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Bildung und Freiheit, Bildung und Befreiung

Im Dokument Kompetenz oder Bildung (Seite 127-134)

3 Spezifizierung unverzichtbarer Zielsetzungen und Inhaltsdimensionen eines nicht-zweckfunktional

3.1.3 Bildung und Freiheit, Bildung und Befreiung

„Lebendig ist, was widersteht“

(Armand Gatti [zit. nach Meueler 2009, 81])

„Niemand hat das Recht zu gehorchen.“

(Hannah Arendt)

In einem solcherart dezidiert politisch, ja nachgerade revolutionär auf-geladenen Verständnis von Bildung als einer durch sie erst ermöglichten Mündigkeit des Menschen, zielt Bildung auf Gegengesellschaft und hebt, so wiederum Heinz-Joachim Heydorn (1972, 150), als „Bildung zur Universalität (. . .) die unmenschlichste Repression der Vergangenheit als Kulturversagung auf. (. . .) Damit erst vermag sich Bildung revolutionär zu Ende zu bringen, ihre bisherige Geschichte zu verhandeln. (. . .) (S)ein (des Menschen, B. L.) Aufstieg ist Gegenstand der Bildung“. Mit weit weniger revolutionärem Impetus, und dabei auch im Gedankenduktus der Aufklärung verortet, vertrat N. F. S. Grundtvig (1783–1872), Begründer des Volkshochschulgedankens, die – in heutigen Kategorien als überaus emanzipatorisch zu bezeichnende – Idee einer sogenannten „Lebensaufklärung“. Paul Röhrig (1994, 174) erläutert dieses Konzept:

„Man kann vereinfacht sagen, dass es sich hier um die Selbstaufklärung des Volkes handeln sollte und nicht um eine Aufklärung der Ungebildeten durch die Studierten und Gelehrten. Das, was nach Grundtvig aufgehellt werden soll, ist das menschliche Leben selbst, für das es, so weit es das Zeitliche betrifft, nur eine einzige Erkenntnisquelle gibt: die menschliche Erfahrung. Daran sind alle Menschen beteiligt, und alle können im lebendi-gen Gespräch versuchen, deutlichere und zusammenhänlebendi-gende Erkenntnisse über die Erfahrung zu gewinnen“.

Der wichtigste Quellgrund der Aufklärung ist Grundtvig zufolge die Geschichte und der ihr zugehörige Wissensfundus: „Die Geschichte, die schließlich über einen langen Zeitraum menschliches Fühlen, Denken und Handeln zeigt, of-fenbart dem Menschen noch am ehesten etwas über das Geheimnis seines Wesens“ (ebd.). Inhärenter Bestandteil dieser aufklärerischen Sicht sind bei Grundtvig pragmatische Zieldimensionen wie Demokratie, soziale Wohlfahrt – gerade auch für benachteiligte Bevölkerungsgruppen, und nicht zuletzt die Emanzipation der Frauen. Eingebettet, so Röhrig (ebd., 175) abschließend, sind diese aufklärerischen Ziele indes in ein umfassendes Ideal, „nämlich die Aufweckung der einfachen Menschen zu selbständiger Geistigkeit, zu wechsel-seitigem Sprechen und Nachdenken, und vor allem ging es um den historisch gebildeten Menschen, der weiß, woher er kommt und was er seinem Volk, der Menschheit, der Welt oder der Schöpfung schuldig ist. Grundtvig wollte nicht, daß die Menschen blind irgendeiner Sache anhängen, sondern dass sie sich über Lebensfragen besprechen und aufklären (. . .)“.

