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Beschreibung der Daten

Part II: Der Geregelte Markt in Frankfurt: Ein ökonomischer Nachruf, p. 19-63

3 Beschreibung der Daten

Zur Erstellung einer Datenbank zum Geregelten Markt in Frankfurt werden in einem ersten Schritt alle deutschen Stamm- und Vorzugsaktien identifiziert, die zwischen dem 4. Mai 1987 und dem 31. Oktober 2007 in diesem Segment notierten.45 Aktien, die an einer anderen Börse in einem höheren Segment, also amtlich, notierten, wie zum Beispiel die Berliner Kindl Brauerei AG, werden nicht einbezogen. Auch werden Aktien von Unternehmen, bei denen Aktien einer anderen Gattung amtlich notierten, wie bspw. die Stammaktien der Glunz AG, nicht ein-bezogen. Ein Großteil der einbezogenen Aktien, zum Jahresanfang 1997 52 von 79, waren an zumindest einer anderen Börse im Geregelten Markt notiert. Diese Aktien werden einbezogen, auch wenn sie an einem anderen Börsenplatz, zum Beispiel der „Heimatbörse“ stärker gehandelt wurden. Bei 15 Unternehmen, deren Vorzugs- und Stammaktien gleichzeitig im Geregelten Markt notierten, werden beide Aktiengattungen einbezogen. Allerdings werden in unseren empirischen Untersuchungen die einzelnen Aktiengattungen der betroffenen Unternehmen zusammengefasst, sodass für jedes Unternehmen nur eine Beobachtung in die Untersuchungen eingeht.

Für jede Aktie wird das genaue Zugangs- und Austrittsdatum zum Geregelten Markt ermittelt.

Hierfür werden insbesondere die Saling Aktienführer (1990-1995), die Hoppenstedt Aktien-führer (1998-2008), die Hoppenstedt Kurstabellen (1987-1998) und die Karlsruher Kapital-marktdatenbank (KKMDB)46 ausgewertet. Insgesamt wurden 210 (490 inkl. ehem. Neuer-Markt-Aktien) Aktien identifiziert, die im genannten Zeitraum im Geregelten Markt gehandelt wurden und die die oben genannten Kriterien erfüllen, viele davon allerdings nur in einem Teilzeitraum. Die Kursdaten entstammen hauptsächlich der KKMDB, teilweise Datastream oder der Börsenzeitung. Unsere Kursdatenbank enthält in der Regel für jede Aktie einen Monatsschlusskurs. Aufgrund der relativ hohen Illiquidität der Aktien des Geregelten Marktes verwenden wir, soweit verfügbar, jeweils den Kurs des Börsenplatzes mit dem höchsten Börsenumsatz.47 74,3 % der einbezogenen Kurse entstammen dem Parketthandel der Frankfurter Wertpapierbörse, 22,6 % einer anderen deutschen Börse und 3,2 % der Datastream Datenbank. Analog zu Stehle/Hartmond (1991) werden Kurse nur berücksichtigt, wenn das Kursdatum größer oder gleich dem Fünfzehnten eines Monats ist.

Anschließend wurden für die Aktien des Geregelten Marktes die Dividenden, die Kapitalmaßnahmen und die zugehörigen Bereinigungsfaktoren erfasst. Herangezogen wurden

44 Vgl. Deutsche Börse Group (2007b) und Vismara et al. (2012), S. 354. Gemäß der Deutschen Bundesbank nahm der Geregelte Freiverkehr eine ähnliche Funktion ein. Vgl. Stedler (1987), S. 110.

45 Wandelanleihen, Genussscheine, junge Aktien, etc. werden nicht berücksichtigt.

46 Vgl. Bühler/Göppl/Möller (1993), S. 291-303 und Herrmann (1996).

47 Kurs- und Umsatzdaten zu den anderen deutschen Börsen stehen uns nur bis 2003 zur Verfügung.

hierbei neben den oben genannten Datenquellen die Termindaten der KKMDB, Archivdaten des Xetra Newsboards, das Wertpapier-Informationssystem der Börsen-Zeitung, Ad-hoc-Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität und die von den Unternehmen auf ihren Webseiten zur Verfügung gestellten Informationen. Fehlende Bereinigungsfaktoren für Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln, Nennwertumstellungen und Kapitalherab-setzungen wurden selbstständig berechnet.48 Insgesamt wurden 891 Dividenden und 242 Kapitalmaßnahmen erfasst (vgl. Tabelle 1).

