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Designmethoden

Im Dokument Design und Wirkung  (Seite 45-54)

4.4 D ESIGNPROZESS

4.4.2 Designmethoden

Gebrauchsgegenstände zu gestalten erstreckt sich häufig über eine längere Zeitspanne. Es gilt unterschiedliche Interessengruppen zusammenzubringen: der Auftraggeber mit seinem Auf-trag, die Entwicklung mit der Einschränkung von Machbarkeit, die eigenen Designvorstellun-gen und ggf. ein Vorgesetzter, der auch seine Ideen einbrinDesignvorstellun-gen will. Der spätere Kunde und Nutzer muss in den Blick genommen werden mit seinen persönlichen Bedürfnissen und Wün-schen. Im besten Fall ist er integriert in den Gestaltungsprozess. Ein weiteres Spannungsfeld tut sich durch die Berücksichtigung des Marktes und der Weiterentwicklung von Produkten

40 Designer durch neue Materialien und innovative Technik auf. Diese Parameter prägen den Alltag es De-signers.

In diesem Kapitel werden Methoden vorgestellt, die den Designer bei der Gestaltung eines Produktes unterstützen können. Es geht hier um eine nutzerbezogene Gestaltung und we-niger um einen Ideenfindungsprozess.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es die designwissenschaftliche Auseinandersetzung über Vorgehensweisen und Methoden (vgl. z.B. Jones 1992, S. 407). Es existiert eine Vielzahl von Methoden, die den Designer in den einzelnen Phasen des Gestaltungsprozesses unterstüt-zen können. Sie werden kontrovers diskutiert, teilweise weisen sie opportunistische Züge auf und konkurrieren miteinander (vgl. Cross 2007, S. 110). Dennoch betont Cross (2007) die Wichtigkeit von Designmethoden: „A major area of design research is methodology: the study of the processes of design, and the development and application of theniques which aid the designer.“ (ebenda, S. 125).

Nach Rittel (2013) ist Entwerfen und Erstellung eines Planes innerhalb einer Welt der Vorstellung notwendig, um Modelle zu entwickeln, die helfen sollen Konsequenzen der Nut-zung möglichst sicher abzuschätzen, auch wenn das problematisch erscheint (vgl. Rittel 2013, S. 123f). Designmethoden helfen den Designprozess zu strukturieren und ermöglichen ein sy-stematisches Vorgehen. Schweitzer (2016) sagt, dass die Designmethoden ein praktisches und strukturiertes Vorgehen ermöglichen, welche im Designprozess unterstützend wirken. Design-methoden sollten möglichst früh im Entwurfsprozess eingesetzt werden, um eine ganzheitliche Basis für die Synthese zu schaffen. Sie eröffnen Möglichkeiten einen geeigneten Umgang mit der Komplexität der Designprobleme zu finden (vgl. Schweitzer 2016, S. 5ff).

Designmethoden stellen nach Roozenburg und Eekels (1995) kein geschlossenes Sy-stem dar, sondern müssen immer weiterentwickelt werden, da die bestehenden Methoden nicht ausreichend sind (vgl. Roozenburg und Eekels (1995, S. 29ff).

Einen Überblick über die zurzeit gängigsten 100 Designmethoden bieten Bella Martin und Bruce Hanington (vgl. Martin und Hanington 2013, S. 4ff). Eine Grafik aller Designme-thoden mit Einteilung nach beschreibenden Kategorien befindet sich im Anhang der Arbeit. Bei der Betrachtung der Übersicht fällt auf, dass für die Phasen 2-4 die meisten Methoden angebo-ten werden. Eine klare Trennung der Methoden, gerade zwischen den Phasen 2-4, ist nicht er-kennbar da sich die Phasen überschneiden.

Bei der Eingruppierung, die Martin und Hanington (2013) in einzelne Kategorien vor-genommen haben, ist auffällig, dass viele der Methoden auf eine qualitative Datengewinnung

Designprozess 41 basieren. Für Designresearch-Methoden ist das typisch, da ein Austausch direkt mit dem Nut-zer, z.B. in Form eines Tiefeninterviews erforderlich ist.

