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C. METHODEN

2. E VALUATION DER A ACHENER S PRACHANALYSE (ASPA)

2.4 Bewertungskategorien und Spontansprachparameter der ASPA

Zum besseren Verständnis des Zusammenhangs von Bewertungskategorien und den als abhängige Variablen dienenden Spontansprachparameter werden in Tabelle 14 die Bewertungskategorien und Spontansprachparameter für die Bereiche Wortwahl, Satzbau und Prosodie der ASPA dargestellt.

Die Wortebene umfasst die Bewertungskategorien Items, Wörter, Interjektionen, Neologismen und unverständliche Wörter.

Items. Jede Äußerung einer untersuchten Person wird in der ASPA als Item gewertet. Die Kategorie Items umfasst somit die Wortkategorien: Wörter, Interjektionen, Neologismen und unverständliche Äußerungen

Wörter. Zu den Wörtern gehören die Elemente der offenen und geschlossenen Wortklasse.

Wörter der offenen Wortklasse (Inhaltswörter) können in ihrer Anzahl durch Neubildung erweitert werden und beinhalten Substantive, Vollverben, Adjektive, Temporaladverbien, Zahlen sowie adverbiale Ableitungen von Substantiven, Verben und Adjektiven. Wörter der geschlossenen Wortklasse können dagegen nicht durch Neubildung erweitert werden und haben überwiegend grammatische Funktionen bei der Satzbildung (Funktionswörter). Ihnen gehören Hilfs- und Modalverben, Artikel, Präpositionen und Konjunktionen an.

Interjektionen. Zu Interjektionen zählen Wörter zum Ausdruck von Empfindungen, eines Ausrufs oder einer Aufforderung sowie lautmalerische Äußerungen, kürzere Redefloskeln, Äußerungen nachgestellte Partikel (zum Beispiel „ne“) und die Wörter „ja“ und „nein“.

Neologismen. Neologismen sind in der ASPA wortähnliche Äußerungen, die in der Standardsprache jedoch nicht vorkommen, bis hin zu Äußerungen, die nicht mehr erkennbar an einem Wort der Standardsprache orientiert sind.

Bewertungskategorien Spontansprachparameter

Geschlossene Wortklasse (GWK) % (Offene Wortklasse (OWK) %) Wortvariabilität GWK

Wortvariabilität OWK

Satzbau Vollständige Phrasen Unvollständige Phrasen

Tab.14: Bewertungskategorien und Spontansprachparameter der ASPA

Spontansprachparameter in Klammern blieben in vorliegender Studie unberücksichtigt

Unverständliche Wörter. Unter unverständliche Wörter fallen die Äußerungen. die selbst nach dem dritten Abhören der Aufnahme nicht verständlich sind. Sie werden als „xxx“ in das Programm eingegeben und somit als unverständlich markiert.

Auf Satzebene erfolgt eine Einteilung der Phrasen in vollständige Phrasen, unvollständige Phrasen und Ellipsen. Unter Phrasen verstehen die Autoren Äußerungen, die eine Proposition6 enthalten und die sich in ihrem Inhalt auf Handlungen, Ereignisse, Vorgänge oder Zustände beziehen. Die Einteilung in Phrasen erfolgt in der ASPA in hierarchischer Reihenfolge nach den Kriterien Syntax, Intonation, Pausenstruktur oder Semantik, so dass abgesehen von einigen Ausnahmen nach der Einteilung in jeder Phrase typischerweise nur ein finites Verb oder ein satzwertiger Infinitiv vorkommt.

Vollständige Phrase. Als vollständig gilt eine Phrase nur dann, wenn sie alle für das Verb obligatorischen Ergänzungen enthält. Bei intransitiven Verben kann eine Phrase allein aus

dem Subjekt und dem Verb bestehen (zum Beispiel „ich schlafe“), bei transitiven oder bitransitiven Verben dagegen sind ein beziehungsweise zwei Ergänzungen nötig (zum

Beispiel „ich mag Pizza“ oder „ich schenke der Frau ein Buch“). Teilsätze oder Satzaufzählungen, bei denen Subjekt oder Verb aus der vorherigen Phrase nicht wiederholt werden (müssen) gelten ebenso als vollständig wie Phrasen mit fehlenden oder falschen Flexionsformen oder Funktionswörtern.

