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4.4 Fallstudienhafte Analyse von (technologischen) Innovationen bzw. Trends

4.4.2 Autonome Fahrzeuge

Das autonome Fahrzeug ist eine technologische Innovation die als Ausgestaltung eines der digitalen Haupttrends der heutigen Zeit bezeichnet werden kann: Das Internet der Dinge. Der Begriff steht f¨ur die Verkn¨upfung verschiedener Ger¨ate mit dem Internet und kann auch als Netz von Sensoren bezeichnet werden.146 Die Anzahl der verbundenen Ger¨ate wird dabei immer gr¨oßer. Je mehr Ger¨ate gemeinsam interagieren, desto gr¨oßer der Datenaustausch. Die gesammelten Daten anhand der

”Smart Devices“ k¨onnen von Unternehmen genutzt und monet¨ar verwertet werden.147

Digitale Assistenten nehmen uns in Zukunft Entscheidungen ab und im Falle des autono-men Fahrzeugs ¨ubernehmen sie (teilweise) die Kontrolle ¨uber das KfZ. Erm¨oglicht wird dies durch Vernetzung von zahlreichen Applikationen, Sensoren und diversen Ger¨aten, die untereinander Daten austauschen, laufend Daten sammeln und so neue Informationen hervorbringen. Exakt darin liegt der Nutzen des Internets der Dinge.148

Der Begriff Autonomie steht f¨ur Selbstbestimmung: Das autonome Fahrzeug f¨ahrt (teil-weise) selbst, wobei der Mensch das Verhalten des Autos programmiert. Dabei gibt es unterschiedliche Auspr¨agungen des autonomen Fahrzeugs: vom Autobahnpilot mit Verf¨ugbarkeitsfahrer bis hin zum vollautomatisierten Kfz ohne menschliche Kontrolle.149 Die Vorteile eines autonomen Fahrzeugs liegen nicht nur in der offensichtlichen Bequem-lichkeit, die sich f¨ur den Fahrer ergibt, sondern etwa auch in der Vermeidung von Stau-bildungen, so Andelfinger und H¨anisch (2015): ”W¨urden nur 5 Prozent aller Autos ¨uber das Internet der Dinge gesteuert, sagen Forscher, dann w¨urde es keine Staus mehr geben.

Was Ameisen wie selbstverst¨andlich k¨onnen, n¨amlich staufrei enge Routen zu Tausen-den nutzen, daf¨ur haben wir Menschen keinerlei Talent. Wir werden also m¨oglicherweise die F¨ahigkeiten der Ameisen kopieren und sie ¨uber das Internet der Dinge nutzbar

ma-146Vgl. Andelfinger und H¨anisch 2015b, S. 18.

147Vgl. Holroyd und Coates 2015, S. 198f.

148Vgl. Andelfinger und H¨anisch 2015a, S. 4.

149Vgl. Maurer 2015, S. 3 und Wachenfeld u. a. 2015, S. 10ff.

4 Verprobung: Anwendbarkeit des Konzepts der digitalen Betriebsst¨atte bei technologischen Innovationen der digitalen Welt

chen.”150

Autonome Fahrzeuge interagieren mit der Umgebung und tauschen bspw. Informationen mit nahen Kfz aus. Doch nicht nur ¨uber die Umwelt werden Daten gesammelt und gespei-chert, sondern auch ¨uber die Nutzer. Bereits in

”normalen“ Fahrzeugen kann eine ganze Menge an Daten gesammelt werden: Standort- und Navigationsdaten, Daten zum Fahrver-halten sowie Daten zur Umgebung durch am Auto installierte Kameras. Zus¨atzliche, mit-unter sensible, pers¨onliche Daten werden bei autonomen Fahrzeugen durch die verst¨arkte Interaktion von Auto, Mensch und Umwelt generiert. Werden die Daten an Dritte weiter-gegeben, haben diese Interesse daran, sich die Informationen zu Nutze zu machen und zu monetarisieren. W¨ahrend traditionelle Automobilhersteller die Daten haupts¨achlich zur Verbesserung der eigenen Autos (v.a. der eingebauten Software) nutzen werden, haben Internet-Unternehmen wie Google LLC151Interesse daran, die Daten auch anderwertig zu verwenden. Informationen dar¨uber, wie oft das Fahrzeug zu bestimmten Orten gefahren ist bzw. an spezifischen Pl¨atzen Halt gemacht hat, k¨onnen bspw. f¨ur standortbezogene Marketingmaßnahmen genutzt werden.152

Steuerliche Herausforderungen und Potenzial der digitalen Betriebsst¨atte

In diesem Fall stellen die gesammelten Daten einen Wertsch¨opfungsfaktor f¨ur das Un-ternehmen dar. Die Daten werden dabei laufend an verschiedensten Straßen weltweit gesammelt. Die Wertsch¨opfung wird demnach weltweit generiert, die Besteuerung am Ort der Wertsch¨opfung ist jedoch nicht gegeben: Das Auto stellt keine Betriebsst¨atte iSd Art 5 OECD-MA dar, da die Merkmale einer festen Gesch¨aftseinrichtung nicht erf¨ullt sind. So-mit liegt laut aktuellen Regelungen kein Besteuerungsrecht jener Staaten vor, in welchen nur Daten mit Hilfe der autonomen Fahrzeuge gesammelt werden.

