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6. Diskussion

6.2 Diskussion der Ergebnisse

6.2.4 Gesundheitsbezogene Lebensqualität

6.2.4.2 Barthel-Index (ADL)

Dies ist aber nur der objektivierte Anteil. Lebensqualität als Messergebnis subjektiver Kriterien spiegelt im SF-36 daher nicht nur in den psychischen, sondern immer auch in den körperlichen Subsummenskalen die Psyche des Patienten wider, welche die persönliche Einschätzung eines erfragten Kriteriums grundlegend beeinflusst. Die Effekte der ISB und die Ergebnisse der Lebensqualitätsuntersuchung zeigen, dass Patienten mit COPD die niedrigste Lebensqualität im Vergleich zu den anderen Subgruppen haben und die Erkrankung die Psyche in Richtung Depression beeinflusst.

Die Population mit der subjektiv besten Lebensqualität findet sich unter den Patienten mit OHS, die in vier der acht Subsummenskalen keinen signifikanten Unterschied zur Normalpopulation zeigten. Auch hier lässt sich eine Erklärung in der Pathophysiologie finden: Die OHS-Patienten haben organisch betrachtet eine geringe Gasaustauschfläche in Bezug zur Größe des Gesamtorganismus.

Es besteht eine ausgeprägte Adipositas, die – etwas verkürzt ausgedrückt – im Wesentlichen eine Compliancestörung von Lunge und Thorax nach sich zieht und zu einer Überlastung des Zwerchfells führt. Die so verursachte Restriktion ist allerdings nicht vergleichbar mit einer Restriktion, wie sie beispielsweise durch eine Skoliose hervorgerufen wird, da diese bei schwerwiegender Ausprägung meist eine starke Thoraxdeformierung und Muskelverkürzungen mit deutlicher diaphragmatischer Dysfunktion beinhaltet. Beim Patienten mit einer thorakorestriktiven Erkrankung treten also gegenüber dem Patienten mit einem OHS weitere Störungen der ventilatorischen Funktion hinzu. So erhält die Lunge des OHS-Patienten durch die Heimbeatmung eine Unterstützung, die das Verhältnis der zu erbringenden Leistung der Lunge einerseits und dem zu versorgenden Organismus andererseits mehr den physiologischen Verhältnissen nähert, als es für die thorakorestriktiv Kranken der Fall ist.

zum Vergleich der Lebensqualität insbesondere der neuromuskulär Kranken und der COPD-Patienten (s. Kapitel 6.2.5). Aus der deutlich stärker eingeschränkten Selbstständigkeit der neuromuskulär Erkrankten, die dennoch eine höhere Lebensqualität zeigten als die COPD-Patienten, lässt sich eine wesentliche Beeinflussung der Lebensqualität durch die psychische Gesundheit ableiten. Wie stark sie im Vergleich zur körperlichen Gesundheit die Lebensqualität beeinflusst, darüber gibt diese Arbeit nur indirekt Auskunft. Eine entscheidende Rolle hierbei spielt sicherlich die bereits mehrfach angeführte, von McSweeny et al., 1982 beschriebene, höhere Depressionsrate der COPD-Patienten. Jedoch ist deren Ursache nicht sicher durch die Erkrankung an sich belegt, auch wenn dies nahe liegt. Unterstützt wird diese Annahme durch Ergebnisse aus der psychosomatischen Forschung, die durch Verhaltensänderungen in gesundheitsrelevanten Merkmalen bei Patienten mit COPD und Asthma bronchiale neben einer Senkung des Mortalitätsrisikos und der Therapiekosten auch eine Verbesserung der Lebensqualität nachweisen konnten (Köhler T. et al., 2001; Lecheler J. et al., 2000).

Festgehalten werden kann demnach, dass sich Patienten mit COPD trotz geringerer Einschränkung in ihren alltäglichen Aktivitäten gegenüber Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen kränker fühlen und eine geringere Lebensqualität haben als diese. Zur Beurteilung des gesamten Kollektivs mit Ausnahme der Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen hat sich der ADL-Index als nicht geeignet erwiesen.

6.2.4.3 Fragebogen zur Beatmung (F-BAT)

Der Entwicklung des Fragebogens zur Beatmung lagen unterschiedliche Überlegungen zu Grunde: Zum einen zeigte die Erfahrung, dass zum Untersuchungszeitpunkt häufig Leckagen mit Luftstrom auf die Augen und Druckulzerationen im Gesicht durch schlecht sitzende Konfektionsmasken entstanden. Als störend empfunden wurden Sichtbehinderung und Sprechbehinderung durch die Maske. Auch wurden Complianceprobleme durch abdominelle Beschwerden unter Beatmung und Flatulenz berichtet. Weitere Kritikpunkte waren ein durch die häufigen Alarme gestörtes Umfeld oder Mobilitätseinschränkungen durch das hohe Gewicht des Beatmungsgerätes.

