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Beschädigungen durch die organische und anorganische Natur

Im Dokument Einfluß der Herkunft (Seite 74-86)

a) TierJsdie Sdiädigungen.

In allen Versud1sfüi.d1en wurde gelegentlich durch Tiere Schaden angerichtet, dod1 erreid1te derselbe selten einen besorgniserregenden Umfang.

In den meisten Kulturen, vor allem in den tieferen Lagen, konnten gelegentlich abgebissene Gipfeltriebe festgestellt werden und zwar bei allen Provenienzen, ohne nennenswerten Untersdiied. Besonders ausge-sprochen trat diese Sd1ädigung in dem trockenen Jahre 1911 auf, wo z. B. in der Kultur Grafenried (Buchhof), 580 m, sowohl bei Tieflands-als bei Hocl1gebirgsprovenienzen ca. 30 % aller Gipfeltriebe abgebissen wurden. Man vermutete damals als Urheber dieser Sd1ädigung Eidt-hörnd1en oder Vögel (Kreuzsclmähel), doch dürfte es sich nach neueren Erfahrungen eher um die Rötelmaus (Hypodaeus glareolus Sdireb.) handeln. 1 ) Der angerid1tete Sd.t~den ist insofern nidit unerheblich, als derselbe stets Zwieselbildung zur Folge hat. Auch die hochgelegenen Kulturen blieben davon nicht immer verscl10nt und noch im Herbst 1931 konnten in der Kultur Bergün (Muot sut), 1950 m, zahlreiche abgebissene Gipfeltriebe bei allen Provenienzen festgestellt werden.

Harmloser waren die gelegentlidi, namentlidi in den ersten Jahren, auftretenden Beschädigungen durch die kleine Fiditenblnttwespe,.

Nematus abietinus Christ. Die Tießandsprovenienzen wurden in der Regel von diesem Insekt etwas stärker befallen als die Hoc:hgebirgs-provenienzen. Es bleibt jedoch die Frage offen, ob dieser Umstand auf die verschiedenartige Beschaffenheit der Benadelung, auf das ungleich-zeitige Austreiben, oder nuf die Größenuntersd1iede von Tieflands- und Gebirgspflanzen zurückzuführen sei.

Die auffälligste Sd1ädigung tierischer Herkunft bildeten aber die in allen Kulturen häufig auftretenden Chermes-Gallen. Namentlim in den ersten Jahren nacl1 der Anlage der Versud1sflücl1en war Chermes-Befall sehr verbreitet, so daß von 1906- 1909, anlälUich der sonstigen Aufnahmen, regelmäßig der Prozentsatz der stark mit Gallen behafteten Pflanzen festgestellt wurde. Eine Auseinanderhaltung der versdiiedenen Chermes-Arten fand dabei leider nicht statt.

In

der Hauptsame dürfte

1) Vergl. G. Fud1s: Nugersdtaden in den Karawunken im Jahre 1905. Nuturw. Zeit -sdtrift f. Forst- und Lnndwirtsdtnft 1906, S. 204.

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es sich wohl stets um Chermes abietis Kltb., oder um Chermes oiridi1J Rtzba. gehandelt hnhen. Da die letztet·e zur ·vollsfündigen Entwicklung un dus gleid1zeii.ige Vorhandensein von Ficl1ten und Liird1en gebunden ist, wird sie wohl nur in denjenigen Kulturen aufgetreten sein, in denen diese ßedi11gungcn erfüllt wuz·. Vor allem in de11 hüheren Lagen kam als weitere Arl nod1 Cuaplwlodes slrobilobius Kilb. hinzu, deren Entwick-lungszyklus cbcnfulls einen Wirtswcd1scl zwisc:hen Ficl1te und Lärche u u f weist. Diese letztere Art war z. B. im J nhre 1931 in der Kultur Ponte (Via bellu), 2150 m, sehr stark vertreten und zwar hauptsäd1lid1 an den Tießnndsprovenienzen.

Die nud1stehende Tabelle enthitlt eine Zusammenfassung über den hermes-Befoll in den J uhren 1906- 1909.

Tabell~.\'.X Chermesbefall in den Jahren 1900-1909.

