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Bielefeld ErgeoHisse einer Anwendungsbeobachtung

Im Dokument Ärzte und Sucht - keine Rarität! (Seite 48-57)

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Art der Studie: Anwendungsbeobachtung Studienteilnehmer: 53 Ärzte und 877 Patien­

ten mit koronarer Herzerkrankung Geprüfte Substanz: Gallopamil

Ergebnis: »Gallopamil senkt sowohl als Mono­

therapie als auch in Kombination mit Nitraten oder Beta-Rezeptorenblockern die Angina- pectoris-Anfallshäufigkeit sowie den Verbrauch kurz wirksamer Nitropräparate.«

In den letzten Jahren haben Kalzium-Antago­

nisten zu einer wesentlichen Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten bei der medika­

mentösen Behandlung aller Formen der koro­

naren Herzkrankheit geführt (4, 20). Es beste­

hen jedoch erhebliche Unterschiede zwischen

In einer Anwendungsbeobachtung wurden 877 Patienten mit KHK über 5 Wochen mit Gallo­

pamil behandelt. 293 Patienten erhielten eine Monotherapie mit Gallopamil, 116 Patienten zusätzlich Betablocker und 468 zusätzlich Langzeitnitrate. Systolischer und diastolischer Blutdruck sowie die Herzfrequenz wurden in allen drei Therapiegruppen leicht gesenkt. Die Belastbarkeit der Patienten ließ sich um 13 bis 21% steigern. Die ischämische ST-Strecken- Senkung konnte bei maximaler Belastung um 18-35% reduziert werden. Bei 17,7% der Pa­

tienten wurde die Beobachtung vorzeitig been­

det. Diejenige Patientengruppe, die neben Gal­

lopamil einen Betablocker einnahm, zeigte die höchste Rate unerwünschter Arzneimittelwir­

kungen ( meistgenanntes Symptom: Bradykar­

die, gefolgt vonAV-Blockierungen). Die gute an­

tiischämische Wirksamkeit von Gallopamil ließ sich bestätigen. Allerdings sollte Vorsicht ge­

boten sein bei Anwendung der Kombination ei­

nes Betablockers mit einem frequenzsenkenden Kalzium-Antagonisten wie Gallopamil vor al­

lem bei Patienten mit Hinweisen auf eine Sinus- Bradykardie/Sinus-Knotenerkrankung und/

oder AV-Blockierung.

den einzelnen Kalzium-Antagonisten sowohl in der chemischen Struktur als auch im Wirkungs­

profil (16). Gallopamil, ein Kalzium-Antagonist der zweiten Generation, besitzt als Abkömm­

ling von Verapamil ähnliche pharmakokineti­

sche und pharmakodynamische Eigenschaften, zeigt jedoch gegenüber Verapamil eine stär­

kere Kalzium-antagonistische Wirksamkeit (8).

Nach oraler Gabe wird Gallopamil zu etwa 90%

absorbiert. Die systemische Bioverfügbarkeit des Pharmakons liegt bei 15%. Bei wiederhol­

ter Gabe wird eine Zunahme der systemischen Bioverfügbarkeit auf 23% beobachtet, da die totale systemische Clearance entsprechend re­

duziert wird. Die Bindung an Plasmaproteine beträgt konzentrationsunabhängig 90% und die Eliminationshalbwertszeit liegt bei 3,5 h, wobei unter wiederholter Gabe bei Gesunden keine Änderung der Halbwertszeit gefunden wurde (26).

Das vielfältige Wirkspektrum von Gallopamil ist zum großen Teil durch Einflüsse auf den Gefößtonus mit einer Senkung von Vor- und Nachlast gekennzeichnet. Neben elektrophy- siologischen Effekten auf die primäre Reizbil­

dung, Reizleitung und ektope Reizbildung spielt die Verminderung der Myokardkontraktilität nur eine untergeordnete Rolle (3, 7, 28). Bei der Behandlung der koronaren Herzkrankheit basiert der antiischämische Effekt von Gallo­

pamil vorwiegend auf einer Erweiterung der größeren Koronararterien zusätzlich zur ischä­

miebedingten Dilatation terminaler Arteriolen, die der metabolischen Autoregulation unterlie­

gen (9, 19, 23). In zahlreichen kontrollierten Akut- und Langzeitstudien zeigte Gallopamil bei chronischer belastungsabhängiger Myo­

kardischämie eine ausgeprägte antianginöse und antiischämische Wirkung. Unter einer Do­

sis von 150 mg Gallopamil pro Tag wurde eine Reduktion der ischämischen ST-Streckensen­

kung in Belastungsversuchen von 50-60% mit einem Wirkungsmaximum 2 Stunden nach der Einnahme beobachtet (2, 11, 14, 15, 18, 21, 22, 29).

