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2. Literaturübersicht

2.6 Calcium-Homöostase monogastrischer Spezies: Bedeutung der Niere

Die Niere ist in doppelter Hinsicht entscheidend an der Regulation des Calcium-Haushaltes beteiligt: Zum Einen wird in der Niere das Hormon Calcitriol gebildet, das durch die Steuerung von Calcium-Transport- und -Mobilisationsprozessen in Gastrointestinaltrakt, Niere und Knochen grundlegend zur Aufrechterhaltung der Calcium-Homöostase beiträgt (siehe Kapitel 2.1.1). Zum Anderen stellt die renale Calcium-Exkretionsrate eine der

„Stellgrößen“ der Calcium-Homöostase dar.

Dabei wird in der Regel nur ein kleiner Anteil des glomerulär-filtrierten Calciums über den Urin ausgeschieden. So werden beim Hund etwa 99% des glomerulär filtrierten Calciums resorbiert (Belén García-Rodríguez et al., 2003; Chen u. Neuman, 1955), bei Ratten liegen die Resorptionsraten mit 99% bis zu 99,8% im gleichen Bereich (Lassiter et al., 1963; Roy u.

Seely, 1981) und auch in Versuchen mit Kaninchen betrug die Fraktionelle Exkretion bei adäquater Zufuhr rund 1% (Whiting u. Quamme, 1984). In Calcium-Überschuss- oder -Mangelsituationen wird die renale Calcium-Exkretionsrate bei

monogastrischen Spezies entsprechend gesteigert beziehungsweise vermindert, wie unter anderem Studien an Ratten, Kaninchen und Hunden zeigen konnten (Brommage, 1989;

Whiting u. Quamme, 1984; Zawada et al., 1986). Dabei bestehen deutliche Speziesunterschiede in der Adaptationsfähigkeit der renalen Calcium-Ausscheidung an eine inadäquate Zufuhr des Mengenelements. Insbesondere Pflanzenfresser wie das Pferd und das Kaninchen, die im Hinblick auf die Ausscheidung von Makromineralien über den Urin aufgrund des ebenfalls alkalischen Harn-pHs eher mit Wiederkäuern vergleichbar sind als Fleischfresser, reagieren auf ein Überangebot von Calcium mit der Ausscheidung sehr großer Calcium-Mengen über den Urin. So konnte die renale Calcium-Exkretion von Kaninchen durch Infusion einer hochkonzentrierten Calcium-Lösung um etwa das 20-fache gesteigert werden (Peart et al., 1986). In einer anderen Studie lag die Fraktionelle Calcium-Exkretion von Kaninchen nach Fütterung einer Diät mit hohem Calcium-Gehalt (1,89%) bei etwa 6%, während adäquat mit Calcium versorgte Kontrolltiere lediglich Werte von rund 1% erreichten (Whiting u. Quamme, 1984). Auch bei Pferden kann die Fraktionelle Calcium-Exkretion bei hoher alimentärer Zufuhr auf bis zu 6,7% ansteigen (Morris et al., 1984). Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Fraktionelle Calcium-Exkretion bei Hunden infolge der Fütterung eines Calcium- und Vitamin D-reichen Futters lediglich von 0,7% auf 1,7%, obwohl die Diät eine Hypercalcämie verursachte (Zawada et al., 1986).

