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Die bulgarischen Daten zeigen, daß das Vorkommen des duplizierenden Klidkum s durch diskursgebundene Argumente determiniert w ird

PRONOMINALE KLITIKA DES BALKANSLAVISCHEN

4.2. Die bulgarischen Daten zeigen, daß das Vorkommen des duplizierenden Klidkum s durch diskursgebundene Argumente determiniert w ird

Bei der Markierung referentieller Charakteristika von Nominalphrasen un- terscheiden sich beide Vertreter der balkanslavischen Sprachen hinsichtlich der

durch DPs m it definitem Artikel, Demonstrativpronomina, Totalitätspronomina der A rt vsički

‘alle’ (s. den diskussionswürdigen Analysevorschlag von Guisti & Dimitrova-Vulchanova 1995), Eigennamen oder Vollformen der Personalpronomina bezeichnet wird, nicht angewiesen sind. Sie sind vielmehr in der Lage, sich auch a u f gering spezifizierte Referenten zu beziehen. Dcfiziente Pronomina wie die reflexiven K litika kommen o ft ״anstelle“ von Pseudoargumenten vor (s.

Cinque 1988, Rūžička 1992). Sie sind häufig in slavischen Sprachen anzutreffen, und zwar u. a.

in Ausdrücken m it einer leeren Subjektposition, in anti-kausativen und unpersönlichen Konstruktionen, die Ereignisse bezeichnen ־ vgl. (i), (ii) und resp. (iii) sowie (12) und (13). Da dieses expletive se weder durch die Vollform des Reflexivpronomens ersetzbar ist, noch zusammen m it ihr duplizierend erscheinen darf, kann angenommen werden, daß es in der Logischen Form (LF) eine legitimierte Entität mit einer Null-Interpretation darstellt:

(i) Svečeri se.

Abend-werden kl -akk-refl

‘ Es wurde Abend’

(ii) Kolata se povredi.

Auto-das kl-akk-refl ging kaputt.

‘ Das Auto ging kaputt.9

(iii) Tukne se puši.

Hier nicht kl-akk-refl rauchen

‘Hier wird nicht geraucht’

Q _ _

Charakteristisch fü r die Verdrängung der kasushaltigen Formen auch im Bereich der Pronomina ist der in der bulgarischen Ungangssprache und besonders im Mazedonischen weit verbreitete Gebrauch nominativischer Formen der nichtklitischen Pronomina, wobei sich der Einsatz des pronominalen Klitikum s zur Identifizierung des Status der duplizierten DP erforderlich macht. So sind z. B. die Formen koj ‘wer’ anstatt kogo ‘ wen’ oder na koj ‘ *an wer’ anstelle des normge- rechten na kogo 4 wem’ vielfach anzutreffen.

Duplizierung primär jedoch darin9, daß diese Erscheinung in der mazedonischen Schriftsprache alle Kontexte m it definiten Objektphrasen abdeckt, ungeachtet dessen, ob diese topikal sind - s. die Konstruktionen in (9), in denen das dupli- zierenden KJitikums nicht weggelassen werden darf:

(9) a. Rada *(go) bara Ivo.

Rada kl-akk-3sg-m/n sucht Ivo

‘ Rada sucht Ivo.’

b. Rada *(m u) pomaga na deteto.

Rada kl-dat-3sg-m/n h ilft Präp Kind-das

‘ Rada h ilft dem K ind.’

c. *(M u go) dadov pism oto nemu.

k l-d a t3 ־sg-m/n kl-akk-3sg-m/n gab-ich Brief-derihm

‘ Ich gab ihm den B rie f.’