Z. Allg. Med. 1993; 69:1084-1091. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993

Gallo

Neben kontrollierten klinischen Prüfungen las­

sen sich weitere Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit bei der Therapie mit be­

reits zugelassenen Medikamenten in Anwen­

dungsbeobachtungen gewinnen. Dabei werden prospektiv vorab festgelegte Patientengruppen über einen definierten Zeitraum beobachtet und die routinemäßig gewonnenen Funktions­

und/oder Laborparameter in Erhebungsbögen dokumentiert. In Ostdeutschland wurde 1991 mit Gallopamil eine Anwendungsbeobachtung durchgeführt, über deren Ergebnisse hier be­

richtet wird.

Patienten

An der Anwendungsbeobachtung beteiligten sich 53 Ärzte aus dem Klinikbereich, die Daten von 877 Patienten dokumentierten. Das Beob­

achtungskonzept sah vor, daß zunächst die Pa­

tientenanamnese mit Angaben zur letzten Be­

handlungswoche vor Beobachtungsbeginn do­

kumentiert wurde. Danach folgte eine ein­

wöchige Einstellungsperiode und anschließend eine Beobachtungsperiode über vier Wochen.

• Bei 293 Patienten bestand eine Monothera­

pie mit Gallopamil (Gruppe 1),

• 116 Patienten erhielten Gallopamil zusätz­

lich zur vorbestehenden Therapie mit Beta- Rezeptorenblockern (Atenolol, Propranolol oder Talinolol in üblicher Dosierung, Gruppe 2) und

• 468 Patienten erhielten Gallopamil zusätz­

lich zur vorbestehenden Therapie mit Ni­

traten (Isosorbiddinitrat bzw. Isosorbid- 5-Mononitrat in üblicher Dosierung, Grup­

pe 3).

Die Dokumentierung umfaßte Daten aus: Ruhe- EKG, Blutdruckmessung und Belastungs-EKG sowie aus Angaben zur Verträglichkeit ein­

schließlich der Erfassung möglicher uner­

wünschter Arzneimittelwirkungen. Bei der sta­

tistischen Auswertung erfolgte eine parallele Darstellung der drei Therapiegruppen und ein Vergleich der Prä-Post-Differenzen in den drei Gruppen mittels parametrischer Methoden (Va­

rianzanalyse). Vergleiche von Häufigkeitsver­

teilungen wurden mit dem chi^-Test vorgenom­

men. Alle Tests wurden im Rahmen der explo- rativen Datenanalyse durchgeführt.

877 Patienten beteiligten sich an der Anwen­

dungsbeobach­

tung

Das Alter der Patienten lag zwischen 21 und 86 Jahren (median: 59 Jahre). Im Kollektiv be­

fanden sich überwiegend Männer (70,5%). Die Diagnose koronare Herzerkrankung basierte auf

• subjektiven Beschwerden in 80,4%,

• positivem Belastungs-EKG in 41,7%,

• Koronarangiographiebefund in 25,3%,

• Myokardszintigramm in 4,4% und

• Zustand nach Infarkt in 49,5% der Fälle.

Mehrfachnennungen waren möglich. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer betrug 4 Jahre. Als Nebendiagnosen wurden im Kol­

lektiv unter anderem genannt:

• Hypertonie (53%),

• Hyperlipidämie (44%),

• Diabetes mellitus (20%),

• Herzinsuffizienz (11%) sowie

• Herzrhythmusstörungen (22%),

wobei ebenfalls Mehrfachnennungen möglich waren. Im Mittel wurden neben der koronaren Herzerkrankung zwei Nebendiagnosen für je­

den Patienten dokumentiert.