2.6.1 Bedeutung der Niere in Situationen einer alimentären Calcium-Restriktion

In Situationen eines Calcium-Mangels bedingt das Absinken des Calcium-Plasmaspiegels eine vermehrte Freisetzung von PTH aus den Nebenschilddrüsen. PTH stimuliert die Expression der renalen 1α-Hydroxylase und vermittelt so einen Anstieg der Calcitriol-Spiegel. Unter dem Einfluss der beiden Hormone kommt es zu einer Steigerung der intestinalen Calcium-Absorption, der Freisetzung von Calcium aus dem Knochen und zu einer Abnahme der renalen Calcium-Exkretion (siehe auch Kapitel 2.1.1 und 2.1.2). So trägt bei monogastrischen Spezies in Mangelsituationen die Verminderung der Calcium-Ausscheidung über den Urin zur Aufrechterhaltung der Calcium-Homöostase bei. Zum Beispiel verringerte sich bei Kaninchen, die mit einem Futter mit niedrigem Calcium-Gehalt (0,29%) versorgt worden waren, die innerhalb von 24 h über den Urin ausgeschiedene Calcium-Menge beispielsweise um 46% im Vergleich zu adäquat gefütterten Kontrolltieren (Whiting u. Quamme, 1984). In einem Fütterungsversuch mit Pferden, die wie Kaninchen als Pflanzenfresser einen eher alkalischen Harn-pH aufweisen und in dieser Hinsicht den Wiederkäuern ähneln, führte eine Reduktion der täglichen Calcium-Zufuhr von

242 mg/kg KGW auf 29 mg/kg KGW zu einer signifikanten Verminderung der renalen Calcium-Exkretion von 33 mg/kg KGW auf 5,5 mg/kg KGW (Schryver et al., 1970) und bei Ratten sank der Creatinin-Quotient im Urin infolge einer Verringerung des Calcium-Gehalts im Futter von 1,2% auf 0,1% um etwa 85% (Zhang et al., 2008).

Dass diese Verminderung der renalen Calcium-Exkretion beim monogastrischen Tier offensichtlich auf eine Expressionssteigerung der am transepithelialen Calcium-Transport beteiligten Strukturen zurückzuführen ist, wurde bisher ausschließlich in Studien an Labornagern gezeigt. So stieg die TRPV5- und CaBPD28K-mRNA-Expression in der Niere von Calcium-restriktiv gefütterten Ratten signifikant an (Ko et al., 2009). Eine signifikant höhere Expression der renalen TRPV5- und Calbindin-mRNA konnte auch bei Mäusen in Situationen einer vergleichsweise niedrigeren alimentären Calcium-Zufuhr beobachtet werden (Hoenderop et al., 2002). Bislang fehlen entsprechende Untersuchungen an anderen Spezies.

2.6.2 Bedeutung der Niere in der Laktation

In der Laktation führt der Verlust über die Milch zu einer Belastung des Calcium-Haushaltes. Dabei bestehen deutliche Speziesunterschiede. Während beim Menschen der Calcium-Bedarf während der Laktation im Vergleich zur Endphase der Gravidität um etwa 75% geringer ist, müssen laktierende Ratten schon direkt nach der Geburt immerhin 50% der in späten Trächtigkeit bereitgestellten Calcium-Menge in die Milch sezernieren. Mit zunehmendem Wachstum der Jungen steigt der Calcium-Bedarf bei dieser Spezies innerhalb weniger Tage weiter an. In dieser Phase entwickeln die Tiere oftmals eine geringgradige Hypocalcämie und es kommt zu einem zusätzlichen Anstieg der bereits erhöhten PTH- und Calcitriol-Spiegel (Boass et al., 1997; Horst et al., 2005). Neben einer deutlichen Steigerung der intestinalen Calcium-Aufnahme (Halloran et al., 1980) zählt auch hier die Verminderung der renalen Calcium-Exkretion zu den adaptiven Mechanismen. So zeigten laktierende Ratten in den ersten zwei Wochen nach der Geburt ihrer Jungen eine um 75% reduzierte Calcium-Ausscheidung über den Urin bei gleichzeitig signifikant erhöhtem Calcitriol-Spiegel (Brommage, 1989). Womöglich ist auch hier die Ursache in einer deutlichen Zunahme der Expression Calcium-transportierender Strukturen zu suchen. Zumindest bei der Maus konnte eine signifikante Steigerung der TRPV5- und Calbindin-mRNA-Expression in der Laktation beobachtet werden (van Cromphaut et al., 2003).