. Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Berlin:

Walter de Gruyter, 2011, S. 599.

6 TOPOĽSKÁ Lucy, VÁCLAVEK Ludvík. Beiträge zur deutschsprachigen Literatur in Tschechien, S.71.

7 GOEDEKE Karl, GOETZE Edmund. Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen, S.29.

8 HEUER Renate u.a., Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 13. Berlin: Walter de Gruyter, 2005, S. 44.

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3 Deutschmährische Übersetzer der ersten Hälfte des 20.

Jahrhunderts

Zu den deutschmährischen Übersetzern des 20. Jahrhunderts zählt man eine ganze Reihe von Autoren mit verschiedenen Lebensgeschichten und also auch mit verschiedenen schriftstellerischen und Übersetzungsabsichten.

Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Tschechien einerseits deutsche Schriftsteller, die das Programm von der NSDAP begrüßten und unterstützen. Daneben konnte man die Werke der deutschmährischen Autoren lesen, die öffentlich gegen den Nazismus polemisierten oder protestierten. Oft bemühten sie sich auch durch ihre Publikationen und Übersetzungen die tschechische Kultur in fremden Ländern zu präsentieren, oder das Selbstbewusstsein der – nach der Okkupation – unterdrückten Tschechen zu stärken. Diese Autoren überlebten nur, wenn sie ins Exil flohen. Die, die im Protektorat aus Liebe zur Heimat blieben, wurden umgebracht oder ins Konzentrationslager geschickt. Eine dritte Gruppe bildeten deutschmährische Schriftsteller, die sich in keiner Weise zur aktuellen politischen Situation äußerten.

Es sei auch erwähnt, dass die deutschmährische Literatur in dieser Epoche einen relativ deutlichen Prozess der Internationalisierung durchmachte. Manche Werke wurden in verschiedene Sprachen übersetzt, Leute hatten mehrere Möglichkeiten zu reisen und europäische Staaten begannen mehr zusammenzuarbeiten. Das alles führte zu neuen Erfahrungen Gedanken und vor allem zu Kenntnissen der neuen Fremdensprachen.

3.1 Franz Spunda

(1.1.1890 Olmütz - 1.7.1963 Wien)

Franz Spunda war ein österreichischer Romanschreiber, begeisterter Dichter, Übersetzer und leidenschaftlicher Reisender. Bis heute kennt man ihn als Spezialisten für okkulte Literatur und Literatur über Griechenland. Weiter schrieb er kulturhistorische Romane, expressionische Lyrik, Dramatik und Zeitromane. Er

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wohnte hauptsächlich in Wien aber kam aus Olmütz, wohin er bis zum Anfang des Zweiten Weltkriegs regelmäßig zurückkehrte. Er schrieb deutsch und übersetzte aus dem Englischen und Italienischen.

Seine Wurzeln liegen in der Familie eines Schneiders, der für das Olmützer Erzbistum nähte. Als Kind besuchte er das deutsche klassische Gymnasium und nach dem Abitur studierte er Germanistik, Romanistik und Philosophie in Wien, München und Berlin. Später widmete er sich dem Studium der Mystik und Alchemie in Paris. Im Jahr 1914 beteiligte er sich als Soldat im Etappendienst an dem Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg arbeitete er auf dem deutschen Gymnasium in Mährisch Ostrau. Von 1918 bis 1945 wirkte er als Gymnasialprofessor in Wien, dann trat er in den Ruhestand. Die freie Zeit nutzte Spunda zum Reisen und Schreiben. Spunda reiste gern nach Griechenland, was man auch in seinem Schaffen sehen kann. Dieses Land brachte ihm lebenslange Inspiration. Zum erstmal unternahm er die Fahrt nach Griechenland im Jahr 1924 und dann wiederholte er sie noch vierzehn Mal. Außer Griechenland besuchte er auch exotische Länder wie zum Beispiel Nordafrika oder Kleinasien. Nach seiner letzten Reise im Jahr 1963 kehrte er nach Wien in einem schlechten Gesundheitszustand zurück. Wahrscheinlich handelte es sich um Herzinfarkt. Nach einigen Tagen starb er in Wien

