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Bestimmung der relativen Konfiguration der silylierten Vorläufer 38

4 Resultate und Diskussion .1 Syntheseplanung

4.3 Stereoselektive Synthese der Muraymycin-Bausteine 11

4.3.1 Stereoselektive Synthese über das geschützte Diol 93

4.3.1.2 Bestimmung der relativen Konfiguration der silylierten Vorläufer 38

Zabriskie et al. entschützten 38 mit TBAF und synthetisierten die entsprechenden Mosher-Ester für beide Diastereomere. Analyse der 1H-NMR-Spektren dieser Verbindungen sowie ein Vergleich der diastereomerenreinen Alkohole 37 mit Literaturdaten führten zu der Annahme, dass das Hauptdiastereomer 38a die Konfiguration (4R,1'R) besitzt und damit ein Vorläufer von Epicapreomycidin 19 wäre.[77]

In der vorliegenden Arbeit sollte diese Annahme überprüft werden. Dazu sollten Verbindungen dargestellt werden, die 1D-nOe-Experimente (Kern-Overhauser-Verstärkungsspektroskopie) ermög-lichen sollten. In einem solchen Experiment wird die NMR-Probe mit der Resonanzfrequenz des zu untersuchenden Protons angeregt. Bei der Relaxation wird Spinpolarisation auf die Nachbarkerne übertragen, die sich innerhalb von 5 Å befinden. Dies führt zu einer Verstärkung der Intensität der benachbarten Kerne von bis zu 50 % und ermöglicht die Struktur- und Konformationsaufklärung organischer Verbindungen (nOe: Kern-Overhauser-Effekt).[118] Das entscheidende Kriterium dabei ist, dass die zu untersuchenden Protonen chemisch hinreichend verschieden sind, um eine Simultananregung bei zu ähnlichen chemischen Verschiebungen im 1H-NMR-Spektrum zu vermeiden.

Im vorliegenden Fall wurden deshalb die diastereomerenreinen silylierten Vorläufer 38a und 38b zunächst zu den entsprechenden Alkoholen 37a und 37b entschützt und anschließend mit Trifluormethansulfonsäureanhydrid in Dichlormethan und Pyridin umgesetzt (Abb. 58).[119]

Dabei wurden die von Herdewijn et al. beschriebenen bizyklischen Oxazolone 96a und 96b gebildet.[120] Der Mechanismus zur Darstellung von 96 beginnt mit der Aktivierung der Hydroxylgruppe als Triflat 97 (Abb. 59).

Abb. 59 Mechanismus zur Bildung des Oxazolidinons 96a

Unter Spaltung der O-tert-Butyl-Bindung und Abspaltung von Isobuten (E1-Eliminierung) greift der Carbonyl-Sauerstoff der Boc-Gruppe nucleophil am C-1' unter Inversion der Konfiguration und Abspaltung von Triflat an und liefert das Oxazolidinon 96. Triebkraft dieser Reaktion ist die Bildung von Isobuten und der Ringschluss zum stabilen 5-gliedrigen Oxazolidinon. Diese Verbin-dungen wurden für die bereits erwähnten 1D-nOe-Experimente herangezogen, da sich die Protonen H-1 und H-7a um 0.4 ppm unterschieden. Für das Hauptdiastereomer 96a konnte dabei eine größere Verstärkung für das benachbarte Proton detektiert werden als bei 96b und somit eine cis-Anordnung im Oxazolidinon 96a bzw. eine (4R,1'R)-Konfiguration für 38a ermittelt werden (Abb. 60).[119]

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Abb. 62 Versuche zur Synthese der geschütztem Epicapreomycidinole 51c und 51d

Durch den Einsatz von je 3 Äquivalenten Triphenylphosphin, DIAD und 58a war die Reinigung zu Anfang sehr schwierig. Die Aufnahme des Rohproduktes in Methanol bewirkte aber das Ausfallen von 58a, sodass das geschützte Epicapreomycidinol 51b sauber erhalten werden konnte. Die Ausbeute war mit 19 % mäßig und ein Diastereomerengemisch im Verhältnis von 1:1 lag vor. Dies könnte auf die sterisch stark gehinderte Position des sekundären Alkohols zurückzuführen sein. Im

