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Thermoregulation und klimatische Einflüss

Fü die Beurteilung klimatischer Belastungen gilt ebenso wie fŸ die Wärmebilan des mensch- lichen Körper und die Aufrechterhaltung seiner Körpertemperatur da die "thermische Gesamtsituation", in der sich ein Mensch befindet, berücksichtig werden muß

Die fŸ den Menschen bedeutenden Einflußgroße die in die "thermische Gesamtsituation"

eingehen, werden in Tabelle 2.6 aufgefahrt. Klimatische Einflußgröà sind die Luft- temperatur, die Luftbewegung, der Wasserdampfdruck der Umgebungsluft und die Strahlungs- temperatur der Umgebung. Nichtklimatische Einflußgröà ergeben sich aus körperliche Arbeit und dem thermischen Widerstand der Bekleidung.

Neben den in Tabelle 2.6 gezeigten Punkten ist der Wärmeaustausc auch von der Hauttemperatur und der Hautfeuchte abhängig

Tab. 2.6 Fü den Menschen wesentliche thermische Einflußgroß (Aus Wenzel, Piekarski 1982)

Klimatische Einflußgroße

*

Temperatur

*

Bewegung

1

} der Umgebungsluft

*

Wasserdampfdruck }

*

Strahlungstemperatur der Umgebung Nicht-klimatische Einflußgröß

*

Körperlich Tätigkei (Wärmebildun im Körper

*

Thermischer Widerstand der Bekleidung

Der Mensch als homoiothermes Lebewesen ist auf eine weitgehend gleichbleibende Tempera- tur in seinem Körperker angewiesen.

Aufgrund komplexer Regulationsmechanismen (siehe Kapitel 3.2: Körperkertitemperatiir die 'Referenzvariable" der physiologischen Rhythmen) ist der menschliche Organismus in der Lage, die Körperkerntemperatu unterschiedlichen thermischen Einflußgroß gegenübe in engen Grenzen konstant zu halten.

Wärmegewin und Wärmeverlus werden dabei im Sinne einer ausgeglichenen Wärmebilan aufeinander abgestimmt. Sowohl die Wärrneproduktio als auch die Wärmeabgab könne große Variationen unterliegen. Die Spanne der Wärmebildun beim erwachsenen Durch-

schnittsmenschen reicht vom Grundumsatz (6900 kJ/Tag) bis zum Mehrfachen des Ruhewertes bei körperliche Tätigkeit Das Ausmaà der Wärmeabgab häng in besonderem Maß von den Klimabedingungen der Umgebung und von der Bekleidung ab.

Ein kleiner Teil der Körperwär wird mit der Atemluft (Wasserdampf und Kohlensäure an die Umgebung abgegeben. Der wesentliche Anteil der Körperwär wird mit dem Blut in die Gefaß der Haut transportiert, wo sie durch Leitung und Konvektion an die Luft übertrage wird. Ferner spielt die Infrarotstrahlung und die Wasserverdunstung bei der Körperwärm abgabe eine Rolle. Leitung und Konvektion sind von der Gröà der Luftbewegung und der Lufttemperatur abhängig die Wasserverdunstung häng von der Gröà der Luftbewegung und der Luftfeuchtigkeit (und damit auch von der Lufttemperatur) ab. Die Infrarotstrahlung des Körper wird durch die Strahlungstemperatur der Umgebung (z.B. Sonne, Glut) beeinflußt (Wenzel, Piekarski 1982).

Bei Kältebelastun durch die Umgebungstemperatur und durch Luftbewegung antwortet der Körpe mit einer erhöhte Wärmebildun durch exotherme biochemische Reaktionen in den inneren Organen und der Skelettmuskulatur, die durchschnittlich den 6-fachen Betrag des Ruhewertes erreichen kann. (6900 kJ/Tag = Grundumsatz). Auslösen fŸ die Wärmebildun wirkt die Hautkält und eine geringe Absenkung der Körperkerntemperatu übe Thermo- rezeptoren der Haut und des Rückenmarks

Die Wärmeproduktio steigt mit wachsender Kältebelastung wobei jedoch das damit verbun- dene Kältezitte nicht sehr ökonomisc ist, da mit ihm zusätzlic konvektive Wärmeverlust gesteigert werden. Außerde wird die Willkurmotorik durch das Kältezitte beeinträchtigt Unterhalb von -20' bis -30 Celsius Umgebungstemperatur wird es problematisch, das thermische Gleichgewicht des Körper aufrechtzuerhalten. (Behmann 1960; Forsthaus 1979).