Höhe de.r Kulturorte und Befnllene Pßunzen in {>/o der Gesamtzahl im Jahre

Provenienz 100(;

l!l07 rnos

rnoo

Unter l000 u1

1'icflundspro,·enienzen 4 2-l 7 34

I lodigcbirgs provcnien zcn 2 .9, 2 17

1000- 1600 m

Ticflnndsprovcnicnzen :1

· •

1G 2-l

Hodiscbirgsprovcnienzen 1 1 (j 10

über 1600 m

Tieftnndsprovcnicnzen 2 0 a 4

Hod1gebir1!sprove11ienzfl! 1 0 2 2

Diese Z11summcustcll II ng zeigt dcntlid1. da H die Ticll11 ndspl'Ovcnicnzen sfö1·ke1· von Chermes-Arten befallen werden als die

Hod1gebirgsprove-nienzen. Dieser Umslnnd äußert sid1 um so deutlid1er, je intensh-er der Befoll ist. So waren z. B. in der Kultur Grufenried (Budihof), 580 m, im

J

uhre 1909 bei den Tiefümdsprovenienzen 75 % aller Pflanzen mit Gallen besetzt, dagegen nur 43 % bei den Hod1gebirgsprovenienzen. Sehr nusgepriigt zeigte sid1 diese Ersd1einung nud.1 in den mittelhohen Lugen, wo im gleid1en Jahre der stärkste Befall in der Kultur Gurnigel (Mürit-rnatt), 1480 m, auftrat. Die entsprecl1enden Prozentsätze waren daselbst 36 % und 14 %. Für die hod•gclcgenen Kulturen wurde im Jahre 1909 das stärkste Auftreten von Cherrnes in der Versud1sßüd1e Bergün (Muot. sut), 1950 m, f'csfgcsfellt. mit. 12 % befnllenc1· Tieflands- und 5 % befnllener H~chgebirgspflnnzen.

Es ist besonders hervorzuheben, daß die Gallenbildung in sämtlichen untersuchten Einzelfällen hei den Tieflandsprovenienzen intensiver war als bei den Hochgebirgsprovenienzen. Diese Erscheinung ist zweifellos auf die Unterschiede in der Nadelhesdiaffcnheit der beiden Kategorien, welche während der Untersuchungsperiode noch sehr ausgesprochen waren, zurfükzuführen.

Aus Tabelle

XX,

sowie den zitierten Beispielen geht außerdem deutlich hervor, da.ß die Befallsintensifät mit zunehmender Meereshöhe geringer wird. Sehr deutlich läßt sich dieser Umstand ferner auch aus der folgenden Zusammenstellung über den Chermes-Befall von 1909 im Selihühlgebiet entnehmen:

Dafl viele unserer Kulturen anfänglich stark unter Unkrautwuchs zu leiden hatten, wurde sdton mehrfach erwähnt. Die kleineren, schwächer entwickelten Pflanzen der Hod1gebirgsprovenienzen unter-lagen dabei der Verdämmung in weit höherem Maße als die kräftigeren Tießandspflanzen. Dieser Umstand drückt sich deutlich in dem anfänglich höheren Abgangsprozent für die ersteren aus.

In den ersten Jahren wurde die Entwicklung der Kulturen in den höher gelegenen Versuchsflächen durch Herpotridiia nigra Htg. etwas in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. So namentlidi in den beiden auf der Schattenseite gelegenen Kulturen Blais leda, 1600 m, und Muot sut, 1950 m, während die auf der Sonnseite gelegene Fläche Via hella, 2150 m, unbehelligt blieb. Auch durch Herpotridiia wurden die kleineren Hoch-gebirgspflanzen, die länger unter dem Scl1nee begraben waren als die größeren Tieflandspflanzen, meist stärker in Mitleidenschaft gezogen, zumal da. wo die Pflanzlöcher etwas zu tief waren.

