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3. Material und Methoden

3.2. Methoden

3.2.5. Der Patch-Clamp-Messstand

Die Versuchsapparatur ist auf einem schwingungsgedämpften Tisch aufgebaut, der dazu dient, Bewegungen zwischen Patchpipette und Präparat durch Erschütterungen und Schwingungen aus der Umgebung zu verhindern. Zusätzlich ist er von einem Metall-Käfig umgeben (Faraday’scher Käfig), der elektrische Störungen vermeiden und so das Signal-Rausch-Verhältnis optimieren soll. Auf dem Tisch steht ein aufrechtes Mikroskop mit einem 40-fach-vergrößernden Wasserimmersionsobjektiv, in den Objekttisch eingelassen ist eine Kammer mit Glasboden, die mit Extrazellulärlösung gefüllt wird. In diese Kammer wird ein Glasplättchen mit transfizierten Zellen platziert. Die Kammer besitzt einen jeweils regelbaren Zu- und Abfluss, wodurch ein kontinuierlicher Austausch der Badlösung gewährleistet wird.

Zu- und Abfluss sind am Anfang bzw. Ende eines an der Wand der Kammer befestigten Glasröhrchens positioniert, welches die eigentliche Messkammer darstellt. In eine Aussparung im mittleren Teil des Röhrchens wird sowohl die Applikationspipette als auch die Patchpipette positioniert, um eine Messung durchzuführen.

Abb 6. Objekttisch des Mikroskops mit eingelassener Kammer, an der rechten Seite ist die Messkammer hervorgehoben ( ). Von der unteren Ecke ragt die am Piezoantrieb befestigte Applikationspipette in die Messkammer hinein, von links oben kommend taucht die Patchpipette in die Extrazellulärlösung ein. In der linken unteren Ecke der Kammer ist die Referenzelektrode zu erkennen.

Vor jedem Experiment wird eine neue Patchpipette in den auf dem Messtisch befestigten Pipettenhalter / Vorverstärker eingesetzt und darin fixiert. Die Patchpipette kann zusätzlich zum Grobtrieb, der sich an dem Pipettenhalter befindet, mit dem Mikromanipulator bewegt werden. Dieser hydraulische Antrieb mit einer Bewegungsgenauigkeit von 1 µm ist gut zugänglich seitlich am Messtand befestigt, um Schwingungen bei der Bedienung zu vermeiden. Die Patchpipetten bestehen aus Borosilicatglas und werden mit Hilfe eines automatischen Pipettenziehgerätes (DMZ-Universal-Puller) hergestellt, der die Pipetten hitzepoliert und ihnen eine spezielle Spitzenform verleiht. Von dem Durchmesser der Öffnung und der Länge der Spitze ist der Pipettenwiderstand abhängig, der bei den hier durchgeführten Experimenten zwischen 5 und 12 MΩ liegt. Vor dem Einsetzen der Pipette in den Pipettenhalter wird diese mit künstlicher Intrazellulärlösung gefüllt. Beim Einsetzen der Pipette muss sie über eine Silber / Silberchloridelektrode gestülpt werden, über die – zusammen mit einer zweiten Silber / Silberchloridelektrode, die in die Badlösung eintaucht – eine Spannung an die Zelle angelegt bzw. der Stromfluss über die untersuchte Zellmembran gemessen werden kann. Über einer seitlichen Öffnung am Pipettenhalter ist ein dünner Kunststoffschlauch luftdicht befestigt, dessen Ende mit einer 50 ml Spritze verbunden ist.

Durch Herausziehen des Spritzenkolbens kann so ein Unterdruck in der Patchpipette erzeugt werden.

Abb. 7. Darstellung eines Pipettenarms.

