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3. Derivatisierung von Bisarylallenyliden-Komplexen

3.2. Bisarylallenyliden-Komplexe mit ausgedehntem π-System

3.2.2. Berechnungen zur elektronischen Kommunikation

Zunächst wurden theoretische Berechnungen durchgeführt, um eine Aussage über die elektronische Kommunikation der zwei Metallfragmente in diesem Komplextypus machen zu können. Als Modellkomplex wurde hierzu die in Abb. 57 dargestellte Verbindung 32 ausgewählt.

C C

Ph C (CO)5Cr

Fe

Abb. 57: Modellkomplex 32 zur Berechnung der intermetallischen Kommunikation.

Berechnung der Strukturen

Die Struktur des neutralen Modellkomplexes 32 wurde mit Standard-DFT-Methoden (siehe S. 194 ff.) bis zum energetischen Minimum optimiert. Davon

ausgehend wurden die Strukturen sowohl des neutralen Komplexes [32] als auch der kationischen Verbindung [32+] mittels UDFT (unrestricted DFT) optimiert und die Ladungsverteilung und IR-Schwingungen berechnet.

O52

Abb. 58: Berechnete Struktur des neutralen Modellkomplexes [32] bei 0K im Vakuum.

In der erhaltenen Struktur von [32] (Abb. 58) sind die terminalen

Phenylgruppen um -30.8° (C23-C33-C37-C36) bzw. -27.8° (C37-C33-C23-C24) gegenüber der von

C23-C33-C37 aufgespannten Ebene verkippt. Dies ist vergleichbar mit 27.0° und 35.4° in der literaturbekannten Kristallstruktur des unsubstituierten Komplexes [(CO)5Cr=C=C=CPh2][20]. Der substiuierte Phenylring in [32] weist somit eine geringfügig bessere π-Konjugation mit der Allenyliden-Kette auf. Dies ist auf den Übertrag von Elektronendichte vom Ferrocenylrest zum Pentacarbonylchrom-Fragment zurückzuführen. Darin begründet ist auch eine schwache Bindungsalternanz im substituierten Phenylring. Die innenliegenden Bindungen sind mit 1.393 (C27-C28) und 1.390 Å (C24-C25) kürzer als die Bindungen im unsubstituierten Rest (1.397 bis 1.418 Å).

Die π-Systeme des substituierten Phenyl- und des Cyclopentadienylrings sind mit einem Diederwinkel von -17.8° (C4-C3-C26-C27) annähernd koplanar. Die

Abweichung vom idealen Diederwinkel von 0° kann durch ein sehr flaches energetisches Minimum entlang dieses Freiheitsgrads erklärt werden.

Grenzorbitale

Anhand der Grenzorbitale kann man Voraussagen zur Elektrochemie von Verbindungen machen. Elektrochemische Oxidationen finden oft dort im Molekül statt, wo die hochliegenden besetzten Orbitale große Koeffizienten besitzen. Dahingegen entscheidet oft die Form der niedrig liegenden, unbesetzten Orbitale über den Ort einer elektrochemischen Reduktion.

Abb. 59: Grenzorbitale des Modellkomplexes [32].

Üblicherweise sind bei Allenylidenkomplexen sowohl das HOMO als auch das darunter liegende Orbital (HOMO-1) vornehmlich an der Pentacarbonylchrom-Einheit und am Cβ-Atom der Allenylidenkette lokalisiert (beispielsweise in Abb. 48, Seite 51 dargestellt). Dagegen ist in Abb. 59 ersichtlich, dass diese beiden Orbitale im Modellkomplex [32] fast ausschließlich am Ferrocenylrest lokalisiert sind. Eine Oxidation wäre also zuallererst am Eisenkern zu erwarten.

Das LUMO entspricht dem bekannten Schema für Allenylidenkomplexe und weist vor allem, neben kleineren Beiträgen der Arylringe, große Koeffizienten an den Cα- und Cγ-Atomen auf.

Ladungsverteilung

Die Differenz der Ladungsverteilungen des neutralen und kationischen Komplexes bietet eine einfache Methode um abzuschätzen, inwiefern sich eine positive Ladung über das π-System der Verbindung verteilen wird. In Abb. 60 ist die Ladungsdifferenz, abhängig von den verschiedenen Bereichen im Molekül, dargestellt (da auf zwei Nachkommastellen gerundet wurde ergibt die Gesamtsumme hierbei nicht genau 1). Zu bemerken ist, dass dies die thermodynamisch günstigste Elektronenverteilung des Monokations darstellt und sich die positive Ladung ideal über das gesamte Molekül verteilen kann.