Nadelro~t trat ebenfalls schädigend auf, vor allem in den Jahren 1906 bis 1909. Leider läßt sich den Beobachtungsoüchern nicht mehr ent-nehmen, um welche Art es sich im einzelnen Falle handelte. Vermutlich dürfte jedoch der Befall überall da, wo Alpenrosen in der Nähe fehlten, auf Chrysomyxa abietis Un&er, wo letztere auftraten, zur Hauptsache auf Chrysomyxa rhododendri De Bary zurückzuführen sein. Eine genaue

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Auscinunderhultung dcl'

.m

clc1· Sc.hiidigung beteiligten Arten wiire insofern sehr erwiinsd1t gewesen, als dus gegenseitige Verhalten von Ticllunds-und llod1gcbirgsprovcnicnzcn nid1t in allen Kulturen dusselbe war. lm

J

uhre 1906 z.B. betrug das Befallsprozcnt nuf .Muot sut, 1950 m, 6 fiir die Tiellnncls-, 3 f'iir die Hochgebirgspllunzen, während im gleidicn Jnhre aur dem Sclibi.ihlhubel, 1720 m, die letzteren ganz wesentlid1 sii.irkeren Befoll au !'wiesen nls clic ersteren. Auflerm·dentlich sturk trnt Cl,rysomyxa im Jahre 1906 uud1 in der Märitmatt, 1480 m, nuf und zwar bei 7t % aller Tiellands- und 96 % aller Gebirgspflanzen.

1907 wur der Befall am stärksten in der Kultur Li.ingenci, 900 m, mit 33 % fiir die Tieflands- und nur 7 % für clie Hod1gebirgsprove-nienzen. Alle übrigen Kulturen hatten in diesem J uhre gar nid1t oder nur unbedeutend von Chrysomyxa geliUen. In den nnd1folgenden Jahren ßaute der Befull in cler Li.ingenei wieder merklid1 ab und nu ffollender-weise trat dabei eine gewisse Umkehr des obel} nngegebenen Verhält-nisses zwisd1en Tießands- und Gebirgspflanzen ein. 1908 bt-trugen nümlid1 die entspred1enden Befnllsprozente 12 und 8, 1909 nur nod1 2 und 3. Tn der Miiritmntt wies clu5 Juhr 1907 gnr keinen Chrysomyxa-bcfall auf, 1908 waren 5 % nllcr Ticllnn<ls-und 15 % aller Hochgebirgs-provcnienzen befallen. 1909 wur der ßefull nod1 genau derselbe, nur 1mtte sid1 clns Verhiiltnis innerha1b der einzelnen Tieflands- und Hod1gebirgs-prm·cnienzen etwus vers<.l1oben. In der Ahendweid, 1570 m, war nie ein stärkeres Auftreten des Nadelrostes festzustellen. Auf dem Selibühllmbcl dagegen betrug im J ahrc 1908 das Befollsprozent für die Tieflands-provenienzen 10 und für die Hod1gebirgsTieflands-provenienzen 7. Im Jahre 1()11 stieg dieser Wert auf 28 fiir die ersteren und 33 für die letzteren.

In

den Versud1sflächen unter 1000 m Meereshöhe trat Nadelrost, aligesel1en von der bereits erwiilmten Kultur Längenei, fast nie in nennenswertem Grade auf. Nur clie Versucbsfliid1e Sd1miclwald B, 700 m, wies im Jahre 1913 bei den Tieflunclsprovenienzcn 11 % und bei den Hod1gebirgsprovenienzen 34 % clnvon befallene Pflanzen auf.

Uche1·bli~en wir diese Verhiiltnisse im Zusummenhang, so fällt auf, duß zwisd1en der lntensiliil des Chrysomy:xuhefulls bei Tieflands-und l [od1gebirgsprovcnicnzen meist eine betrlid1tlid1e Differenz besteht, die sic.h jeclod1 nid1t iibcrall im selben Sinne äußert. Da aber in den meisten Fiillen zwisd1e11 den Provcnicnze.- Nrn. 1- 3 einerseiis, Nrn. 4 und 5 andererseits eine gewisse Uehcreinstimrnung bezüglid1 des Befalls-prozentes hensd1t, diirftc dieses ,·crsd1iedenartige Verhalten doch nicht zufälliger Natur sein. Nur sind wir un Hund des gesammelten Beob-ad1tungsmaterials nid1t in der Luge zu entsd1eiden, weld1e Faktoren in dem einen Falle zu einem sfürkcren Befall der Tieflands-, in einem

anderen Falle dagegen zu einem stiirke1·en Befall cler Hochgebirgs-provenienzen führten.

c. Meteorologische Schädigungen.

