F¨ur eine quantitative Auswertung von intrazellul¨aren FCS-Daten ist es erforderlich, Kennt-nisse ¨uber den f¨ur die Molek¨ule zur Verf¨ugung stehenden Diffusionsraum zu haben. Zum einen kann die Molek¨ulkonzentration nur dann von der mittleren Teilchenzahl hNi im Detektionsvolumen bestimmt werden, wenn das Detektionsvolumen bekannt ist. In Den-driten ist dieses Volumen durch die Grenzen der Plasmamembran gegeben, die daher be-stimmt werden m¨ussen. Zum anderen ist der Durchmesser des Dendriten ein Parameter im AKF-Modell (5.1) f¨ur r¨aumlich begrenzte Diffusion. Eine unabh¨angige Bestimmung des Durchmessers kann daher das entsprechende Ergebnis der AKF-Analyse best¨atigen.
In dieser Arbeit werden – abh¨angig von der intrazellul¨aren Farbstoffkonzentration – zwei verschiedene Methoden verwendet, um das Querschnittsprofil und den Durchmesser eines Dendriten zu bestimmen. Die erste besteht in der F¨arbung der Plasmamembran:
Die Zellkultur wird nach der FCS-Messung f¨ur ca. 3 Minuten in 20µM di-8-ANNEPS (Molecular Probes, Leiden, Niederlande) inkubiert. Hierzu wird der Membranfarbstoff in der Badfl¨ussigkeit gel¨ost. Anschließend wird die Zellkultur f¨ur einige Minuten mit der farbstofffreien Badl¨osung ¨ubersp¨ult. Danach wird das konfokale Detektionsvolumen durch das Zentrum des Dendriten gesteuert, und zwar orthogonal zu dessen Achse. Abbildung 5.1 zeigt die Resultate zweier Linien-Scans durch einen d¨unnen und einen dicken Dendri-ten. Der Durchmesser des Dendriten ergibt sich aus der Analyse des Faltungsproduktes
1Die Abk¨urzung
”STE“ steht f¨ur die englische Bezeichnung
”single transition event“ [89].
5.2. Bestimmung des Diffusionsraums 43
Abb. 5.1: Scan-Profile von mit di-8-ANNEPS gef¨arbten Dendriten kultivierter Neurone.
(A) Linien-Scan (verrauschte Kurve) durch einen d¨unnen Dendriten; Scan-Geschwindigkeit:
32 nm/s. Ergebnis der Kurvenanpassung unter Annahme eines Rechteckprofils (Gl. 5.17, durchgezogene glatte Kurve) und eines Kreisprofils (Gl. 5.16, gestrichelte Kurve): dy = 0.51µm, dz = 0.35µm, αrect = 47.52· 103s−1, d = 0.72µm, αcirc = 60.5· 103s−1 und y0 = 0.92µm (fixierte Parameter: rxy = 0.25µm, rz = 1.73µm und IB = 12·103s−1).
Summe der Gaussschen Fehlerquadrate: χ2circ = 29.95 und χ2rect = 11.57. (B) Linien-Scan (verrauschte Kurve) durch einen dicken Dendriten; Scan-Geschwindigkeit: 32nm/s. Die glatte Kurve zeigt das theoretische Profil srect(y)(5.17) f¨ur einen rechteckigen Querschnitt.
Ergebnis der Kurvenanpassung: α = 15.31·103s−1, dy = 0.895µm, dz = 0.76µm, y0 = 1.03µm und IB = 8.46· 103s−1 (fixierte Parameter: rxy = 0.236µm, rz = 1.652µm).
Ergebnis der Kurvenanpassung mit dem theoretischen Modell scirc(y) (5.16) f¨ur ein Profil mit Kreisquerschnitt: α = 23.97· 103s−1 und d = 1.22µm (fixierte Parameter: rxy = 0.236µm, rz = 1.652µm,y0 = 1.03µm und IB = 8.46·103s−1).
zwischen der detektierbaren Emissionsintensit¨atsverteilung IE(~r) (2.11) des Detektionsvo-lumens und der Objektfunktionχ(x, y, z) des Dendriten.χ(x, y, z) liefert den Wert
”1“ f¨ur alle Orte auf der Plasmamembran des Dendriten und den Wert
”0“ f¨ur alle anderen Orte.
Wegen der hohen Konzentration des Membranfarbstoffs kann der zytosolische Fluoreszenz-beitrag vernachl¨assigt werden. Die Auswertung des Scan-Profils gibt Aufschluss ¨uber den Querschnitt und den Durchmesser des Dendriten. Die Objektfunktionen f¨ur einen Den-driten mit Kreis- oder Rechteckquerschnitt und der Fortpflanzungsrichtung entlang der x-Achse sind durch folgende Ausdr¨ucke gegeben:
χcirc(y, z) =
Z y0+d/2 y0−d/2
dy00δ(y00−y)
· δ³
z−p
d2/4−(y00−y0)2´ +δ³
z+p
d2/4−(y00−y0)2´¸
, (5.13)
und
wobei das Zentrum des Querschnitts durch die Koordinaten y=y0 und z = 0 gegeben ist.
