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Betrug bei Börsenspekulationen (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5133 a) Begriffsbestimmung

3.3 Detailbetrachtung einzelner Deliktsfelder des Sondermeldedienstes .1 Finanzierungsdelikte

3.3.2.3 Betrug bei Börsenspekulationen (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5133 a) Begriffsbestimmung

Der Täter veranlasst die Geschädigten (in der Regel über eine Kapitalanlage- oder Vermitt-lungsfirma) unter Vortäuschung hoher Kursgewinne und dem Verschweigen des Verlustrisi-kos zur Herausgabe und gegebenenfalls zum Nachschießen von Geldern zwecks Anlage an regulären Wertpapier-, Devisen-, Waren- oder Terminbörsen. Das überlassene Geld wird nicht oder nur teilweise angelegt oder durch gezielte, den Täter begünstigende Gebühren-schneiderei aufgezehrt.

b) Statistik (PKS)

Im Jahr 2003 wurden 834 vollendete Fälle erfasst. Dies entspricht gegenüber 2002 (1.410 Fälle) einem Rückgang von 40,9 %.

Fall-/Schadensentwicklung 1999-2003

1.410 834 1.440

1.575 916

180,98

52,70 30,80

25,56 26,60

0 500 1.000 1.500

1999 2000 2001 2002 2003

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00 120,00 140,00 160,00 180,00

Fallentwicklung Schadensentwicklung in Mio. Euro

Der verursachte Schaden lag im Jahr 2003 bei 180,98 Mio. Euro. Gegenüber dem erfassten Schaden aus 2002 ist dies ein signifikanter Anstieg um 243,4 %. Der Anstieg wurde haupt-sächlich durch die Schadenszahlen aus den Bundesländern Niedersachsen, Hessen und Berlin beeinflusst. Der durchschnittliche Schaden pro Fall belief sich im Berichtsjahr auf 216.999 Euro. Gegenüber 2002 (25.581 Euro Schaden pro Fall) ist auch in diesem Bereich eine ex-treme Steigerung zu verzeichnen.

c) Erkenntnisse zu Tätern, Opfern, Modus Operandi

Im Jahr 2003 sind 69 Tatverdächtige (2002: 206 Personen) erfasst worden. Davon waren 65 Personen männlichen Geschlechts, der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen lag mit 7,2 % (5 Personen) in etwa auf Vorjahresniveau.

Fallbeispiel LKA Hamburg

Wegen Verdachts des Betruges im Zusammenhang mit Börsengeschäften zum Nachteil von mehreren Kapitalanlegern richten sich Ermittlungen gegen die Verantwortlichen einer Firma in Montreal, Kanada. Verschiedene Mitarbeiter der Firma warben in der Zeit von Oktober 2001 bis Oktober 2003 über das Internet und später per Telefon für sog. FOREX-Geschäfte oder für ein Kombi-Investment, bei dem angeblich nur mit dem durch den Anleger freigege-benen Kapital gehandelt werden sollte. Bei FOREX-Geschäften handelt es sich um internati-onalen Devisenhandel ohne Einschaltung der Börsen. Die potenziellen Kunden wurden zu-nächst mit einem Testgeschäft über 4.000 US-Dollar anstelle der vorgesehenen Standardein-lage von 20.000 US-Dollar gelockt. Zusätzlich wurde für den Nachweis der angeblichen Seri-osität der Gesellschaft ein Referenzkunde "aufgebaut". Die geschädigten Investoren

transfe-rierten das Kapital zugunsten der Firma auf Konten kanadischer Bankinstitute. Im Juli 2003 erhielten die Kunden die Mitteilung über die Beantragung des Insolvenzverfahrens der Firma per Telefax.

Die Beschuldigten nutzten konspirativ Büroräume in Hamburg und arbeiteten überwiegend mit Falschnamen. Die gegenüber den Anlegern für den Zeitraum Januar 2000 bis Juni 2003 ausgewiesenen angeblich erzielten hohen Renditen waren frei erfunden. Ermittlungen ergaben bisher eine Schadenshöhe von ca. 1 Mio. Euro und mindestens 30 Geschädigte aus Deutsch-land und der Schweiz.

d) Prognose (Trend)

Möglicherweise hat es bezüglich des klassischen Warenterminbetruges unter Verwendung von Unternehmensstrukturen nach dem deutschen Handelsrecht einen Verdrängungseffekt gegeben. Gründe dafür könnten in Ermittlungserfolgen und in Verurteilungen mit hohen Stra-fen in diesem Bereich liegen.

