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2.6 Modell möglicher Transportmechanismen für Clarithromycin in die PELF und

2.6.1 Beeinflussung der Expression und Wirkung von Transporterproteinen

Arzneimittel erreichen intrazelluläre Erreger wie R. equi oder M. tuberculosis in Makrophagen nur schwer. Die Gründe dafür sind bisher nur unzureichend erforscht.

Nach gegenwärtigem Kenntnisstand befinden sich auf den Membranen von Makrophagen Effluxtransporter (P-gp, MRP-1). Diese Auswärtspumpen sind dazu in der Lage, eine Vielzahl endogener Stoffe als auch Xenobiotika aus den Zellen zu entfernen oder ihr Eindringen in die Zelle zu verhindern. Sie stellen einen Teil der physiologischen Funktionsbarriere dar. Das MDR1 Gen (multi drug resistance) codiert für das P-Glykoprotein (P-gp; ABCB1), welches das bisher am besten untersuchte Transporterprotein ist. P-gp spielt eine wichtige Rolle bei der Abwehr der Zelle gegenüber der Umwelt. In den Zellen von exkretorisch aktiven Organen wie Leber, Darm oder Niere ist es in der Regel apikal lokalisiert und transportiert Stoffe aus dem Zellinneren nach Extrazellulär. Wechselwirkungen von Arzneimitteln mit dem

Transporterprotein P-gp können sich generell auf die Pharmakokinetik von Arzneistoffen im Organismus (SIEGMUND et al., 2003a/b) auswirken. So können zum Beispiel oral applizierte Arzneimittel bereits an den Enterozyten direkt nach deren Resorption wieder zurück in das Darmlumen transportiert werden. Bei Schlachtpferden wurde das Vorkommen von P-gp mittels PCR im Ileum nachgewiesen (NATALINI und LINARDI, 2005). Bei gesteigerter Aktivität von P-gp reichern sich Wirkstoffe, die mit diesem Transporter interagieren, im Inneren der Zelle weniger an (VAN DER DEEN et al., 2005). Eine bedeutende Rolle hat P-gp durch seine Beteiligung an Organschranken, wie der Blut-Hirn-Schranke oder der Plazentarschranke. Wird P-gp durch einen Gendefekt an den Endothelzellen dieser Schranken nicht exprimiert, können normalerweise gut verträgliche Wirkstoffe über diese Barrieren gelangen und tödliche oder teratogene Folgen haben (SCHINKEL et al., 1994; KIM et al., 1998; LANKAS et al., 1998; KWEI et al., 1999; SMIT et al., 1999).

In der Lunge des Menschen wird P-gp an Zilien tragenden Zellen und an Zellen bronchialer Drüsen gefunden (LECHAPT-ZALCMAN et al., 1997). In den Alveolarepithelzellen wurde P-gp bei Mensch und Ratte nur in Typ 1 Zellen an der luminalen Seite gefunden (siehe Abb. 1b) (CAMPBELL et al., 2003). Hingegen wurde dieses Transporterprotein in anderen Studien in den Pneumozyten gar nicht gefunden (CORDON-CARDO et al., 1990). Im Endothel der Lungenkapillaren konnte P-gp nicht regelmäßig nachgewiesen werden (CORDON-CARDO et al., 1990; VAN DER VALK et al., 1990 LECHAPT-ZALCMAN et al., 1997;). Auch zum Vorkommen von P-gp in Alveolarmakrophagen und Makrophagen des peripheren Blutes liegen uneinheitliche Ergebnisse vor (VAN DER VALK et al., 1990; PUDDU et al., 1999; SCHEFFER et al., 2002). Aufgrund der epithelialen Expression von P-gp in der Lunge wird angenommen, dass dieses Membranprotein eine Rolle im Transport von Arzneimitteln vom Interstitium zum Lumen spielt. Die genauere Funktion von P-gp in der Lunge ist allerdings bisher nicht definiert (VAN DER DEEN et al., 2005). Makrophagen von Mäusen exprimieren zum Beispiel P-gp und MRP-1, wodurch unter anderem die Akkumulation von Antibiotika der Makrolid- und Chinolongruppe im Inneren der Makrophagen erschwert wird (SERAL et al., 2003a; SERAL et al., 2003b; MICHOT et al., 2004, 2005). Auch Rifampicin und Ethambutol scheinen Substrate von P-gp zu sein. So erklärt sich die nur langsame Abtötung phagozytierter Tuberkuloseerreger (HARTKOORN et al., 2007). Ein weiteres,