Insbesondere ist es schwierig, Händ und Füà zu schützen (Wenzel, Piekarski 1982;

Forsthaus 1979; van Dilla u.a. 1968). Mit der Abkuhlung der Händ ist eine Abnahme der manuellen Geschicklichkeit in Bezug auf Beweglichkeit und Sensibilitä verbunden. (Kay 1949). In der Kält könne sowohl das Beobachtungs- als auch das Reaktionsvermöge bzw.

die Wachsamkeit reduziert sein. (Poulton u.a. 1965).

Bei extremer Kälteexpositio kann die exotherme Wärmebildun den 20-fachen Wen des Ruhewertes erreichen. Es kann dabei bis zur totalen Erschöpfun des Organismus kommen.

(Wenzel, Piekarski 1982; Kahle, Burchard 1984).

Wärmeverlust kann der Körpe durch eine Verminderung der Durchblutung der Haut und der Gewebe der Extremitäte einschränken Durch die Drosselung der Durchblutung der Körper schale (Haut, Extremitäten kühl diese ab. Wärmeverlust durch Konvektion, Wärmeleitun und Strahlung werden dadurch geringer. Das im Körperker (dazu zahlen die Organe des Kopfes, der Brust- und Bauchhöhle zirkulierende Blut verliert weniger Wärme Haut- temperaturunterschiede von 10' Celsius und mehr könne bei Kälteexpositio zwischen

verschiedenen Stellen des Körper auftreten. Die höchste Hauttemperaturwerte finden sich an der Stirn, die niedrigsten an Hände und Füße

In bezug auf den Aufenthalt in kalter Umgebung muà angemerkt werden, da es bei maximaler peripherer Vasokonstriktion zu Erfrierungen der Gliedmaße kommen kann, wenn es auf Grund der Zirkulationsstörun zur intravasalen Aggregationsbildung, zu Permeabilitäts störunge der Gefaßwän und zum Odem kommt, sodaà eine Minderversorgung des Gewebes mit Sauerstoff resultiert und der Zellstoffwechsel zum Erliegen kommt. (Wenzel, Piekarski 1982; Kahle, Burchard 1984).

Kleidung, die die Blutzirkulation behindert, kann zu einer beschleunigten Auskuhlung der betroffenen Körperteil beitragen und eine Erfrierung bewirken. Es ist deshalb wichtig, in der Kält entsprechend locker sitzende Kleidung (2.B. Schuhe) zu tragen.

Zugunsten der Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatu müsse Geschicklichkeits- minderungen, die mit der Auskuhlung der Extremitäte einhergehen, oder in Extremfallen sogar lokale Erfrierungen in Kauf genommen werden, denn schon bei einer Körperkern temperatur von 36' C könne Desorientierung und Verwirrtheit auftreten. Unterhalb 30 C tritt in den meisten Fälle Bewußtlosigkei ein. Kammerfiimmern des Herzens aufgrund einer Kaliumverschiebung in den Interzellulärrau erscheint bei Körperkerntemperature um 27' bis 26' C. (Kahle, Burchard 1984).

Bei Wärrnebelastun muà die Hauttemperatur erniedrigt werden, damit genug Wärm abgegeben werden kann. Schweißbildun fŸhr übe die Verdunstung des Schweiße zu einer entsprechenden Abkuhlung der Haut. Die Lufttemperatur, bei der die Schweißbildun beginnt, ist um so niedriger, je anstrengender eine körperlich Arbeit ist. Das heißt Schweißbildun ist auch in sehr kalter Umgebung möglich wenn eine körperlich Arbeit nur schwer genug ist.

Die gebildete Menge und der Kühleffek des Schweiße hänge von der Luftfeuchtigkeit ab.