Während der Zeit seiner Wirkung in Wien wurde Spunda im Jahr 1932 zum Mitglied der NSDAP9 und des nazistischen Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs (1933-1938).10 Er publizierte in nationalsozialistischen Zeitungen und oft äußerte er sich zur problematischen Beziehung zwischen den Deutschen und Tschechen. Seine Ansicht über den entstehenden Streit in der deutschböhmischen Gesellschaft war nicht leicht zu definieren. Ursprünglich hegte er nationalistische Gedanken und propagierte deutsche Literatur, anderseits erniedrigte er die Tschechen nie. Spunda schrieb auch Werke, die an das behagliche Zusammenleben erinnerten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Zentralkommission zur Bekämpfung von NS-Lietartur alle nazistischen Texte verbat, blieben Spundas

9 FACKELMANN Christoph, ZEMAN Herbert, Franz Spunda (1890 – 1963) Deutschmährischer Schriftsteller, magischer Dichter, Griechenlandpilger, Wien: LIT, 2016, S. 32.

10 KOHL Katrin, ROBERTSON Ritchie, A History of Austrian Literature 1918-2000, Boydell &

Brewer, 2010, S. 85.

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Texte trotz kontroverser Meinungen zugänglich. Laut der Kommission gab es drinnen keine rassistischen Passagen.

Literarische Tätigkeit

Franz Spunda widmete sich zahlreichen literarischen Gattungen. Er fing mit der expressionistischen Lyrik an, eine Weile spezialisierte er sich auf das Drama und schließlich gab er der Prosa den Vorzug. Wie erwähnt, interessierte sich Spunda für Okkultismus. Er war von der Wirksamkeit der Magie überzeugt, damit hängt seine Liebe zur „magischen“ Dichtkunst und zum Schreiben der „magischen Romane“

zusammen. Die okkulten Romane waren damals beliebt, weil sich die Leute für die Magie und Mystik interessierten. Die Grundlagen seiner Auffassung von der Magie beschrieb Spunda im Essay-Band Der magische Dichter (1923). Zu seinen meistübersetzten magischen Romanen gehörten beispielweise Der gelbe und der weiße Papst (1923) oder Das ägyptische Totenbuch (1926). Weiter beschäftigte er sich mit den Studien über den schweizerischen Alchimisten, Astrologen, Philosophen und Mystiker des 16. Jahrhunderts, berühmt unter dem Namen Paracelsus. Über sein Leben und sein Lernen gab Spunda drei Bücher heraus:

Magische Unterweisungen des edlen und hochgelehrten Philosophi und Medici Philippi Theophrasti Bombasti von Hohenheim, Paracelsus genannt (1923), Paracelsus (1925) und Das Weltbild von des Paracelsus (1941). Zu den weiteren Publikationen zählt man beispielweise die magischen Romane Devachan (1921), Baphomet (1928) oder Das Heiligtum der Welt (1955) und zu den letzten Werken Spundas gehört der biografische Roman Das mystische Leben Jakob Böhmes (1961).11

Einen weiteren Gegenstand von Spundas Interesse bilden Reiseberichte, Romane und kulturhistorische Essays über die Antike, Griechenland und allgemein über die mediterrane Welt. Zu Romanen mit antiker Thematik zählt man, Griechisches Abenteuer (1932), Romulus (1934), Wulfila (1936), Alarich (1937) und Das Reich ohne Volk (1938) den mythologischen Roman Minos oder Die Geburt Europas (1931) oder den historisch-philosophischen Roman Herakleitos (1957). Seine

11 FACKELMANN Christoph, ZEMAN Herbert, Franz Spunda (1890 – 1963), S. 99-114.

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Reiseberichte tragen die Titel Griechische Reise (1926), Der heilige Berg Athos (1928), griechische Mönche (1929), Griechenland. Fahrten zu den alten Göttern (1938). Dieser Gattung blieb er lebenslang treu.