Der Kreisquerschnitt ist durch den Durchmesserd und das Rechteckprofil durch die Breite dy und die H¨ohe dz definiert. Die Parameter d, dy und dz variieren bei einem Dendriten langsam entlang dessen Achse.
Das Faltungsprodukt zwischen der Objektfunktion und der detektierbaren Emissionsin-tensit¨atsverteilungIE(~r) ergibt das theoretische Scan-Profil. F¨ur einen Linien-Scan entlang der y-Achse (orthogonal zur Achse des Dendriten) gilt
s(y) = hCSi unter Verwendung der mittleren Anzahl der Farbstoffmolek¨ule pro Fl¨achenelement hCSi. F¨ur die Faltungsprodukte folgt weiter
scirc(y) = α·(1−S−2)−1/2·exp
Die Ergebnisse der Kurvenanpassungen beider Faltungsfunktionen scirc(y) und srect(y) an die experimentellen Scan-Profile aus Abbildung 5.1 zeigen, dass die Querschnitte der Den-driten in beiden F¨allen am besten durch ein Rechteckprofil angen¨ahert werden k¨onnen. Das
5.2. Bestimmung des Diffusionsraums 45 Kriterium ist hierbei die Summe derGaussschen Fehlerquadrate. Zwei Gr¨unde sind nahe-liegend: Zum einen beobachtet man h¨aufig eine rechteckige Verformung der Dendritenunter-seite durch Adh¨asion zwischen der Plasmamembran des Dendriten und der Oberfl¨ache des Objekttr¨agerglases. Zum anderen haben Dendriten h¨aufig unterschiedliche Breiten und H¨ohen. Deshalb l¨asst sich der Dendritenquerschnitt meistens nicht als Kreisquerschnitt mit konstantem Radius beschreiben.
Analog ergibt sich f¨ur einen z-Scan unter Annahme eines Rechteckprofils srect(z) = α·
Die zweite Methode, den Querschnitt und den Durchmesser eines Dendriten zu bestim-men, besteht in der Auswertung des Scan-Profils eines Dendriten, der homogen mit hydro-philem Farbstoff gef¨ullt ist. Diese Methode ist anwendbar, wenn die Emissionsintensit¨at hoch genug ist, um ein glattes Linien-Scan-Profil zu erhalten, und wenn FCS-Messungen an mehreren Zellen in einer Kultur durchgef¨uhrt werden sollen. Das theoretische Scan-Profil f¨ur einen Dendriten mit Kreisquerschnitt folgt aus dem Faltungsprodukt
s0circ(y) =hCi zwischen der detektierbaren Emissionsintensit¨atsverteilung IE(~r) und der entsprechenden Objektfunktion in deryz-Ebene
χcirc(r) = Θ(R−r) =
(1 f¨ur r≤R 0 sonst,
mit den Zylinderkoordinaten x0, y0 =rcosϕ und z0 = rsinϕ. Die Fortpflanzungsrichtung des Dendriten verl¨auft hierbei entlang der x-Achse. hCi bezeichnet die mittlere Farbstoff-konzentration innerhalb des Dendriten. F¨ur das theoretische Scan-Profil folgt dann
s0circ(y) = ϑexp£ Das Zentrum des Dendritenquerschnitts ist durch die Koordinaten y = y0 und z = 0 gegeben.
F¨ur das theoretische Scan-Profil s0rect(y) eines mit Farbstoff gef¨ullten
” rechtecki-gen“ Dendriten folgt mit der Objektfunktion
χrect(y, z) = [ε(y−y0+dy/2)−ε(y−y0−dy/2)] (5.23)
F¨ur einen Raster-Scan entlang der optischen Achse folgt analog s0rect(z) = γ·
Abbildung 5.2 zeigt einen Linien-Scan entlang der y-Achse durch das Zentrum eines mit Farbstoff gef¨ullten Dendriten. Das Ergebnis der Kurvenanpassung mit dem theore-tischen Scan-Profil s0circ(y) (5.21) macht deutlich, dass der Querschnitt des Dendriten am besten durch ein Kreisprofil beschrieben werden kann. Die Anpassung des theoretischen Scan-Profils s0rect(y) (5.24) f¨ur einen Dendriten mit rechteckigem Querschnitt f¨uhrt bei diesem Beispiel zu einem schlechteren Ergebnis – wahrscheinlich durch die geringe Adh¨asion zwischen der dendritischen Plasmamembran und der Glasoberfl¨ache.