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2. Literaturübersicht

2.2 Diagnostik von intrakraniellen Erkrankungen

2.2.5 Computertomographie und Magnetresonanztomographie

2.2.5.1 Computertomographie

Godfrey HOUNSFIELD führte 1972 den ersten Computertomographen zum Scannen des Kopfes ein (WORTMAN 1986).

Die CT basiert auf dem Prinzip eines Schichtaufnahmeverfahrens. Mittels fächerförmiger Emission gepulster Röntgenstrahlen einer um den Patienten rotierenden Röhre und Messung der Strahlenschwächung durch den Körper mit einem der Röntgenröhre gegenüberstehenden Detektorsystem werden Bilder des Körpers erzeugt (NEUBERTH 1993).

Je nach technischer Voraussetzung werden Computertomographen in Geräte erster bis vierter Generation klassifiziert (HATHCOCK u. STCKLE 1993): Bei Scannern der ersten Generation sind die Röntgenröhre und der Detektor miteinander verbunden und ein einzelner dünner Röntgenstrahl bewegt sich linear durch den Patienten. Nach erfolgter Messung rotieren dann Röhre und Detektor jeweils 1° um den Patienten und ein weiterer Scan folgt (Abb. 1A). Geräte zweiter Generation benutzen mehrere Detektoren und einen breiteren und

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eine höhere Anzahl von Detektoren während der Messung kontinuierlich um den Patienten (Abb. 1C). Und Geräte der vierten Generation besitzen einen geschlossenen Detektorring und nur die Röntgenröhre rotiert (Abb. 1D).

Genauere technische Grundlagen zur CT finden sich vielfach in der Literatur (WORTMAN 1986, BAILEY 1990, KORNEGAY 1990, HATHCOCK u. STICKLE 1993, MAYRHOFER u. HENNIGER 1995, OTTESEN u. MOE 1998, TIDWELL u. JONES 1999).

A B

C D

Abbildung 1: Prinzip der Funktionsweise von Computertomographen der 1. (A), 2. (B), 3. (C) und 4. (D) Generation (aus OTTESEN u. MOE 1998)

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Bei der CT werden die Strahlenabsorptionswerte innerhalb eines Messobjektes mittels Berechnung per Computer in Grauwerte umgewandelt und als Bild auf dem Monitor wiedergegeben (TIPOLD u. TIPOLD 1991). Die Darstellung der Graustufen ist dabei, wie beim konventionellen Röntgen, direkt proportional zur Gewebsdichte (CURTIS 1996).

Gewebe mit hohem Dichtewert werden heller und mit geringem Dichtewert dunkler dargestellt (OTTESEN u. MOE 1998). Die Dichteskala wird in Hounsfield-Einheiten (HU) angegeben, für die allgemein gültige Fix-Werte festgelegt wurden: Luft -1000 HU, destilliertes Wasser 0 HU und kortikaler Knochen +1000 HU (HATHCOCK u. STICKLE 1993, TUCKER u. GAVIN 1996, TIPOLD u. TIPOLD 1991). Anderen Geweben können dann in Relation dazu entsprechende Dichtewerte zugeordnet werden (HATHCOCK u.

STICKLE 1993). TUCKER und GAVIN (1996) geben beispielsweise ganz allgemein folgende HU-Werte an: graue Substanz des Gehirns 35 bis 50 HU, weiße Substanz des Gehirns 25 bis 35 HU, Liquor 0 bis 15 HU, Fett -80 HU und fließendes Blut 20 bis 50 HU.