Numentlic:h in den mittelhohen und hohen Lugen der Kulturorte huiten die Pflanzen aller Provenienzen in den ersten

J

aliren stark unter Schnees c h u den zu leiden. Derselbe äußerte sid1 einmal darin, clufl bei lungc anclnuerncler Sdmeebedeckung in ju~endlidiem Alter der Pflunzen ein Ersticken derselben herbeigeführt wurde. Die llnfünglich klemeren Hod1gebirgsprovenienzen waren dieser Ersc.heinung eher in höherem .Muße ausgesetzt als die Tiellundsprovenienzeu. Unter den medianisd1en Einwirkungen des Sdmees hatten jedod1 umgekehrt die letzteren mehr gelitten, nnmentlid1 was Stuudnmgen und Krümmungen der Stümmd1en, sowie Abreißen von Seitentrieben und Abstreifen der )ludcln anbelangt. Gegen gleitenden Sdmee hinwiederum erwies<'n sid1 alle Provenienzen als ungefähr gleich empfindlid1. Mit zunehmendem Pflanzenalter wurden die sd1üdigenden Wirkungen des Sdmees immer schwüd1er, bis zum Eintritt des ßestandessd1lusses. Von diesem Moment an stellte sid1 jedod1 häufig, nnmentlid1 in den mittelhohen Lagen, S c h n e e d r u c k und S c h n e e b r u c h ein. Die Tieflandsprovenienzen hatten unter denselben in der Regel mehr gelitten als die Hod1gcbirgs-provemenzen.

Ganz vereinzelt erlitten die Kulturen uud1 durd1 H a g e I etweld1e Beschädigungen. In größerem Ausmaße war dies jedod1 nur im Juli des Jahres 1903 im Selibühlgcbiet der Fall. Es wurden namentlid1 in der Versud1sflüd1e Selibühl (Abendweid), 1570 m, zahlreiche Gipfeltriebe abgesd1lagen. Im selben Jahre ridlieten sich infolgedessen nod1 zuhl-reidie Seitentriebe auf.

Der weitaus größte Anteil an den Besd1iidigungen meteorologisd1er Natur ist jedoch den Wirkungen des F roste s zuzusd1rciben. Wie bereits im Abschnitt über Gestalt und Benadelung mitgeteilt wurde, sind sowohl Tieflands- als Hod1gebirgsprovenienzen dem Frost ausge-setzt. Ob die ersteren oder die letzteren in stärkerem Muße davon betroffen werden, hiingt lcdiglid1 vom Zeitpunkt des Frosteintrittes ab.

Es ist diesbezüglid1 zu bcud1ten, daß es namentlid1 zwei Zeitpunkte gibt.

in wcld1cn die jungen Pßnnzteile der Gefahr des Erfrierens in hohem ,\foßc ausgesetzt sind. Erstens unmittelbar nad1 dem Ausbrechen der Knospen und zweitens nach Ahsd1luR des '\Vad1stums, vor der vollsfün-digen Verholzung der Triebe. Im ersteren Fall, wo es sidi also um Spiit-fröste handelt, sind die Hochgebirgsprovenienzen im allgemeinen etwas ungünstiger gestellt als die Tieflandsprovenienzen, da die Frostgefahr

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bei dem etwas früheren Austreiben derselben natürlich wesentlid1 größer ist nls für die letzteren. Es gilt dies jedodi nur bezüglich der im Ausbrechen begriffenen Knospen. Alle übrigen Organe sind bei den Gebirgspflnnzen auch in diesem Zeitpunkt besser gcsd1ützt nls diejenigen der Tieflandspßanzen. Unter den Bcsd1üdigungen durd1 Frühfröste leiden die Tießandsprovenienzen stärker, indem die Triebe der Hod1gebtrgs-provenienzen durd1sdmittlid1 etwas früher völlig verholzt sind.