Da die Patienten während der Beobachtung unterschiedlich therapiert wurden, haben wir eine Stratifizierung des Gesamtkollektivs in drei Gruppen vorgenommen:

Ergebnisse

Dosierung

Die Therapie mit Gallopamil wurde zu Beginn der Anwendungsbeobachtung mit einer Dosis von 3 Filmtabletten pro Tag (3 x 50 mg Gallo­

pamil) eingeleitet und im weiteren Verlauf ent­

sprechend dem klinischen Beschwerdebild des Patienten angepaßt. Die Dosisverteilung am Ende der Beobachtung ist in Tabelle 1 wieder­

gegeben. Nahezu 70% der Patienten in den drei Therapiegruppen wurden mit 3x1 Tablette behandelt. Ein Viertel der Patienten erhielt 2x1 Tablette. In Einzelfällen wurde die Höchst­

dosis von 4x1 Tablette appliziert sowie die niedrigste Dosis von 1x1 Tablette.

Angina pectoris und Verbrauch kurzwirk­

samer Nitroverbindungen

Im Prä-Post-Vergleich nahm die Angina-pecto- ris-Anfailshäufigkeit beim Gesamtkollektiv im Mittel von 8,5 auf 3,2 Anfälle pro Woche ab.

Innerhalb der Therapiegruppen fanden sich die in Tabelle 2 dargelegten Veränderungen, wo­

bei tendenziell eine stärkere Abnahme der An­

fallshäufigkeit unter den Kombinationsbehand­

lungen auffällt, insbesondere in der Gruppe 3 (Gallopamil plus Nitrat). Kongruent zur

An-Am Anfang er­

hielt jeder Pati­

ent 3 X 50 mg Gallopamil

Es gab 3 Grup­

pen: Gallopamil als Monothera­

pie, Gallopamil plus Beta­

blocker und Gallopamil plus Nitrate

Gällopamil

Tabelle 1: Übersicht zur Gallopamil-Tagesdosis. Therapiegruppe 1 = Gallopamil-Monotherapie; Therapie­

gruppe 2 = Gallopamil plus Beta-Blocker; Therapiegruppe 3 = Gallopamil plus Nitrat

Die maximale Belastungsstufe und die Bela­

stungsdauer konnten in allen Gruppen signifikant ge­

steigert werden

Sowohl der systolische als auch der dia­

stolische Blut­

druck wurde leicht gesenkt

Tagesdosis (Filmtabletten)

Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamtkollektiv

1 10 1 10 21 (2,5%)

1,5 1 - - 1 (0,1%)

2 90 24 116 230 (26,9%)

3 186 83 325 594 (69,6%)

4 - 4 4 8 (0,09%)

Summe (23 fehlende Angaben) 854

Tabelle 2: Übersicht zur Angina-pectoris-Anfallshäufigkeit/Woche und zum Verbrauch kurzwirksamer Ni-troverbindungenAVoche. Therapiegruppe 1 = Gallopamil-Monotherapie; Therapiegruppe 2 = Gallopamil plus Beta-Blocker; Therapiegruppe 3 = Gallopamil plus Nitrat

Zeitpunkt der Kontrolle

Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamtkollektiv Angina-pectoris-AnfallshäufigkeitAVoche

(n = 268) (n = 108) (n = 426) (n = 802)

prä 5,7 9,5 10,1 8,5

post 1,7 4,3 3,8 3,2

Ä -4,0 -5,2 -6,3 -5,3

Verbrauch kurzwirksamer NitroverbindungenAVoche

(n = 255) (n = 105) (n = 423) (n = 783)

prä 5,5 9,3 9,6 8,2

post 1,6 4,4 3,6 3,1

A -3,9 -4,9 -6,0 -5,1

gina-pectoris-Anfallshäufigkeit verhielt der Nitrokonsum pro Woche (Tab. 2).

sich

Blutdruck und Ruhe-EKG

Sowohl der systolische als auch der diastoli­

sche Blutdruck wurden leicht gesenkt. Dabei war innerhalb der Behandlungsgruppen eine stärkere Reduktion unter der Monotherapie mit Gallopamil festzustellen. Allerdings ging man hier bereits von einem höheren Aus­

gangsniveau im Vergleich zu den beiden anderen Therapiegruppen aus (Tab. 3). Die mittlere Herzfrequenz wurde ebenfalls leicht reduziert, ln der Therapiegruppe 2 (Gallopa­

mil plus Beta-Rezeptorenblocker) wurde die bereits niedrige Herzfrequenz im Vergleich zu den anderen Therapiegruppen nur gering gesenkt. Das Ruhe-EKG zeigte im Mittel keine statistisch oder klinisch auffälligen Änderun­

gen (Tab. 3).