Dagegen steht die Duplizierung im Bulgarischen in systematischer Interaktion m it der Informationsstrukturierung des Ausdrucks, denn die Daten in (10)a. und (11 )a. machen deutlich, daß die Objektphrase beim fehlenden klitischen Prono- men normalerweise den Fokus repräsentiert. Dies tr ifft ebenso auf Fälle m it in- verser W ortfolge zu. Auch die Sätze in (10)b., c. und ( ll) b ., c. zeigen, daß Objektphrasen, welche durch die enklitische Fragepartikel // eindeutig der Fokus- Domäne zugeordnet sind, keine Duplizierung erlauben10, während eine vom K litiku m duplizierte DP als Gegebenes - und das heißt hier als topikaI - anzu- sehen ist. In diesem Sinne kann die Duplizierung der direkten11 oder indirekten Objektphrase als obligatorisch immer dann betrachtet werden, wenn die Subjektphrase, das Verb oder Adverbien fokal sind (Schick 1994, 1996):

(10) a. Ivo *go napisa PISMOTO. / PISMOTO *go napisa Ivo.

Ivo kl-akk-3sg-m/n schrieb Brief-der

‘ Ivo schrieb den BRIEF. / Den BRIEF schrieb Ivo.’

9 Die Einschränkung der adnominalcn Verwendung des dativischen Klitikum s im Mazedonischen auf einige Personen- und Verwandschaftsbczeichnungcn soll hier nicht diskutiert werden (s.

Koncski 1966).

10 Über die W irkung weiterer, die Fokus-Domäne bestimmender Partikeln sowie über die verschiedenen Präsuppositionen, an die Sätze m it bzw. ohne duplizierendes K litikum anknüpfen, siche ausführlicher bei Schick (1994, 1996a ). Dort werden Konstruktionen der A rt (i), die eine Duplizierung zulassen, als kontrastiver Topik behandelt:

(i) N a nego m u dadoh knigata, ne na neja.

Präp ihn kl-dat-3sg m/neu gab-ich Buch-das nicht Präp ihr.

‘ Ich gab das Buch ihm und nicht ihr.’

11 Eine weitestgehend analoge Erscheinung im Balkansprachraum, welche die Duplizierung der direkten Objcktphrase erfaßt, ist z.B. auch im Albanischen und modernen Griechischen zu bcob- achten (s. K a llu lli 1995).

b. PISMOTO li *go napisa Ivo?

Brief-der Q-part kl-akk*3sg-m/n schrieb־er Ivo

‘ Schrieb Ivo den BRIEF?’

c. IVO go napisapismoto. / Pismoto IV O go napisa. / Ivo go NAPISA pismoto.

‘ IVO schrieb den Brief. / Den B rie f schrieb IVO. / Ivo SCHRIEB den Brief.

(11) a. Rada *mu pomaga na IVO. /Pom aga *mu Rada na IVO.

Rada kl-dat-3sg־m/n h ilft Präp Ivo

‘ Rada h ilft IV O .’

b. Na IVO li *mu pomaga Rada?

Präp Ivo Q-Part kl-dat-3sg-m/n hift-sie Rada

‘ H ilft Rada IVO ?’

c. RADA mu pomaga na Ivo. / Pomaga mu RADA na Ivo. /N a Ivo mu pomaga RADA. / Rada mu POMAGA na Ivo. / POMAGA mu Rada na

Ivo.

‘ RADA h ilft Ivo. / Rada H ILFT Ivo .’

Die Korrektheit nachfolgender mazedonischer Ausdrücke in (10 ) und (1 Г ) be- stätigt, daß klitische Pronomina in Fällen m it obligatorischer Duplizierung defi- niter Objektphrasen nicht als Topik-M arker, sondern tautologisch zur Unter- Streichung der referentiellen Defm itheit der duplizierten DP gebraucht werden:

(10') a. Ivo go napisa PISMOTO. / PISMOTO Ivo go napisa.

b. PISMOTO li go napisa Ivo?

c. IVO go napisa pismoto. /P ism oto IVO go napisa. /Iv o go NAPISA pismoto. /NAPISA go Ivo pismoto.