[Tabelle 1]

Die Anzahl der jeweils ausstehenden Aktien wurde hauptsächlich Datastream entnommen und mit den Angaben der Hoppenstedt Aktienführern geprüft bzw. ergänzt. Zusätzlich wurde die Anzahl der Aktien anhand der zuvor erhobenen Daten zu den Kapitalmaßnahmen geprüft und oftmals korrigiert. Bei der Zusammenstellung der Datenbank wurden die Daten der verschie-denen Datenquellen sorgfältig miteinander verglichen. Zusätzlich wurden diverse Plausibilitäts-prüfungen durchgeführt. Ferner wurden 31 Unternehmen von uns angeschrieben und um die Überprüfung der von uns erhobenen Daten gebeten. Bisher entsprachen elf Unternehmen unserer Bitte und teilten uns in zwei Fällen kleinere Fehler mit.

Die Zahl der jeweils im Geregelten Markt gehandelten Aktien sowie die relevanten Daten zu den Dividenden und Kapitalmaßnahmen werden in Tabelle 1 den Zahlen für den Amtlichen Markt gegenübergestellt. Die Datenbank zum Amtlichen Markt wurde erstmals in Stehle/Hart-mond (1991) beschrieben und in den Folgejahren für den Zeitraum bis Oktober 2007 analog zur oben beschriebenen Vorgehensweise fortgeschrieben. Brückner (2012) enthält eine detaillierte Beschreibung der Datenbank für den Amtlichen Markt in Frankfurt. Analog zum Geregelten Markt verwenden wir für die Aktien des Amtlichen Marktes jeweils den Kurs des Börsenplatzes mit dem höchsten Börsenumsatz (sofern Börsenumsatzdaten vorhanden sind).

Im Schnitt umfasste der Amtliche Markt in Frankfurt viermal so viele Aktien wie der dortige Geregelte Markt. In diesem Vergleich wurden die ehemaligen Neuer-Markt-Aktien nicht einbezogen. Während jedoch die Zahl der Aktien im Amtlichen Markt in 2001 ihren Höhepunkt erreichte und sich bis 2007 um circa 20 % verringerte, stieg die Zahl der Aktien im Geregelten Markt fast stetig. Tabelle 1 zeigt auch, dass die Zahl der in den beiden oberen Börsensegmenten gehandelten Aktien, zusammengenommen, zwischen 1988, kurz nach der Einführung des Geregelten Marktes, und 1997, der Einführung des Neuen Marktes, beträchtlich angestiegen ist.

Anfang 1988 waren in beiden Segmenten zusammen 282 Aktien gelistet, Anfang 1997 431, ein Anstieg um 52,84 %, 4,83 % pro Jahr.

Darüber hinaus werden in Tabelle 1 die Anzahl der Penny Stocks für beide Marktsegmente dargestellt. Der Begriff Penny Stock bezeichnet im Allgemeinen eine Aktie mit einem sehr

48 Sauer (1991) gibt einen guten Überblick zur Berechnung der Bereinigungsfaktoren.

niedrigen Kurs und einem sehr niedrigen Marktwert des Eigenkapitals.49 Wir verstehen unter einem Penny Stock eine Aktie mit einem Kurs unter 1,00 € und einer Marktkapitalisierung unter

€ 5 Mio. Unsere Daten zeigen, dass es unter den Geregelter-Markt-Aktien erst seit Oktober 2000 Penny Stocks gab, allerdings beträgt deren Anteil zwischen Oktober 2000 und Oktober 2007 im Schnitt 14 % (vgl. Tabelle 1). Im Amtlichen Markt beträgt der Penny-Stock-Anteil im gleichen Zeitraum lediglich 5 %.50 Einige Börsen, wie zum Beispiel die NASDAQ nehmen Penny Stocks, Aktien mit einem dauerhaften Kurs von unter 1,00 $, von der Börse.51 Die Deutsche Börse AG versuchte ebenfalls Penny Stocks vom Neuen Markt auszuschließen.52 In unseren Untersuchungen schließen wir Penny Stocks zum Teil aus, weisen jedoch an der entsprechenden Stelle darauf hin.

Der Anteil der Dividenden ausschüttenden Unternehmen war im Amtlichen Mark mit durch-schnittlich 78,3 % gegenüber 57,0 % im Geregelten Markt deutlich höher. Bis circa 1993 was das Ausschüttungsverhalten in beiden Segmenten ähnlich, circa dreiviertel der Unternehmen schütteten in dieser Zeit Dividenden aus. Ab 1994 fiel der Prozentsatz der ausschüttenden Unternehmen im Geregelten Markt fast stetig auf circa 33,3 % in 2007. Ein Teil dieses Rück-gangs hängt möglicherweise damit zusammen, dass seit 2003 im Schnitt circa 17,6 % der Aktien als Penny Stocks einzustufen sind. Bei den Kapitalmaßnahmen, insbesondere bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht, gab es prozentual betrachtet keine wesentlichen Unter-schiede (vgl. Tabelle 1). Demnach war der Zugang zu neuem Kapital für die Unternehmen des Geregelten Marktes im Rahmen von Bezugsrechtsemissionen mit denen der Unternehmen des Amtlichen Marktes vergleichbar.

