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Der bisherige energie- und klimapolitische EU-Rahmen

Teil III – Rahmenbedingungen für die Energiewende

III.3 Energieversorgung im europäischen und internationalen Kontext

III.3.1 Der bisherige energie- und klimapolitische EU-Rahmen

Die Europäische Union hatte sich 2007 ambitionierte ener-gie- und klimapolitische Ziele gesetzt. Diese sogenannten

„20-20-20-Ziele“ wurden unter der deutschen Ratspräsident-schaft vereinbart. Sie verpflichten die EU-Mitgliedstaaten, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um mindestens 20 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren, eine Energieeffizi-enzsteigerung von 20 Prozent anzustreben und einen Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttoendener-gieverbrauch zu erreichen. Das Energie- und Klimapaket von 2009 beschreibt die energie- und klimapolitischen Maßnah-men, mit denen seither erhebliche Fortschritte bei der Zielerreichung realisiert wurden (EU-Kommission 2014b).

EU-Emissionshandel

Der EU-Emissionshandel ist das zentrale Klimaschutz- Instrument im emissionshandelspflichtigen Bereich. Um

CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft und energieinten-siven Industrie zu senken, sind Anlagen in diesen Sektoren ab einem bestimmten Schwellenwert emissionshandels-pflichtig. Der Emissionshandel ist seit 2005 auf europäischer Ebene angesiedelt. Die zuletzt geringen Zertifikatspreise im Handelssystem hemmen jedoch die Anreizwirkung für Investitionen in emissionsärmere Energietechnologien.

III.3.1.1 Europäischer Energiebinnenmarkt

Ein gemeinsamer europäischer Energiebinnenmarkt schafft Vorteile für alle Energieverbraucher. Er ermöglicht mehr Auswahl, niedrigere Preise und eine höhere Versor-gungssicherheit für Unternehmen und Haushalte. Zudem verbessert ein funktionierender Binnenmarkt die wettbe-werblichen Rahmenbedingungen und fördert weiteres Wachstum und Beschäftigung.

Der Energiebinnenmarkt hilft, die Standortvorteile der europäischen Regionen bei Strom und Gas auszuschöpfen.

Im Binnenmarkt können schwankende Stromeinspeisungen besser ausgeglichen werden. Auch bei Gas schafft der grenz-überschreitende Gashandel mit allen Nachbarländern Vor-teile für Verbraucher und Unternehmen. Deutschland ent-wickelt sich innerhalb der EU als größtes Transitland für Gas und wird zu einer der wichtigsten Gas-Drehscheiben.

Die Europäische Union hat die Weichen für den europäi-schen Energiebinnenmarkt gestellt. Diese Entwicklung auf Grundlage verschiedener Richtlinien und Verordnun-gen begann bereits Mitte der 1990er Jahre. Zuletzt wurde im Jahr 2009 das sogenannte Dritte Binnenmarktpaket für Strom und Gas verabschiedet. Deutschland hat dessen Vor-gaben bereits im Sommer 2011 durch eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes umgesetzt.

III.3.1.2 EU-Strombinnenmarkt

Für das Gelingen der Energiewende ist das weitere Zusammenwachsen der europäischen Strommärkte von großer Bedeutung. Engere grenzüberschreitende Verbin-dungen erhöhen die Effizienz des Gesamtsystems und zugleich die Versorgungssicherheit.

Grenzüberschreitende Stromflüsse

Stromaustausch zwischen Deutschland und seinen Nach-barn sowie Drittstaaten findet zwischen verschiedenen Stromgebotszonen statt. Der Handel ist rege und

europäi-siert sich immer weiter. Unter anderem wegen der stark wachsenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die mit sehr geringen Grenzkosten im Wettbewerb in der Regel vor anderen Erzeugern zum Einsatz kommen, wird erwartet, dass künftig insbesondere der grenzüberschrei-tende Intraday-Handel an Bedeutung gewinnen wird. Der Stromaustausch trägt als eine sogenannte Flexibilitätsop-tion des Strommarktes dazu bei, dass die Einspeisung dar-gebotsabhängiger erneuerbarer Energien ausgeglichen wer-den kann.

In einem funktionierenden Binnenmarkt orientieren sich die kommerziellen Stromflüsse an Preisunterschieden zwischen den Ländern. Im Strommarkt variieren die Preise innerhalb weniger Stunden sehr stark. Steigende Stromex-porte und -imStromex-porte sind deshalb Ausdruck eines funktio-nierenden Strommarktes.

Die grenzüberschreitenden physikalischen Stromflüsse nahmen zuletzt zu (siehe Abbildung III.3.1). Über das Jahr verteilt schwanken diese Stromflüsse erheblich, so dass Deutschland zu bestimmten Zeiten Strom exportiert und zu bestimmten Zeiten importiert. Gründe sind insbeson-dere die Fluktuationen des Stromverbrauches und der Einspeisung erneuerbarer Energien.

Im Jahressaldo ist Deutschland großer Stromexporteur.

Im Verhältnis zu den einzelnen Nachbarländern ist Deutschland sowohl Stromimporteur als auch -exporteur.

