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Definition des Auftragsgegenstands und Bestimmung der einschlägigen Vorschriften

Im Dokument Mitteilung der Kommission (Seite 63-66)

Kapitel 4 – Das Vergabeverfahren

4.1 Definition des Auftragsgegenstands und Bestimmung der einschlägigen Vorschriften

Vorschriften

Die Vergaberichtlinien schreiben für die Vergabe öffentlicher Aufträge keinen einheitlichen Ansatz vor. Öffentliche Auftraggeber können aus einer Reihe von Verfahren und Techniken wählen, und einige Verträge oder Finanzierungsvereinbarungen fallen überhaupt nicht unter die Vergabevorschriften, z. B. Arbeitsverträge oder nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse87. Bei der Vergabe von Aufträgen, die den Vergaberichtlinien unterliegen, ist die Bestimmung des Auftragsgegenstands von grundlegender Bedeutung.

Der Auftragsgegenstand hat in der Regel die Form einer kurzen Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Bauleistungen, die Sie zu beschaffen beabsichtigen. Für Verfahren, die über den EU-Schwellenwerten liegen, ist dies zusammen mit den entsprechenden Codes des Gemeinsamen Vokabulars für öffentliche Aufträge (Common Procurement Vocabulary, CPV) in der Bekanntmachung angegeben. Durch Angabe dieser Codes weiß der Markt genau, was Sie beschaffen möchten, und es wird gewährleistet, dass interessierte Wirtschaftsteilnehmer sich über

Ihre Ausschreibung informieren können. Die CPV-Codes sind zudem wichtig, weil durch sie bestimmt

87 Dienstleistungen beispielsweise in den Bereichen Polizei, Justiz und gesetzliche Sozialversicherungssysteme unterliegen weder spezifischen europäischen Rechtsvorschriften noch den Binnenmarktvorschriften und Wettbewerbsregeln.

Verbindung mit dem Auftragsgegenstand In Artikel 67 Absatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 82 Absatz 3 der Richtlinie 2014/25/EU wird erläutert, was unter „Verbindung mit dem Auftragsgegenstand“ zu verstehen ist. Kriterien stehen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung, wenn sie sich in irgendeiner Weise und in irgendeiner Phase ihres Lebenszyklus auf die gemäß dem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen beziehen, einschließlich Faktoren, die zusammenhängen mit a) dem spezifischen Prozess der Herstellung oder der Bereitstellung solcher Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen oder des Handels damit oder

b) einem bestimmten Prozess in Bezug auf eine andere Phase des Lebenszyklus,

auch wenn derartige Faktoren nicht materielle Bestandteile von ihnen sind.

Dies lässt sich durch folgendes Bild verdeutlichen:

Wenn Sie einen Auftrag für Äpfel vergeben wollen, können Sie von den Bietern nicht verlangen, auch Orangen zu erzeugen. Sie können sich jedoch nach den Bedingungen erkundigen, unter denen die Bieter die Äpfel erzeugen, einschließlich Faktoren, die bei Betrachtung des Endprodukts möglicherweise nicht offensichtlich sind (z. B.

Arbeitsbedingungen).

Weitere Beispiele in diesem Kapitel veranschaulichen, wie die Verbindung mit dem Auftragsgegenstand auf die SRPP-Kriterien in jeder Phase einer Ausschreibung gilt und welche Ansätze diese Anforderung nicht erfüllen.

63 wird, welche der in den Richtlinien festgelegten rechtlichen Regelungen auf den Auftrag anwendbar sind. Für soziale und andere besondere Dienstleistungen, die in Form eines öffentlichen Beschaffungsauftrags beschafft werden, sehen die Vergaberichtlinien eine „Sonderregelung“ vor, die eine größere Flexibilität beim Vergabeverfahren ermöglicht.88 Aus dem CPV ergibt sich, ob die Sonderregelung für den Auftrag gilt und ob der Auftrag Organisationen vorbehalten werden kann, die eine Gemeinwohlaufgabe erfüllen (siehe Abschnitt 4.3).

Die Entscheidung über den Auftragsgegenstand ist auch wichtig, wenn es darum geht, die relevanten Möglichkeiten zur Anwendung sozialer Kriterien im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens zu ermitteln. In den Vergaberichtlinien wird klargestellt, dass öffentliche Auftraggeber während des gesamten Vergabeverfahrens soziale Kriterien anwenden können, sofern diese Kriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen (weitere Informationen hierzu siehe Textfeld oben). Die nachstehende Tabelle enthält einige Beispiele für verschiedene Auftragsarten, geltende Vorschriften und mögliche SRPP-Ansätze.