Belastungs-EKG

Fahrrad-Ergometrien im Sitzen wurden bei 495 Patienten (56%) durchgeführt. Es zeigte sich, daß die maximale Belastungsstufe und die Belastungsdauer in allen Therapiegruppen si­

gnifikant gesteigert werden konnten, am deut­

lichsten in der Patientengruppe 1 (Gallopamil als Monotherapie) (Tab. 4). Herzfrequenz, sy­

stolischer sowie diastolischer Blutdruck zeig­

ten tendenziell eine Abnahme trotz Steigerung der Belastungsstufe und Belastungsdauer. Eine Ausnahme bildet die Herzfrequenz bei maxi­

maler Belastungsstufe in der Therapiegruppe 2 (Beta-Rezeptorenblocker plus Gallopamil), die eine minimale Erhöhung aufwies. Es ist zu berücksichtigen, daß hier das niedrigste Aus­

gangsniveau im Vergleich zu den anderen The­

rapiegruppen vorlag. Die ST-Streckensenkung bei maximaler Belastung konnte in allen drei Therapiegruppen signifikant reduziert werden.

Ausgehend von einem höheren Niveau findet sich in der Therapiegruppe 3 (Nitrat plus Gal­

lopamil) die höchste Reduktion der ST- Streckensenkung fTaö. 4). Qualitative Änderun­

gen im Ergometrietest bezogen auf den Ab­

bruchgrund zeigten, daß deutlich weniger Pa­

tienten den Belastungsversuch wegen Angina pectoris, Dyspnoe oder überhöhter Blutdruck­

werte abbrechen mußten. Mehr Patienten konnten bis zur körperlichen Erschöpfung be­

lastet werden.

Gattopamil

Tabelle 3: Änderungen von Herzfrequenz, Blutdruck und Leitungszeiten aus dem Ruhe-EKG während der Anwendungsbeobachtung.-Therapiegruppe 1 = Gallopamil-Monotherapie; Therapiegruppe 2 = Gallopamil plus Beta-Blocker; Therapiegruppe 3 = Gallopamil plus Nitrat

Meßparameter Zeitpunkt der Kontrolle

Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamt­

kollektiv

n = 285 n = 110 n = 458 n = 853

HF prä 80,1 72,7 77,5 77,8

(min“^) post 76,5 71,2 73,3 74,1

A -3,6 -1,5 -4,2 -3,7

n = 286 n = 112 n = 455 n = 853

RR syst prä 146,4 142,0 143,1 144,1

(mmHg) post 137,0 136,8 136,5 136,7

A -9,4 -5,2 -6,6 -7,4

n = 286 n = 112 n = 455 n = 853

RR diast prä 89,9 87,2 88,1 88,6

(mmHg) post 85,2 85,3 85,4 85,3

A -4,7 -1,9 -2,7 -3,3

n = 257 n = 109 n = 434 n = 800

PQ prä 162,7 164,4 163,5 163,4

(ms) post 169,9 173,4 169,7 170,2

A 7,2 9,0 6,2 6,8

n = 278 n = 112 n = 451 n = 841

QRS prä 90,3 88,6 88,3 89,0

(ms) post 91,6 90,6 91,0 91,1

A 1,3 2,0 2,7 2,1

n = 272 n = 112 n = 446 n = 830

QT prä 360,4 372,1 365,5 364,7

(ms) post 363,2 375,3 370,7 368,9

A 2,8 3,2 5,2 4,2

Verträglichkeit

Die Behandlung wurde in 155 Fällen (17,7%) vorzeitig beendet. Die Abbruchgründe sind in Tabelle 5 wiedergegeben. Unerwünschte Arz­

neimittelwirkungen und unzureichende Wirk­

samkeit, die zum Abbruch führten, wurden bei 63 Patienten registriert (7,2%). Eine mangelnde Compliance führte in 18 Fällen zum Abbruch.

Die besonderen Ereignisse beinhalten folgende Angaben: Eine vorzeitige Entlassung aus der Klinik (N = 50), Verlegung auf eine andere Sta­

tion (N = 16), Änderung des Behandlungspla­

nes (N = 9), Reiseantritt (N = 3) sowie Tod (N = 3).