Nach TIPOLD und TIPOLD (1991) hat Blut eine HU von 50 bis 90, Liquor ca. 5, Fettgewebe -50 bis -100 und Knochengewebe 200 bis 1500. Bei TIDWELL und JONES (1999) wird geronnenes Blut mit einer HU von 50 bis 80, Fett -10 bis -90 und Gehirngewebe mit ca. 30 angegeben. Für das Gehirnparenchym im Speziellen gibt THOMAS (1999) Werte zwischen 37 und 41 HU für die graue und zwischen 20 und 34 HU für die weiße Substanz an. Nach SCHRÖDER et al. (2006) konnten in Abhängigkeit von der Hunderasse folgende Referenzwerte für verschiedene Gehirnregionen festgestellt werden: Kleinhirn 33,6 bis 38,7 HU, Großhirn 28,5 bis 45,5 HU, Hirnstamm 32,7 bis 39,6 HU und Hypophysenregion 32,4 bis 47,5 HU.

Da das menschliche Auge nur etwa 20 Grauwerte unterscheiden kann, ist mittels CT-Fensterung die Darstellung des Bildes je nach zu untersuchendem Gewebe optimierbar (HATHCOCK u. STICKLE 1993, OTTESEN u. MOE 1998, TIDWELL u. JONES 1999).

Dabei wird mit dem Fensterzentrum (in HU) ein Fokus auf das Gewebe des Interesses gelegt.

Die Fensterweite (in HU) bestimmt dann, welcher Gewebsbereich zu beiden Seiten des Zentrums in Grauwerte differenziert werden soll, wobei Gewebe außerhalb der Fensterweite schwarz bzw. weiß dargestellt werden (OTTESEN u. MOE 1998, TIDWELL u. JONES 1999).

In Abbildung 2 ist das Prinzip der CT-Fensterung dargestellt.

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Abbildung 2: Prinzip der CT-Fensterung (aus HATHCOCK u. STICKLE 1993) – die Graustufen sind über eine Fensterweite von 400 verteilt, das Fensterzentrum beträgt 100.

Zur Beurteilung des Gehirns gibt es in der Literatur keine einheitlichen Angaben über die Fensterwerte (FUCHS 2001). Fensterzentrum und -weite werden für maximalen Kontrast und optimale Auflösung variiert (FIKE et al. 1980, LECOUTEUR et al. 1981). Es werden sowohl das Weichteil- als auch das Knochenfenster verwendet (KORNEGAY 1990, TUCKER u.

GAVIN 1996, KRAFT u. GAVIN 1999, TIDWELL u. JONES 1999). OTTESEN und MOE (1996) schlagen beispielsweise für die Beurteilung des Gehirns ein Fensterzentrum von 35 mit einer Fensterweite von 70 bis 80 vor.

Bei Tieren ist für die Untersuchung eine Allgemeinanästhesie notwendig, um Bewegungen und dadurch bedingte Artefakte zu vermeiden (KRAFT u. GAVIN 1999). Hunde und Katzen werden zur computertomographischen Untersuchung des Gehirns in Brust-Bauch-Lage mit dem Kopf voran und mit nach caudal gestreckten Vordergliedmaßen gelagert (STICKLE u.

HATHCOCK 1993). Somit erhält man transversale Schnittbilder senkrecht zur Längsachse des Gehirns in caudorostraler oder rostrocaudaler Richtung (KRAFT u. GAVIN 1999). Die verwendete Schichtdicke variiert je nach Autor und Größe des Tieres von 1 bis 3mm (OTTESEN u. MOE 1998, CURTIS 1998, DUCOTÉ et al. 1999, FUCHS et al. 2003, POLIZOPOULOU et al. 2004). Der Scanbereich für das Gehirn reicht von der Protuberantia occipitales externa bzw. vom Foramen magnum bis zur Lamina cribrosa des Os ethmoidale (FIKE et al. 1986, LANG et al 1988, BAILEY 1990, JEFFERY et al. 1992). Zuerst wird ein

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Topogramm (ein Übersichtsbild) erstellt, anhand dessen der Scanbereich eingestellt werden kann (WORTMAN 1986). Im Allgemeinen wird danach ein nativer Scan angefertigt, der dann nach Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels wiederholt wird (FIKE et al. 1981b, JEFFERY et al. 1992, TUCKER u. GAVIN 1996, OTTESEN u. MOE 1998, KRAFT u.