Unvollständige Phrase. Wenn die für ein Verb obligatorischen Ergänzungen fehlen, wird eine Phrase als unvollständig gewertet.

Ellipsen. Als Ellipse wird im Allgemeinen eine Aussparung von sprachlichen Elementen verstanden, die eigentlich aufgrund von syntaktischen Regeln oder lexikalischen Eigenschaften notwendig sind. In der ASPA werden als Ellipsen nur Antwortellipsen gewertet, die als unmittelbare Äußerung auf eine Frage des Untersuchers folgen und deren Aussparung von Satzkonstituenten durch die vorangegangene Frage erklärt werden kann.

Die Prosodieebene umfasst die Bewertungskategorien Pausen, Unsicherheiten und skandierendes Sprechen.

Pausen. Die Pausen werden in kurze Pausen (bis zu 2 Sekunden), mittlere Pausen mit einer Dauer von 2-5 Sekunden und lange Pausen (ab 5 Sekunden) eingeteilt.

Unsicherheiten. Als Unsicherheiten werden Stocken sowie phonematische Unsicherheiten bei Lauten, Silben oder Morphemen gewertet, was durch einen Bindestrich in der Transkription markiert wird (zum Beispiel K-K-T-Tasse).

6 Satzinhalt, Aussage

Skandierendes Sprechen. Unter skandierendem Sprechen versteht man monotones und silbisches Sprechen, das durch Bindestrich plus Schrägstrich gekennzeichnet wird (zum Beispiel Po-/li-/zei).

Aus den dargestellten Bewertungskategorien ergeben sich die im Folgenden dargestellten Spontansprachparameter, die sich als prozentuale Werte auf die Gesamtzahl der geäußerten Items/Wörter, Phrasen und Pausen beziehen und die somit unabhängig von der Zeit sind, die eine Person zum Sprechen benötigt. Die in Klammern stehende Abkürzung ist die im weiteren Verlauf der Arbeit verwendete Schreibweise.

Wortwahlparameter

Die Kategorie Items erfasst das Verhältnis von Wörtern (Wörter %), Interjektionen (Interjektionen %) und neologistischen Silben (Neologismen %). Interjektionen finden sich auch bei gesunden Sprechern, jedoch ist ihr Anteil im Vergleich zu den Wörtern deutlich geringer als bei Patienten mit einer Aphasie (Grande & Huber, 1999). Neologismen sind bei Sprachgesunden dagegen in der Regel nicht zu finden, so dass eine hohe Anzahl von Interjektionen und das Auftreten von Neologismen als Kennzeichen pathologisch veränderter Sprache interpretiert werden kann.

Der Parameter Wörter gibt den prozentualen Anteil von Wörtern der offenen Wortklasse (OWK %) bezogen auf die Gesamtzahl der Wörter und somit den Vergleich zu Wörtern der geschlossenen Wortklasse (GWK %) an. Da OWK % und GWK % zusammen immer 100%

ergeben und somit in unmittelbarer Abhängigkeit voneinander stehen, wird für die statistischen Berechnungen lediglich GWK % verwendet. Der Parameter Wörter steht in enger Beziehung zum Parameter Phrasentypen (siehe unten), da Wörter der offenen Wortklasse besonders für die Bildung vollständiger Phrasen von Wichtigkeit sind. Wörter der geschlossenen Wortklasse sind dagegen eher für die grammatikalische Richtigkeit der Äußerung relevant. Die Anzahl der verwendeten Wörter dieser beiden Wortklassen verglichen mit der Zahl der vollständigen Phrasen gibt somit Hinweise auf die syntaktische und semantische Struktur der Äußerungen.

Die Kategorie Wortvariabilität (oder auch Type-Token-Ratio) bezeichnet die Anzahl der verschiedenen Wörter einer Klasse im Verhältnis zur Gesamtzahl der Wörter dieser Klasse.

Die Wortvariabilität wird für Wörter der offenen (Wortvariabilität OWK) und der geschlossenen Wortklasse (Wortvariabilität GWK) getrennt erhoben. Auch bei gesunden Sprechern ist die Wortvariabilität der beiden Wortklassen nicht gleich, sondern höher für die offene und niedriger für die geschlossene Wortklasse. In der ASPA wird die Grundform eines

Wortes als „Zitierform“ eingegeben, das heißt Verben werden im Infinitiv, Substantive im Nominativ und Adjektive und Adverbien in der unreflektierten Form angegeben. Nur diese Grundform wird einmalig als „Type“ gezählt (anhand derer Wörter als verschieden gewertet werden), wohingegen „Tokens“ alle Wörter einer Wortklasse sind, die ein Sprecher verwendet.

