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5. Influencer Marketing

5.2. Arten von Werbung

5.2.1. Bezahlte Postings

Bei bezahlten Postings handelt es sich um eine direkte Alternative zur traditionellen Print- oder Fernsehwerbung. Im Gegensatz dazu können die Follower des Influencers aber oft nicht erkennen, dass es sich dabei nicht bloß um die Kundmachung der persönlichen Meinung handelt. Die Unternehmen führen Zielgruppen-, Influencer- und Netzwerkanalysen durch, um den für sie am besten geeigneten Markenbotschafter mit den zu ihrer Zielgruppe passendsten Followern zu finden.116 So entsteht leicht eine Grauzone, die für den Durchschnittskonsumenten kaum identifizierbar ist.

In dieser Fallgruppe ist unbestritten, dass die Kennzeichnung als Werbung zu erfolgen hat. Erhält der Influencer eine Vergütung für das Bewerben eines Produktes, kann angenommen werden, dass dies zur Steigerung des Absatzes dieses Produktes erfolgt.117 Die Ausnahmeregel greift hier nicht, da der Influencer in der Regel eine redaktionelle Ausrichtung seines Auftritts in den sozialen Netzwerken in Anspruch nimmt.118 Um eine Kennzeichnungspflicht zu begründen, ist nicht auschlaggebend, ob das Unternehmen inhaltliche Vorgaben macht. Allein der finanzielle Vorteil, der dem Influencer zugutekommt, ist relevant.119 Wenn eine Kooperation im Hintergrund steht, bei der ein Influencer bezahlt wird, muss dies daher jedenfalls offengelegt werden.

Einen Graubereich stellt die Erwähnung eines Produktes aus bloßer Gefälligkeit dar.

Laut OGH entfällt die Kennzeichnungspflicht, da von dieser nur jene Veröffentlichungen erfasst seien, die tatsächlich mit der Vereinbarung eines Entgelts verfasst wurden. Der Wille der Vertragsparteien muss sich genau auf diese Entgeltlichkeit richten.120 Anders äußerte sich der VwGH, welcher die Meinung vertritt, dass es nicht darauf ankomme, ob die Parteien ein Entgelt oder eine andere Gegenleistung vereinbart haben, sondern darauf, ob es sich um eine Erwähnung handelt, die nach der Verkehrsauffassung üblicherweise gegen Entgelt erfolgt.121

Einen Meilenstein für die Beurteilung solcher Graubereiche stellt wohl die jüngst ergangene Entscheidung des LG Berlin dar, das sich mit der Frage beschäftigte, wann

116 Raffling/Wittmann, MR 2017, 163 (163).

117 Mach, WRP 2018, 1166 (1168).

118 Anderl/Seling, ecolex 2018, 535 (535).

119 Noll in Berka/Höhne/Noll (Hrsg), Mediengesetz - Praxiskommentar3 (2012) § 26 Rz 1.

120 OGH 26.9.2016, 4 Ob 60/16a.

121 VwGH 21.10.2011, 2009/03/0172.

die Verlinkung zu einem Unternehmen einem kommerziellen Zweck dient und daher als Werbung erkenntlich gemacht werden muss.122 Die Schwierigkeit ergab sich daraus, dass die betroffene Influencerin zumindest Teile der dargestellten Produkte, selbst erworben hatte. Das LG entschied, dass dies trotzdem Handeln zur Förderung des Absatzes Dritter sowie Handeln zur Förderung des eigenen Absatzes darstelle. Die hohe Anzahl an Followern (in diesem Fall über 50.000) sei geeignet, „die Aufmerksamkeit von Unternehmen zu erregen und konkrete Geschäftsbeziehungen anzubahnen, aus der sich wirtschaftliche Vorteile für die Influencerin ergeben“.123 Die Vorgaben der Landesmedienanstalten, die eine Kennzeichnungspflicht bei selbst erworbenen Produkten als nicht erforderlich ansehen, wurde für Influencer mit großer Reichweite ausgeschlossen.124 Die vom LG angestellte Gesamtschau des betroffenen Accounts ließ dieses zu dem Schluss kommen, dass die „durch eine möglichst authentische Inszenierung des eigenen Lebens erzeugte Scheinprivatheit und damit einhergehende Glaubwürdigkeit den Wert eines Influencers als Werbeträger ausmache“.125 Im Ergebnis bedeutete diese Entscheidung, dass reichweitenstarke Influencer alle ihre Beiträge als Werbung zu kennzeichnen hatten, auch wenn sie etwaige abgebildete Produkte selbst bezahlt hatten.