Bei hoher Feuchtigkeit der Umgebungsluft und sonst entsprechenden Bedingungen kommt es zu einer vergleichsweise hohen Schweißbildung Bei starker Schweißbildun kann der Haut- kuhleffekt reduziert sein, wenn es zum Abtropfen oder zur Aufnahme des Schweiße in die Kleidung kommt. Die Verdunstung des Schweiße wird dadurch behindert. Mit einer Schweiß ansammlung und Durchfeuchtung der Kleidung ist eine Abnahme ihrer Isolationseigenschaften (siehe unten) verbunden, denn feuchte Kleidung besitzt eine erhöht Wärmeleitung

Bei einer langfristigen Anpassung an Kälte oder Wärmebelastunge ist der Körpe in der Lage, seine thermoregulatorischen Umstellungen zunehmend stärke einzusetzen. Bei der Kälteakklimatisatio könne sich der Energieumsatz und damit die Wärmebildun erhöhen Neben einem geringeren GefŸh der Unbehaglichkeit bei Kält tritt das Kältezitte erst bei tieferen Umgebungstemperaturen auf. (Wenzel, Piekarski 1982).

Burton und Edholm (1955) weisen auf den Zusammenhang zwischen benötigte Ganzkörper isolation durch Bekleidung und unterschiedlich tiefer Umgebungstemperatur sowie dem Energieumsatz des betreffenden Menschen hin. Man sieht in der Abbildung 2.8, da bei einer bestinmten Umgebungstemperatur der benötigt Isolationswert der Bekleidung umso geringer ausfallen muß je höhe der Energieumsatz ist.

1 MET bedeutet den Energieumsatz von ca. 400 kJ/h. Das entspricht dem Energieumsatz bei sitzender Tätigkeit l clo bedeutet einen thermischen Widerstand einer Bekleidung, bei dem eine Wärmemeng von 23 kJ pro Stunde und Quadratmeter durchgelassen wird, wenn eine Temperaturdifferenz von l 0 Celsius zwischen Innen- und Außenseit der Bekleidung besteht:

1 clo = 0,043OC x Im2 x 1h 1 IkJ

Auch die die Kleidung umgebende Luft besitzt Isolationseigenschaften. Die Luftisolationswerte in Abhängigkei von der Windgeschwindigkeit sind in Abbildung 2.9 dargestellt. Bei fast Windstille (V = 0,l mls) besitzt die dem Körpe bzw. der Bekleidungunmittelbar anliegende Luftschicht einen Isolationswert von 1 clo. Bei Zunahme der Windgeschwindigkeit verringert die Luft ihren Isolationswert.

Abb. 2.8 Benötigt Ganzkörperisolatio durch Bekleidung in Abhängigkei von der Umgebungstemperatur und dem Energieumsatz (Modifizierte Darstellung nach Burton und Edholm [I9551 in Wenzel und Piekarski [1982])

E n e r g i e u m s a t z T e m p e r a t u r

Abb. 2.9 Luftisolationswerte in Abhängigkei von der Windgeschwindigkeit (Nach Burton und Edholm [I9551 in Wenzel und Piekarski [1982])

Der den Umgebungsbedingungen und dem Energieumsatz entsprechend benötigt Isolations- wert der Kleidung ergibt sich aus der Differenz der in Abbildung 2.8 ablesbaren Ganzkörper isolation und der in Abbildung 2.9 dargestellten Luftisolation:

Ganzkörperisolatio - Luftisolation = benötigt Isolation der Kleidung

Polarkleidung besitzt einen thermischen Widerstand ab 3,O clo aufwärts (Fanger 1972;

Frank 1975).

Je wärme man sich kleidet, desto schwerer wird die Kleidung. Es wird darauf hingewiesen, da durch schwere Kleidung neben der geringeren Beweglichkeit eine größe Tragarbeit geleistet werden muß Ferner ist die Fähigkei zu körperliche Leistungen herabgesetzt.

(Wenzel und Piekarski 1982).

Windeinwirkung bedingt eine Steigerung der Wärmeabgab durch Konvektion. Bei niedrigen Lufttemperaturen besteht schon bei relativ geringen Windgeschwindigkeiten die Gefahr von Schädigunge in Form lokaler Erfrierungen nicht genügen geschützte Hautpartien insbeson- dere arn Kopf (Nase, Ohren) und an den Extremitäte (Hände Füß oder von Unter- kuhlungen. (Piekarski 1982; siehe Abb. 2.10 und Abb. 2.1 1).

Was den Wärmeverlus exponierter Hautstellen bei Windeinwirkung anbelangt, lassen sich Windverhältnisse äquivalent Temperaturen angeben. Dieser Zusammenhang zwischen physi-

kalisch meßbare und windabhängi empfundener Lufttemperatur wird in der sogenannten Wind-Chill-Karte dargestellt. (Siehe Abb. 2.1 1 ) . Man sieht hier zum Beispiel, da bei einer Lufttemperatur von -30' Celsius und einer Windgeschwindigkeit von Ca. 40 krnth die Temperaturempfindung einer Lufttemperatur von -60' Celsius bei Windstille entspricht.

