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6.10 Visuelle Strategien

6.10.1 Das Close-Up

Die Kamera wird meistens in einem overhead-angle374 positioniert. Dabei liegt der Focus auf dem Gesicht. Da die Kamera schon läuft während der/die ProtagonistIn ins Bild kommt, wird manchmal während des Anfangs nachjustiert zum Beispiel der Focus, sowie die Überprüfung, ob die Kamera hält. Dies verstärkt nochmal den Effekt des Authentischen, weil deutlich wird, dass es sich hierbei um keine professionellen DarstellerInnen oder Drehbedingungen handelt. Es erweckt den Eindruck einer

371 http://www.beautifulagony.com/public/main.php?page=submit, (28.11.2014).

372 http://www.beautifulagony.com/public/main.php?page=submit, (28.11.2014).

373 http://www.beautifulagony.com/public/main.php?page=submit, (28.11.2014).

374 Wulff, Hans Jürgen, „top shot”, Lexikon der Filmbegriffe,

http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=608, (28.11.2014). „engl. auch: extreme high angle shot; manchmal auch: overhead shot. Als Extremform der Vogelperspektive nimmt die Kamera einen Platz im Winkel von 90 Grad über der Handlungsfläche ein.“

unvorbereiteten Momentaufnahme die das dokumentarische, amateurhafte verdeutlicht.

Es ist nicht vorgeschrieben, dass man die Kamera über sich positionieren sollte, aber es wird empfohlen, da dies die beste Position ist, um das Gesicht zu filmen. Dabei sollen sich UserInnen, die vorhaben ein Video hochzuladen, an den Videos auf der Webseite orientieren- und diese sind meistens im overhead-angle, oder auch point-of-view above genannt, gedreht.375

Hinsichtlich des Close-Up’s gibt es mehrere Varianten, etwas in Nahaufnahme wiederzugeben. Bei Beautiful Agony sieht man nicht nur das Gesicht, sondern auch die Schultern, sowie manchmal ein Anriss der Oberarme. Anhand eines Close-Up’s das einer Portaitierung und keiner genauen Detaillierung ähnelt, kann man teilweise erkennen, was mit den Händen geschieht. Dies verrät zusätzlich zum Ton, welche Art der Befriedigung in dem Moment genossen wird, da teilweise die Handbewegungen visuell erkennbar werden. Die einzige klar erkennbare Bewegung ist jedoch im Gesicht lesbar. Damit markiert das Close-Up auf das Gesicht dieses als Hauptszenario.

Photogénie names a supplementarity, an enhancement, that wich is added to an object in the process of its subjection to a photographic medium. […] The close-up is the privileged site for this experience of photogénie, […].376

Durch das Close-Up wird das Gesicht hervorgehoben und der Ort, der ein Außerhalb bildet, ist stark reduziert. Man sieht wenig von der Umgebung, meistens nur ein Bettlaken auf dem der/die ProtagonistIn liegt. Der Ort ist isoliert und abgeschnitten von der restlichen Umgebung – das Close-Up ist eine „[...] autonomus entity, a fragment,

375 Vgl.http://www.beautifulagony.com/public/main.php, (29.11.2014).

376 Doane, „The Close-Up.“, S. 89. (Hervorhebg. im Orig.).

Abbildung 28: Standbilder auf der Frontpage Beautiful Agony

a ,for-itself.‘“377. Und vielleicht gerade weil es für sich alleine steht, ist es die gelungene Variante, etwas sichtbar machen zu wollen, was schwer sichtbar gemacht werden kann.378 Dadurch, dass es nur um einen single shot und um ein Close-Up handelt findet sonst keine Bewegung oder Entwicklung statt, es entsteht ein Stillstand bzw. eine Zeitlosigkeit, es passiert kein moving on.379

The close-up in general is disengaged from the mise-en-scène, freighted with an inherent separability or isolation, a ,for-itself‘ that inevitably escapes, to some degree, the tactics of contiuity editing that strive to make it ,whole‘again. Space is ,used up‘ by the face or object, and the time of the moment, […] The close-up embodies the pure fact of presentation, of manifestation, of showing – a ,here it is.‘380

Für die Serialisierung auf Beautiful Agony ist das Close-Up deshalb bedeutend, weil einerseits mittels der Nahaufnahme vom Gesicht eine Erregung erzählt wird und demzufolge eine Narrativtät entsteht die durch die drei Phasen erkennbar ist. Wiederum ist das Close-Up losgelöst von Zeit und Ort und dadurch wird Wiederholbarkeit möglich, ohne dass sich die Videos aufeinander beziehen müssen.381 Üblicherweise werden mehrere Einstellungen benutzt um eine Geschichte zu erzählen:

The space of the narrative, the diegesis, is constructed by a multiplicity of shots that vary in terms of both size and angle – hence this space exists nowhere; there is no totality of wich the close-up could be a part.382

Das Close-Up erscheint erzählerisch losgelöst. Bei Beautiful Agony wird die Narration nicht von der klassischen Filmsprache übernommen, das gesamte Video besteht aus einer Einstellung im Close-Up. Das Gesicht alleine erzählt die Geschichte und bildet den screen. Dabei wird jede andere Einstellung zur Orientierung oder Erzählung nicht als notwendig empfunden.

377 Ebd., S. 90.

378 Vgl. Ebd., S. 90.

379 Vgl. Schaschek, Pornography and Seriality, S. 133.

380 Doane, „The Close-Up.“, S. 90-91.

381 Vgl. Schaschek, Pornography and Seriality, S. 133.

382 Doane, „The Close-Up.“, S. 107.

The close-up transforms whatever it films into a quasi-tangible thing, producing an intense phenomenological experience of presence, and yet, simultaneously, that deeply experienced entity becomes a sign, a text, a surface that demands to be read.383

In dem Fall ist es das Gesicht, welches die Erregung erzählt und den Orgasmus dadurch verbildlicht. Dennoch wird das Gesicht dabei nicht vollkommen alleinstehend aufgefasst, man imaginiert sich den Körper dazu. „Aus der Distanz erscheint uns ein Gesicht als Teil des ganzen Körpers. Aus der Nähe löst sich das gleiche Gesicht aus der Totalen und monopolisiert den Körper, vermittelt uns also den Eindruck des ganzen Körpers, auch wenn wir de facto nur das Gesicht sehen.“384

Im Dokument DIPLOMARBEIT. Titel der Diplomarbeit (Seite 94-97)