Die drei Todesfälle stellten sich im einzelnen so dar: Bei einer 82jährigen Patientin mit Zustand nach Myokardinfarkt trat ein allgemeiner kör­

perlicher Verfall ein, so daß keine Nahrungs­

aufnahme oral mehr möglich war. Die Patien­

tin verstarb, nachdem die Therapie mit Gallo­

pamil 10 Tage vorher abgesetzt wurde. Eine weitere 88jährige Patientin mit Zustand nach Myokardinfarkt und einer über 14 Jahre beste­

henden koronaren Herzerkrankung litt gleich­

zeitig an einer Pneumonie, die ursächlich für den Tod verantwortlich war. Ein 65jähriger Patient verstarb an einem akuten Vorderwand­

infarkt mit Entwicklung eines Lungenödems infolge myokardialer Insuffizienz sowie Reani­

mation bei rezidivierendem Kammerflimmern.

Die Beobachtung wurde vorzeitig beendet und ein Zusammenhang mit der Anwendung von Gallopamil wurde vom Beobachtungsarzt als unwahrscheinlich deklariert. Insgesamt wur­

den bei 151 Patienten (17,2%) unerwünschte Arzneimittelwirkungen beobachtet. Einen Überblick zu den unerwünschten Arneimittel- wirkungen einschließlich der 51 Patienten, die deswegen die Behandlung abbrachen, ist in Tabelle 6 wiedergegeben. Es fällt auf, daß die höchste Rate in der Therapiegruppe 2 zu verzeichnen ist, die neben Gallopamil einen Beta-Rezeptorenblocker einnahm. Die einzel­

nen Symptomnennungen sind nach der WHO- Klassifikation für sämtliche unerwünschten Er­

eignisse entsprechend dem System Organ Clas­

ses (SOG) gruppiert und in Tabelle 7 darge­

stellt.

Beim Symptomkomplex, Haut und Hautan­

hangsgebilde, wurde vermehrtes Schwitzen und Hautausschlag angeführt. Eine aufgetre­

tene Urtikaria verschwand nach Absetzen von Gallopamil vollständig. Der Symptomkomplex zentrales und peripheres Nervensystem

bein-Die Behandlung wurde von 17,7% der Patienten abgebrochen

Die höchste Rate uner­

wünschter Arz­

neimittelwir­

kungen war in Gruppe 2 zu verzeichnen

Therapiestudie GallopamU

Hypotonien ka­

men in allen drei Therapie­

gruppen gleich häuhg vor

Herzrhythmus­

störungen wur­

den von 5,9%

aller Patienten genannt

Tabelle 4: Quantitative Änderungen im Ergometrietest während der Anwendungsbeobachtung. Therapie­

gruppe 1 = Gallopamil-Monotherapie; Therapiegruppe 2 = Gallopamil plus ß-Blocker; Therapiegruppe 3 = Gallopamil plus Nitrat

Meßparameter Zeitpunkt der Kontrolle

Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamt­

kollektiv

n = 165 n = 82 n = 248 n = 495

max. prä 86,5 85,1 82,7 84,4

Belastung post 104,9 96,6 93,7 97,9

(Watt) A 18,4 11,5 11,0 13,5

n = 165 n= 82 n = 243 n = 490

Belastungs- prä 9,9 9,5 7,8 8,8

dauer post 12,5 11,5 9,1 10,6

(min) A 2,6 2,0 1,3 1,8

n = 165 n = 82 n = 247 n = 494

HF bei max. prä 132,9 121,2 123,6 126,3

Belastung post 132,5 122,2 122,8 126,0

(min-9 A -0,4 1,0 -0,8 -0,3

n = 165 n = 82 n = 247 n = 494

RR syst, bei prä 183,9 178,1 178,8 180,4

max. Belastung post 182,4 176,0 179,1 179,7

(mm Hg) A -1,5 -2,1 0,3 -0,7

n = 165 n = 82 n = 247 n = 494

RR diast. bei prä 100,7 99,4 97,9 99,1

max. Belastung post 98,0 97,1 96,4 97,1

(mm Hg) A -2,7 -2,3 -1,5 -2,0

n = 155 n = 74 n = 220 n = 449

ST-Senkung bei prä 0,107 0,118 0,150 0,130

max. Belastung post 0,075 0,097 0,097 0,090

(mV) A -0,032 -0,021 -0,053 -0,040

haltet Schwindel, der vor allem in den Thera­

piegruppen 2 und 3 vermehrt zum Abbruch führte, sowie Tremor und Parästhesie. Beim Symptomkomplex Sehstörungen wurde ein an­