Ein Werk ist für Tschechen und Deutschen interessanter als alle anderen und zwar der Roman über Karl IV., Der Herr von Hradschin (1942). Dieser historische Roman ist für die Auffassung der idealisierten deutschböhmischen Verhältnisse, die in der Zeit seiner Ausgabe ganz undenkbar waren, spezifisch. Spunda beschrieb das ruhige Zusammenleben der Tschechen und Deutschen und die Schönheiten der gemeinsamen Kultur. 12

Franz Spunda als Übersetzer

Das Übersetzen spielte im Spundas Leben zwar eine kleine Rolle, aber trotzdem zählt man ihn zu den deutschmährischen Übersetzern, die die Literatur bereicherte.

Bereits an der Universität interessierte sich Spunda für das Übersetzen. Im Jahr 1913 promovierte er mit der Doktorarbeit Die deutschen Petrarca-Übersetzungen von A. W. Schlegel (1786) bis auf die Gegenwart. Franz Spunda war kein „Schnell-übersetzter“. Werke, die er übersetzte oder besser gesagt nachdichtete, musste er vor allem gut verstehen, weil es sich meistens um schwierige lyrische Texte handelte. Trotzdem fing er seine schriftstellerische Karriere mit dem Übersetzen der Gedichte an, weil er die Inspiration für seine expressionistischen Gedichte suchte.

Die Sprachen, aus welchen er übersetzte, waren weder Deutsch noch Tschechisch, sondern Englisch und Italienisch. Aus dem Italienischen dichtete er die Sonette von Francesco Petrarca (1913), Kurtisanen-Gespräche von Pietro Aretino (1920), Gedichte von Giacomo Leopardi (1923) nach. Aus dem Englischen übertrug er rhythmisch Ossians Gedichte - Temora und die kleinen Dichtungen von James Macpherson (1924), die er in zwei Bänden herausgeben ließ.

Im Jahr 1948 verlegte er seine letzte meisterhafte Übersetzungsarbeit. Diesmal handelte es sich um die Übersetzung seiner beliebten Gattung und zwar des

12 TOPOĽSKÁ Lucy, VÁCLAVEK Ludvík. Beiträge zur deutschsprachigen Literatur in Tschechien, S. 179-178.

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mystischen Werks Magische Erzählungen aus Frankreich (1948) – Bücher der Magie.

3.2 Rudolf Kassner

(1.9. 1873 Groß Pawlowitz 1. 4. 1959 Siders)

Rudolf Kassner war ein österreichischer Schriftsteller, Essayist, Übersetzer und Philosoph. Er wurde in der mährischen Stadt Groß Pawlowitz geboren. Später zog er nach Wien um, wo er auch die meiste Zeit seines Lebens wohnte. Physisch kam er in die Heimat nicht mehr zurück. Zu Mähren kehrte er nur in seinen Erinnerungen und Werken zurück. Er übersetzte aus großen Kultursprachen wie Griechisch, Französisch, Englisch und Russisch.

Kassner kam aus einer mehrgliederigen aber gutversorgten Familie. Sein Vater war Besitzer einer Zuckerfabrik und Mieter des kaiserlichen Landgutes. Mit neun Monaten erkrankte Rudolf an Kinderlähmung, was ihn lebenslang einschränkte.