Zur systematischen Untersuchung der Beatmungsprobleme und deren Auswirkung auf Patient und familiäres Umfeld stand zum Erhebungszeitpunkt noch kein geeignetes Instrument zur Verfügung.

Die hauptsächlichen Kritikpunkte der Patienten bestanden in Maskenproblemen und Störung, auch des familiären Umfeldes, durch die zu oft und zu laut ertönenden Alarme. Über eine Einschränkung der Mobilität durch das hohe Gerätegewicht klagte fast jeder 2. Patient. Hingegen waren Bedienung, Sicherheitsgefühl und eine als gut empfundene Beatmung bei über 90% der Patienten zu finden. Zwischenzeitlich steht ein deutlich breiteres Spektrum an Konfektionsmasken zur Verfügung, und auch die Beatmungsgeräte sind leichter, kleiner und leiser geworden. Somit ist hier bereits über die verbesserte Beatmung eine Steigerung der Lebensqualität zu verzeichnen. Auffallend jedoch war die Diskrepanz zwischen gut empfundener Beatmung einerseits, die hohe Anzahl geklagter Nebenwirkungen und Begleitprobleme andererseits, die zum überwiegenden Teil durch eine individuelle Nachregulierung in der Maskenanpassung und Geräteeinstellung im Verlauf der Heimbeatmung behoben werden konnten. Zudem wurden im FKKG bei speziellen Problemen mit Leckagen individuelle Masken angefertigt, deren Kosten über denen von Konfektionsmasken lagen. Trotz bereits vorhandener Qualitätsstandards, wie z.B. das CE-Zeichen (European Conformity), das die Verwendung eines Gerätes in Europa gestattet und diverse formale Voraussetzungen für die Verwendung bestätigt (European Community Council, 1993), bleibt die individuelle Wahl des für einen Patienten am besten geeigneten Beatmungsgerätes inklusive Maske unverzichtbar. Auch auf individuell angefertigte Masken wird in Zukunft im Einzelfall nicht verzichtet werden können.

Eine groß angelegte multizentrische Studie zur Überprüfung der Heimbeatmungsqualität (Farre et al., 2005), in die 326 Zentren in– vor allem unter technischen Aspekten ausgewählten – 16 europäischen Ländern mit über 20.000 Heimbeatmungspatienten eingebunden waren, ergaben bezüglich der poststationären Betreuung, dass die Kontrolltermine bis zu 12 Monate auseinander lagen. In 62% der Zentren wurden Serviceleistungen an externe

Dienstleister vergeben. Nur 61% der Zentren waren überhaupt über größere Zwischenfälle unterrichtet, nur in 49% der Fälle wurden die Patienten angehalten, ihren behandelnden Arzt über Fehlfunktionen des Gerätes zu unterrichten. Nur 56% der Zentren schätzten die Wartung der Heimbeatmungsgeräte als korrekt durchgeführt ein.

Da Farres Untersuchung nur die Beatmungszentren, nicht aber die Dienstleister und Patienten in die Befragung einbezog, bildet sie den aktuellen Stand der Heimbeatmungsqualität nur unvollständig ab (Farre et al., 2005). Sie gibt jedoch einen wichtigen Aufschluss über notwendige Verbesserungen und die bisherige Inhomogenität der Qualitätskontrolle. Somit ergibt sich die Notwendigkeit einer regelmäßigen Überprüfung der Heimbeatmungsqualität für jeden Patienten. Zur Überprüfung des Entwicklungsstandes stellt die standardmäßige Verwendung eines Fragebogens zur Beatmung in regelmäßigen Zeitabständen eine sinnvolle Ergänzung bei der Erhebung der Lebensqualität chronisch Lungenkranker dar.

6.2.4.4 Fragebogen Wohn- und Betreuungssituation (Wo/Be)

Der Wo/Be wurde eingesetzt, um eine Ergänzung zum ADL und eine subjektive Einschätzung der Lebensqualität im Vergleich zu der Zeit vor der Beatmung zu erhalten. Auch sollte eine eventuelle berufliche Veränderung durch die Erkrankung untersucht werden. Da die meisten Patienten bereits nicht mehr berufstätig waren, ergab sich hier nur eine kleine Gruppe von 35 Berufstätigen.

Interessant war jedoch, dass 27 in ihrem bisherigen Beruf weiter arbeiten konnten, eine Umschulung hatte keiner der Befragten durchgeführt.

6.2.4.5 Sexualität (F-S)

Der F-S wurde im Kollektiv des FKKG eingesetzt, um einen bisher in keiner Arbeit zur Lebensqualität chronisch Lungenkranker berücksichtigten elementaren Bestandteil zu erfassen, nämlich die Sexualität.

Zwar zeigte sich eine geringere sexuelle Aktivität unter Patienten mit CVI gegenüber dem Normkollektiv, dennoch spielte Sexualität insbesondere bei weniger beeinträchtigten Patienten eine große Rolle. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist die Aufdeckung vernachlässigter Lebensqualitätsbereiche, zu denen in