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Das Forschungsprojekt „Ausländisches Recht in deutschen Zivilverfahren“

C. Die Ermittlung des ausländischen Rechts nach § 293 ZPO

V. Das Forschungsprojekt „Ausländisches Recht in deutschen Zivilverfahren“

1. Gegenstand der Untersuchung

Das angesprochene Forschungsprojekt „Ausländisches Recht in deutschen Zivilverfahren“

hat zum Ziel anhand von Experteninterviews mit Richterinnen und Richtern in

14 BGBl. 1974 II, S.937 ff. Das Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 19.3.1975 in Kraft getreten, vgl. BGBl. 1975 II, S. 300. Das multilaterale Übereinkommen gilt derzeit zwischen Deutschland und über 30 weiteren Staaten, vgl. zur Übersicht https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/062/signatures, zuletzt abgerufen am 04.11.2017.

15 https://e-justice.europa.eu/content_ejn_in_civil_and_commercial_matters-21-de.do, zuletzt abgerufen am 04.11.2017.

16 Krause, Ausländisches Recht und deutscher Zivilprozeß (1990), S. 22.

17 Eine Übersicht über mögliche Sachverständige findet sich bei Hetger, DNotZ 1994, S. 88 ff. Da diese Übersicht nicht aktuell ist, kann sie jedoch lediglich als erster Anhaltspunkt dienen. Eine weitere Übersicht bezüglich Sachverständigen zum ausländischen Recht im familienrechtlichen Bereich bietet das sog. FTCAM System. Dies ist ein von Familienrichtern entwickeltes EDV-Programm, das zur Zeit Familiengerichten in 14 Bundesländern zur Verfügung steht. Die Liste ist auch online einsehbar unter

http://sachverstaendige.ftcam.de/, zuletzt abgerufen am 04.11.2017.

18 Vgl. nur BGH, Urt. v. 05.11.1980 – VIII ZR 230/79, NJW 1981, S. 522, 526.

Württemberg einen Überblick darüber zu erstellen, inwiefern die Anwendung

ausländischen Rechts überhaupt praxisrelevant ist, und wie das Gericht bei der Ermittlung des Inhalts des Rechts vorgeht. Hierdurch sollen die größten Hindernisse zur Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts identifiziert und entsprechende

Lösungsmöglichkeiten geschaffen werden. Die Forschungsergebnisse werden in einer Monographie veröffentlicht.19

2. Gewählte Methodik

Das Forschungsprojekt basiert auf dem sog. „Mixed Methods“-Ansatz. Hierunter versteht man die Kombination und Integration von quantitativen und qualitativen Methoden im Rahmen der gleichen Untersuchung.20

Zunächst wurde anhand einer Online-Umfrage an den Amts- und Landgerichten in Baden-Württemberg versucht, herauszufinden, an welchen Gerichten eine Häufung von Fällen mit Auslandsbezug zu verzeichnen ist. Danach wurden die Gerichte postalisch kontaktiert und darum gebeten, die Richterinnen und Richter nach ihrer Bereitschaft, als Experte für ein Interview zur Verfügung zu stehen, zu fragen. Sowohl für die Amts- als auch für die Land- und Oberlandesgerichte wurde jeweils ein entsprechender Interview-Leitfaden entwickelt.

Die Interviews, die an acht verschiedenen Amtsgerichten, sowie sechs verschiedenen Land- und Oberlandesgerichten mit insgesamt 27 Richterinnen und Richtern durchgeführt

wurden, wurden digital aufgezeichnet und transkribiert. Vor der Auswertung der

Interviews, die nach qualitativer Methode erfolgt, wurden diese entsprechend anonymisiert, um keinerlei Rückschlüsse auf den möglichen Interviewpartner zuzulassen.

3. Ergebnisse der Untersuchung

Die ausführlichen Ergebnisse der Untersuchung werden gesondert veröffentlicht.21

Nachfolgend soll kurz auf die Häufigkeit der Fälle mit Auslandsbezug, die Häufigkeit der Anwendung ausländischen Rechts, sowie die bevorzugten Ermittlungsmethoden der befragten Richterinnen und Richter eingegangen werden.