+0.40

Abb. 60: Berechnete Ladungsdifferenz zwischen Monokation [32+] und [32] nach Molekülbereichen.

Es ist ersichtlich, dass ein Großteil der positiven Ladung in den terminalen Metall-Ligand-Fragmenten lokalisiert ist. Mit +0.40 nimmt der Ferrocenylrest wie erwartet den größten Anteil ein, aber auch das Pentacarbonyl-Fragment trägt mit +0.32 fast ein Drittel der positiven Ladung des Kations. Dies zeigt, dass die Oxidation des Ferrocenylsubstituenten direkt an den ν(CO)-Schwingungen des Pentacarbonylchrom-Fragmentes zu beobachten sein sollte,

da die Energie dieser Schwingungen direkt mit der Elektronendichte am Metall zusammenhängt.

Circa ein Viertel der positiven Ladung verteilt sich über die π-Brücke zwischen den Metallfragmenten. Dass nur etwa ein kleiner Anteil davon im Kumulensystem lokalisiert ist (insgesamt 0.08), lässt hoffen, dass das Monokation [32+] immer noch ausreichend stabil für spektroskopische Untersuchungen ist, da Zersetzungsreaktionen bei Komplexen dieses Typs im Allgemeinen durch nukleophile Angriffe an den Kumulen-C-Atomen initiiert werden.

Berechnete IR-Spektren

Da gezeigt werden konnte, dass der kationische Komplex [32+] einen hohen Teil der Partialladung am Pentacarbonylchrom-Fragment trägt, sollten sich die IR-Schwingungen dieses Bereichs deutlich von denen des neutralen Komplexes [32] unterscheiden. Es wurden hierzu die Energien aller Eigenschwingungen der beiden Moleküle berechnet (siehe auch Abschnitt 5.5.4, Seite 195ff.). In Tabelle 10 sind die Daten für das Pentacarbonylfragment und die CC-Dreifachbindung dargestellt. Die E-Bande ist in beiden berechneten Spektrum nicht entartet. Der Grund hierfür liegt in der starren Geometrie der berechneten Struktur. Dadurch sind die cis-ständigen CO-Liganden nicht äquivalent (bezüglich der von Cα, Cγ und den terminalen Substituenten aufgespannten Fläche).

Schwingungsbande ν [32] ν [32+] ∆ν

A1 1976 2041 +65

„E (1)“ 1983 2017 +34

„E (2)“ 1996 2029 +33

B1 2013 2035 +32

C=C=C 1995 1952 -43

A1 2072 2072 +0

-C≡C- 2224 2216 -8

Tabelle 10: Ausgewählte berechnete IR-Frequenzen von [32] und [32+] in cm-1.

Es ist aus diesen Werten ersichtlich, dass sich beim Wechsel vom neutralen zum kationischen Komplex mit Ausnahme der höherenergetischen A1-Bande sämtliche CO-Schwingungen deutlich zu größeren Wellenzahlen verschieben.

Dies steht im Einklang mit der verringerten Elektronendichte am Metall, wodurch die Wechselwirkung des besetzten Metallorbitales mit dem π*-Orbital der CO-Liganden (Rückbindung) schwächer und so die C-O-Bindung stärker wird.

In etwa gleichem Maße verschiebt sich die ν(C=C=C)-Schwingung zu kleineren Wellenzahlen. Dies spricht für eine Verschiebung der Bindungsverhältnisse weiter in Richtung kumulenartiger mesomerer Grenzform A (in Abb. 12, Seite 11), ausgelöst durch die drastische Herabsetzung der π-Donorfähigkeit der terminalen Liganden.

Bei der A1-Bande höherer Energie handelt es sich um eine symmetrische Kombinationsschwingung aller CO-Liganden und der Cα-Cβ−Bindung.

Vermutlich gleichen sich somit die beiden oben genannten Effekte (höhere Energien der CO-Schwingungen, geringere Energie der ν(CCC)-Schwingung) aus.

Alles in allem bestätigen diese Ergebnisse die Annahme, dass die Oxidation des Eisenkerns bei Komplexen dieses Typs gut anhand der IR-Spektren des Pentacarbonylfragments beobachtbar sein sollte.

3.2.3. Synthese von ω-Ferrocenyl-substituierten