Einige Beispiele über das spezifische Verhalten der Tieflands- und Hochgebirgsprovenienzen gegenüber Spätfrösten wurden bereits von Engler (1. c. S. 175) angeführt, wonach durd1 Maifröste mehr Gipfel-und Seitentriebe der letzteren getötet, durch J unif röste dagegen die-jenigen der ersteren stärker bescl1ädigt wurden.

Solange jedoch das Austreiben noch gar nid1t begonnen hat, d. h.

wenn die-schützende Knospenhülle nod1 überall vorhanden ist, scheinen aber die Hochgebirgsprovenienzen, trotz zweifellos vorgerückterem Stand der Entwicklung, gegen Frost unempfindlicher zu sein als die Tießandsprovenienzen. Wenigstens liißt sid1 das nnd1stehende Beispiel nur auf diese Weise erklären.

Am 3. Mai 1909 trat in der Versud1sflüd1e Noville (Au Four), 380 m, ein starker Frost ein. Obwohl die Hochgebirgsprovenienzen in diesem Jnhre nachgewiesenermaßen erst vom 11.- 13. Mai, die Tieflandsprove-nienzcn vom 11.- 23. Mai mit dem Ausfreibcn begonnen hatten, wiesen doch bei den ersteren 1

%,

bei den letzteren 21 % aller Pflanzen nach dem Austreiben Frostswaden nuf.

In höheren Lagen werden nntürlid1 infolge Verzögerung des Aus-treibens besonders die J unifröste gefährlich. Durch einen Splitf rost vom 6. Juni 1918 wurden z. B. in der Versud1sf1üd1e Ponte, Via bella, 2150 m, bei 9 % nller Hod1gebirgs- und 12 % aller 'l'ieilo.ndspflnnzen die Seiten-triebe getötet. Das Austreiben wnr hier, an diesem direkt nach Süden exponierten Steilhang gegenüber anderen Jahren bedeutend weiter vorgesdiritten, infolge einer extrem wurmen Witterung im Monat Mai.

In der auf der Sclmttenseite gelegenen Versuchsflüd1e Bergün (Muot sut), 1950 m, hatte dagegen im Zeitpunkt des Frosteintrittes offenbar noch kein Austreiben stattgefunden, denn sowohl Tieflands- wie Ilod1gebirgs-fid1ten blieben daselbst völlig unbesd1lidigt.

In den mittelhohen und namcntUd1 in den hohen Lagen der Kultur-orte zciclinete sich das Jahr 1913 durd1 eine ausgedehnte, bereits mehr-fach erwähnte Gipfeldürre aus, wclclie mit Sicherheit auf Spätfröste zurüdczuführen ist. Im Gegensatz zu den bisher mitgeteilten Beispielen erstreckte sich der Frostschaden in diesem Falle jedod1 nid1t nuf die in der Entfaltung begriffenen Triebe. Es wurde vielmehr bei einem großen

Prozentsatz der Pflanzen der ganze Jahrestrieb von 1912, in vielen Fällen auch mehrere Jahrestriebe und sogar ganze Pflanzen getötet. Es verlohnt sich daher, etwas näher auf dieses katastrophale Ereignis einzutreten, welches nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland großen Schaden anrichtete. So berichtet zum Beispiel D, Tubeuf 1 ) über Gipfel-dürre an Fichten zwischen München und Kufstein.

Am auffälligsten traten die Wirkungen des erwähnten Spätfrostes im Kanton Graubünden in Erscheinung und zwar nicl1t nur in unseren Kulturen, sondern in allen höher gelegenen Waldungen.

Der „Geschäftsbericlit des Bau- und Forstdepartements des Kantons Graubünden 1913" berichtet diesbezüglich:

„Eine weitere Folge ungünstiger Witterung ist die fast in allen Tnlsdinften beobachtete Gipfeldürre an Fidaten in der Waldregion ob 1500 m l\feereshöhe.

In der I-Jauptsache wurden Pflanzen von 0,60 bs 2,50 m Höhe betroffen. Die Be-sdtiidigung beschränkte sich in der Regel auf die 2 bis 4 letzten Jahrestriebe, doch wurden aud, zu einem Drittel, halb und ganz abgestorbene Pflanzen gefunden und dürre Spitzen am letzten Gipfeltrieb an Latten und Stämmen beobad1tet.

