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Bewertung der verschiedenen indirekten Testverfahren zur

4 Diskussion

4.3 Die TGL-Gehalte im Serum – Ein Indikator für die Wirksamkeit

4.3.1 Bewertung der verschiedenen indirekten Testverfahren zur

Die Durchführung von Verdaulichkeits-Tests mittels Chymus- und Kotkollektion ist im Versuchsgeschehen mit Versuchstieren, wie den Miniaturschweinen, eine etab-lierte Methode. Die praecaecale Verdaulichkeitsbestimmung ist jedoch lediglich nach operativer Implantation einer Dünndarm-Fistel oder einer Darmsonde durch-führbar und somit für die humanmedizinische Routine-Diagnostik nicht geeignet.

Anhand der praecaecalen Verdaulichkeit/Verschwindensrate ist es allerdings mög-lich, die Wirksamkeit von Proteasen und Amylasen zu beurteilen (MÖSSELER et al.

2006), was ein Vorteil gegenüber der Bestimmung über den gesamten Verdauungs-trakt (Kotkollektion) darstellt, denn aufgrund bakterieller Fermentation im Dickdarm kann über die Aktivität pankreatischer Proteasen und Amylasen keine zuverlässigen Aussagen getroffen werden, sofern lediglich Faeces untersucht werden (siehe Kapi-tel 3.2.2.3 und 4.2). Die Bewertung der Wirksamkeit von (substituierten) Lipasen ist mittels Stuhluntersuchungen hingegen möglich und wird deshalb – auch wenn kaum noch (FRIESS u. MICHALSKI 2009; KELLER 2013) aufgrund der damit ver-bundenen Unannehmlichkeiten für den Patienten, wie z.B. Geruchsbelastungen - in der Humanmedizin zur Pankreasfunktionsdiagnostik bzw. Diagnostik einer EPI ge-nutzt. Dort gilt dieser Test weiterhin als Goldstandard (DOMÍNGUEZ-MUNOZ 2011).

Allerdings sollte bei der Wirksamkeitsbewertung bedacht werden, dass durch zu-sätzliche mikrobielle postileale Fettbildung die Fettverdaulichkeit über den gesam-ten Verdauungstrakt geringfügig „unterschätzt“ werden könnte (MÖSSELER et al.

2006).

Im Vergleich zu den genannten Verdaulichkeitsstudien könnten Bluttests (z.B. NBT-PABA-Test (MÖSSELER et al. 2008), Triglyzerid-Bestimmung (KARTHOFF 2004))

eine schnellere, unkomplizierte und kostengünstigere Alternative sein, um eine Aus-sage über die Verdaulichkeit von Nährstoffen bzw. der Absorption ihrer Spaltproduk-te treffen zu können.

In der Humanmedizin werden orale Triglyzerid Toleranz Tests (OTTT), auch „Trigly-zerid-Provokationstest“ genannt (Einnahme einer fetthaltigen Testmahlzeit), bisher hauptsächlich zur Risikobewertung bei einer koronaren Herzkrankheit bzw. Dyslipi-dämie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ-2 genutzt (MOHANLAL u. HOLMAN 2004; WEISS et al. 2008). Der zusätzliche Einsatz der Turbidimetrie (Trübungs-Messung) und klinisch chemischer Methoden (DONALDSON et al. 2009), durch die sämtliche Lipidfraktionen (LDL, HDL, Chylomikronen, etc.) im Blut bestimmt werden können, sind gute Ergänzungen zur Messung der Fettabsorption. Der Lipämische Index (LI) hat sich beispielsweise auch als zuverlässiges Instrument zur Messung der Fettabsorption bei pankreasinsuffizienten Schweinen erwiesen (DONALDSON et al. 2009). Der LI wird in der klinischen Chemie verwendet, zum Beispiel als Be-schreibung bzw. Größenrangierung für die Turbidimetrie einer Serum-Probe (HAE-NE et al. 2006). Der „L-index“ wird definiert als Bestimmung der Differenz zwischen den gemessenen Absorptionsgraden einer Probe bei 660 und 700 nm (HAENE et al. 2006). Auch DONALDSON et al. (2009) verwendeten in ihrer Studie die LI-Formel von HAENE et al. (2006). Es wurde allerdings bereits eine neue Definition beschrieben, um einen quantifizierbaren Indikator für die postprandiale Hyperlipi-dämie beim Menschen zu erhalten (OOI et al. 2011).