bekanntes Transporterprotein ist das Multidrug Resistance Protein 1, (MRP1 auch ABCC1 genannt). Es ist für Resistenzen gegenüber vielen Chemotherapeutika verantwortlich. Physiologischerweise transportierte Stoffe für dieses Protein sind zum Beispiel Leukotriene und Glutathione (LEIER et al., 1994). MRP-1 wurde beim Menschen im Bronchialepithel, in Becherzellen, in Alveolarepithelzellen, seromukösen Drüsen und in Alveolarmakrophagen gefunden (BRECHOT et al., 1998; SCHEFFER et al., 2002; TORKY et al., 2005). Im Lungenepithel befindet sich das Protein auf der basolateralen Seite und ist möglicherweise für die Clearance von der luminalen zur interstitiellen Seite beziehungsweise zum extrazellulären Gewebe verantwortlich (WIJNHOLDS et al., 1998). MRP-2 wurde in der Lunge, wenn auch nicht einheitlich in allen Untersuchungen, an den gleichen Lokalisationen wie MRP1 gefunden. Eine Ausnahme stellten die Alveolarmakrophagen und Drüsen dar, hier konnte MRP-2 bisher beim Menschen nicht nachgewiesen werden (SCHEFFER et al., 2002; HOLLAND et al., 2003; TORKY et al., 2005). Weitere in der Lunge vorkommende Transporterproteine sind der cystic fibrosis transmembrane conductance regulator (CFTR (ABCC7)) und das breast cancer resistance protein (BCRP). Mutationen am CFTR-Gen führen zur cystischen Fibrose, was diesem Protein seinen Namen gab (RIORDAN et al., 1989).

BCRP wird weniger häufig als MRP und P-gp in der Lunge nachgewiesen. Es befindet sich vor allem im Bronchialepithel, im Endothel der Kapillaren (siehe Abb. 1a) und an seromukösen Drüsen (SCHEFFER et al., 2002).

Die Situation ist in den Atemwegen bei Mensch und Tier sehr viel komplexer als sie sich bei isolierter Betrachtung von Effluxpumpen der Makrophagen in vitro darstellt. Auch an Bronchial- und Alveolarepithelzellen werden Auswärtstransporter wie P-gp, MRP und BCRP exprimiert (VAN DER DEEN et al., 2005). Durch eine Hemmung dieser Transporter würde sich die Konzentration von Antibiotika in der PELF, also in der Umgebung der Alveolarmakrophagen vermindern lassen, anstatt sie, wie erforderlich, zu erhöhen. In den Alveolarmakrophagen würde sich die Konzentration dagegen erhöhen.

Ein weiteres Problem stellt die zur Therapie der R. equi Pneumonie notwendige Kombination des Makrolides mit Rifampicin dar. Rifampicin ist nachweislich ein starker Induktor von P-gp und MRP im Darm und in der Leber (SIEGMUND et al., 2002). Dieses könnte dazu führen, dass nach der oralen Applikation bereits im Darm Makrolide in das Lumen zurück transportiert und nicht ausreichend resorbiert werden. Sollte Rifampicin

auch induktorisch auf die Effluxtransporter der Makrophagen und in der Lunge wirken, käme es dort zum Anstieg der Makrolidkonzentration in der PELF und zum Abfall in den Makrophagen.

Neben den Auswärtstransportern werden in den Makrophagen auch Aufnahmetransporter vermutet, durch die zum Beispiel Makrolide wie Azithromycin oder Clarithromycin in Makrophagen angereichert werden und dadurch eine vielfach höhere Konzentrationen als im Blut erreichen (BOSNAR et al., 2005; LABRO et al., 2004, 2005). Die Nettoakkumulation von Arzneimitteln in Makrophagen könnte sich also aus dem Zusammenspiel von Influx- und Effluxtransportern ergeben. Eine ähnliche Situation ist auch an den Bronchial- und Alveolarepithelzellen denkbar (KROEMER et al., 2008).

Beim Fohlen vermindert Rifampicin als Induktor die Konzentration von Tulathromycin auf der Oberfläche der respiratorischen Schleimhaut deutlich. Parallel dazu kommt es in den Makrophagen hingegen zu einer Erhöhung der Konzentration des Makrolides (HÖHENSTEIGER, 2005). Daraus ergibt sich die Überlegung, ob Aufnahmetransporter in den Makrophagen eine entscheidende Rolle in der erhöhten Konzentrations- von Tulathromycin geführt haben können. OATP Transporter (organic anion transporting polypeptide) umfassen eine Gruppe von Aufnahmetransportern, die übiquitär exprimiert werden. In der Leber sind diese Transporter an der Aufnahme von Stoffen aus dem Pfortaderblut in die Hepatozyten beteiligt, ebenso in der Niere und im Zentralen Nervensystem (ZNS). Im ZNS sind die Aufnahmetransporter an der Bildung der Blut-Hirn-Schranke beteiligt. Es besteht die Möglichkeit, dass auch diese Transporter an Epithelien der Lunge, an Endothel und/oder an Makrophagen exprimiert werden (HO und KIM, 2005). Rifampicin ist ein Substrat dieser Transporter (HO und KIM, 2005).

Blutgefäß Basalzelle

Zilien tragende Zelle

PELF P-gp

MRP 1 MRP 1 MRP 1

CFTR BCRP

Zellen

MRP 1 P-gp

BAL- Zelle

Lungenkapillare

PELF

Zellen

MRP 1

Interstitium

Interstitium a – Bronchialepithel

P-gp

b - Alveolarepithel

Abb. 1a-b: Wege der Antibiotika aus der Blutzirkulation in PELF und Zellen der bronchoalveolären Spülflüssigkeit und Expression von ATP–bindenden Transporterproteinen bei verschiedenen Zelltypen der menschlichen Lunge (modifiziert nach VAN DER DEEN et al., 2005). ABC, ATP-binding cassette; BCRP, breast cancer resistance protein; CFT, cystic fibrosis transmembrane conductance regulator; MRP, multidrug resistance-associated protein; P-gp, P-glycoprotein