Verstärkt ist die Gründung von "kleinen Aktiengesellschaften" festzustellen, die außerbörslich ihre eigenen Aktien (Wert ein bis fünf Euro) zum Zwecke der Kapitalanlage für spekulative Anleger vertreiben. Den Kunden wird ein zukunftsorientierter Geschäftszweck mit einem anschließenden Börsengang des Unternehmens suggeriert. In der Realität wird dieses Ge-schäftsziel jedoch nicht erreicht, statt dessen gerät das Unternehmen in die Insolvenz. Die Schwierigkeit der Ermittlungsarbeit besteht darin, beweiskräftig die von Anfang an bestehen-de Unseriosität bestehen-der Geschäftsziele nachzuweisen.

Grundsätzlich ist auf Grund der eingetretenen Ernüchterung in der Bevölkerung bei Börsen-geschäften im Allgemeinen mit einer vorsichtigeren Anlegebereitschaft zu rechnen. Dennoch ist insbesondere der unerfahrene Anleger weiterhin potenzielles Opfer von kriminellen Anla-geberatern. Für den Anleger ist zudem nicht ohne weiteres erkennbar, Opfer einer kriminellen Handlung geworden zu sein, da bei vergleichbaren Anlagemodellen grundsätzlich ein gewis-ses Risiko besteht.

e) Repressive und präventive Bekämpfungsansätze und -methoden

Zeitnahe und effektive Ermittlungen sind offenbar die einzig wirksame Maßnahme zur Ver-hinderung der Straftaten. Ergänzend wird auf Punkt 3.3.2.1 e) verwiesen.

f) Bewertung, Defizite, Handlungsbedarf

Der deutsche Aktienmarkt hat 2003 eine grundlegende Kehrtwende vollzogen. Durch die Neustrukturierung der Aktienindizes durch die Deutsche Börse AG kam für den Neuen Markt das endgültige "Aus". Dieses Segment wird weniger als Synonym für Aktienboom und Kurs-gewinne in Erinnerung bleiben, sondern vielmehr mit Insolvenzen, Betrügereien und enormer Wertvernichtung in Verbindung gebracht werden. Indexabstürze bis zu 96 Prozent, Insolven-zen bei 45 von 343 gelisteten Gesellschaften - verbunden mit Bilanzmanipulationen, manipu-lierten Pflichtmitteilungen und vollkommen überhöhten Geschäftsprognosen durch Firmen-vorstände und Analysten. Dem Nachfolgeindex "TecDax" scheint es bislang gelungen zu sein, das Börsensegment wieder aus den Negativschlagzeilen heraus zu bringen, obwohl bei dem

dort notierten Unternehmen Ixos12 bereits im Mai wieder ein erster Betrugsfall publik wurde.

Allerdings konnte der Index bis Ende 2003 bereits eine Punktesteigerung von nahezu 100 Prozent erzielen.

Inwieweit ein weiterer Teil der in den USA stattfindenden umfangreichen Ermittlungen auf den deutschen Kapitalmarkt durchschlägt, lässt sich im Moment noch nicht abschließend be-urteilen. In den Vereinigten Staaten sind nach Analysten und Investmentbanken nun die Fondsgesellschaften in das Blickfeld der Staatsanwälte sowie der Securities and Exchange Commission (SEC) geraten. Die dortigen Fondsmanager sollen mit den Mitteln des Market Timing (Ausnutzen von Preisunterschieden über verschiedene Zeitzonen hinweg) und des Late Trading (Kauf von Fondsanteilen nach Börsenschluss zum Preis des Vortages), die zwar nicht illegal sind, aber gegen die Richtlinien der Fonds verstoßen, erhebliche Gewinne zu Gunsten der institutionellen Anleger und der eigenen Investmenthäuser erzielt haben. Teil-weise haben sich die Broker auch selbst bereichert. Im Gegenzug werden durch diese Ge-schäfte die langfristig orientierten Kleinanleger um einen Teil ihrer Renditen betrogen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat zwischenzeitlich die deutschen Fondsgesellschaften aufgefordert, entsprechende Berichte über Handelspraktiken vorzulegen.

Erste Hinweise, dass sich auch deutsche Fondsgesellschaften solcher Praktiken bedient haben, verdichten sich. Im Raum stehen hier Ermittlungen zur zumindest teilweisen Veruntreuung von Anlagekapital bei langfristig orientierten Privatanlegern.

3.3.2.4 Wertpapierbetrug (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5145