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Bewertung der Versorgungssicherheit

Im Dokument Monitoringbericht 2012 bericht (Seite 39-42)

Versorgungssicherheit

Nach der Nuklearkatastrophe im Japanischen Kernkraftwerk Fukushima I wurde am 14. März 2011 von der Bundesregierung ein dreimonatiges Atom-Moratorium beschlossen, infolgedessen die acht ältesten deutschen Kernkraftwerke zunächst vorübergehend abge-schaltet wurden. Hierdurch kam es zu einem Wegfall von knapp 5.000 MW an gesicherter Erzeugungsleistung allein im süddeutschen Raum. In diesem Zusammenhang untersuchte die Bundesnetzagentur gemeinsam mit den deutschen Übertragungsnetzbetreibern die Auswir-kungen des Moratoriums auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungs-systems. Für den angenommenen Fall des gleichzeitigen Ausfalls von Netzbetriebsmitteln und eines Großkraftwerkes hat sich die potenzielle Überlastung einzelner Leitungstrassen und die Spannungshaltung (Vermeidung von Unterspannung) in Süddeutschland sowie im Raum Hamburg als besonders problematisch gezeigt. Durch die Änderung des Atomgesetzes wurde beschlossen, den acht ältesten Kernkraftwerken die Genehmigung zum Leistungsbetrieb zu entziehen, wobei die Bundesnetzagentur bis zum 31. August 2011 zu beurteilen hatte, ob ei-nes der abgeschalteten Kernkraftwerke als sogenannte Kaltreserve zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit zu bestimmen sei. Weitere detaillierte Untersuchungen haben ergeben, dass die Systemsicherheit im Übertragungsnetz unter Berücksichtigung zahlreicher Maßnah-men auch bei Eintritt der oben genannten Störungsereignisse gewährleistet bleibt, womit der Einsatz einer nuklearen Kaltreserve vermieden werden konnte. Die Analysen und zu ergrei-fenden Maßnahmen für den Winter 2011/2012 hat die Bundesnetzagentur im „Bericht zu den Auswirkungen des Kernkraftausstiegs auf die Übertragungsnetze und die Versorgungssicher-heit“ am 31. August 2011 veröffentlicht.

Hierbei ist hervorzuheben, dass der sichere Betrieb des Übertragungsnetzes dadurch abgesi-chert werden konnte, dass den ÜNB im Zeitraum von Oktober 2011 bis März 2012 konventio-nelle Kraftwerke als sog. Reservekraftwerke zur Leitungsentlastung zur Verfügung standen.

Durch den Einsatz der „Reserveleistung“ dieser Kraftwerke ist es den ÜNB möglich, auftreten-de Transportengpässe auf bestimmten Leitungen im Übertragungsnetz zu beheben. Durch den Abruf dieser Reservekraftwerke zum sog. Redispatch, d. h. einer kurzfristigen Änderung

die vom Kraftwerksbetreiber nicht mehr zur Produktion für den Strommarkt genutzt wird, son-dern ausschließlich für den Redispatcheinsatz durch den ÜNB zur Verfügung steht.

Die Auswahl geeigneter Anbieter von Reservekraftwerken sowie die Prüfung von Art und Hö-he der anerkennungsfähigen Kosten der Kraftwerksbetreiber für die Bereitstellung ihrer Kraft-werke erfolgten unter der Aufsicht der Bundesnetzagentur. Auf Grundlage der einzelnen ab-geschlossenen Verträge wurde mit den Übertragungsnetzbetreibern eine freiwillige Selbstver-pflichtung Reservekraftwerk (FSV Reservekraftwerk) abgeschlossen. Hierdurch wurde eine Wälzung der Kosten über die Erlösobergrenzen der Übertragungsnetzbetreiber möglich ge-macht.

Über die FSV Reservekraftwerk wurden zur Netzstabilität im süddeutschen Raum aus Deutschland der Block 3 der Großkraftwerk Mannheim AG (200 MW) und der Block 2 der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG (350 MW) in die Erlösobergrenzen der systemverantwortli-chen Übertragungsnetzbetreiber implementiert. Aus Österreich wurden von der Energiever-sorgung Niederösterreich AG (EVN AG) der Kraftwerksblock Theiß Kombi (450 MW) und wei-tere Blöcke aus den Kraftwerken Theiß und Korneuburg (insgesamt 335 MW) vertraglich fi-xiert. Darüber hinaus wurde der Block 2 des Kraftwerks Neudorf-Werndorf (150 MW) der Ver-bund AG kontrahiert. Für Spannungshaltungsprobleme im Frankfurter Raum wurde über die FSV Reservekraft die Refinanzierung des Phasenschiebers über die Netzentgelte ermöglicht, der im Februar 2012 den Betrieb aufnahm. Hierzu wurde der Generator in Block A des Kern-kraftwerks Biblis für den Phasenschieberbetrieb umgebaut.