omales Sehvermögen genannt, das zum Ab­

bruch führte, wobei ein direkter Zusammen­

hang mit der Gabe von Gallopamil als nicht wahrscheinlich bezeichnet wurde. Das gleiche gilt für den Symptomkomplex Hör- und Gleich­

gewichtsstörungen mit Ohrensausen, das be­

reits vor Beginn der Therapie mit Gallopamil bestand. Unter den psychiatrischen Störungen sind Agitiertheit, Angst, Nervosität und Schlaf­

störungen zu nennen, die zum Teil auch zu Therapieabbrüchen führten. Weiterhin wurden hier Apathie, Depression, Somnolenz und ver­

ändertes Träumen aufgeführt, wobei keine der drei Therapiegruppen mit häufigeren Nennun­

gen auffiel. Beim Symptomkomplex Verdau­

ungstrakt wurde am häufigsten Obstipation ge­

nannt, und zwar in der Therapiegruppe 3, ge­

folgt von Übelkeit, ebenfalls mit der häufigsten Nennung in der Therapiegruppe 3. Die weite­

ren Symptome wie Anorexie, Durchfall, Erbre­

chen, Dyspepsie und Flatulenz wurden seltener registriert. Im Vergleich zu anderen Symptom­

komplexen fällt hier eine höhere Gesamtrate mit 4,5% auf

Eine Hypotonie wurde beim Symptomkomplex Herz-Kreislauf-System allgemein am häufig­

sten genannt, und zwar über alle drei Thera­

piegruppen nahezu gleichmäßig verteilt. In den meisten Fällen führte die hypotone Reaktion zu einem Abbruch der Therapie mit Gallopamil.

Darüber hinaus führten die Symptome Herz­

versagen, Kreislaufversagen und EKG-Abwei- chungen unmittelbar nach Beginn der Thera­

pie mit Gallopamil zum Abbruch der Behand­

lung. Es handelte sich hierbei um 9 Patienten mit schwerer dekompensierter Herzinsuffi­

zienz, die entgegen den bestehenden Kontrain­

dikationen dennoch mit Gallopamil anthera­

piert wurden. Unter dem Symptomkomplex Myo-, Endo- und Perikard sowie Herzklappen ist ein Patient zu nennen, der einen Innen­

schichtinfarkt erlitt, die Therapie wurde nicht abgebrochen.

Der Symptomkomplex Herzrhythmusstörun­

gen weist mit 5,9% im Gesamtkollektiv eine der häufigsten Nennungen mit den meisten Thera­

pieabbrüchen auf, wobei in der Therapie­

gruppe 2 die höchste prozentuale Häufigkeit mit 8% registriert wurde. Eine Bradykardie war das meistgenannte Symptom, gefolgt von AV-Blockierungen. Falls nicht unmittelbar bei

GaOopamil Therapiestudie/t

Tabelle 5: Übersicht zu den Abbruchgründen

Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamtkollektiv

Anzahl der Patienten 293 116 468 877

Vorzeitige Beendigung N 50 18 87 155

% 17,1 15,5 18,6 17,7

Abbruchgründe (mit Mehrfachnennungen) Unerwünschte

Arzneimittelwirkung 18 8 25 51*

Unzureichende Wirksamkeit 3 5 8 16*

Mangelnde Compliance 3 1 14 18

Besondere Ereignisse 27 6 48 81

(* 4 Doppelnennungen)

Tabelle 6: Übersicht zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen, einschließlich derjenigen wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen die Behandlung abbrachen

Patienten, die Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamtkollektiv unerwünschte

Arzneimittelwirkung (UAW) 237 89 371 697

- nein unerwünschte

Arzneimittelwirkungen (UAW) 44 23 84 151

-ja

fehlende Angaben 12 4 13 29

% ja 15,7 20,5 18,5 17,8

Auftreten einer Bradykardie bzw. eines AV- Blocks die Therapie mit Gallopamil abgebro­

chen wurde, so wurde entweder die Gallopa- mil-Dosis reduziert oder vor allem bei den Pa­

tienten der Therapiegruppe 2 die zusätzliche Gabe des Beta-Rezeptorenblockers beendet.