Die 100 Methoden werden in dieser Arbeit in 5 Kategorien eingeteilt:

1. Untersuchung zur Datengewinnung mit dem Nutzer 2. Untersuchung zur Datengewinnung ohne den Nutzer

3. Untersuchung zur Datengewinnung durch persönliche Erfahrung 4. Auswertung von Daten

5. Darstellung und Sortierung von gewonnenen Daten

Im Folgenden wird beispielhaft für jede der 5 Gruppen eine Methode mit ihren Vor- und Nach-teilen vorgestellt. Die Auswahl jeweiliger Methoden ist beispielhaft und steht aus meiner Sicht repräsentativ für die anderen Methoden.

Methode zur Datengewinnung mit dem Nutzer „Partizipatives Design“:

Diese Methode gibt es seit den 1970er Jahren und stammt aus Skandinavien (vgl. Sanders 2013, S. 65, vgl. Ehn 2013, S. 80 oder Martin und Hanington 2013, S. 128). Anders als bei anderen Methoden arbeitet der Designer direkt mit dem Nutzer oder der Nutzergruppe zusammen. Sie entwickeln gemeinsam Erkenntnisse, die sich widerspiegeln im Designresultat.

Als eine der Vorreiterin der „Partizipativen Gestaltung“ gilt Elizabeth Sanders, die durch viele Versuche Erfahrungen sammelte und diese zusammengefasst hat. Sanders (2009) beschreibt das Partizipatorische Design wie folgt: „The participatory workshop is a new con-cept of design in which developers, end users, and researchers work together to design a product or service. This approach is still in its experimental stage as applied to studying jobs in the construction industry. ... The workshop method is more commonly used by designers, but can provide useful information that can complement data from surveys or laboratory investigations conducted by human factors professionals and other interested in user-centered design“ (Sand-ers 2009, S. 1).

Die Nutzer werden direkt in den Designprozess eingebunden und können am Gestalten teilnehmen. Sanders und Stappers (2012) sprechen von den Bedürfnissen der Nutzer, die direkt aufgenommen werden können. „Participatory design is an approach to design that attempts to actively involve the people who are bring served through design in the process to help to ensure that the design […] meets their needs” (Sanders und Stappers 2012, S. 19).

42 Designer Partizipatives Design bedeutet nach Schuler und Namioka (1993), den Nutzer stark in den Entwicklungsprozess einzubeziehen, ihn als Informationsquelle und Gestalter zu betrach-ten (vgl. Schuler und Namioka 1993, S. 12). Durch Partizipation entsteht ein direkter Zugang zu Informationen und ermöglicht Einsicht in das Nutzerbild (vgl. Clement und Van den Bes-selaar 1993, S. 29-37).

Zu Beginn des gemeinsamen Entwerfens sind die Ergebnisse offen. Wölfel et al. (2013) beschreibt die Methode „serious play“ mit durchgeführten Fallbeispielen, welche die Motiva-tion zur gemeinsamen kreativen Gestaltung im spielerischen Vorgehen darlegen, weniger in der Erfüllung einer Aufgabe. Es kann bei dieser Methode mit den Händen gearbeitet werden (z.B.

gespielt, gezeichnet) (vgl. Wölfel et al. 2013, S. 250f). Bei der Arbeit in einem Partizipativen Workshop übernehmen die Designer mit ihrer gestalterischen Ausbildung vorwiegend die vi-suelle Umsetzung von Wünschen und Vorstellungen der Nutzer. Auch sind Gestalter im Ver-gleich zu Nicht-Gestaltern in der Lage Begriffe abstrakt darzustellen sowie eine direkte Bewer-tung ihrer Ergebnisse durchzuführen und darauf aufbauend neue Ideen zu entwickeln (vgl. Tille und Webers 2013 S. 284ff). Tille und Webers haben eine Studie durchgeführt (vgl. ebenda, S.