Bei Windstille liegt der Bereich einer erhöhte Gefahrdung ungeschützte Körperteil zwischen -30 und -50 Celsius Lufttemperatur, darunter wird die Gefhhrdung groß Bei einer Windgeschwindigkeit von 14 m/s (ca. 50 kmlh) besteht die Gefahr der Erfrierung exponierter Hautstellen schon ab Ca. -8' bis -23' Celsius Lufttemperatur. Groß Erfiierungsgefahr beginnt bereits unter -23' Celsius.

Abb. 2.10 Bedingungen fŸ Kälteschäd der Haut

(Modifizierte Darstellung nach Goldman 1973 : in Wenzel, Piekarski 1982)

K a l f e s c h c Y d i g u n g der u n b e d e c k t e n H a u t n a c h C I m i n 1 0 m i n 2 5 m i n 1 h

n a c h 7 . . . 1 2 h .,,:>:.:,:.:.: .,.,.,.;, , , , ,

^:;:::;:;:::;:;:;:;:;:;:::::~...~*' ,

...

. . . . . .,. . . . . . . . . .,"-^

- 6 0 - 5 0 - 4 0 - 3 0 - 2 0 -10 0 "C +10

L u f t t e m p e r a t u r

Belastungen der Ãœberwintere durch das antarktische Klima

Die Belastungen durch das antarktische Klima, die die lherwinterer betrafen, entstanden in erster Linie durch die niedrigen Lufttemperaturen und die häufi hohen Windgeschwindig- keiten, aber auch durch die Fahrgeschwindigkeiten ihrer offenen Motorschlitten. Bei Fahrten mit den Motorschlitten, die eine Geschwindigkeit von 50 km/h (das entspricht einer Luftbe- wegung von 14 m/s) erreichen konnten, war bereits ab einer Lufttemperatur von - 10' Celsius Vorsicht geboten. (Siehe Abb. 2.10: Bedingungen fŸ Kälteschäd der Haut; Abb. 2.1 1 : Wind-Chill-Karte; Tab. 2.7: Driffzeiten; Tab. 2.8: Temperaturen und Wetterlagen).

Die wärmeisolierend Kleidung, die vom Alfred-Wegener-Institut gestellt worden war, bestand aus einem umfangreichen Sortiment. Die Kleidungsstück konnten den Witterungsbedingungen angepaß miteinander kombiniert werden, sodaà die Uberwinterer fŸ alle Wettersituationen gerüste waren.

Bei der Wahl der Bekleidung konnte es problematisch sein, die Kleidung den Außen bedingungen (Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit) und den geplanten Aktivitäte ent- sprechend (Fahrtwind, schwere oder leichte körperlich Arbeit) richtig auszuwählen Eine Fehleinschätzun des Bekleidungsbedarfes konnte z.B. daraus resultieren, da Lufttempera- turunterschiede zwischen 20' C (im Polarsommer) und 60 C (im Polarwinter) ausgeglichen werden mußten wenn die Uberwinterer aus den beheizten Wohncontainern, in denen eine Raumtemperatur von ca. 20' C herrschte, ins Freie kamen.

Ferner wurden bei der Wahl der Bekleidung häufi Kompromisse hinsichtlich der erforderlichen Isolationseigenschaften der Kleidungsstück wegen der damit verbundenen Einschränkun der Beweglichkeit eingegangen. Ein besonderes Problem war deshalb fŸ die Uberwinterer der Schutz der Händ und Füà vor Kälte da die Bedienung von Gerätschafte und Fahrzeugen oder eine erforderliche Bewegungsfreiheit in allgemeiner Hinsicht es nicht immer zuließen der Lufttemperatur angepaßt Handschuhe oder entsprechendes Schuhwerk zu tragen. Beispielsweise mußt bei Motorschlittenfahrten aus Sicherheitsgründe der Gashebel mit dem Daumen gehalten werden, was nicht gut mit den fŸ extreme Kält vorgesehenen besonders dicken Handschuhen zu machen war. Es wurden deshalb bequemere aber dünner Handschuhe bevorzugt. Bei längere Fahrten fŸhrt das neben der Ermüdun der Unterarrnmuskulatur zur Unterkuhlung des Daumens durch Kälte und Druckeinwirkung. Die richtige Auswahl des Schuhwerks konnte ebenfalls problematisch sein. Gummierte Leinenüberschuh mit Filzstiefeleinsatz waren solange warm, wie sie trocken blieben. Wurden die Filzeinsätz nach mehr oder weniger langer Zeit feucht, gingen die fŸ den trockenen Zustand guten Isolationseigenschaften verloren. Die fŸ den extremen Kälteeinsat vorhandenen Leder-Leinenschuhe mit Filzeinsatz schränkte aufgrund ihrer Klobigkeit die Bewegungsfreiheit ein.