Neben den Fid1ten haben in geringerer Zahl Lärchen, Legföhren und nus-.

nahmswcise Arven, Wachholder und Alpenrosen gelitten."

Nach Aussagen des oberen und unteren Forstpersonals wurden ferner im Engadin nodi folgende Beobachtungen gemnd1t:

Spontane Ficliten und Föhren hatten bei Samaden auf der Schatten-seite des Tales nicht gelitten, stark dagegen die gepflanzten Exemplare dieser Holzarten. In den damals 20-40jährigen Kulturen bei St. Moritz und in Plaun God gab es fast keine Fichten, die nicht einen abgestorbenen Gipfeltrieb und rote Seitentriebe auf der Talseite aufwiesen. An der Flüelastraße wurden im Juni aucli viele spontane Ficliten mit erfrorenen Trieben angetroffen. Die letztjährigen Triebe des Gipfels und obersten Quirles waren meist zur Hälfte von Nadeln entblößt. Ebenso sollen im Unterengadin, an der oberen Waldgrenze, fns1 alle jungen, spontanen Fichten, sowie auch Föhren und Legföhren auf der Sonnenseite stark gelitten haben.

Wenn diese weit verbreitete Ersclieinung auch zur Hauptsache auf die bereits erwähnten Spätfröste zurückzuführen war, so haben doch noch andere klimaüsd1e Faktoren eine wesentlid1e Rolle gespielt. So war die Witterung im Herbst 1912 außerordentlich rauh und niederschlags-reich. Infolgedessen konnten die Jahrestriebe von 1912 zwar ihr Wachstum noch abscliließen, die Verholzung jedocl1 unterblieb wohl in vielen Fällen oder war docli nur mangelhaft. Ein weiterer sclii:idigender Umstand war eine starke Insolation im Winter 1912/1913, bei stellen-und zeitweise geringer Schneedecke.

1 ) o. Tubeuf: Absterben der Gipfeltriebe an Fichten. Nnturw. Zeitsdarift f. Forst-und Landwirtschaft 1913, S. 396.

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Lieber die l.'empcruturverlüiltnisse im kl'itisd1en Zeitpunkt orientiert uns nm besten Fig .• 4, in wckher die tüglid1en Morgen~ und Mittng-fompcrui.uren der ßcobnditungsstutiun ßevm·s (1700 m) graphisd1 nufge~

tragen sind. Wfr entnehmen cliese1· Darstellung, daß gegen Ende März eine Wifrmeperiocle einsetzte. Die Morgentemperui.uren blieben zwar mit wenigen Ausnahmen immer nod, unter Qtl. die 1ittagstempernturcn

Tägliche Morgen- und Mittagstemperaturen der meteorologischen Station Bevers, 1712 m, zur Zeit des Spitfroste• Im April 1913.

dagegen waren, abgesehen von derjenigen des 2. April, relativ hod1. Vom 8. April nn trat jedocl1 ein rusd1cr Temperaturabfall etn, der am 13. April mit - 6,2° sein Maximum erreidlte. Bei den Morgentemperaturen

ab. In geschützteren Lagen waren sehr oft nur die Nadeln in der oberen Hälfte der Triebe von 1912 beschädigt. J,!:ine gute Abbildung dieses häufigen Falles findet sich bei v. Tuheuf (1. c.).

Ueber den Umfang dieser Spätfrostwirkung gibt Tabelle XXI Auf-schluß. Im Herbst 1913 wurde nämlicl1 in den mittelhoch und hoch gelegenen Kulturen der prozentuale Anteil von unbescl1ädigten Pflanzen, von soldien, welrue nur den Trieb von 1912 verloren hatten, sowie von halhdürren und nahezu oder ganz dürren Exemplaren festgestellt.

Zusammenstellun~ iiber den Grad der Gipfeldiirre von 1913.