Bezug nehmend auf Hans-Joachim Heydorn (s. o.) hebt auch Peter Faulstich die Zieldimensionen Mündigkeit und Emanzipation als zentrale Momente des Bildungsbegriffs hervor. (Eine regelrechte Kulturgeschichte der dem Bildungsbe-griff immanenten herrschafts- und ideologiekritischen Dimension hat Heydorn 1970, also zu Hochzeiten theoretisch fundierter emanzipatorischer Gesellschafts-kritik, in seinem paradigmatischen Werk „Über den Widerspruch von Bildung und Herrschaft“ gebührlich ausgebreitet). Speziell in Zeiten einer ausufernden Marktgesellschaft mit ihrer oft neofeudal anmutenden Dienstleistungskultur,26 ist es umso wichtiger, wenn auch entsprechend schwierig, sich seiner selbst gewahr zu werden. Entsprechend intendiert der Begriff Bildung „die Über-windung aller Verhältnisse, welche die Menschen unterdrücken, entmündigen und verstümmeln. Ausgangspunkt des Nachdenkens ist die Möglichkeit einer Entfaltung der Menschen, nicht ihre Verwertbarkeit, ihre Qualifikation oder

die Produktion oder gar der Profit“ (Faulstich 2002, 16). Gerade gegen den in ökonomischen Zwängen gründenden Anpassungs- und Funktionalitätsdruck der Gegenwart gelte es, den aufklärerischen Eigensinn des Bildungsbegriffs, wie er sich in der Selbstentfaltung des Individuums niederschlägt, nachdrücklich hervorzuheben. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist für Faulstich (ebd., 17) die,

„wie nämlich sich die Menschen entfalten können in einer einschränkenden Wirklichkeit. Zielsetzung und zentrale Kategorie ist Mündigkeit als Fähig-keit, über sich selbst zu bestimmen. In diesem Zusammenhang ist Bildung individuelle Voraussetzung von Befreiung und sie zielt gleichzeitig auf die Überwindung der Verhältnisse, welche die Entfaltung der Menschen verhindern. Bildung impliziert die Abschaffung von Herrschaft: zunächst der Herrschaft der Natur, dann der Herrschaft des Menschen über den Menschen“.

Ebenfalls auf den Primat der Selbstentfaltung zielend, interpretiert Volker Fröhlich (2006, 55) das gleichsam im gedanklichen Horizont der Freiheit von Zwang und Herrschaft verortete Bildungsverständnis Winfried Marotzkis. Es gründet gleichsam auf den Konstitutiva Selbstreflexivität und Selbstbestim-mung, die der reflexiven Selbsterkenntnis logischerweise zwingend bedarf, und ist gekennzeichnet durch eine überaus „enge Verbindung zur Erfahrung von Individualität, im Sinne der Entfaltung autochthoner Selbstentwürfe, die sich abheben von vorfindbaren, vorgängigen Deutungsschablonen (. . .)“. Bildung im Geiste der Aufklärung kann solchen Auffassungen gemäß somit als Selbs-termächtigung, als intellektuelle Ausstattung und Befähigung des Menschen zur selbständigen und vernünftigen Führung seines Lebens verstanden werden:

„Der gebildete Mensch ist ein emanzipierter Mensch, der sich als Akteur seiner Geschichte versteht und nicht hilflos dem Gang der Dinge ausgeliefert ist“

(Faschingeder et al. 2005, 10). Herwig Blankertz (1974, 68) verdichtet diese emanzipationsorientierte Perspektive in seinem Verständnis von Bildung als

„Befreiung des Menschen zu sich selbst, zu Urteil und Kritik“.27 3.1.4 Bildung als Praxis der Freiheit – und der Solidarität

Folglich stellt Bildung in dieser progressiven Bedeutung eines Instruments der Selbstbefreiung auch einen Schlüssel zur Emanzipation Unterprivilegier-ter und UnUnterprivilegier-terdrückUnterprivilegier-ter dar. Friedhelm Nicolin (1978, 215) charakUnterprivilegier-terisiert das

Projekt der Aufklärung in einem solch emanzipatorischen Sinne voller Pathos:

„Wir müssen Aufklärung sehen als Befreiungsbewegung, als das gegen alle Beschränkung sturmlaufende Bemühen des Menschen, die ihm wesensmäßig zugemessene Freiheit zu realisieren und die Welt nach seiner Einsicht men-schenwürdig zu gestalten. In diesem Zusammenhang gewinnt Bildung ihre Bedeutung“. Bildung, „ihrer Möglichkeit nach Instrumentarium der Befreiung“

(Heydorn 1972, 16), würde indes nach einer Beseitigung struktureller Zwänge der Fremdbestimmung selbst wiederum in ihrer Wesenshaftigkeit geläutert, denn, so Heinz-Joachim Heydorn (1972, 16), „erst die befreite Gesellschaft nimmt auch die Bildung ganz in ihr eigenes Sein zurück, indem sie die Institu-tion als Ausdruck der Unterwerfung aufhebt, Praxis und Theorie versöhnt“.