Die weiteren Symptome wie Herzklopfen, Tachykardie, Vorhofarrhythmie und Extrasy­

stolen wurden in seltenen Fällen genannt.

Flush war das einzige Symptom, das beim Symptomkomplex Gefäßveränderungen (außer Herz) registriert wurde. In keinem Fall wurde die Therapie mit Gallopamil deswegen abge­

brochen. Als weiteres, seltenes Symptom wurde Dyspnoe für den Symptomkomplex Re­

spirationstrakt genannt, teilweise aufgrund ei­

ner akuten Erkältung. Bei einem Patienten wurde während des stationären Aufenthaltes ein Ureterstein diagnostiziert. Der Patient gab Nierenschmerzen an. Die Therapie mit Gallo­

pamil wurde abgebrochen, da der Patient auf eine andere Station verlegt wurde.

Unter dem Symptomkomplex generalisierte Störungen fallen vor allem Kopfschmerzen auf, die häufig beklagt wurden, allerdings nur in wenigen Fällen zum Abbruch führten. In der Therapiegruppe 3 wurden die meisten Fälle mit

Kopfschmerzen registriert. Die übrigen Sym­

ptome wurden selten genannt, sollen aber der Vollständigkeit halber aufgeführt werden: pe­

ripheres Ödem, allergische Reaktion, Asthenie, Brustschmerz, Ermüdung, Hitze Wallungen, ge­

störtes Allgemeinbefinden und Schmerz.

Diskussion

Eine Anwendungsbeobachtung ist keine klini­

sche Prüfung mit genau vorgeschriebenen Prüfbedingungen. Es werden Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Medikamentes in der täg­

lichen Routineversorgung durch den Arzt do­

kumentiert, wobei die ganze Breite individuel­

ler Therapiekonzepte einfließt. Daher sind grö­

ßere Patientenzahlen notwendig, um aus An­

wendungsbeobachtungen konkrete Aussagen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Me­

dikamentes machen zu können. Zu den hier beschriebenen Resultaten haben 53 Klinikärzte beigetragen, die Daten von 877 Patienten do­

kumentierten.

Die Ergebnisse zeigen, daß Gallopamil sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Nitraten oder Beta-Rezeptorenblockern die Häufigkeit von Angina-pectoris-Anfällen sowie

Bradykardie war das meist­

genannte Sym­

ptom, gefolgt von AV- Blockierungen

Bei dem Sym­

ptomkomplex der generali­

sierten Störun­

gen wurde am häufigsten über Kopfschmerzen geklagt

Gallopamil

Tabelle 7: Übersicht zu den Symptomnennungen für unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach System Organ Classes (SOC der WHO-Klassifikation) - (A): Häufigkeiten für Abbruch der Behandlung

Therapiegruppe 1 Therapiegruppe 2 Therapiegruppe 3 Gesamtkollektiv

Symptome nach SOC-Gruppe N (A) % N (A) % N (A) % N (A) %

Haut und Hautanhanggebilde Zentrales und

2 - 0,7 2 - 1,8 4 (1) 0,9 8 (1) 0,9

peripheres Nervensystem 4 (1) 1,4 7 (4) 6,3 11 (4) 2,4 22 (9) 2,6

Sehstörungen - - - 1 (1) 0,9 - - - 1 (1) 0,1

Hör- und Gleichgewichtsstörungen - - - 1 - 0,9 - - - 1 - 0,1

Psychiatrische Störungen 2 (1) 0,7 3 - 2,7 9 (4) 2,0 14 (5) 1,7

V erdauungstr akt 6 (2) 2,1 5 (1) 4,5 27 (4) 5,9 38 (7) 4,5

Herz-/Kreislaufsystem allgemein Myo-, Endo- und

9 (6) 3,2 4 (2) 3,6 9 (7) 2,0 22 (15) 2,6

Perikard-Herzklappen 1 - 0,4 - - - - - - 1 - 0,1

Herzrhythmusstörungen 17 (12) 6,0 9 (4) 8,0 24 (11) 5,3 50 (27) 5,9

Gefäßveränderungen (außer Herz) 1 - 0,4 1 - 0,9 4 - 0,9 6 - 0,7

Respirationstrakt 1 - 0,4 1 (1) 0,9 4 (2) 0,9 6 (3) 0,7

Niere und ableitende Harnwege - - - - - - 1 (1) 0,2 1 (1) 0,1

generalisierte Störungen 18 (5) 6,4 8 (3) 7,1 24 (5) 5,3 50 (13) 5,9

0. n. Angaben 1 0,2 1 0,1

Im Ergometrie- test konnten Belastungsstufe und Bela­

stungsdauer eindeutig ge­

steigert werden

Die gute anti­

ischämische Wirksamkeit von Gallopamil konnte bestä­

tigt werden

den Verbrauch kurzwirksamer Nitropräparate senkt. Entsprechend dem Wirkprofil von Gal­