(1 Г ) a. Rada mu pomaga na IVO. /N a IVO Rada mu pomaga.

b. Na IVO li mu pomaga Rada?

c. RADA mu pomaga na Ivo. / Na Ivo mu pomaga RADA. /Pom aga mu RADA na Ivo. / Rada mu POMAGA na Ivo. / POMAGA mu Rada na Ivo.

Während sich der breit abgesteckte Rahmen der Duplizierung im Mazedonischen daraus erklärt, daß klitische Pronomina dort vornehmlich und weitestgehend kon- sequent die definite Charakteristik der Objektphrase signalisieren (vgl. Koneski 1966, Anderson 1993, Dimitrova-Vulchanova 1995b.)12, ist die Einsetzbarkeit

12 H ierfür spricht auch der Verlust einer Übereinstimmung des Klitikum s mit der duplizierten Phrase in Genus und Numerus in den Mundarten um Prilep und Bitolja, auf den Koncski (1966) verweist. Diese Angaben sind den betreffenden substantivischen bzw. pronominalen Vollformen zu entnehmen:

(i) m u rekov na majka m i

k l־d a t3 ־sg־m/n sagtc-ich Präp M utter kl-dat-lsg

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des duplizierenden K litikum s im Bulgarischen eingeengt, da sie zusätzlich durch den Topik-Status der Nominalphrase, m it der es korrespondiert, bestimmt wird.

Im Unterschied zum strengeren Fall des Mazedonischen werden im Bulgarischen nicht alle, sondern nur jene definiten Objektphrasen dubliziert, die topikal sind.

Dabei stellt das bulgarische pronominale K litiku m konsistent ein M ittel zur Anzeige der informationsstrukturellen Gliederung des Satzes dar und weist inhä- rent das operatorähnliche Merkmal [+topikal] auf.

Beim Gebrauch duplizierender K litik a sind in den balkanslavischen Spra- chen neben Differenzen auch weitreichende Gemeinsamkeiten zu verzeichnen.

Im Bulgarischen und Mazedonischen liegen Konstruktionen m it Fragepronomina sowie direkte Komplemente m it dem indefiniten A rtike l edin ‘ ein’ vor, in denen die Duplizierung wie in (4), (5) und (8) optional erfolgt. Derartige Fälle sind durch die Interaktion der klitischen Pronomina m it der informationsstrukturellen Satzgestaltung determiniert, an der die Spezifik der Determinatoren der Objekt- phrase sowie die semantischen und aspektualen Eigenschaften der VP an der Charakterisierung der Situationsvariablen von CPs beteiligt sind. Dem bulgari- sehen Muster der Duplizierung des direkten Komplements ähnelt dem Gebrauch des akkusativischen K litikum s im Albanischen, das wiederum dem Mazedoni- sehen weitestgehend analog erscheint, aber den Einschränkungen des Griechi- sehen auf definite DPs nicht unterliegt (vgl. K a llu lli 1995, Tomić 1996). Die Daten lassen darauf schließen, daß das Duplizierungsphänomen innerhalb des Balkan-Sprachareals nur im Bulgarischen als informationsstrukturelles M ittel systematisch und konsistent zum Tragen kommt: Es erfaßt das hierarchisch tiefer liegende direkte Komplement und das höher eingebettete indirekte Komplement gleichermaßen. In den übrigen Balkansprachen dagegen werden diese differen- ziert behandelt. Im Mazedonischen erweist sich nur das indefinite direkte Objekt als ״sensitiv“ bezüglich der Duplizierung als Anzeiger der Informationsstrukturie- rung, w eil es einen spezifischen oder einen nichtspezifischen Referenten haben kann. Hingegen zeigt der Vergleich der Ausdrücke in Anmerkung 4 m it diesen in Beispiel 5, daß das indirekte Objekt stets spezifisch erscheint.

In den nachstehend zu analysierenden bulgarischen Konstruktionen m it nichtauslaßbaren pronominalen K litik a kommen weitere balkanslavische Über- einstimmungen zur Sprache.

5.1. Bezeichnend dafür, daß die Markierung referentieller Charakteristika wie