Entsprechend konstatiert Ilse Dahmer (1969, 24f.; zit. nach Hoffmann 2007, 58), ganz der Kritischen Theorie gemäß und mit entsprechendem Blick auf gesellschaftliche Momente und Strukturen, die individueller Mündigkeit im Wege stehen, in aller Prägnanz: „Pädagogik orientiert sich am Begriff von Mündigkeit und fordert deren Antizipation als Bedingung der Möglichkeit von Veränderung: von Überwindung der Unmündigkeit, in der Erziehung den Men-schen vorfindet“. Worin aber wurzelt diese diagnostizierte Unmündigkeit? Aus prominenter Sicht der Kritischen Theorie, namentlich Theodor W. Adornos, liegt diese in einer ungenügend erkannten und entsprechend ungenügend be-kämpften allgegenwärtigen gesellschaftlichenHeteronomiebegründet, der es, im Interesse individueller Mündigkeit, entsprechend entschieden entgegenzuwirken gelte. Heteronomie erschöpft sich für Adorno aber nicht in Bevormundun-gen seitens Religion/Kirche und/oder Politik/Staat/Wirtschaft, sondern, weit darüber hinausgehend, in all jenen repressiven Momenten und Prozessen der Zivilisation, die dazu eignen, barbarische Verhältnisse zu generieren oder zu perpetuieren. Im Interesse einer Erziehung zur Mündigkeit gelte es folglich, all jene Instanzen, die das individuelle Bewusstsein beherrschen und, schlimmer noch, die mangels Reflexionsfähigkeit womöglich sogar positiv besetzt sind und folglich Sicherheit wie Geborgenheit suggerieren, erstens: zu erkennen und zweitens: zu bekämpfen (vgl. Groothoff 1987b, 74f.). Voraussetzung für all dies ist indes eine Ermächtigung und Befähigung zu kritischer Selbstreflexion (vgl.

ebd.). Erziehung, so Adorno (1962, 145) in seiner an anderer Stelle noch zu würdigenden „Theorie der Halbbildung“ (vgl. 5.1.), sei letztlich eine „Erziehung zum Widerspruch und zum Widerstand“, auf der Basis eines entsprechenden Bewusstseins (vgl. ebd., 107).28 Allgemeine Bildung lässt sich in einem derart umfassend-emanzipatorischen Sinne als allgemeine Menschenbildung begreifen

und avanciert sodann letztlich „zum Inbegriff menschlicher Selbstentfaltung und Selbstvollendung“ (Schwenk 1998, 216). Bildung steht somit für all jene Inhalte und Prinzipien, die nicht verloren gehen dürfen, „wenn Menschsein seinen humanen Charakter bewahren soll: die aller Planung und Machbarkeit entzogene Selbstbestimmung der Person“ (Böhm 2000, 76ff.). Der intellek-tuelle wie kreative Widerstand „gegen die pure Verzweckung der Person im Arbeitsalltag, gegen die Beschränkung auf funktionale Subjektivität“ (Meueler 2009, 146) ist es denn auch, was für Erhard Meueler Selbstbildung im Kern ausmacht.