Zur Darstellung der Größencharakteristika der im Geregelten Markt notierten Unternehmen haben wir diese in vier Size-Portefeuilles unterteilt. Die Size-Portefeuille-Grenzen werden jeweils zum Jahresende für das Folgejahr bestimmt. Wir fassen die marktwertmäßigen größten 5 % aller Unternehmen, von denen wir glauben, dass diese aufgrund ihrer Größe atypisch für den Geregelten Markt sind im Portefeuille „Top-5%“ zusammen.53 Die Size-Portefeuilles D01 (Micro) bis D03 (Small) enthalten jeweils circa ein Drittel der verbleibenden Unternehmen (vgl.

Tabelle 2). Penny Stocks werden den Größenklassen nicht zugeordnet.

[Tabelle 2]

49 Gemäß der Securities and Exchange Commission (SEC) bezieht sich der Terminus Penny Stocks auf spekulative

‘Low-Priced’ (unter 5,00 $) Wertpapiere sehr kleiner Unternehmen. Vgl. Penny Stock Rules, URL:

www.sec.gov/answers/penny.htm, 14.10.2008. In der Literatur wird häufig ein Kurs von unter 1,00 € angegeben.

50 Bei der Mehrheit der Penny Stocks handelt es sich um die Aktien insolventer Unternehmen.

51 NASDAQ Stock Market Rules, Rule 4000 Marketplace Rules, The Bid Price Requirement, URL:

http://cchwallstreet.com/nasdaq, 14.10.2008.

52 Allerdings gelang es den betroffenen Unternehmen sich gegen dieses Vorgehen mittels einstweiliger Verfügungen zu wehren, zum 29.10.2001 hatten bereits 18 Unternehmen eine Verfügung erwirkt und 30 weitere Verfahren waren anhängig. Vgl. Manager-Magazin (2001): Triumph der Penny-Stocks, URL: http://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/0,2828,164556,00.html, 18.06.2012.

53 Im Schnitt ist die Marktkapitalisierung der Unternehmen in Top-5% fünfmal so hoch wie die von D03.

Tabelle 2 gibt einen Überblick zu den Charakteristika der vier Size-Portefeuilles. Anfang 2004 kam es im Size-Portefeuille Top-5% zu einem sprunghaften Anstieg der Marktkapitalisierung, dieser ist hauptsächlich auf die Segmentwechsel der DEPFA Deutsche Pfandbriefbank AG54 mit einer Marktkapitalisierung von € 2.988 Mio. (nominal) und der Lechwerke AG mit einer Markt-kapitalisierung von € 1.577 Mio. (nominal) aus dem Amtlichen Markt in den Geregelten Markt zurückzuführen. Anfang 2007 war die SolarWorld AG, welche bis 2003 im Geregelten Freiver-kehr notierte, das marktwertmäßig größte Unternehmen im Geregelten Markt. Insbesondere zeigt Tabelle 2 die große Streubreite der Marktkapitalisierungen. Während die kleinsten Unter-nehmen in D01 eine Marktkapitalisierung von unter € 10 Mio. besitzen, existieren gleichzeitig Unternehmen die um ein vielfaches größer sind. Ferner geht aus den Marktwertgrenzen für Portefeuille D01 hervor, dass die kleinsten Unternehmen im Zeitablauf kleiner wurden. Bei einigen dieser Unternehmen beträgt die Marktkapitalisierung nach 2003 weniger als € 1 Mio.

Darüber hinaus enthält Tabelle 2 Informationen zu der Verteilung der IPOs im Geregelten Markt auf die vier Size-Portefeuilles. Die meisten IPOs entfallen dabei auf die Porte-feuilles D03 (43,1 %) und D02 (32,8 %). Die Hälfte (50,0 %) der IPOs sind den beiden Size-Portefeuilles der größten Unternehmen, D03 und Top-5%, zuzuordnen. Die durchschnittliche Marktkapitalisierung der IPOs am Monatsende der Börseneinführung beträgt circa € 103 Mio.

Lediglich 3,1 % der IPOs im Geregelten Markt hatten zum Monatsende nach Börseneinführung eine Marktkapitalisierung von unter € 10 Mio. Die meisten Unternehmen hätten demnach die Voraussetzungen für den Amtlichen Markt erfüllt.55