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Bewertung der labordiagnostischen Ergebnisse der Therapiestudie

4.5 Sensitivität und Spezifität des Listeriolysin-Antikörper-Immunblots

5.2.2 Bewertung der labordiagnostischen Ergebnisse der Therapiestudie

5.2.2.1 Gesamtproteingehalt im Liquor, Liquorelektrophorese und Albuminquotient (AQ)

Der Gesamtproteingehalt im Liquor ist ein oft untersuchter Parameter in der Diagnostik zentralnervöser Erkrankungen bei vielen Tierarten. Durch eine gestörte Permeabilität der Blut-Hirn-Schranke und/oder eine intrathekale Proteinsynthese

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(SORJONEN 1987, REIBER 2008) kann im Falle einer Infektion des Gehirns der Gehalt im Liquor deutlich ansteigen.

Für Schafe mit Listeriose wurden von Scott (1993a) Werte von 1g/L GE und von KUMAR et al. (2007) 3,5-11g/L GE im Liquor angegeben. In der vorliegenden Studie konnte bei Vorliegen einer zentralnervösen Listeriose beim Schaf sowohl der starke Anstieg des Eiweißgehaltes im Liquor (Tag 1: 1,18 ± 0,83 g/L, Tag 7: 2,00 ±1,35 g/L)

bestätigt, als auch eine deutliche Zunahme über einen Erkrankungszeitraum von 7 Tagen beobachtet werden.

Zudem konnte ein signifikanter Unterschied zwischen den Eiweißgehalten im Liquor von Tieren, die die Erkrankung überlebten bzw. daran verendeten festgestellt werden. Somit ist der Gesamtproteingehalt ein wichtiger Parameter für die Überlebensprognose bei Listeriose. SCOTT (2004) empfiehlt eine Therapie hinsichtlich eines möglichen Therapieerfolgs aus Wirtschaftlichkeitsgründen nur bis zu einem Gesamtproteingehalt von < 1,5 g/L. In den eigenen Untersuchungen konnten jedoch auch Tiere mit Gehalten von 2,37 g/L im Liquor am ersten Entnahmetag (TS 20) und 2,76 g/L am zweiten Entnahmetag (TS 17) als geheilt aus ihren Therapiegruppen entlassen werden, während Schafe mit deutlich geringeren Eiweißmengen im Liquor verendeten bzw. euthanasiert werden mussten. Daher ist der Grenzwert von SCOTT (2004) < 1,5 g/L eher vorsichtig zu bewerten. Bei den eigenen Untersuchungen überlebte kein Schaf mit Eiweißgehalten > 2,76 g/L Gesamteiweiß in der Zerebrospinalflüssigkeit (n=8, TS 1, TS 6, TS 8, TS 12, TS 13, TS 16, TS 18, TS 22). Da die Festlegung von Grenzwerten aufgrund der enormen Streuung der Werte kritisch zu sehen ist, sollte für eine prognostische Aussage eine zweite Liquorprobe mehrere Tage nach Beginn der Therapie entnommen werden.

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Eine Abnahme des Gesamteiweißgehaltes ist dabei als positives Überlebenszeichen zu werten, eine Zunahme dagegen eher als prognostisch ungünstig

Des Weiteren ist auch die Eiweißzusammensetzung im Liquor von Interesse.

Albumin bildet sowohl bei gesunden, als auch bei kranken Tieren die größte Fraktion im Liquor.

Aufgrund seiner ausschließlich extrazerebralen Synthese spricht der starke Anstieg der Albuminkonzentration im Liquor der listeriosekranken Tiere für eine stark erhöhte Transsudation von Albumin aus dem Blutserum in den Liquor. In gemeinsamer Betrachtung mit dem berechneten Albuminquotienten kann somit von einer starken Störung der Blut-Hirn-Schranke ausgegangen werden, wie es auch schon von anderen Autoren für Schafe (SCOTT 1993b), Rinder (WELLES et al. 1992), Hunde (SORJONEN 1987, BEHR et al. 2006) und den Menschen (REIBER 2008) beschrieben wurde. Zudem konnte hinsichtlich des AQs ein hochsignifikanter Unterschied zwischen Überleben und Sterben der erkrankten Tiere festgestellt werden (AQ

>0,84). Somit ist das Ausmaß der Schädigung an der Blut-Hirn-Schranke, verursacht durch den entzündlichen Prozess im zentralen Nervensystem, ausschlaggebend für den Krankheitsverlauf.

Der deutliche Anstieg der Proteingehalte der α1-, α2- und β-Globulin-Fraktion, die sich größtenteils aus Akute-Phase-Proteinen zusammensetzen, erklärt sich vermutlich in der starken, akuten Entzündungsreaktion, die die Listerieninfektion auslöst.

Einen weiteren interessanten Aspekt bildet der deutliche Anstieg der γ-Globulin-Fraktion im Liquor, mit einer gleichzeitigen Abnahme derselben im Serum. Hier ist zu

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vermuten, dass es neben dem Übertritt von γ-Globulinen über die geschädigte Blut-Hirn-Schranke auch zu einer intrathekalen Produktion von Antikörpern kommt.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass hinsichtlich der Überlebensprognose bei zentralnervöser Listeriose beim Schaf, sowohl der Gesamtproteingehalt im Liquor, als auch der AQ sinnvolle Parameter sind. Bei einer Liquorverlaufsuntersuchung ist die Abnahme des Gesamteiweißgehaltes als positive Tendenz hinsichtlich der Überlebenschance zu werten. Bei einem Albuminquotient

>0,84 ist dagegen eher von einer ungünstigen Überlebensprognose auszugehen.

Zudem ist der Gesamteiweißgehalt ein probates Mittel zur Differenzierung der Listeriose von anderen Erkrankungen (exklusiv Meningitis/Meningoenzephalitis purulenta).