Diese innige Verbundenheit des Bildungs- und Freiheitsgedankens packt Gerald Faschingeder (2005, 217) pointiert in die Feststellung: „Bildung als Praxis der Freiheit meint Bildung als emanzipatorisches Projekt“. Einer sol-chen neuzeitlich-aufklärerissol-chen Freiheitsidee gemäß beinhaltet Bildung an Strukturelementen Autonomie, Freiheit, Sittlichkeit und Emanzipation. Sie zielt, mit Gerhard Mertens (1989a, 185) gesprochen, ab „auf die mündige, verantwortliche Lebensführung, auf das wissende und verantwortete Welt- und Selbstverhältnis des Menschen insgesamt. Dementsprechend läßt sich Mün-digkeit auch als ‚verwirklichte Bildung‘ verstehen“. Umgekehrt kann Bildung aus dieser Perspektive als eine dialektischeSynthese aus den Begriffen Mün-digkeit und Emanzipation charakterisiert werden, weil Bildung all diejenigen Merkmale umfasst, die diesen beiden Prinzipien jeweils nur zum Teil innewoh-nen. Bildung verfolgt demgemäß die umfassende Zielsetzung, „Menschen zu selbstbestimmten und freien autonomen Individuen zu machen, die Kraft ihrer eignen Vernunft Entscheidungen zu treffen vermögen, die für sie und auch ihr Umfeld gut sind“ (Faschingeder 2005, 206). Bildung – oder besser gesagt Gebildet-Sein – ist dann also ein Persönlichkeitszustand, der Menschen dazu be-fähigt, ihr Handeln auf Einsicht zu gründen und es kritisch-prüfend unter dem Leitprinzip der Selbstbestimmung persönlich zu verantworten. Integriert sind in diesem Bildungsbegriff individuelle Eigenschaften wie Selbstbestimmungs-, Urteils?, Kritik- und Verantwortungsfähigkeit, aber auch die Bezugnahme des Individuums auf sein jeweiliges politisch-soziales, gesellschaftliches Sein, womit wiederum der Emanzipationsaspekt von Bildung zum Tragen kommt.29Speziell in aufklärerischer Tradition, darauf verweist Erhard Meueler (2002, 60), steht Bildung weithin synonym für „Selbst-Aufklärung und Sich-Entwickeln aus eigener Kraft, als selbst gewollte Qualifikation, als subjektives Voranschreiten, als Selbstentfaltung, als Selbstbestimmung der Vernunft und als kritisches Verhältnis zum Gelernten und dem zu Lernenden (. . .)“. Wie in solchen

Aus-führungen bereits aufscheint, ist Emanzipation indes nicht zum Nulltarif zu haben, sondern erfordert vielmehr individuelle Anstrengungen, die Jürgen Oelkers (2003, 4) mit den (Sekundär)Tugenden „Bescheidenheit, Ausdauer und Mut“ zusammenfasst. Überhaupt sei Bildung, so Oelkers (ebd.) unter Bezugnahme auf Michael Oakeshott, nur mit Blick auf Emanzipation und Disziplin erwerbbar, wobei sich die zunächst zu erbringenden Aufwendungen und Mühen letztlich indes wahrlich lohnten:

„Die grundlegende Idee ist, dass Bildung befreit, jedoch nur, wenn ihre Voraussetzungen erfüllt sind. (. . .) Wer sich in Bildungsprozessen engagiert (. . .) erhält einen Gegenwert aber erst nach der Anstrengung (. . .) Die Belohnung ist persönliche Souveränität, nämlich die Befreiung von der Kontingenz der Geburt, der Tyrannei des Augenblicks und der Anpassung an die bloß gegebene Kondition des Lebens“.30

Mit dem Tugendkatalog der Disziplin engstens verbunden und vom pädago-gischen Leitziel Mündigkeit zudem zwingend impliziert ist das zuvor bereits angesprochene Bildungsteilmoment der Verantwortung. Es bedeutet, dass Men-schen ihr Handeln stets zu verantworten haben, was wiederum individuelle Urteilsfähigkeit voraussetzt. Diese speist sich aus derEinsicht in

Zusammen-hänge und deren zutreffende Bewertung und erfordert somit nicht zuletzt eine entsprechende Sachkompetenz. Der bzw. die einzelne kann Verantwortung in einem solch umfassenden Sinne tatsächlich aber nur dann übernehmen, wenn er/sie sich als mündige Person erweist, womit abermals das Bildungs-ziel individueller Mündigkeit in den Vordergrund rückt (vgl. Kaiser/Kaiser 1996, 69). Wegen der zentralen Bedeutung der individuellen Verantwortungs-und Urteilsfähigkeit umfasst Bildung deshalb zwingend ein handlungsleitendes Wertefundament, das sich im aufklärerischen und humanistischen Sinne an den universellen Menschenrechten orientiert. Mit Gerald Faschingeder (2005, 217) denkbar kurz gesagt: „Bildung ist Humanismus“. Auf das Allerengste hiermit verbunden ist folglich der Leitwert der Solidarität (der etwa auch in Wolfgang Klafkis wirkmächtiger Bildungskonzeption gesondert hervorgehoben und hier noch zu thematisieren sein wird, vgl. 4.2.). Paul Röhrig (1988, 356) zeichnet in diesem Zusammenhang eine wichtige Entwicklungslinie des Bildungsgedan-kens nach, die nicht zuletzt im Begriff der Solidarität und deren Stellenwert kulminiert: Es kann eine Entwicklung aufgezeigt werden