288ff), in der sie die beiden Methoden der „Kollaboration“ und der „Partizipation“ kombiniert haben. Mit diesen beiden Methoden „soll der Nutzer nicht nur teilnehmen, sondern so tief in den Prozess des Entwerfens einbezogen werden, dass er eine ähnliche Rolle wie der Gestalter annehmen kann“ (ebenda, S. 289). Die Fragestellung war, ob der „Nicht-Gestalter“ durch den iterativen Prozess zu einem ähnlichen Ergebnis wie der Gestalter gelangen kann. Nach Tille und Webers (2013) zeigte sich, „dass beide Seiten daran interessiert sind, ein umfassendes Bild verschiedener Möglichkeiten darzustellen; allerdings sind die Nicht-Gestalter sehr bildhaft. Sie orientieren sich häufig an für sie greifbaren, realen Vorbildern. Die Gestalter hingegen arbeite-ten in eine eher abstrakte Richtung. Sie sucharbeite-ten nach einem allgemein verständlichen Reprä-sentanten, der auch losgelöst vom Kontext funktioniert und verständlich ist. (...) Die Designer entwickelten sehr abstrakte Darstellungen, (...) während die Non-Designer häufig ein direktes Abbild (...) zeichneten. Sofern kein konkretes Abbild möglich war, wurde versucht eine meta-phorische Abbildung zu finden.“ (ebenda, S. 300).

Vorteil dieser Methode ist, dass das Design eines Objektes auf seine Nutzergruppe hin gestaltet wird. Dadurch, dass der Nutzer direkt in den Gestaltungprozess eingebunden ist, kann der Designer die Wünsche aufnehmen und verstehen.

Als Nachteil kann zusammengefasst werden, dass es nicht immer im Designprozess möglich ist, eine repräsentative Nutzergruppe in die Entwurfsarbeit einzubinden. Die

Einbezie-Designprozess 43 hung ist immer mit hohem Aufwand, Kosten und mit viel Zeit verbunden. Es muss sicherge-stellt werden, dass die einbezogenen Nutzer auch repräsentativ für zukünftige Zielgruppen gel-ten. Schwierig kann es werden, wenn von den Nutzern zukünftige Lösungen abgefragt werden, sie aber nicht geschult sind, zukunftweisend zu arbeiten. Daher ist es ratsam von den Problemen der Nutzung ausgehend die Um- und Neugestaltung anzustoßen.

Methode zur Datengewinnung über „Usability-Tests“:

Mit dieser Methode nimmt der Designer eine beobachtende Rolle ein: Dem Nutzer wird bei der Erfüllung einer Aufgabe zugesehen. Durch die Beobachtung sollen die Stellen der Anwendung identifiziert werden, die den Nutzer irritieren und frustrieren. Usability-Tests werden bei einer vorhandenen Produktreife vor der Einführung des Produktes durchgeführt.

Vorteil dieser Methode ist, dass es ein garantiertes Feedback der Nutzer gibt: dokumen-tiert durch Aufzeichnungen. Im Vorfeld der Untersuchung muss die Zielgruppe identifiziert werden, sodass nur repräsentative Nutzer eingeladen werden. Nachteilig ist die ggf. aufwendige Rekrutierung von einer entsprechenden Nutzergruppe und die Erstellung von Prototypen.

Methode zur Datengewinnung über den Nutzer „Rollenspiel“:

Im Rollenspiel geht es um die Situation in der das Produkt genutzt wird nachzuspielen, „doing behavioral studies are to obtain answers to pressing questions and to contribute the theories of human behavior“ (Sommer und Sommer 2002, S. 4). Der Rollenspieler (Designer) versetzt sich in die Situation des Nutzers und imitiert ihn. Die Situation wird definiert und die Requisiten werden im Vorfeld festgelegt. Bei diesem Vorgang ist Empathie für den Nutzer gefragt. „In-struments and procedures should produce the same results when applied to similar people in similar situations, or to the same people on a second occasion. Reliability is an important con-tributor to validity“ (ebenda, S. 4). Der Designer muss sich in die Situation des Nutzers verset-zen, um die Probleme bei der Nutzung zu erkennen. Es ist die Aufgabe des Spielers, die Routi-nen und Verhaltensweisen der Nutzer aufzugreifen und diese wiederzugeben. Beobachtende Personen dokumentieren das Rollenspiel und machen Notizen, Fotos oder Videos.