Anhand von Abbildung 2.8 wird ersichtlich, wie es den Uberwinterern ging, wenn sie sich z.B.

fŸ eine Motorschlittenfahrt gekleidet hatten und Schwierigkeiten beim Anlassen des Motors auftraten, was bei tieferen Temperaturen leicht vorkommen konnte. Der 2-Takt-Motor mußt per Reißlein gestartet werden und das konnte zur Schwerarbeit von längere Dauer ausarten.

Nach kurzer Zeit konnte eine solche Anstrengung zu starker Schweißbildun und damit zur Durchfeuchtung der Isoiationskieidung fahren, wodurch ihre Isolationseigenschaften so sehr verschlechtert wurden, daà sie nicht mehr den Bedürfnisse entsprachen. Solange sich die Uberwinterer in der Näh der Station befanden, war eine solche Situation nicht besonders tragisch, da die feuchte Kleidung gewechselt werden konnte.

Abb. 2.1 1 Wind-Chill-Karte

(Modifiziert nach Dasler [I9741 und Kohnen [1981])

Effektive

Temperatur (¡C Lufttemperatur ('C)

Geringe Gefährdun bei ausreichender Bekleidung (Gefahr durch Unterschätzun der notwendigen SchutzmaJnahmen)

Erhöht Gefährdung Erfrierungen zinge- schiitzter Körperteil

GroJe Gefährdun

(mls) 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

(km/h) 0 10 20 30 40 50 60 70 Windgeschwindigkeit

Waren Fahrten mit den offenen Motorschlitten vorgesehen, erwies es sich als günstig fŸ die Schlittenfahrten Kleidung mit hohem thermischen Widerstand zu tragen und diese am Zielort durch Kleidung mit niedrigerem thermischen Widerstand zu ersetzen. Im einfachen Falle wurde z.B. die Daunenjacke ausgezogen.

Trotz entsprechender Vorsicht kam es typischerweise bei Fahrten mit den Schlitten in einigen Fälle zu leichten Erfrierungen im Gesichts- und Halsbereich. (Siehe Abb. 2.10: Bedingungen fŸ Kälteschade der Haut; Abb. 2.11 : Wind-Chill-Karte). Insbesondere konnte die Haut arn Hals geschädig werden, wenn ihre Durchblutung durch Druckeinwirkung eines Kleidungs- stücke (zu enger Halsausschnitt) übe dem Kehlkopf gestör wurde.

Neben der Kälte die sich im allgemeinen gut ertragen ließ machten kurzfristig eintretende Wetterumschwüng die Aufenthalte in größer Entfernung von der Uberwinterungsstation gefahrlich. So konnte es geschehen, da die Überwintere auf dem Meereis innerhalb von wenigen Minuten von Nebel eingeschlossen wurden oder da innerhalb von Stunden eine stärker Schneedrift einsetzte. (Siehe Tab. 2.7: Ihjtzeiten.. . und Tab. 2.8: AuJentemperaturen und Wetterlagen.. . ).

Wegen dieser klimatischen Unwägbarkeite und der erhöhte Unfallgefahr auf dem Eis war es Vorschrift, mindestens zu zweit auf größe Touren in die Umgebung der Station zu gehen.

Außerde mußte Funkgerät und Survivalbags mitgefihrt und in einem Fahrtenbuch in der Station die Namen der Teilnehmer, das Ziel der Fahrt und das Datum sowie die Zeit der Abfahrt eingetragen werden.

Als Folge der geringen Luftfeuchtigkeit kam es in der Station trotz Luftbefeuchtungsmaß nahmen des öftere zu elektrostatischen Aufladungen von isolierenden Stoffen (Jonassen 1979), deren Entladungen zu Schreckreaktionen der davon betroffenen Personen (Schmidt 1977) oder auch zu einem Absturz des Stationscomputers, was besonders ärgerlic war, fihren konnten.