Rudolf besuchte keine Grundschule. Damals war es jedoch üblich alle Grundkenntnisse zu Hause zu lernen. Seit dem Jahr 1888 besuchte er das Gymnasium in Nikolsburg und seit dem Jahr 1892 studierte er Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie in Wien. Während der Studien verbrachte er ein Jahr in Berlin und im Jahr 1896 promovierte er wieder in Wien. Nach dem Studium fing er an, viel zu reisen. Er besuchte viele exotische Länder wie beispielweise Indien, Ceylon, China oder Nordafrika. Im Jahr 1914 kam er nach Wien zurück, wo er die Jüdin Marianne Eissler heiratete. Vor dem Zweiten Weltkrieg, erschüttert durch die Nazigewalt und die Freiheitbeschränkung zog er in die Schweiz. In der Schweiz trug er an der Universität Zürich vor. Zum Ende seines Lebens wurde er zum Mitglied des österreichischen PEN-Clubs und der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Im Alter von 86 Jahren starb er in der Stadt Siders.

19 Literarische Tätigkeit

Bereits während des Studiums bewegte sich Kassner den intellektuellen, literarischen und kulturellen Kreisen. Er interessierte sich für Theater, Bücher, Kunst und Philosophie. Er besuchte viele Vorträge und schloss sich gern Diskussionen an. Im Jahr 1897 fand er bei der Reise nach England seine Vorliebe im Symbolismus und Essayschreiben. Nach drei Jahren gab er sein erstes symbolistisches Werk Die Mystik, die Künstler und das Leben- Über Englische Dichter Und Maler Im 19. Jahrhundert heraus.

Man betrachtet ihn vor allem als Wegbereiter der Physiognomie. Physiognomie ist eine parawissenschaftliche Lehre, die sich mit Ähnlichkeiten zwischen dem menschlichen Gesicht, und den Charakterzügen beschäftigt. Zu seinen ersten physiognomischen Texten gehören die philosophische Novelle Der Tod und die Maske (1902) und Melancholie (1908), seine wichtigsten physiognomischen Essays sind Zahl und Gesicht (1919), Die Grundlagen der Physiognomik (1922) und Das physiognomische Weltbild (1930).13

Daneben ist Kassner für seine philosophischen Essays, die sich auf die Problematik des Menschenseins beziehen, bekannt. Seine Gedanken und Vorstellungen präsentierte er in Publikationen: Die Mythen der Seele (1927), Der Gottmensch.

Gespräch und Gleichnis (1938) oder Transfiguration (1946). Oft ging er aus den großen Philosophen wie Nietzsche oder Kierkegaard aus, er kritisierte einige von ihren Gedanken oder ergänzte sie. Nicht weniger widmete er sich auch dem Thema der Moral und Kunst. 14

Im Jahr 1933 wurden Kassners Werke im deutschen Reich offiziell verboten, weil sie angeblich gegen die nazistische Ideologie eingestellt waren.

Während des zweiten Weltkriegs kehrte er in Erinnerungen zu seiner Herkunft zurück und im Jahr 1938 gab er das autobiographische Werk Buch der Erinnerungen heraus. Nach dem Zweiten Weltkrieg, erschüttert durch die

13 Fondation Rilke, Rudolf Kassner, zugänglich von: http://fondationrilke.ch/en/rainer-maria-rilke/rudolf-kassner/ [zit. 01.02.2019].

14 TOPOĽSKÁ Lucy, VÁCLAVEK Ludvík, Beiträge zur deutschsprachigen Literatur in Tschechien, S. 79.

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katastrophischen Ereignisse, veröffentlichte er das Buch Die zweite Fahrt, wo er an die eigene Heimat erinnerte und auf die Schönheiten Mährens zeigte.

Rudolf Kassner als Übersetzer

Kassner war auch ein gesuchter und geschätzter Übersetzer. Mit der Übersetzungstätigkeit begann er bereits im Jugendalter. Seine Übersetzerkarriere leitete er mit der Übertragung der Werke des großen antiken Philosophen Platon ein. Sein erstes ins Deutsche übertragenes Werk Platons Gastmahl ließ er im Jahr 1903 veröffentlichen. Ein Jahr danach verlegte er in der deutschen Version das Werk Platons Phaidros und dann machte er mit Platons Ion, Lysis, Charmides (1905), Platons Phaidon (1906) weiter.