Es ist eine kostengünstige Methode mit welcher Probleme bei der Nutzung aufgedeckt werden können. Auch kann das Rollenspiel flexibel gespielt werden und bedarf keiner langzei-tigen Planung: Das Vorgehen ist zeitlich unabhängig.

Im Verhältnis aufwändiger ist es die Situation richtig wiederzugeben. Im Vorfeld müs-sen Informationen über die Situation und das Verhalten des Nutzers gesammelt werden. Ein Abgleich mit den gewonnenen Informationen und der realen Situation ist ratsam. Weiter setzt

44 Designer das Rollenspiel voraus, dass alle beteiligten Personen sich auf das Rollenspiel einlassen und sich genau an die Vorgaben halten.

Methode zur Datengewinnung mit dem Nutzer „Prüfung von Kundenerfahrungen“:

Bei dieser Methode geht es um die Nutzung von bestehenden Kundendaten, die zur Beschrei-bung der Ist-Situation herangezogen werden. Es wird erfasst, was Kunden tun, wenn sie mit Hilfe ihres Produktes eine Aufgabe erfüllen. Diese Methode wird begleitet von der Struktur, mit der die Emotionen vor, während und nach dem Gebrauch dargestellt werden. Offene Berei-che werden deutlich, sodass weitere Marktforschung betrieben werden muss und SchwäBerei-chen des Produktes deutlich werden.

Vorteil dieser Methode ist, dass sie klar nutzerzentriert ist, da aus der Erfahrung mit den Nutzern Designansätze abgeleitet werden. Jede dokumentierte Bewertung trägt zu einem Über-blick bei und führt zu einem gemeinsamen Verständnis der wichtigen Prioritäten (vgl. Martin und Hanington 2013, S. 57).

Leider veralten die Daten schnell, sie müssen immer wieder aktualisiert werden, was eine Wiederholung des Versuchsaufbaus mit den Nutzern erfordert. Es ist aufwändig die Kun-dendaten zu dokumentieren. Die Gefahr besteht beim weiteren Designprozess, sich auf die ein-mal dokumentierten Daten eingelassen zu haben und den Überblick über neues zu verlieren.

Wenn man sich für diese Methode entscheidet, sollte diese geübt worden sein (Nutzung des Dokumentationstools, Deutung von Beobachtung und gewonnener Daten). Während des De-signprozesses reicht es nicht aus sie einmal anzuwenden, wenn es um eine Entscheidung bzw.

einen Richtungswechsel geht.

Methode zur Datengewinnung mit dem Nutzer „Personas“:

Personas vereinen fiktive Beschreibungen und Daten über Verhaltensweisen bestimmter Nutzer (vgl. Nielsen 2013, S. 64). Es werden Profile von Nutzern erstellt, die dazu dienen Szenarien zu testen. Cooper (2007) entwickelte Personas, um die Designrecherche zusammenzuführen, eine gemeinsame Basis zu schaffen und dies zu kommunizieren. „Personas provide us with a precise way of thinking and communicating about how users behave, how they think, what they wish to accomplish, and why. Personas are not real people, but they are based on the behaviors and motivations of real people we have observed and represent them throughout the design process. They are composite archetypes based on behavioral data gathered from the many actual users encountered in ethnographic interviews. Personas are based upon behavior patterns we observe during the course of the Research phase, which we then formalize in the Modeling

Designprozess 45 phase. By using personas, we can develop an understanding of our users’ goals in specific con-texts – a critical tool for using user research to inform and justify our designs” (Cooper 2007, S. 75f).