Laufe der Mitsunobu-Reaktion soll der Alkohol sowohl das Betain aus Triphenylphosphin und DIAD angreifen als auch vom Tris-Cbz-Guanidin 58a angegriffen werden, welches jeweils sterisch anspruchsvolle Moleküle sind. Daher könnte sowohl die Aktivierung als auch der nucleophile Angriff stark eingeschränkt sein, was starke Auswirkungen auf die Ausbeute hätte. Die beobachtete Epimerisierung könnte aus einer doppelten Inversion durch Angriff der Boc-Gruppe auf den aktivierten Alkohol hervorgehen. Die biomimetischen Zyklisierungen der geschützten β-Hydroxy-arginine 55 durch Mitsunobu-Reaktion konnten ebenfalls, vermutlich aufgrund der sterisch anspruchsvollen sekundären Position, nicht realisiert werden.[84]

Zur Vervollständigung der Synthese wurde die selektive Acetonidentschützung zu 51c untersucht.

Die Umsetzung von 51b mit Essigsäure in Wasser ergab nach 3 d bei Raumtemperatur ein Produktgemisch,[119] welches mittels LC-MS untersucht wurde. Dabei fielen u. a. die Peaks mit einem Masse-Ladungs-Verhältnis von 718 und 678 auf, welche dem Edukt + Wasser (98a) und Produkt + Wasser (98b) entsprechen würden (Tab. 8, Nr. 1). Solche Substanzen könnten durch einen nucleophilen Angriff an der sekundären Position entstehen, wobei Tris-Cbz-Guanidin als Abgangsgruppe wirken und β-Hydroxyargininole 98 resultieren würden. Die Umsetzung des zyklischen Guanidins 51b mit verdünnter Salzsäure in Methanol lieferte nach 3 h bei Raumtemperatur ebenfalls ein Produktgemisch, wobei vor allem das Edukt 51b und Tris-Cbz-geschütztes β-Hydroxyargininol 98c (R=R'=R''=H) identifiziert werden konnten (Nr. 2). Zuletzt wurde Trifluoressigsäure in Dichlormethan als Reagenz untersucht. Dabei konnten nach 2.5 h bei 0 °C aber lediglich Zersetzungsprodukte festgestellt werden (Nr. 3).

Nr. Reagenz Lösungsmittel Zeit / h Temperatur/ °C Produkte

1 Essigsäure Wasser 57 Rt. 98a, 98b

2 1 M Salzsäure Methanol 3 Rt. 51b, 98c

3 Trifluoressigsäure Dichlormethan 2.5 0 Zersetzung

Tab. 8 Versuche zur sauren Entschützung des zyklischen Guanidins 51b

Daraus folgt, dass das gewünschte Boc-geschützte Epicapreomycidinol 51c nicht erhalten werden konnte und stattdessen eine Ringöffnung unter Bildung eines β-Hydroxyargininols 98 stattfand. Zur Vermeidung dieser unerwünschten Nebenreaktion bei der sauren Acetonidentschützung und für eine stereoselektive Zyklisierungsreaktion wurde eine alternative Synthesesequenz erprobt. Dabei sollte das Diol 92a zunächst aktiviert werden und anschließend mit einfach Cbz-geschütztem Guanidin 58c umgesetzt werden. 58c konnte zuvor in einer wässrigen Schützung mit langsamer Zugabe von Cbz-Chlorid aus Guanidin in 55 %-iger Ausbeute dargestellt werden (Abb. 62).[121] Das Diol 92a

konnte mit einer Ausbeute von 58 % zum Bis-Mesylat 99 umgesetzt werden.[122] Die Umsetzung von 99 mit dem Guanidin 58c und DIPEA führte trotz Erhitzen auf bis zu 130 °C für 24 h lediglich zur Reisolierung von verunreinigtem Edukt. Die Wiederholung dieser Reaktion bei 80 °C für 2 d lieferte nicht das gewünschte Epicapreomycidinol 51d, sondern führte nur zur Isolierung von Zersetzungsprodukten.

Somit lässt sich zusammenfassen, dass die Syntheseroute von Zabriskie et al. die Synthese des Diols 92 als Zyklisierungsvorläufer ermöglichte, wobei die absolute Konfiguration durch 1D-nOe-Experimente bestätigt werden konnte. Eine Zyklisierung zum geschützten Epicapreomycidinol 51b konnte aber nur unter Mitsunobu-Bedingungen in mäßiger Ausbeute und unter Epimerisierung realisiert werden. Die anschließende saure Acetonid-Entschützung konnte nicht erfolgreich durchgeführt werden. Unter den verwendeten Bedingungen konnten nur verschieden geschützte β-Hydroxyargininole 98 detektiert wurden.