Die beschriebene erhöht Häufigkei von Erkrankungen der oberen Luftwege bei geringer Luftfeuchtigkeit (Green 1979; Grandjean 1973) trat bei den Uberwinterern nicht in Erscheinung.

Gegen die starke Sonneneinstrahlung besonders währen des Polarsommers und die damit verbundene hohe UV-Licht-Belastung mußte UV-Licht absorbierende Augengläse getragen und Sonnenschutzfaktorsalben auf die exponierten Hautpartien aufgetragen werden. Durch Unachtsamkeit kam es in wenigen Fälle zu Sonnenbrand und Photophthalmia electrica.

Fü die Uberwinterer kam es durch die natürliche und künstliche Lichtverhältniss an ihrer Station zu Bedingungen, wie sie im Kapitel 3.3 (Heil-Dunkel- Wechsel.. .) angesprochen werden. In der Polarnacht und währen des Polartages mit jeweils einer Dauer von Ca.

2,s Monaten (siehe Kapitel 2.4: Die Tageshelligkeitsdaiier, Tabelle 2.5 und Abbildung 2.7) fehlte der normale Hell-Dunkel-Wechsel des Tageslichtes der nichtpolaren Regionen.

Da sich die Station fensterlos unter dem Eis befand, waren die Uberwinterer auch außerhal der Winterzeit ausschließlic auf künstliche Licht angewiesen, wenn sie durch widrige Wetterverhältniss oder durch Arbeiten in den Laboratorien in der Station festgehalten wurden. (Siehe Tab. 2.7: Driftzeiten). Die Raumbeleuchtung entsprach normalen Verhältnissen (Thorington 1985). Oft wurde diesem Licht mit an sich schon geringer Intensitä

sogar eine noch gedämpfter ("gemütlichere" Beleuchtung vorgezogen.

Tab. 2.7 Driftzeiten währen der Uberwinterung 1985186

l

Monat Drifttage pro Monat Driftdauer in Tagen

Januar 0 0

I1

-

Mär 19 7, 6

April 16 4, 7. 1, 4

1

Juni 15 4, 10

I

Juli 12 4, 1, 5, 2

September 12 4, 3, 4. I

Oktober 16 3. 7

9

l

Dezember Gesamt: 131 2 Drifttage im Jahr 2 1985

Die Driftdauer (Drift = Schneetreiben) schwankte zwischen einem Tag und zehn Tagen.

Es kam vor, Driften eng aufeinander folgten, so da] praktisch Dr@eiien bis zu drei Wochen Dauer auftreten konnten.

Die Monate Januar, Februar und Dezember (Dezember bis zum AbschluJ der vorliegenden Untersuchung um 15.12.) des Jahres 1985 waren driftarnz. Von Mär bis November 1985 driftete es im Schnitt 15 Tage pro Monat. Insgesamt wurde im Jahr 1985 an 131 Tagen Drift registriert. (Angaben nach Aufzeichnungen der Probanden).

Andere ungünstig Wetterlagen wie zum Beispiel Schneefall- oder "White out ", die ebenfalls einen Aufenthalt im Freien erschweren konnten, wurden hier nicht beriicksichtigt.

Alles in allem betrachtet kann wohl behauptet werden, da mit den dargestellten klimatischen Belastungen auch Sicherheitsrisiken der Uberwinterer verbunden waren. Die klimatisch bedingten Gefahren wurden jedoch von den Uberwinterern subjektiv nicht als gravierend eingestuft. Die antarktische Natur mit ihren klimatischen Besonderheiten stellte eher eine

Herausforderung dar, der sie sich gerne stellten. Hiermit war allerdings kein Leichtsinn verbunden. Vielmehr hatten die Uberwinterer sich schnell auf die antarktischen Klima- und Lichtverhältniss eingestellt und gelernt, damit sinnvoll umzugehen

Tab. 2.8 Außentemperature und Wetterlagen an den Tagen der vorliegenden Untersuchung im Laufe der Monate des Untersuchungszeitraums Januar bis Dezember 1985 Tabelle 2.8 zeigt die Lufttemperaturen an den MeJtagen dieser Untersiichurzg sowie die dazugehörige Wetterlagen nach Aufzeichnungen der Probuirden.