Erläuterungen in Abbildung und Text. (Numberger und Draguhn, Patch-Clamp Technik, 1996)

Zum „Anpatchen“ einer Zelle geht man folgendermaßen vor: ein Objektgläschen mit HEK-Zellen wird in der Mitte der Kammer platziert und mit dem Wasserimmersionsobjektiv eine geeignete Zelle aufgesucht. Mit Hilfe des Mikromanipulators wird die Patchpipette nun langsam unter Sichtkontrolle an die Zellmembran herangeführt bis sie diese berührt (On-Cell-Konfiguration). Nun wird wie oben beschrieben mit der 50 ml-Spritze ein Unterdruck erzeugt bis an der Zellmembran ein Widerstand im Gigaohm-Bereich entsteht (Cell-attached-Konfiguration). Durch weitere Manipulation an der Unterdruckeinrichtung, dem Mikromanipulator und / oder der Applikation kurzer Stromstöße mit dem Verstärker können verschiedene Messkonfigurationen (Whole-Cell-, Outside-Out- und Inside-Out-Konfiguration) erzeugt werden.

Abb 8. Vereinfachte Darstellung verschiedener Patch-Konfigurationen. Nach Kontakt der Patchpipette mit der Zellmembran und nachfolgendem Anlegen eines Unterdrucks kommt es zum Einreißen des von der Pipettenöffnung eingeschlossenen Membranflecks und so zu einer Verbindung zwischen dem intrazellulären Raum der Zelle und dem Inneren der Patchpipette. Durch vorsichtiges Ablösen der sich in der „Whole-Cell“-Konfiguration befindlichen Zelle vom Deckgläschen kann diese direkt für Messungen verwendet werden. (Verändert nach Hamill et al., 1981)

Nach Etablierung der in diesem Fall erforderlichen Whole-Cell-Konfiguration wird die Zelle, an der Patchpipette fixiert, vorsichtig vom Objektgläschen abgelöst. Dann wird der

Pipettenarm durch die Kammer zum Applikationssystem gefahren und die Zelle in der Messkammer neben dem Messstrahl platziert. Dieses Flüssigkeitsfilament wird aus einer Applikationskapillare parallel zum Fluss der Badlösung abgegeben, wobei die Öffnung in Richtung des Abflusses weist. Die Kapillare ist mit zwei zylindrischen Kammern verbunden, in die die Testlösungen eingefüllt werden. Dabei wird eine Kammer ausschließlich mit der als Kontrolle dienenden 1 mM GABA- bzw. Glycin-Lösung befüllt. Die andere enthält die verschiedenen Testlösungen. Der Wechsel der in die Messkammer einzuspülenden Lösungen wird manuell durch einen Hebel gesteuert; die Flüssigkeiten werden mit Druckluft aus den Kammern getrieben. Durch die Anpassung der Druckluft an den Zulauf der Badlösung kann ein laminar strömendes Flüssigkeitsfilament erzeugt werden. Um das Filament sichtbar zu machen und die Strömung beurteilen zu können, wird die 1 mM Agonisten-Kontrolllösung durch den Lebensmittelfarbstoff Brillantgrün (E142) sichtbar gemacht. Weiterhin ist die Applikationskapillare mit einem Piezo-Kristall-Antrieb verbunden, wodurch sie beim Anlegen einer Spannung zur Seite bewegt wird. Auf diese Weise taucht die Zelle, die wie oben angegeben direkt neben dem Filament positioniert wird, für eine definierte Zeit in die jeweils eingespülte Lösung ein. Dieses System wird als Ultra-schnelle-Applikation bezeichnet, da der Lösungsaustausch in < 100 μs durchgeführt werden kann und somit für die Aktivierung der untersuchten ligandenaktivierten Ionenkanäle nicht limitierend ist. Bei den hier durchgeführten Versuchen lag die Applikations-Pulsdauer bei 2 Sekunden, um sicherzustellen, dass eine Equilibrierung in Anwesenheit der niedrigen Agonistenkonzentrationen stattfindet, die zum Nachweis einer möglichen potenzierenden Wirkung der Testsubstanz eingesetzt wurden.

Abb.9. Vereinfachte Darstellung der schnellen Applikationstechnik (von oben). Das Lösungsfilament ist grau, die Testlösung rot dargestellt. Die beiden rechten Fotos zeigen die Position der Pipettenspitze (Pfeil) zum Lösungsfilament vor (oben) und während (unten) der Applikation.

(Schlesinger, Dissertation MH Hannover, 2003)