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Mistelinhaltstoffe haben einen deutlichen Einfluss auf natürliche Killerzellen (NK-Zellen). Sie erhöhen die Zellbildungsrate im Knochenmark und deren Zytotoxizität.

Mistelaktivierte NK-Zellen können im Tierversuch antitumoral wirken.

So zeigte sich in einem Experiment an Mäusen, denen B16F10-Melanomzellen injiziert wurden, eine drastische Reduktion der Metastasierung, wenn sie vier Stunden nach der

Tumorzellinjektion in-vivo-aktivierte Milzzellen von gesunden, mistelbehandelten Mäusen injiziert bekamen. Zudem erhöhte sich ihre Überlebenszeit signifikant (ANTONY et al. 1997). In einem weiteren Versuch zeigte dieselbe Gruppe, dass auch in vitro mit Mistelpräparat aktivierte Milzzellen eine Metastasierung erheblich und signifikant reduzieren und die Überlebenszeit deutlich verlängern. Die Verabreichung normaler, nicht mistelaktivierter Milzzellen hatte dagegen keinen Effekt (ANTONY et al. 1999). Dass an dieser antimetastatischen und lebenszeitverlängernden Wirkung der mistelaktivierten Milzzellen vor allem die NK-Zellen beteiligt waren, zeigte ein weiteres, ähnliches Experiment: Wurden den Tieren nach der Gabe der mistelaktivierten Milzzellen NK-Zell-depletierende anti-Asialo-GM1-Antikörper verabreicht, oder waren die NK-Zellen schon in vitro aus den Milzzellkulturen entfernt worden, so zeigten sich keine antimetastatischen und lebenszeitverlängernden Effekte (ANTONY et al. 2000).

Die mistelvermittelte Aktivierung der NK-Zellen und deren Einfluss auf die Tumorhemmung wurde in einem weiteren Experiment mit Extrakt aus der koreanischen Mistel Viscum album coloratum demonstriert. Der Mistelextrakt wurde den Mäusen prophylaktisch zwei Tage vor der Tumorzellinjektion verabreicht. Die Metastasierung wurde auch hier signifikant verringert und die Lebenszeit verlängert. Die NK-Zell- Aktivität erhöhte sich nach der Mistelgabe signifikant für 1-3 Tage. Wurden aber die NK-Zellen gezielt durch anti-Asialo-GM1-Antikörper depeletiert, so wurde durch die Mistelinjektion auch keine Metastasehemmung mehr erreicht (YOON et al. 1998).

Auch einzelne Inhaltstoffe der Mistel beeinflussen die NK-Zellen in vitro. So führte das aus Misteln isolierte Polysaccharid Rhamnogalakturonan zu einer Steigerung der Zytotoxizität von NK-Zellen. Diese Steigerung führt über ein anderes Wirkprinzip als bei anderen biologic response modifiers, nämlich über eine spezifische Brückenbildung zwischen den Effektorzellen und den Tumorzellen. Es erwies sich sogar als potenter als IL-2 und IFN (HAMPRECHT et al. 1987; ZHU et al. 1993).

Auch Olligosacharide erhöhten die Zytotoxizität von CD56+ NK-Zellen, jedoch über einen anderen Weg als die Rhamnogalakturona, nämlich indirekt über die Freisetzung von Lymphokinen (KLETT u. ANDERER 1989; MUELLER u. ANDERER 1990).

Auch isolierte Viscotoxine führten in einer nicht zytotoxischen Konzentration zu einer deutlichen Steigerung der Zytotoxizität von NK-Zellen gegenüber verschiedenen Tumorzelllinien. Über welchen Mechanismus sie allerdings wirken konnte noch nicht aufgeklärt werden (TABIASCO et al. 2002).

Im Gegensatz zu den anderen Mistelinhaltsstoffen überwiegen bei den isolierten Mistellektinen die zytotoxischen Eigenschaften gegenüber einzelnen Lymphozyten-subpopulationen. So konnte bei einer Analyse der Lymphozytensubsets nach 72 Stunden Inkubation schon bei einer Mistellektinkonzentration von 1 ng/mL eine deutliche selektive Abnahme des NK-Zellanteils in der Zellkultur beobachtet werden.

Innerhalb der anderen T-Zell-Subsets traten dagegen keine wesentlichen Veränderungen auf. Ebenso veränderte sich nicht das Verhältnis zwischen T- und B-Zellen. Das präferenzielle Abtöten von NK-Zellen konnte vollständig durch Anti-Mistellektin-Serum unterdrückt werden. Die NK-Zellen scheinen eine besonders mistellektinsensible Population unter den lymphoiden Zellen zu sein (SCHINCK 2001).