In der Veterinärmedizin wird hingegen beim Kleintier u.a. mit Hilfe des OTTT die Funktion des exokrinen Pankreas anhand der gemessenen TGL-Werte im Blut nach Fütterung einer definierten Fettmenge (Maiskeimöl) überprüft (WATSON et al. 1995;

RITCHEY et al. 1997). Auf Grundlage dessen wurde in dieser Arbeit untersucht, ob die Triglyzerid-Bestimmung im Serum im Umkehrschluss somit als Alternative für Verdaulichkeitsstudien zur Testung der Wirksamkeit exogen zugeführter Lipasen genutzt werden könnte (Hypothese 2, siehe Kapitel 1).

Nach Testung der beiden Multienzympräparate MEP1 und MEP2 im TGL-Versuch (Versuch 2.2) können tendenzielle Aussagen über die unterschiedlichen Kurvenver-läufe nach Einsatz der drei Versuchsdiäten („Human“-, „Kombi“-, „Lipasediät“) und

somit über die Wirk-Kinetik der Enzymprodukte getroffen werden, wie zum Beispiel dass die maximale TGL-Konzentration jeweils zwischen vier und sechs Stunden ppr. gemessen werden konnte und diese meist nach Verwendung von MEP2 höher war als nach Einsatz von MEP1 (siehe Abbildung 3-13, Abbildung 3-14, Abbildung 3-15). Allerdings konnte nach Vergleich der jeweilig berechneten korrigierten Area Under the Curve sowohl nach Fütterung der „Human“- als auch nach Einsatz der

„Kombidiät“ kein signifikanter Unterschied zwischen den Flächen der Mul-tienzympräparate (MEP1 und MEP2) unabhängig von der jeweilig getesteten Dosie-rung festgestellt werden. Auch die AUCkorr.-Werte der Kontrolltiere waren statistisch nicht von den Werten der PL-Tiere nach Verwendung von MEP1 oder MEP2 abzu-grenzen (siehe Tabelle 3-24 und Tabelle 3-25). Bei Betrachtung der AUCkorr. der PL-Tiere wurde zudem eine tendenzielle dosisabhängige Steigerung sowohl nach Ein-satz von MEP1 als auch nach EinEin-satz von MEP2 mit allen drei Versuchsdiäten deutlich (siehe Tabelle 3-24 bis Tabelle 3-26). Im Unterschied zu der „Human“- und

„Kombidiät“ wurden nach Fütterung der „Lipasediät“ und der Dosierung 75 k I.E.

des MEP2 signifikant höhere AUCkorr.-Werte festgestellt als nach Einsatz des MEP1 in den beiden geringeren Dosierungen (0,5 und 5 k I.E.), siehe Tabelle 3-26. Bei Vergleich der Mittelwerte der gemessenen TGL-Konzentrationen, bei den Kontroll-tieren und nach Applikation der Multienzymprodukte bei den PL-Tieren in der je-weils höchsten Dosierung, konnte kein Effekt der Diät festgestellt werden (siehe Tabelle 4-19).

Tabelle 4-19: Vergleich der bei Kontrolltieren und PL-Tieren nach 4 Stunden ppr.

gemessenen TGL-Konzentrationen im Serum ([mmol/l], MW ± STABW) nach Fütterung der Human-, Kombi- und Lipasediät

Tiergruppe Humandiät Kombidiät Lipasediät

Kontrolltiere 0,73 ± 0,40 0,67 ± 0,36 0,57 ± 0,19

Dosierung [k I.E.] 300 75 75

MEP1 0,41 ± 0,16 0,65 ± 0,12 0,40 ± 0,13

MEP2 0,65 ± 0,45 0,65 ± 0,17 0,51 ± 0,21

In der vorliegenden Arbeit wurde die TGL-Konzentration im Serum nach Fütterung von drei komplexen Diäten durchgeführt, die ebenfalls in den

Verdaulichkeitsunter-suchungen (Versuch 1 und Versuch 2.1) zum Einsatz kamen, um die Diäten auch für den Triglyzerid-Versuch (Versuch 2.2) zu etablieren bzw. eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse aus den drei Versuchen zu gewährleisten.