Das letzte Wort war aber noch nicht gesprochen, denn die betroffene Influencerin legte Berufung ein. Eine Entscheidung der nächsthöheren Instanz, des KG Berlin, gab der Antragstellerin sogar zum Teil recht.126 Im Urteil wurde ausgeführt, dass Links zu Unternehmen einen Beitrag auch informativ ergänzen können und nicht bloß auf den Kauf eines Gegenstandes abzielen müssen, insbesondere unter Berücksichtigung des Umfeldes, in dem sich solche Posts befinden. Der Sinn eines sozialen Netzwerks, wie Instagram, sei es ua, Verbindungen zwischen Nutzern herzustellen. Aus diesem Grund erwartet ein Instagram Nutzer nicht nur Informationen zu erhalten, sondern darüber hinaus auch eine Verbindung zum Gegenstand dieser Information.127

Des Weiteren behandelte das Gericht die Vereinbarkeit der Vorentscheidung mit dem Grundrecht auf Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit des Art 11 der EU-Grundrechtecharta (GRC) in Bezug auf die Frage, ob jedes Posting der Influencerin als Werbung gekennzeichnet werden müsse. In der Praxis hat die vorangegangene

122 LG Berlin 24.5.2018, 52 O 101/18.

123 LG Berlin 24.5.2018, 52 O 101/18.

124 www.diemedienanstalten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Richtlinien_Leitfaeden/Leitfaden _Medienanstalten_Werbekennzeichnung_Social_Media.pdf.

125 LG Berlin 24.5.2018, 52 O 101/18.

126 KG Berlin 8.1.2019, 5 U 83/18.

127 KG Berlin 8.1.2019, 5 U 83/18.

Entscheidung des LG Berlin nämlich zu dem kuriosen Ergebnis geführt, dass die Influencerin sogar ein Bild ihrer Katze als Werbung gekennzeichnet hatte. Das KG verwies auf Art 52 Abs 1 S 2 GRC, wonach Einschränkungen der Grundrechte unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorgenommen werden dürfen, allerdings nur, wenn sie erforderlich sind und dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder dem Schutz von Rechten und Freiheiten anderer entsprechen.

Beiträgen, die als Werbung gekennzeichnet sind, sei durch den Verkehr kritisch gegenüberzutreten und ihnen geringere Bedeutung beizumessen. Das Ziel, den Verbraucher vor nicht informierten geschäftlichen Entscheidungen zu schützen, sei schwer umsetzbar, wenn dies „in der Praxis zu absurden Folgen führt, sodass die Hinweise nicht mehr ernst genommen werden“.128 Somit sei es nicht gerechtfertigt die Grundfreiheit des Art 11 GRC einzuschränken, nur weil der Influencer durch seine Beiträge Werbeeinnahmen erzielen möchte. Es gilt daher für Influencer dasselbe, wie für andere Medienunternehmen, die sich durch Werbeeinnahmen finanzieren. Dem Verbraucherschutz sei Genüge getan, wenn Influencer Posts als Werbung kennzeichnen, für die sie „unmittelbar oder mittelbar ein Entgelt oder einen geldwerten Vorteil“ erhalten haben. Eine generelle Vermutung, dass unternehmerisch tätige Influencer kommerzielle Werbung iSd § 5a Abs 6 dUWG129 betreiben, sei nicht gerechtfertigt.130 Damit entspricht das KG wiederum dem oben erwähnten Leitfaden der Medienanstalten.

Den restlichen Ausführungen im Urteil des LG Berlin, gab das KG Berlin aber recht. Es stellte insbesondere klar, dass ein erhöhtes Maß an Aufklärung angewendet werden muss, wenn sich redaktionelle Inhalte mit werblichen Inhalten vermischen, wie dies üblicherweise bei Accounts von Influencern der Fall ist. Durch einen scheinbar redaktionellen Inhalt sei der Verbraucher dazu veranlasst, diesem Beitrag mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung verleitet zu werden, die er wahrscheinlich nicht getroffen hätte, wäre der Beitrag als Werbung gekennzeichnet gewesen. Die in diesem Zusammenhang erneut von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung des Art 11 GRC verneint das Gericht. Die Einschränkung der Medienfreiheit betreffe nicht den Inhalt der Werbebotschaft, sondern stelle nur eine Verpflichtung zur Kennzeichnung dar und gerade kein Verbot. Dies genüge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art 52 Abs 1 GRC.131

128 KG Berlin 8.1.2019, 5 U 83/18.

129 Diese Norm entspricht weitestgehend Z 11 der Schwarzen Liste des UWG iVm § 2 UWG.

130 KG Berlin 8.1.2019, 5 U 83/18.

131 KG Berlin 8.1.2019, 5 U 83/18.