lopamil als kardiovaskulärem Kalzium-Anta­

gonisten wurden der Blutdruck und die Herz­

frequenz in Ruhe gleichermaßen reduziert.

Im Ergometrietest konnte die Belastungsstufe und die Belastungsdauer eindeutig gesteigert werden. Trotz Erhöhung der Belastungsstufe ließ sich eine Reduktion der ST-Streckensen- kung und somit eine Reduktion der Myokard­

ischämie in allen drei Behandlungsgruppen nachweisen. Auch subjektiv ließen sich für die Patienten Verbesserungen im Ergometrietest aufzeigen, wobei als Abbruchgrund weniger häufig Angina pectoris und Dyspnoe angege­

ben wurden, sondern häufiger körperliche Er­

schöpfung. Diese Hinweise für eine gute an­

tiischämische Wirksamkeit von Gallopamil konnte bereits in zahlreichen doppelblinden, kontrollierten klinischen Studien hinreichend bewiesen werden (2, 11, 14, 21, 22).

Der wichtigste Aspekt bei der Durchführung einer Anwendungsbeobachtung ist der Gewinn weiteren Erkenntnismaterials zur Verträglich­

keit eines Medikamentes, da im Gegensatz zu kontrollierten Studien eine größere Patienten­

zahl in eine Beobachtung eingeschlossen wer­

den kann. In der vorliegenden Anwendungsbe­

obachtung wurden drei differente Thera­

pieschemata verfolgt, die bezüglich ihrer Ver­

träglichkeit getrennt diskutiert werden.

Unter einer Monotherapie mit Gallopamil konnte ein ähnliches Nebenwirkungsprofil

-sowohl in Qualität als auch in Quantität — auf­

gezeigt werden, wie es bereits Wolf bei 31 537 Patienten beschrieb (32). Entsprechend dem elektrophysiologischen Wirkprofil von Gallopamil traten Bradykardien sowie Lei­

tungsverzögerungen im AV-Knoten auf, die zu Dosisreduktionen und zum Absetzen der The­

rapie führten. Hieraus kann allgemein die Empfehlung abgeleitet werden, Patienten mit präexistenten AV-Überleitungsstörungen gene­

rell auszuschließen sowie bei Einleitung einer Therapie mit Gallopamil kurzfristig EKG-Kon- trollen durchzuführen. Vaskuläre und gastroin­

testinale Symptome traten unter einer Mono­

therapie mit Gallopamil selten auf

Aus vielen Untersuchungen ist bekannt, daß bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, die unter einer Monotherapie noch ischämische Reaktion zeigen, eine Kombinationstherapie zu einer Besserung der Symptomatik sowie zu ei­

ner objektivierbaren Reduktion der Myokard­

ischämie führt (12). Für die Kombination Gal­

lopamil plus Nitrat konnte dieser günstige Ef­

fekt in zwei kontrollierten Studien an kleineren Kollektiven verifiziert werden (1, 25). Auch die vorliegende Anwendungsbeobachtung zeigte für diese Kombination eine Reduzierung der Angina-pectoris-Anfallshäufigkeit und eine Steigerung der Belastbarkeit bei gleichzeitiger Reduzierung der Myokardischämie. Das Ne­

benwirkungsprofil dieser Kombinationsthera­

pie gibt ein ähnliches Bild wie eine Monothe­

rapie mit Gallopamil. Aufgrund der stärker va- sodilatatorischen Wirksamkeit der Kombina­

tion von Gallopamil plus Nitrat werden

Gallopamil Therapiestudie]

allerdings häufiger Schwindel, Hypotonie und Kopfschmerzen beklagt. Auch eine Obstipation

allerdings häufiger Schwindel, Hypotonie und Kopfschmerzen beklagt. Auch eine Obstipation

Im Dokument Ärzte und Sucht - keine Rarität! (Seite 48-57)