5.2.2.2 Liquorzytologie

Alle Tiere der Therapiestudie wiesen sowohl an Tag 1 als auch an Tag 7 in ihrem Liquor Gesamtleukozytenzahlen (GLZ) über der Referenzgrenze von >10 M/L auf.

Wie auch bei der Gesamtproteinmenge konnte ein deutlicher Anstieg zwischen Tag 1 und Tag 7 beobachtet werden. Dabei zeigten einige Schafe nur eine milde Pleozytose (TS3 Tag1: 13,7 M/L), TS 13 wiederum am ersten Entnahmetag schon einen Wert von 1851 M/L (TS13). Dies deckt sich mit den Ergebnissen von HIEPE

(1960) und SCOTT (1993a), die für Schafe mit Listerienenzephalitis ähnlich stark variierende Gesamtleukozytenzahlen im Liquor zwischen 12 und 4000 M/L feststellten. Zudem konnte bei den meisten Therapiestudientieren ein massiver Anstieg der GLZ zum Tag 7, sowie ein signifikanter Unterschied zwischen

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überlebenden und verendenden Tieren hinsichtlich der GLZ im Liquor festgestellt werden.

Wie schon bei BRAUN und Kollegen (2002) konnten in der vorliegenden Arbeit Makrophagen als dominierender Zelltyp ermittelt werden (Tag 1: 76,7 ± 18,2 %, Tag 7: 56,9 ± 28,4 %) und nicht wie von HIEPE (1960), LIPPMANN (1969) und SCOTT (1992) beschrieben, ein von neutrophilen Granulozyten geprägtes Zellbild. Auch bei KÖNEKE

(1988) waren die Neutrophilen zwar anteilig erhöht, dominierten aber nicht das Zellbild. Mit 19,7 ± 14,9 % (Tag 1) und 36,1 ± 27,8 % (Tag 7) bilden die segmentierten Granulozyten nur die zweitgrößte Gruppe im Liquor der Therapiestudientiere. Lymphozyten hingegen wurden in deutlich geringeren Mengen gezählt (Tag 1: 6,0 ± 4,9 % und Tag 7 11,9 ± 7,3 %). So stellte auch SCOTT (1992) nie mehr als 20 % Lymphozyten im Liquor von Schafen mit Listerienenzephalitis fest.

Eosinophile und basophile Granulozyten spielten keine Rolle in der Liquorzytologie.

Segmentkernige Granulozyten jedoch sind nicht nur hinsichtlich des Charakters der Enzephalitis, sondern auch für die Überlebenswahrscheinlichkeit der erkrankten Tiere von Bedeutung, denn es konnte ein signifikanter Unterschied zwischen Überleben/Nicht-Überleben und dem Gehalt an segmentierten Granulozyten festgestellt werden. Zudem steigt die Menge der Neutrophilen im Krankheitsverlauf deutlich an. Dies liegt möglicherweise an der, für Listerienenzephalitis typischen, Mikroabszess-Bildung im Hirnstamm, die auch eine effektive antibiotische Behandlung der Erkrankung erschwert.

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5.2.2.3 Bewertung der postmortalen Befunde und der Futteruntersuchungen Die im Laufe der Therapiestudie verendeten oder euthanasierten Tiere wurden in das LAVES, Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover, Standort Hannover, zur Sektion verbracht (n=17). Dabei wiesen alle untersuchten Gehirne die für Listeriose typischen entzündlichen Veränderungen im Hirnstamm mit lymphohistiozytärem, bis teils eitrig-nekrotisierendem Charakter auf. Auch die von VANDEGRAAFF et al. (1981), CAMPERO et al. (2002) und LIGIOS et al. (2004) beschriebenen „perivascular cuffs“ konnten in allen untersuchten Schafhirnen nachgewiesen werden. Die pathohistologische Diagnose konnte trotz antibiotischer Behandlung bei 76 % der untersuchten Proben durch einen mikrobiologischen Nachweis von verschiedenen Listerienspezies gestützt werden. Jedoch wurde nur bei 11 der untersuchten Proben Listeria monocytogenes nachgewiesen. Aus den Gehirnen von TS5 und TS16 wurde hingegen Listeria innocua isoliert, eine Listerienspezies die als weitgehend apathogen eingestuft wird, aber in Einzelfällen ovine und bovine Listerienenzephalitiden verursachen kann (GAYER 1988; WALKER et al. 1994, ROCHA et al. 2013).

Infektionsbegünstigend wirkt hierbei vor allem der Listeriengehalt der verfütterten Silage, bzw. die generell sehr schlechte Qualität des Grundfutters (siehe Kapitel 4.2.8). Zudem befinden sich die Tiere in der Ablammphase physiologischerweise in einem immunologischen Belastungszustand, sodass das Erkrankungsrisiko, begünstigt durch die hohe Besatzdichte in der Stallhaltungsperiode und den erhöhten Keimdruck durch die verunreinigte Silage, zunimmt.

Welch hohen Stellenwert die Grundfutterqualität hat, zeigt auch die Tatsache, dass eine deutliche Senkung der Prävalenz der zentralnervösen Listeriose in dem

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Versuchsbetrieb durch eine Ausselektion der offensichtlich verdorbenen Futteranteile (Schimmelnester, hoher Erdanteil etc.) erzielt werden konnte. In den Folgejahren wurde die Grundfutterqualität deutlich verbessert, so dass auch bei intensiver Untersuchung von Silage- und Umgebungsproben keine Listerien mehr nachgewiesen werden konnten. Dementsprechend sank die Anzahl der klinischen Fälle von Listeriose auf 2 Fälle in der folgenden Ablammperiode.

5.3 Bewertung der Ergebnisse der Zytologie und der