Eine mögliche Ursache für die geringen Unterschiede der vorgefundenen Triglyze-rid-Konzentrationen des Versuches könnte die Zusammensetzung der Versuchsdiä-ten gewesen sein. Das Olivenöl, welches in allen getesteVersuchsdiä-ten DiäVersuchsdiä-ten enthalVersuchsdiä-ten war, besteht aus vielen langkettigen Triglyzeriden (siehe Kapitel 4.2.2). Diese wurden nach der oralen Aufnahme im Magen-Darm-Trakt der Versuchstiere hydrolysiert bzw. gespalten und an Chylomikronen gebunden über die Lymphbahn in das venö-se Blut und somit zur Leber befördert (RUPPIN u. MIDDLETON 1980; BECKERS et al. 1992; MALJAARS et al. 2008). Dieser Resorptionsweg könnte erklären, wa-rum die gemessenen Anstiege der TGL-Konzentration im Blut im Versuchszeitraum nach Fütterung einer olivenölhaltigen Diät relativ gering waren. Auch in der Studie von OLSEN et al. (2002) wurde anhand von Fütterungsversuchen mit gesunden Göttinger Miniaturschweinen beobachtet, dass nach intragastraler Gabe (per Ma-gensonde) in zwei Fraktionen (L1 und L2) der gleichen Fettmenge zwei unter-schiedlicher Fettquellen - Olivenöl und einer speziellen fetthaltigen Emulsion (Intra-lipid® 20%, Fresenius Kabi Austria GmbH11) - deutliche Unterschiede in der gemes-senen TGL-Plasma-Konzentration bei den Versuchstieren bestanden. Die Applikati-on vApplikati-on Olivenöl ergab dort bei den gesunden Tieren keinen signifikanten Anstieg der TGL-Konzentration gegenüber des Nüchtern-Wertes (0-Wert), nach Gabe des Intralipid® hingegen konnten ab drei Stunden nach der ersten Applikation signifikan-te Unsignifikan-terschiede zum 0-Wert beobachsignifikan-tet werden, siehe Abbildung 4-6.

11 Zusammensetzung, lt. Hersteller (in 1000 ml): Sojabohnenöl, gereinigt 200 g, organisches Phos-phat: ca. 15 mmol/l, Eiphospholipide, gereinigt, Glycerin wasserfrei, Natronlauge, Wasser für Injek-tionszwecke; Energiegehalt: ca. 2000 kcal/l, Dichte: 0,986 g/cm3

Abbildung 4-6: TGL-Konzentrationen im porzinen Plasma vor und nach fraktionierter intragastraler Gabe von Intralipid® und Olivenöl [g Fett/kg KM];

Abbildungen aus OLSEN et al. (2002) modifiziert

Diese Beobachtung könnte durch unzureichende Emulgation der Fette aus dem Olivenöl aufgrund zu geringer Gallensalzkonzentrationen im Dünndarm der Minipigs erklärt werden, wie auch OLSEN et al. (2002) annahmen. Wahrscheinlicher ist je-doch die Überlegung, dass die Lipid-Partikelgröße der Emulsion Intralipid® mit ei-nem Durchmesser von ca. 1 mm in etwa genauso groß war wie die Mizellen, die sich im Dünndarm bilden und deshalb eventuell leichter intestinal resorbiert werden konnten (OLSEN et al. 2002). In zukünftigen Untersuchungen sollte die Fettquelle aufgrund ihrer Fettsäurezusammensetzung also am besten durch eine fetthaltige Emulsion, wie Intralipid® ersetzt werden. Eine weitere mögliche Fettquelle für zu-künftige Untersuchungen könnte Maiskeimöl sein, welches auch zur Durchführung des „Triglyzerid-Provokationstest“ in der Tiermedizin verwendet wird (RITCHEY et al. 1997). Versuche von MÖSSELER et al. (2014) an (pankreasgangligierten) Miniaturschweinen zeigten signifikante Unterschiede zwischen den gemessenen TGL-Werten von gesunden Kontrolltieren und PL-Tieren (ohne Enzymsubstitutions-therapie) nach oraler Aufnahme von 120 ml Maiskeimöl. Zudem könnte der Einsatz von purem Öl bzw. Fett für zukünftige TGL-Messungen im Blut besser geeignet sein als die Verabreichung komplexer Diäten, denn zum Beispiel ist der Anstieg und so-mit das Maximum der Triglyzerid-Konzentration im Serum zeitlich verzögert und

geringer, wenn in derselben Diät neben Fett auch Glukose enthalten ist (COHEN u.