GAVIN 1999). Kontrastmittel werden intravenös verabreicht, um die Anreicherung von Blutgefäßen, Organparenchym und verschiedenartigen Läsionen darzustellen (TIDWELL u.

JONES 1999). So reichern sich beispielsweise viele Tumoren aufgrund verstärkter Durchblutung und erhöhter Kapillarpermeabilität mit Kontrastmittel an (CURTIS 1996). In der CT werden üblicherweise jodhaltige Kontrastmittel in einer Dosierung von 300 bis 900 mg Jod pro kg Körpermasse eingesetzt (FIKE et al. 1981b, JEFFERY et al. 1992, TUCKER u.

GAVIN 1996, OTTESEN u. MOE 1998, KRAFT u. GAVIN 1999). Strukturen, die sich mit Kontrastmittel anreichern, erscheinen in CT-Bildern aufgrund einer erhöhten Strahlenabsorption heller (TIDWELL u. JONES 1999).

Bezüglich der Anatomie des Gehirnes von Hunden im CT-Schnittbild sind zahlreiche Arbeiten erschienen (FIKE et al. 1980, FIKE et al. 1981a, FIKE et al. 1982, KAUFMAN et al.

1981, SCHRÖDER 2003). Einen detaillierten bebilderten MRT- und CT-Atlas für Hunde haben ASSHEUER und SAGER (1997) erstellt. Berichte über die computertomographische Anatomie des Katzengehirnes liegen in der zugänglichen Literatur dagegen nicht vor.

Anatomisch lassen sich im CT-Schnittbild nach TUCKER und GAVIN (1996) das ventrikuläre System, graue und weiße Substanz des cerebralen Cortex, Thalamus und die Basalganglien differenzieren. Auch THOMAS (1999) konnte Unterschiede in den Dichtewerten von grauer und weißer Substanz nachweisen. TIPOLD und TIPOLD (1991) dagegen beschreiben graue und weiße Substanz als schwer voneinander abgrenzbar. Nach FIKE et al. (1981a) können zwar die Dichte-Werte zur statistischen Differenzierung von Gehirnregionen herangezogen werden, jedoch sind die Werte für die meisten Regionen ähnlich.

„Landmarken“ dienen als Orientierungspunkte zur Identifikation neurologischer Strukturen im CT-Bild, die aufgrund der geringen Dichteunterschiede der Gehirnsubstanz alleine nicht erkennbar sind (FIKE et al. 1981a, JEFFERY et al. 1992). Als Landmarken werden das ventrikuläre System, die Stammganglien, die Großhirnhemisphären, der Subarachnoidalraum,

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turcica, das Os petrosum und die Bullae tympanicae genannt (FIKE et al. 1980, FIKE et al.

1981a, KAUFMAN et al. 1981, TIPOLD u. TIPOLD 1991, JEFFEREY et al. 1992).

Nach FIKE et al. (1981a) können zum Beispiel anhand des vierten Ventrikels Kleinhirn und Medulla oblongata voneinander abgegrenzt werden, und mittels des räumlichen Verhältnisses zum ventrikulären System (laterale und dritter Ventrikel) können Thalamus, Adhäsio interthalamica und Corpus callosum bestimmt werden. Das Tentorium cerebelli grenzt das Kleinhirn von den Großhirnhemisphären ab (JEFFERY et al. 1992), und die Sella turcica dient zur Bestimmung der Hypophysenregion (TIPOLD u. TIPOLD 1991). Die Hypophyse an sich lässt sich laut MAYRHOFER und HENNIGER (1995) aufgrund der zu geringen Dichteunterschiede gegenüber dem umliegenden Gehirngewebe und der Überstrahlung durch den angrenzenden Knochen mit Hilfe der CT nicht befriedigend darstellen.