„von der Rezeption des Humboldtschen Individualismus, bei dem noch gewissermaßen dem einzelnen die Kultur, die Welt zum Medium seiner

Bildung wird, hin zu einer Haltung, in der das Ich aus dem Mittelpunkt herausgeht und Verantwortung für das Leben, die Gemeinschaft, die Klasse oder das Volk übernimmt. Der gebildete Erwachsene ist dann der, der für andere und anderes einstehen kann, dem seine Ichbezogenheit nicht mehr den Blick verstellt für das, was wahrhaft ist, für Not, die ihn zuantworten herausfordert, also der zur Solidarität fähige Mensch“.

Ein solcher Widerspruch und Widerstand gegen die Missachtung der Rechte anderer, die letztlich aber immer auch eigene Rechte tangiert, ist dabei im Grunde ein zutiefst existentialistisches Anliegen, muss es mit Blick auf reale Machtverhältnisse und Lebensumstände doch darum gehen, die drohende Vergeblichkeit emanzipatorischen Handelns zu widerlegen und den Menschen als Souverän seiner selbst zur Geltung zu verhelfen, und zwar, wie Hans Ebeling (1990, 38; zit. nach Meueler 2009, 81) so treffend betont, „durch das, was einmal

Bildung hieß und wieder dazu werden muss“.31

In einem dezidiert aufklärerisch-emanzipatorischen Sinn hebt schließlich Werner Markert (1998, 6) in Anlehnung an Theodor W. Adorno als ein wei-teres Wesenselement emanzipatorischer Bildung deren letztlich umfassenden Anspruch hervor: „Bildung des Subjekts heißt, die ‚Totalität‘ der Potentiale der und des Menschen auszuschöpfen, sie zum Widerstand gegen irrationale Herrschaft zu befähigen, die Mechanismen der ‚Verdinglichung‘ ihres Lebens bewußt zu machen – Bildung ist ‚Wendung aufs Subjekt, Verstärkung von dessen Selbstbewußtsein und damit auch von dessen Selbst‘“. Karl-Heinz Hei-nemann (2008) bringt die kritische Dimension von Bildung sogar noch weitaus prägnanter auf den Punkt, wenn er betont: „Bildung ist immer subversiv (. . .)“. Es ist dies ein fundamentales Charakteristikum von Bildung, dessen herausragender Stellenwert gerade im Zusammenhang der Debatte um eine inhaltliche Bestimmung des Verhältnisses von Kompetenz und Bildung noch eingehender hervortreten wird, zumal es als eine Art Grundprinzip von Bildung bzw. von Gebildet-Sein gelten darf: das Kriterium der Selbstzweckhaftigkeit und Unvereinnahmbarkeit von Bildung, das sich gegebenenfalls auch äußert in – reflektierterDysfunktionalität im Sinne einer individuellen Haltung der Verweigerung, der Unangepasstheit, des Nonkonformismus. Lässt sich somit der Stellenwert von Emanzipation als fundamentalem Leitziel von Bildung nicht hoch genug bewerten, stellen sich weitergehende Fragen nach denjeni-gen Leitwerten, die das normative Fundament von Bildung ausfüllen, mithin nach denjenigen Imperativen praktischer Philosophie, zu deren Verwirklichung

jedwede Bildung beitragen soll oder vielmehr beitragen muss, will sie ihrem überzeitlich humanistischen Anspruch gerecht werden.

Im Dokument Kompetenz oder Bildung (Seite 127-134)