BERGER 1990), siehe Abbildung 4-7.

Abbildung 4-7: Serum TGL-Konzentrationen von 18 normolipämischen Menschen nach Einnahme einer Testmahlzeit (100 g Glukose + 40 g Fett (•), oder 40 g Fett°); Abbildung aus COHEN u. BERGER (1990)

Trotz der unterschiedlichen Zuckergehalte in den verwendeten Versuchsdiäten des Versuches 2.2, scheint der von COHEN u. BERGER (1990) beschriebene Effekt in den eigenen Untersuchungen allerdings nicht von Relevanz gewesen zu sein. Nach Einsatz der „Humandiät", die pro Mahlzeit deutlich weniger Zucker enthielt als die

„Kombi“- und „Lipasediät“, konnte keine höhere TGLmax-Konzentration oder AUC bestimmt werden als nach Fütterung der beiden anderen genannten Diäten (siehe Tabelle 4-20).

Tabelle 4-20: Vergleich der Parameter TGLmax, AUC und AUCkorr. anhand von MEP2 in den jeweils getesteten Dosierungen nach Verwendung der drei Versuchsdiäten

Humandiät Kombidiät Lipasediät

Zucker

[g/Mahlzeit] 4,47 41,1 39,7

Dosierung

[k I.E.] 100 300 20 75 5 75

TGLmax

[mmol/l] 0,69 0,78 0,82 0,88 0,59 0,79

AUC 5,51 5,11 6,40 6,19 4,44 5,32

AUCkorr. 2,91 3,29 3,27 3,84 2,55 3,23

Darüber hinaus könnte die in Versuch 2.2 eingesetzte Katheter-Spül-Lösung (siehe 3.1.4) zur Verringerung der TGL-Konzentration im Serum geführt haben, denn durch intravenöse Applikation einer Heparin-Lösung wird die TGL-Clearance (Lip-oprotein-Lipase) beschleunigt (ROBINSON 1960; ROBINSON 1975). Dieser Ein-fluss wurde allerdings bewusst akzeptiert, da mögliche negative gesundheitliche Beeinflussungen bei den Versuchstieren durch die Katheterisierung, wie zum Bei-spiel die Bildung von Thromben, verhindert werden sollten. Vermutlich hatte der Einsatz der Katheter-Spül-Lösung aber keinen Einfluss auf die Ergebnisse, da das Vorgehen stets identisch war.

In zukünftigen Untersuchungen sollten, zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnis-se, neben Kontrolltieren und pankreasgangligierten Tieren mit Enzymsubstitution auch PL-Tiere ohne Enzymsubstitution getestet werden, wie beispielsweise in der Studie von MÖSSELER et al. (2014).

Die Ergebnisse dieser Arbeit bzw. dieses Versuchs zeigen, dass die TGL-Bestimmung im Serum zwar eine gute Ergänzung zu den gängigen Verdaulichkeits-tests und einen guten Test zur Einschätzung der Wirk-Kinetik eines Multienzympro-duktes darstellt (wie zum Beispiel auch der PABA-Test), allerdings aufgrund man-gelnder signifikanter Ergebnisse bisher keine Alternative zu den teilweise aufwändi-geren Tests sein kann – obwohl ein ähnlicher Test („TGL-Provokationstest“) bereits zur Differenzierung zwischen Serumproben von gesunden und

pankreasinsuffizien-ten Miniaturschweinen (ohne Enzymsubstitution) erfolgreich eingesetzt werden konnte (MÖSSELER et al. 2014).

Die Hypothese 2, die zu Beginn dieser Arbeit aufgestellt wurde, kann somit nicht bestätigt werden.