Satzbauparameter

Der Parameter Phrasentypen vergleicht die Anzahl vollständiger Phrasen (vollständige Phrasen %) mit der Anzahl unvollständiger Phrasen (unvollständige Phrasen %) beziehungsweise Ellipsen (Ellipsen %). Alle genannten Phrasentypen kommen sowohl in der Sprache von Gesunden als auch in der von Aphasikern vor. Bei Aphasikern ist jedoch mit einem höheren Anteil an unvollständigen Phrasen zu rechnen, insbesondere im Zusammenhang mit Satzabbrüchen oder fehlenden Satzteilen. Je schwieriger die Kommunikation verläuft, desto wahrscheinlicher ist auch ein vermehrtes Auftreten von Ellipsen, da zum einen Fragen des Untersuchers immer konkreter formuliert werden, um beim Patienten überhaupt eine Antwort zu provozieren und zum anderen Aphasiker auch offene Fragen häufig nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten.

Die Kategorie Phrasenlänge gibt die Anzahl der Phrasen mit einer bestimmten Wort- beziehungsweise Itemzahl an. Interjektionen werden in die Bewertung der Phrasenlänge nicht mit einbezogen, so dass eine erhöhte Phrasenlänge basierend auf einem reinen Anstieg an Interjektionen ausgeschlossen werden kann. Trotzdem muss nicht notwendigerweise bei einer hohen Phrasenlänge auf eine gesunde Sprache geschlossen werden, da bei Personen mit einer Aphasie durch häufige Wortwiederholungen oder Suchverhalten ebenfalls sehr lange Phrasen entstehen können, die jedoch häufig sehr inhaltsarm sind. Da die Kategorie Phrasenlänge aus insgesamt 20 Einzelwerten besteht, wird diese Kategorie in die statistischen Berechnungen im Rahmen dieser Studie nicht eingeschlossen.

Stattdessen wird die mittlere Phrasenlänge verwendet, in der alle gezählten Wörter beziehungsweise Items zu allen gezählten Phrasen ins Verhältnis gesetzt werden (MPL Wörter, MPL Items). Ein Problem bei der Ermittlung der mittleren Phrasenlänge ergibt sich aus der Tatsache, dass zwar alle geäußerten Wörter/Items gezählt, Wörter/Items außerhalb von Phrasen aber nicht gesondert erfasst werden. Das bedeutet, dass sich bei einer geringen Anzahl an Phrasen und einer hohen Anzahl an Wörtern/Items außerhalb einer Phrase eine zu hohe mittlere Phrasenlänge ergeben kann.

Das Verhältnis zwischen einfachen und komplexen Sätzen beziehungsweise zwischen vollständigen und unvollständigen Sätzen erfasst die Kategorie Satzbau. Da diese zusammen

jeweils wieder 100% ergeben, wird für die statistische Auswertung lediglich der Anteil komplexer (Sätze komplex %) und vollständiger Sätze (Sätze vollständig %) verwendet. Die Verwendung einfacher beziehungsweise komplexer Sätze kann nicht nur durch eine Aphasie, sondern ebenso von Bildung, Alter oder individueller Ausdrucksweise des Sprechers beeinflusst werden. Bezugnehmend auf die verschiedenen Aphasiesyndrome ist dieser Parameter vor allem zur Differenzierung zwischen Broca- und Wernicke-Aphasie von Bedeutung, da der Agrammatismus der Broca-Aphasiker eher mit einfachen, der Paragrammatismus bei Wernicke-Aphasikern dagegen eher mit komplexen Sätzen einhergeht.

Prosodieparameter

In der Kategorie Pausenlänge wird der Anteil von kurzen, mittleren und langen Pausen (Pausen kurz %, Pausen mittel %, Pausen lang %) erhoben, wohingegen der Prosodieparameter Sprechfluss das Verhältnis zwischen unsicheren (unsicherer Sprechfluss

%) beziehungsweise skandierten Wörtern (skandierter Sprechfluss %) im Vergleich zur Anzahl aller Wörter wiedergibt.

µ1 - µ0

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