Dazwischen dichtete er aus dem Französischen ins Deutsche Philoktet oder Der Traktat von den drei Arten der Tugend (1904) von André Gide nach.

Seit dem Jahr 1912 widmete er sich dem Übersetzen der Novellen aus dem Russischen. Seine erste übersetzte russische Novelle war Der Mantel (1912) von N. V. Gogol und zehn Jahren später übersetzte er auch Gogols Taras Bulba (1922).

Von dem nicht weniger berühmten Schriftsteller L. N. Tolstoi übertrug er die Erzählung Der Tod des Iwan Iljitsch (1912) und von Dostojewski das Buch Der Großinquisitor (1914). Die letzten Werke, denen sich Kassner als Übersetzer widmete, schrieb der russische Dichter, Dramatiker und Prosaiker A. S. Puschkin.

Es handelte sich um die Novellen Der Mohr des Zaren (1923) und Pique Dame (1923).

Weiter orientierte sich Kassner auch auf englische Autoren. In deutscher Version ließ er das Fragment des religiöses Textes Apologia pro vita mea (1920) von John Henry Newman und den Roman Tristram Shandy von Laurence Sterne veröffentlichen. Sternes Roman publizierte er ursprünglich im Jahr 1937 in Berlin, aber erst nach dem Krieg stand er in ostdeutschen Buchhandlungen zur Verfügung.15

15 VOOGD Peter Jan de, NEUBAUER John. The reception of Laurence Sterne in Europe. New York: Continuum, 2004, S. 82.

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Außerdem übersetzte er auch aus dem Französischen. Von dem französischen Dichter und Diplomaten Saint John Perse übertrug er ins Deutsche das Werk Preislieder für die Zeitschrift Corona.

3.3 Alfred Fuchs

(23. 6. 1892 Prag – 16. 2. 1942 Dachau)

Alfred Fuchs war Schriftsteller, Übersetzer, Publizist und getaufter Katholik jüdischer Herkunft. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in Prag oder auf Reisen. Einen Bruchteil seines Lebens wohnte er jedoch auch in Mähren. Er unterrichtete in Mährisch Ostrau an der Gewerbeschule und wirkte als Sekretär des tschechisch-jüdischen politischen Bundes in Teschen. Dank seiner Eltern beherrschte er Deutsch und Tschechisch auf dem Niveau der Muttersprache. In der Familie seines Vaters sprach man normalerweise tschechisch, seine Mutter sprach allerdings in der Gesellschaft deutsch.16 In die deutschtschechische Geschichte der Übersetzung ging Alfred Fuchs vor allem durch die Übersetzungen des deutschen Romantikers Heinrich Heine ein.

Alfred Fuchs wurde in eine jüdische Familie geboren. Seine Familie war nicht orthodox, sondern assimiliert. Alfreds Vater wohnte als Kind auf dem Lande, aber im Verlauf des Lebens erreichte er die Anstellung als Bankfachmann.

In Prag besuchte Fuchs das Gymnasium auf den Königlichen Weinbergen und nach dem Abitur studierte er die philosophische Fakultät an der Universität in Prag, wo er auch promovierte. Neben dem philosophischen Studium besuchte er Vorlesungen an der theologischen und juristischen Fakultät. Während der Studien beeinflussten ihn bedeutend die Professoren und T. G. Masaryk und Kordáč, was

In Prag besuchte Fuchs das Gymnasium auf den Königlichen Weinbergen und nach dem Abitur studierte er die philosophische Fakultät an der Universität in Prag, wo er auch promovierte. Neben dem philosophischen Studium besuchte er Vorlesungen an der theologischen und juristischen Fakultät. Während der Studien beeinflussten ihn bedeutend die Professoren und T. G. Masaryk und Kordáč, was