Ausschluss- und Auswahlkriterien zur

Gewährleistung ethischer

Arbeitspraktiken entlang der Lieferkette,

die Zuschlagskriterien umfassen einen Verweis auf Gütezeichen Dritter, mit denen eine ethisch vertretbare Produktion zertifiziert wird,

durch Vertragsklauseln werden die Verpflichtungen gestärkt und es wird die Überwachung der Lieferkette ermöglicht,

in den technischen Spezifikationen wird Barrierefreiheit und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen gefordert.

vorherige Marktkonsultation zur Entscheidung über die effektivste Art der Dienstleistungserbringung,

Konsultation von Nutzern und Sachverständigen zur Ermittlung des Nutzerbedarfs, auch in Bezug auf Barrierefreiheit,

der Auftrag kann Organisationen vorbehalten werden, die eine Gemeinwohlaufgabe erfüllen (vorbehaltene Aufträge für soziale Dienste),

die Zuschlagskriterien konzentrieren sich auf Qualität und soziale Inklusion (z. B.

Priorisierung von behindertengerechten Merkmalen und Elementen der Barrierefreiheit),

durch Vertragsklauseln können

88 Titel III (Artikel 74-77) der Richtlinie 2014/24/EU, Artikel 91-94 der Richtlinie 2014/25/EU und Artikel 19 der Richtlinie 2014/23/EU. Siehe Abschnitt 4.2.

64 Zahlungen an Ergebnisse, z. B. definierte positive Ergebnisse für Jugendliche, geknüpft werden. Erfahrungen mit der sozial integrativen Durchführung von Projekten,

die technischen Spezifikationen müssen Barrierefreiheitskriterien für alle Gebäude, öffentlichen Bereiche und Einrichtungen enthalten,

die Vertragsklauseln umfassen die Einstellung und Ausbildung einer bestimmten Zahl benachteiligter Arbeitnehmer.

Tabelle 4.1Beispiele für SRPP-Ansätze in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand

Während die obige Tabelle nur eine kleine Auswahl der Auftragsarten enthält, bei denen soziale Erwägungen im Vordergrund stehen können, zeigt sie doch die Bandbreite der nach EU-Recht verfügbaren Ansätze. Die oben skizzierten SRPP-Ansätze stehen allesamt mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung. Einige Beispiele für Ansätze, die nicht mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen, sind folgende:

 die Anforderung, dass die Bieter für alle ihre Produkte (einschließlich derjenigen, die nicht unter die Beschaffung fallen) über Gütezeichen/Zertifizierungen Dritter verfügen oder durchgehend benachteiligte Arbeitnehmer einstellen müssen (d. h. nicht nur für den jeweiligen Auftrag),

 die Vergabe zusätzlicher Punkte an Bieter, die bereit sind, eine Wohltätigkeitsspende zu leisten oder ein Projekt zu unterstützen, das in keinem Zusammenhang mit dem zu vergebenden Auftrag steht,

 die Anforderung, dass die Bieter eine allgemeine Politik der sozialen Unternehmensverantwortung verfolgen, statt spezifischer Anforderungen an die Art und Weise, wie sie den Auftrag ausführen.

Das dritte Beispiel wird durch Erwägungsgrund 97 der Richtlinie 2014/24/EU

und Erwägungsgrund 102 der

Richtlinie 2014/25/EU gestützt. Anstatt eine unternehmensweite Politik vorzuschreiben, sollten Sie sich auf die spezifischen Aspekte der sozialen Verantwortung konzentrieren, die im Rahmen des Auftrags angegangen werden sollen.

In einigen Fällen kann eine Politik der sozialen Unternehmensverantwortung (teilweise) als Nachweis in Bezug auf eine bestimmte Anforderung dienen. Wenn beispielsweise Ihr Vertrag Bedingungen zum Schutz von Hinweisgebern entlang der Lieferkette enthält,

Freiwilliger europäischer Qualitätsrahmen für Sozialdienstleistungen

Im Jahr 2010 wurde der freiwillige europäische Qualitätsrahmen für Sozialdienstleistungen verabschiedet. Der Rahmen umfasst Qualitätsgrundsätze für Sozialdienstleistungen sowie operative Kriterien zur Unterstützung der Umsetzung und Überwachung. Er gilt sowohl für öffentliche Auftraggeber, die für Sozialdienstleistungen zuständig sind, als auch für Dienstleister und deren Beschäftigte.

Die übergreifenden Qualitätsgrundsätze sehen vor, dass Sozialdienstleistungen verfügbar, zugänglich, bezahlbar, personenzentriert, umfassend, kontinuierlich und ergebnisorientiert sein sollten. Jeder dieser Grundsätze wird in dem Rahmen näher erläutert.

Die Grundsätze und Kriterien sind besonders relevant für Dienstleistungen, die unter die Sonderregelung fallen. Sie können beispielsweise dazu beitragen, die Konsultation und Mitwirkung der Nutzer bei der Planung und Vergabe von Dienstleistungen zu strukturieren. Der vollständige Rahmen ist hier abrufbar.

65 können die Bieter auf ihre allgemeine Strategie für die Meldung von Missständen sowie auf etwaige spezifische Maßnahmen hinweisen, die für den Auftrag zu ergreifen sind.

Im Dokument Mitteilung der Kommission (Seite 63-66)