1alse!J~xx, Pßnnzen in r,/o der Gesamtzahl Kulturort

nahezu oder

halb dürr nur Triebe von unb~ dip

ganz dUrr 191-' dürr

1000- t600 m

Tieflnodsproveoienzen 0 2 48 i10

Hodtgebirgsproveoienzen 0 0 12 s.q

über 1600 m

Tiellandsprovenienzen 11 2G 24 3\l

Hod1gcbirgsprovenienzen 2 16 83 i'iO

Muot sut 1950 m

Ticfllllldsproveoienzcn 0 8 47 .ffi

Hod1gebii:gsproveoienzen 0 1 21 78

Via bellu 2150 m

Ticflandsprovenienzen 41 43 tu 0

Hod1 gebirgsprovcnicnzen 7 26 u1 w

Wir ersehen aus dieser Tabelle, daß die hocl1 gelegenen Kulturen ganz wesentlid1 mehr gelitten hatten als diejenigen in mittelhohen Lagen. Dazu ist nodt zu bemerken, daß bei letzteren die Versud1sflüd1e Solothurn (Hinter Weißenstein), 1240 m, weld1e auffallenderweise überhaupt keine Gipfeldürre aufwies, ohsd1on die Morgentemperatur der Beohad1tungsstation Weißenstein am 14. April nur - 10° betrug, nicht zur Mittelbildung herangezogen wurde.

In beiden Höhenlagen wiesen die Tieflandsprovenienzen ganz bedeutend stärkere Sd1üdigungen auf als die Hochgehirgsprovenienzen.

Die Intensität der Gipfeldürre war in den einzelnen Versuchsflöd1cn zum Teil sehr verscl1ieden. So wies z.B. die Kultur Selibühl (Ahendweid), 1570 m, in den mittelhohen Lagen weitaus den größten Schaden auf. Das versdiiedenartigste Verhalten fand sich jedocl1 in den beiden hodt

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gelegenen Kulturen Bergün (Muot sut), 1950 m, und Ponte (Via bellu), 2150 m. Die Prozentsätze fiir diese beiden Versmhsfüid1en sind ebenfalls in Tabelle XXI enthalten. Aus der Gegenüberstellung derselben gehl hervor, duß sicl1 der Frost in Via bell11 ungemein vie) verheerender aus -wirkte als in Muot sut. Wie wir dem Absclmitt über die Verholzung de1·

Triebe entnehmen können, erfolgt letztere in der Regel auf Muot sut früher ~ls auf Via bcllu, was sid1 namentlicl1 zu Beginn der Verholzungs-periode deutliclt aussprid1t. Es liegt daher die Vermutung nahe, dafi aud1 im Herbst 1912 die Triebe in der tieferen Kultur Muot sut noch ausreifen konnten, während die andauernde Sd1lechtwetterperiode auf Viu bella den Verholzungsprozcfi vorzeitig unterbrad1. Auf diese Weise liefie siclt die verscltiedenartige Wirkung des Spätfrostes vom April 1913 auf die beiden Kulturen zwanglos et·klären, dod1 widersprid1t dieser Deutung das spätere gegenteilige Verhalten der beiden Versud1sßächen.

Es liegt jedod1 aud1 durdmus im Bereid1 der Möglid1kcit, daß die an einem direkt nacl1 Siidcn exponierten Steilhang sioc:kcnde Kultur Via bclla zur Zeit des Frosteintrittes grölHenteils bereits schneefrei war, während die uuf der Scliattseitc gelegene Kult.ur Muot sut nodi unter einer sdiützenden Sdmeedecke lag. Leider sind wir aufier Stunde, die damaligen diesbeziiglid1en Verhiiltnisse zu rekonstruieren. Die Talsohle des Engadins wurde im

J

ahrc 1913 allerdings erst um 26. April schnee-frei, was jedodt absolut nicht aussd1ließt, daß in wcsentlidt höheren, aber starker Insolation ausgeseizlen Lagen, wie Via hclla, dus Ausapern früher eintrat.

In den tief gelegenen Kulturen war Frostsdrnden nirgends festzu-stellen, obsd1on auch im Mittelland ein, wenn nud1 stark abgescl1wäditer Temperatursturz zu verzeidmen war. So betrug 7- B. die

In den tief gelegenen Kulturen war Frostsdrnden nirgends festzu-stellen, obsd1on auch im Mittelland ein, wenn nud1 stark abgescl1wäditer Temperatursturz zu verzeidmen war. So betrug 7- B. die

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