2.2.6 Zytokininduktion

In einer Vielzahl von Experimenten ist die Fähigkeit von Mistelextrakten und einzelner Mistelinhaltsstoffe untersucht worden, in verschiedenen Zellen die Synthese und Freisetzung verschiedener Zytokine zu induzieren. Umfangreiche Untersuchungen liegen über die Zytokininduktion durch einzelne Mistellektine und auch durch isolierte A- und B- Ketten vor (ELSÄSSER-BEILE et al. 2000; JUNG et al. 1996; RIBEREAU-GAYON et al. 1996). So zeigten HAJTO et al. (1990), dass die Inkubation mononukleärer Zellen (PBMC) mit ML I bzw. isolierten B-Ketten zu einer Freisetzung von TNF-α, IL-6, IL-1β, nicht aber von IL-1α führt. Auch HOSTANSKA et al. (1995) untersuchten die Zytokin-Expression (mRNA) und –Freisetzung in mononukleären Zellen durch ML I. Sie fanden, dass die Expression von TNF-α, 1α, 1β, 6, IL-10, IFN-γ und GM-CSF stimuliert wurde, nicht aber die von IL-2 und IL-5. Eine Erhöhung der Sekretion fanden sie für IL-6, IL-10 und TNF-α, nicht aber für IFN-γ.

Diese Ergebnisse lassen auf eine wesentliche Beteiligung von Monozyten schließen, an die ML I bevorzugt bindet.

Auch über die Zytokininduktion durch Mistelgesamtextrakte gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen. vor allem aus der Arbeitsgruppe um Stein (STEIN et al. 1996; STEIN et al. 2000a; STEIN et al. 2000c). In einer umfangreichen Untersuchung mit einem Iscador® Pini-Präparat über die in vitro Reaktivität mononukleärer Zellen auf Mistelextrakte zeigten STEIN u. BERG (1997) eine teils drastische Freisetzung von 6 und TNF-α und etwas geringer von GM-CSF. Deutlich seltener wurde 2, 4, IL-5 und IFN-γ induziert. In einer weiteren Studie wurde der Einfluss von 12 verschiedenen Mistelpräparaten auf die Freisetzung von Zytokinen aus Leukozyten des peripheren Blutes untersucht und ergab für das lektinfreie V. Pini-Präparat eine Induktion von IL-1β, IL-2, IL-6, IL-10 und TNF-α, nicht aber IFN-γ. Die anderen 11 untersuchten lektinhaltigen Mistelpräparate induzierten deutlich weniger Zytokine. Die Induktion bestimmter Zytokine oder Zytokinmuster korrelierte nicht mit dem Lektingehalt (ELSÄSSER-BEILE et al. 1998).

Die mistelinduzierte Zytokinproduktion in vivo wurde mehrheitlich bei Tumorpatienten untersucht (KOVACS 2000; KOVACS u. KUEHN 2002; STEIN et al. 1998). Dabei zeigte sich eine hohe individuelle Variabilität und Unterschiede in den induzierten Zytokinmustern zwischen den einzelnen Lektinen und in Abhängigkeit von den verschiedenen Inhaltsstoffen der unterschiedlichen Mistelpräparate. Trotz dieser hohen Variabilität zeigt sich in fast allen Untersuchungen ein deutlicher Anstieg der Freisetzung von IL-6 und TNF-α (STEIN 1995).

In einer klinischen Studie an gesunden Probanden mit verschiedenen Mistelpräparaten zeigte sich eine starke individuelle Varianz der mistelinduzierten Zytokinfreisetzung. Zu einer Freisetzung von IL-6 und TNF-α kam es jedoch bei allen Probanden und bei den verschiedenen Mistelpräparaten, allerdings in unterschiedlicher Höhe und zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Therapie. Bei anderen Zytokinveränderungen gab es keinen eindeutigen Trend (STEIN u. BERG 1998). Noch ausgeprägter waren die Variationen der Zytokinveränderungen und individuellen Unterschiede bei Tumorpatienten, bei denen eine Misteltherapie durchgeführt wurde, sodass kaum noch generelle Aussagen getroffen werden können (STEIN et al. 1998). Es kommt unter Misteleinfluss nicht notwendigerweise zu einer Steigerung der Zytokinexpression oder

–freisetzung, sondern eventuell auch zu einer Verminderung, sodass vermutet werden kann, dass eine Misteltherapie regulierend in das Zytokinnetzwerk als Teil des Immunsystems eingreift.