In weiterer Folge stellt sich erneut die Frage, ob das autonome Fahrzeug zum Tatbestand einer digitalen Betriebsst¨atte f¨uhren kann. Das Vorliegen einer digitalen Pr¨asenz wird anhand der Kriterien Gew¨ahrung eines Onlinezugangs, Anzahl der Nutzer und generierter Umsatz festgelegt:

• Die Gew¨ahrung eines Onlinezugangs ist essentiell f¨ur das Funktionieren des autono-men Fahrzeugs: Es werden Daten ¨uber das Verkehrssystem zur Verf¨ugung gestellt

150Vgl. Andelfinger und H¨anisch 2015a, S. 8.

151Google forscht mit seinem Tochterunternehmen Waymo selbst an autonomen Fahrzeugen und hat als erstes Unternehmen die selbst produzierten, autonomen Fahrzeuge auf ¨offentlichen Straßen und ohne menschliche Kontrollperson getestet. Vgl. Eckl-Dorna 2017, [online].

152Vgl. Rannenberg 2015, S. 516-522.

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und die diversen Sensoren des Autos teilen ihrerseits Informationen ¨uber das Inter-net - nur so ist eine autonome Steuerung des Fahrzeugs m¨oglich.

• Auch das zweite Kriterium kann zutreffen, hier gilt: Je mehr Nutzer eines autono-men Fahrzeugs, desto mehr Daten k¨onnen gesammelt werden und desto gr¨oßer ist die Wertsch¨opfung des Unternehmens, welches die Daten miteinander verkn¨upfen kann und somit wichtige Informationen generiert. Anzumerken ist, dass Experten davon ausgehen, dass sich die Nutzung von Autos ¨andern wird: Das Eigentum ei-nes Fahrzeugs wird unbedeutend werden, vielmehr werden autonome Fahrzeuge per App bestellt werden und einen zum gew¨unschten Ort bringen.153 Eine hohe Anzahl an Nutzern bei dieser Verwendung von autonomen Fahrzeugen w¨are damit in Zu-kunft wahrscheinlich - momentan jedoch kann die Nutzerzahl noch an einer Hand abgez¨ahlt werden und der Schwellenwert dieses Kriteriums wird somit ev. nicht erreicht.154

• Der Knackpunkt bei der Frage, ob eine digitale Betriebsst¨atte vorliegt, k¨onnte das dritte Kriterium sein: Hier soll lt. dem Vorschlag von Hongler und Pistone (2015) nur der digitale Umsatz z¨ahlen, d.h. der Umsatz durch die Datensamm-lung und -auswertung sowie der weiteren Verwendung der Informationen. W¨ahrend Google durch Nutzung der Informationen f¨ur Werbezwecke etc. die Umsatzgrenzen h¨ochstwahrscheinlich erreicht, ist dies bei klassischen Automobilherstellern - unter der Annahme, dass das Auto im Eigentum des Nutzers steht - fraglich. Bei Unter-nehmen, die mit der Bereitstellung von autonomen Fahrzeugen ihr Geld verdienen, wird die Umsatzschwelle durch Einhebung von Nutzungsgeb¨uhren vermutlich er-reicht werden.

Abschließend ist noch anzumerken, dass die Bestimmung des Wertes der Daten und die darauf folgende Gewinnzuteilung zur Betriebsst¨atte eine Herausforderung darstellen wird.

Eine weitere Frage, die sich im Zuge der ¨Uberlegungen gestellt hat, ist, ob der Ausnahme-katalog aufgrund einer Hilfst¨atigkeit auch bei einer digitalen Betriebsst¨atte gilt. Demnach k¨onnte das Bestehen einer digitalen Betriebsst¨atte bei traditionellen Automobilherstellern auch dadurch verneint werden, dass die Datensammlung f¨ur die interne Softwareweiter-entwicklung nur eine Hilfst¨atigkeit in Gesamtbetrachtung des Unternehmens darstellt.

Somit w¨urde sich die komplexe Wertsch¨opfungsanalyse er¨ubrigen.

153Vgl. Sempelmann 2018, [online].

154Vgl. Kugler 2018, [online].

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