19 Stürner,M./Krauß, Ausländisches Recht in deutschen Zivilverfahren – Eine rechtstatsächliche Untersuchung, im Erscheinen.

20 Hierzu Kuckartz, Mixed Methods (2014), S. 33.

21 Sämtliche nachfolgenden Erkenntnisse und Zitate, die zum Forschungsprojekt wiedergegeben werden, sind dem Werk Stürner,M./Krauß, Ausländisches Recht in deutschen Zivilverfahren – Eine rechtstatsächliche Untersuchung, entnommen. Die Monographie ist im Erscheinen.

a. Häufigkeit der Fälle mit Auslandsbezug

Gerade im familienrechtlichen Bereich sind Fälle mit Auslandsbezug keine Seltenheit:

Nach den befragten Richterinnen und Richtern am Familiengericht weisen etwa 30 % aller zu bearbeitenden Fälle einen Auslandsbezug auf.

Eine Häufung von Fällen mit Auslandsbezug tritt zudem im Bereich des Handels- und Gesellschaftsrechts auf. Schließlich sind auch Fälle mit Auslandsbezug im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen in der Rechtspraxis nicht unüblich.

b. Häufigkeit der Anwendung ausländischen Rechts

Trotz der Häufigkeit des Auslandsbezugs, gelangt ausländisches Recht im Familienrecht im Gegensatz zur Rechtslage vor der Rom III-VO nur noch in Ausnahmefällen zur

Anwendung. In anderen rechtlichen Bereichen, wie beispielsweise im Recht der unerlaubten Handlung oder im Handels- und Gesellschaftsrecht hat die Anwendung ausländischen Rechts lediglich untergeordnete Relevanz.

c. Bevorzugte Ermittlungsmethoden

Die Auswertung der Experteninterviews hat ergeben, dass die Richterinnen und Richter zunächst den gerichtsinternen Ermittlungsweg wählen. Die Befragten benutzten zumeist Fachliteratur oder recherchierten die für den Fall relevanten Normen über das Internet.

Nach Aussage eines Befragten sei die Internetrecherche für die Ermittlung des

ausländischen Rechts die primär heranzuziehende Methode: „Der erste Zugriff ist über das Internet. Einfach eingeben: „Wo, wie, was.‘“. Ein weiterer Befragter äußerte Folgendes:

„Irgendwie ist das so ein Gefühl, dass man immer denkt: „Das Internet, das ist schon aktuell.“

Gerade hinsichtlich derjenigen Länder, bei denen keine Sprachbarrieren entgegenstehen (z.B. Österreich oder Schweiz), wird dieser Ermittlungsweg als ausreichend erachtet.

Bezüglich anderer Länder zeigte sich die Richterschaft in ihrem Vorgehen zur Übersetzung gefundener Normen auch durchaus kreativ: „Und ich meine, dass ich dann mit meinem Kollegen zusammen über das […] Notarinstitut auf [fremdsprachige] Quellen gestoßen bin, die dann allerdings [in der fremden Sprache] abgefasst waren, und dann haben wir das durch das Google Sprachtool gejagt.“, lautete die Aussage eines Befragten.

Nach dem Versuch der gerichtsinternen Ermittlung wird in den Fällen, in denen weiterer Ermittlungsbedarf besteht, das Sachverständigengutachten als nächste Erkenntnisquelle herangezogen. Die Experteninterviews machten deutlich, dass die Richterschaft das Sachverständigengutachten als sicherste Erkenntnisquelle einstuft. Weitere

Ermittlungsmethoden wurden nicht in Betracht bezogen oder waren schlichtweg unbekannt.

Eine Aussage diesbezüglich lautete folgendermaßen: „Muss ich ganz ehrlich sagen, da habe ich wenig Detailwissen von. Was es da für Informationsquellen sonst noch gäbe.“ Ein Befragter antwortete hinsichtlich der Frage zur Nutzung des Londoner Übereinkommens:

„Nein. Ist mirauch ehrlich gesagt nicht bekannt. Was gibt es da?“