Zur besseren Beurteilung pathophysiologischer Abweichungen der Größe der lateralen Gehirnventrikel wurden von SCHRÖDER (2003) Referenzwerte erstellt. Hinsichtlich der Seitenventrikelbreite ergeben sich dabei folgende Referenzwerte für adulte Hunde: Deutscher Schäferhund 0,3 bis 1,0 cm, Teckel 0,2 bis 1,4 cm, Boxer 0,7 bis 1,8 cm, Labrador Retriever 0,3 bis 1,0 cm, Kleinpudel 0,4 bis 1,3 cm. Die Referenzwerte für die Höhe der lateralen Gehirnventrikel betragen für adulte Hunde: DSH 0,2 bis 0,7 cm, Teckel 0,2 bis 1,0 cm, Boxer 0,4 bis 1,5 cm, Labrador Retriever 0,2 bis 1,0 cm, Kleinpudel 0,2 bis 0,9 cm. Da sich eine deutliche Abhängigkeit der Breite und Höhe der lateralen Gehirnventrikel von der Hunderasse zeigt, sollten nach SCHRÖDER (2003) zur objektiven Beurteilung von

„Ventrikelvergrößerungen“ Normwerte für die einzelnen Rassen herangezogen werden.

Verschiedene Studien von DEHAAN et al. (1994), KII et al. (1997) und SCHRÖDER (2003) belegen ein physiologisches Vorkommen von Ventrikelasymmetrien. Auch bei

beobachteter Seitenventrikel-Asymmetrie liegen jedoch Breite und Höhe der Ventrikel im Referenzbereich (SCHRÖDER 2003).

Die bei der CT-Untersuchung eingesetzten Kontrastmittel passieren die intakte Blut-Hirn-Schranke nicht (TUCKER u. GAVIN 1996). Im Gehirn reichern sich deshalb physiologischerweise Blutgefäße, Meningen, Chorioidplexus und Hypophyse an (TIDWELL u. JONES 1999). Nach OTTESEN und MOE (1998) enthält normales Gehirngewebe etwa 3-4% Blutgefäße, weshalb sich die Dichtewerte nach Kontrastmittelgabe physiologischerweise um durchschnittlich etwa 4 HU erhöhen.

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Insgesamt ist die CT besser zur Erkennung knöcherner Veränderungen geeignet, wie zum Beispiel von Schädelfrakturen, Sklerosierungen der Bulla tympanica, Osteolysen, Hyperostosen und kalzifizierten Gehirnläsionen (LECOUTEUR 2003). Nach GILMAN (1998a) liegen die Vorteile der CT in den niedrigeren Anschaffungskosten, der kurzen Aufnahmezeit, der geringeren Anfälligkeit gegen Bewegungsartefakte und der hohen Sensitivität bei der Darstellung von Kalzifizierungen, akuten Blutungen und Knochen. Auch Läsionen, die eine Störung der Blut-Hirn-Schranke hervorrufen, können mit Hilfe von Kontrastmitteln gut dargestellt werden (KORNEGAY 1990, OTTESEN u. MOE 1998, LANG u. SEILER 2005). Bei der CT können Bilder in verschiedenen Ebenen rekonstruiert werden, dies geht aber mit einem Verlust von Detailgenauigkeit und Qualität einher (KRAFT u. GAVIN 1999). An ihre Grenzen stößt die CT laut LANG und SEILER (2005) bei der Darstellung von diffusen Prozessen, die keine Veränderung der Gewebsdichte, Masseneffekte und Störungen der Blut-Hirn-Schranke aufweisen. Als nachteilig werden weiterhin von TUCKER und GAVIN (1996) und MOROZUMI et al. (1997) die Ausbildung von Strahlenaufhärtungsartefakten (beam hardening) im Bereich der Pars petrosa des Os temporale und der ventralen caudalen Schädelgrube beschrieben. Dadurch kann beispielsweise die Beurteilung von Hirnstamm und Kleinhirn beeinträchtigt werden (LANG u.

SEILER 2005).