Um Personas zu erstellen, ist es zunächst wichtig die Nutzer zu verstehen, die hinter einer Persona stehen. Personas bündeln Informationen über den Nutzer z.B. Verhaltensweisen.

Die gesammelten Informationen werden als Nutzerprofile zusammengefasst und helfen den Designern bei der Differenzierung der Zielgruppen und bei der Schaffung eines zielorientierten Designs. Die Profile der Persona werden auf einer Seite zusammengefasst. Häufig hat die Per-sona einen Namen und ein Foto von der Person und manchmal einen kurzen Lebenslauf.

Positiv dienen Personas den Beteiligten für eine gemeinsame Sprache bei der Entwick-lung von Produkten zu finden. Nach Cooper (2007) ist es nicht zielführend Produkte für alle Menschen zu entwickeln, sondern ausgerichtet auf eine Zielgruppe. Cooper (2007) sagt: „To create a product that must satisfy a diverse audience of users, logic might tell you to make it as broad in its functionality as possible to accommodate the most people. This logic, however, is flawed. The best way to successfully accommodate a variety of users is to design for specific types of individuals with specific needs. (...) A simplified example of how personas are useful.

If you try to design an automobile that pleases every possible driver, you end up with a car with every possible feature, but that pleases nobody. Software today is too often designed to please too many users, resulting in low user satisfaction” (ebenda, S. 77).

Nachteilig ist die aufwändige Erstellung der Persona, da das Profil einer festgelegten Zielgruppe abgedeckt werden muss.

In der Darstellung der Eingruppierung der 100 Designmethoden nach Martin und Hanington (2013) fällt auf, dass in etwa gleich viele Methoden in die Kategorien „Verhaltensbezogene“

und „Einstellungsbezogene“ fallen (zum Teil fallen Methoden auch in beide Kategorien). Die Verteilung in den Kategorien „Innovativ“, „Angepasst“ oder „Traditionell“ ist nahezu ausge-wogen. Weiter fällt auf, dass viele Kreuze bei „Explorativ“ auftreten. Auch sind viele Methoden

„Beobachtend“. In dem Fall nimmt der Designer eine beobachtende Rolle ein, es findet hier kein Austausch zwischen der Zielgruppe und dem Designer statt. Die Daten beruhen auf keinem direkten Feedback, sondern die Datenbasis basiert hier auf Interpretation von Beobachtung. Die Übersicht der Methoden befindet sich im Anhang.

In dem Buch „Universal Methods of Design“, welches 2013 erschienen ist, gibt es einen umfassenden aktuellen Überblick der 100 Methoden, die eine nutzerorientierte Gestaltung von Produkten unterstützen. Nach den Autoren Martin und Hanington geht es bei ihrer Arbeit mit

46 Designer den angewandten Methoden um das Wissen wie die für die Gestaltung notwendigen Gespräche zu strukturieren sind, um sie zu einer besseren Designlösung zu führen. Die 100 Methoden sind Methoden und Techniken, die als Instrumentarien zum besseren Design führen und nicht dem Selbstzweck dienen. Die vorgestellten Methoden wurden von den Autoren bzw. den Design-teams selbst praktiziert.

Begriffsdefinition 47

5 N

UTZER

In diesem Teil der Arbeit wird auf den Produktnutzer eingegangen. Produktnutzer sind Perso-nen, die ein Produkt aktiv gebrauchen. Die Nutzobjekte sind aus der Definition heraus auf die Nutzung ausgerichtet. Der Grad der möglichen Nutzung unterscheidet sich, da Produkte für den Nutzer teilweise nicht intuitiv nutzbar sind. Eine Übertragung von gewohnten Bedienungs-mustern auf neue Produkte ist häufig nur begrenzt möglich. Produkte zeichnen sich immer mehr durch eine Überkapazität von Funktionen aus, die dem Nutzer auch über Jahre hinweg ver-schlossen bleiben, da der Aufwand des Erlernens neuer Bedienungsformen zu aufwendig ist.