Diese durch den Netzbericht vom 31. August 2011 analysierten und hier beschriebenen Maß-nahmen wurden von der zuständigen Beschlusskammer der Bundesnetzagentur über die FSV Reservekraft in die Erlösobergrenzen der systemverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber implementiert. Dies beinhaltet ebenfalls eine ex-post Kostenkontrolle.

Zu einem tatsächlichen Abruf der Reserveleistung durch einen ÜNB zur Leitungsentlastung kam es am 08. und 09. Dezember 2011. Zu diesem Zeitpunkt stand das Kernkraftwerk Gundremmingen C nicht zur Einspeisung bereit, wodurch das Redispatchpotenzial in Süd-deutschland wesentlich eingeschränkt war. Zudem führte eine Windfront zu einer besonders hohen Einspeisung von mehr als 19.000 MW aus Windenergieanlagen bei einer gleichzeitig vorliegenden hohen Netzlast (Abend eines Winterwerktags). Zur Beseitigung der hierdurch verursachten Leitungsbelastung auf der Nord-Süd-Trasse bedurfte es der Inanspruchnahme österreichischer Reservekraftwerke zum Redispatch. In diesen Situationen konnte die zuvor berechnete Wirksamkeit der Reservekraftwerke zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicher-heit praktisch unter Beweis gestellt werden. Zudem lieferte der Umbau des Generators im

Block 1 des Kernkraftwerks Biblis zum rotierenden Phasenschieber einen wesentlichen Bei-trag zur Spannungshaltung.

Ein weiterer für die Versorgungssicherheit kritischer Zeitraum lag zwischen Weihnachten und Silvester 2011. Während dieser Zeit kam es teilweise zur erheblichen Überspeisung der Bi-lanzkreise. Es wurde mehr Strom erzeugt als verbraucht. Dabei wurde zeitweise die vorgehal-tene negative Regelenergie ausgeschöpft, sodass ein Anstieg der Netzfrequenz im gesamten kontinentaleuropäischen Verbundnetz zu beobachten war. Dabei handelte es sich nicht um ein rein deutsches, sondern um ein europäisches Vorkommnis. Ein Zusammenhang mit dem deutschen Kernenergieausstieg war nicht gegeben.

Im Februar 2012 traten während einer Kältewelle zwei potenziell kritische Rahmenbedingun-gen gleichzeitig auf. Zum einen konnten aufgrund von Engpässen im Gasnetz nicht alle deut-schen Gaskraftwerke ausreichend mit Gas versorgt werden, zum anderen trat zeitweise eine erhebliche Unterspeisung der Bilanzkreise auf. Die Unterspeisung der Bilanzkreise führte in einigen Stunden zur vollständigen Ausschöpfung der Regelenergiereserven und überschritt sogar zeitweilig die vorgehaltene Kapazität deutlich. Um die Versorgungssicherheit zu ge-währleisten, mussten die Übertragungsnetzbetreiber die Reservekraftwerke zur Ergänzung der Regelenergie heranziehen und zusätzlich Energie im Intraday-Markt in Deutschland und im benachbarten Ausland beschaffen. Der Ausfall eines weiteren größeren Kraftwerks hätte in dieser Situation nur schwer kompensiert werden können. Aufgrund der insbesondere im Sü-den Deutschlands ausgefallenen Gaskraftwerke, sowie einer hohen Netzlast und erheblichen Exporten nach Frankreich, Österreich und in die Schweiz, war das Netz hoch ausgelastet, was die sog. (n-1)-Sicherheit in wenigen Stunden gefährdete. Eine ausführliche Analyse hat die Bundesnetzagentur in ihrem „Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversor-gung im Winter 2011/12“ vom 03. Mai 2012 veröffentlicht.

Weitere im Bericht vom 03. Mai 2012 vorgeschlagene Maßnahmen für den kommenden Win-ter 2012/2013 in Bezug zur UnWin-terstützung der Netzsicherheit werden derzeit von der Bundes-netzagentur vorangetrieben.

Die fortwährend angespannte Netzsituation in Süddeutschland machte auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit im Winter 2012/2013 eine Neuberechnung des Bedarfs an Reserve-leistung erforderlich, die durch entsprechende Reservekraftwerke den

Übertragungsnetzbe-gleichzeitigen Nichtverfügbarkeit einiger Kraftwerke im ganzen Bundesgebiet aufgrund von Revisionen oder aufgrund von technischen Mängeln ausgegangen wird. Angesichts der Ver-fügbarkeit von 2.600 MW an Reserveleistung kann der ermittelte Bedarf von 2.500 MW kom-pensiert werden.

Im Dokument Monitoringbericht 2012 bericht (Seite 39-42)