Betrachtet man die physikalischen Jahresstrommengen, ist Deutschland vor allem Exporteur für die Niederlande,

-60

Abbildung III.3.1: Physikalische Stromflüsse in den Grenzkapazitäten in TWh

Quelle: European Network of Transmission System Operators for Electricity physikalischer Import Saldo physikalischer Export

40,3 40,7 48,8

46,6

56,9 60,8 58,2 57,4

49,8 53,7 50,2

TEIL III – RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE ENERGIEWENDE 147

Österreich, die Schweiz, Polen, Dänemark und Luxemburg.

Gegenüber Frankreich und Tschechien importiert Deutsch-land Strom.

Handelsflüsse

Der Wert der Stromausfuhr liegt seit Längerem über dem Wert der Stromeinfuhr. Handelsflüsse sind nicht mit grenzüberschreitenden physikalischen Stromflüssen gleichzusetzen, da diese nicht zwingend auf einem Han-delsgeschäft beruhen, sondern auch technisch bedingt sein können. Die Handelsflüsse hatten im Jahr 2013 einen Wert von 1,8 Milliarden Euro bei der Stromeinfuhr nach

Deutschland und 3,8 Milliarden Euro bei der Stromausfuhr.

In den Vorjahren lag der Wert der Stromeinfuhren noch deutlich über 2 Milliarden Euro. Der Wert der Stromaus-fuhren ist gegenüber dem Vorjahr 2012 leicht gestiegen (siehe Tabelle III.3.1).

Marktkopplung

Im vortägigen Stromhandel sind bereits drei Viertel des europäischen Marktes verbunden. Das Marktkopplungs-projekt in Nord-West-Europa (NWE DA MC) wurde im Feb-ruar 2014 gestartet. Es umfasst die Länder Skandinaviens, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Belgien, Luxemburg, und Großbritannien. Im Mai 2014 wurde die Region Spa-nien und Portugal integriert.

Die Marktkopplung für den vortägigen Stromhandel in Europa wird weiter ausgebaut. Die bestehenden physikali-schen Verbindungen zwiphysikali-schen den Grenzen werden so möglichst optimal genutzt. In gekoppelten Gebieten kön-nen die vorhandekön-nen Grenzkuppelkapazitäten besser aus-genutzt werden und nichtzielgerichtete Zuweisungen von Stromflüssen vermieden werden. Sich annähernde Preise bis hin zur stundenweisen Preisgleichheit in verschiedenen Preiszonen sind Indikatoren für diese Entwicklung.

Technische Standardisierung

Neue einheitliche Regelwerke für die Netznutzung wer-den erarbeitet. Die europäischen Übertragungsnetzbetrei-ber haben mit der Erarbeitung dieser Netzkodizes Strom begonnen, die sich aus Vorgaben des Dritten EU-Binnen-marktpakets ergibt. Um Märkte zusammenzuschließen, müssen bestimmte technische Mindeststandards geschaffen werden. Dadurch werden Handels- und Marktzutrittsbarri-eren abgebaut und die Integration der europäischen Strommärkte vorangetrieben.

Tabelle III.3.1: Import- und Exporterlöse aus dem Handel mit Strom

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

III.3.1.3 Energieinfrastrukturen

Ein funktionierender europäischer Binnenmarkt erfordert Infrastrukturen, die leistungsfähige und grenzüberschrei-tende Energienetze bilden. Durch eine hinreichende Ver-netzung zwischen den EU-Staaten können Angebot und Nachfrage nach Strom und Gas grenzüberschreitend opti-mal zum Ausgleich gebracht werden.

Grenzüberschreitende Netzinfrastrukturen

Die erste unionsweite Liste von „Vorhaben von gemeinsa-mem Interesse“ trat im Januar 2014 in Kraft (siehe Kapitel III.2.1.10 ). Das Instrument der unionsweiten Liste ist in den EU-Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruk-tur verankert. Die Liste wird alle zwei Jahre aktualisiert. In ihr sind Vorhaben für den europäischen Netzausbau benannt. Im Vordergrund der Vorhaben im Strom- und Gasbereich stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Ver-sorgungssicherheit in den Mitgliedstaaten.

Mit Phasenschiebern werden die Energieflüsse besser kon trolliert und gesteuert und ungewollte Ringflüsse ver-hindert. Mit Phasenschiebern soll Strom daran gehindert werden, aus physikalischen Gründen ungeplant und unab-hängig von Handelsgeschäften über die Grenzkuppelstellen zu fließen (sog. Ringflüsse). Sowohl an deutsch-polnischen als auch an deutsch-tschechischen Verbindungsleitungen ist der Bau von Phasenschiebern geplant. Bis zur Inbetrieb-nahme dienen „virtuelle Phasenschieber“ als Übergangslö-sung. Damit wird durch gezielte Eingriffe der Übertra-gungsnetznetzbetreiber ein Phasenschieberbetrieb an der deutsch-polnischen Grenze simuliert. Seit 2013 werden so auf Anweisung der Übertragungsnetzbetreiber in Deutsch-land und Polen Kraftwerke gezielt gesteuert (grenzüber-schreitendes Redispatch-Regime), um die Grenzkuppel-leitungen und insbesondere die polnischen Stromnetze zu entlasten.

III.3.2 Weiterentwicklung der