Das Kapitel 5.1 widmet sich zunächst der Begriffsdefinition. In Kapitel 5.2 wird die Person des Nutzers beschrieben sowie seine eingenommene Sicht auf das Produkt. Kapitel 5.3 befasst sich mit den Aspekten der menschlichen Wahrnehmung.

5.1 B

EGRIFFSDEFINITION

Die Begrifflichkeiten der Personen, die im Zusammenhang mit der Nutzung von Objekten ein-gesetzt werden, sind vielfältig. So ist der Benutzer eine Person, die ein Produkt benutzt und damit im aktiven Beziehungszusammenhang steht. Der Begriff des Nutzers leitet sich vom Be-nutzer ab und bildet die Kurzform. Der Gebraucher gebraucht einen Gegenstand, der Verwen-der verwendet etwas. Aus Verwen-der Form des Benutzers/benutzen, Nutzers/nutzen oVerwen-der Gebrau-chers/gebrauchen lassen sich auch bei dem Produkt die Gebrauchsspuren beschreiben. So kann ein Produkt gebraucht, verbraucht oder z.B. benutzt sein.

Weiter gibt es den Begriff des Anwenders, der etwas anwendet und der Bediener bedient einen Gegenstand. Die Begriffe des Anwenders oder Bedieners werden häufig im Bereich der Computertechnologie eingesetzt. Im deutschsprachigen Raum ist der „User“ ein Begriff aus der Computersprache, wogegen der „User“ im englischsprachigen Raum eine breitere Bedeutung hat.

Um eine Erläuterung bzw. Definition der Begrifflichkeiten des Nutzers zu vermeiden bzw. zu erweitern, sprechen einige Designwissenschaftler vom „Non-Designer“ als Gegensatz

48 Nutzer zum „Designer“, Sanders und Stappers (2008) oder auch „Nicht-Designer“, Tille und Webers (2013), Wölfel et al. (2013). Der Begriff des „Non-Designers“ ist sehr weit gefasst und schließt alle Personen mit ein, die nicht Designer sind. Auch ist die Position nicht klar auf einen Umgang mit einem Produkt eingegrenzt, wie es beispielsweise beim Nutzer der Fall ist.

In meiner Arbeit habe ich mich für die Begrifflichkeit des Nutzers entschieden. Der Nutzer beschreibt eine Person in einem aktiven Zustand der Nutzung mit einem Gegenstand.

Dieser Moment ist für mich besonders interessant, da er sich auf den Moment der Handlung, des Gebrauchs, der Auseinandersetzung mit dem Produkt konzentriert.

Der Fokus liegt in meiner Arbeit auf dem Nutzer von Nutzobjekten. Ich habe mich ent-schieden nur die Produkte einzubeziehen, die als Nutzobjekte, also Objekte im Gebrauch, dem Nutzer zur Verfügung stehen. Die Arbeit schließt nur Produkte mit ein, die sich in dem Stadium der Nutzung befinden. Somit wird der Prozess des Kaufes und der Entsorgung nicht betrachtet.

Ich klammere Produkte aus, die als Anschauungsobjekte präsentiert werden, obwohl sie als Nutzobjekte gestaltet wurden. Ein Bsp. hierfür ist die goldene Zitronenpresse von Philip Starck. Eine Zitronenpresse impliziert eine nützliche Funktion, die diese Presse durch deren Gestaltung jedoch nicht inhärent ist. Man kann die Gestaltung der goldenen Presse eher als eine Provokation an der funktionsorientierten Gestaltung sehen, da es eher zu einem Kunstobjekt mutiert, welches den Namen eines funktionalen Gegenstandes trägt. Liessmann (2010) be-schreibt den Konflikt vom funktionalen Nutzobjekt zu einem Kunstobjekt wie folgt:

„Was aber, wenn das Ästhetische in einem engen Sinn selbst so in den Vordergrund rückt, dass es das Alltägliche im Alltag transzendiert? Dann haben wir es offensichtlich mit Kunst zu tun“

(Liessmann 2010, S. 35).

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