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5. Diskussion

5.1. Autoaggregatives Verhalten von SCVs korreliert mit erhöhter

Das Typ III Sekretionssystem und seine sezernierten Effektorproteine gelten als der prominenteste Virulenzfaktor von P. aeruginosa. Effektorproteine können über das Typ III Sekretionssystem entweder in das extrazelluläre Milieu abgegeben werden oder aber nach Kontaktaufnahme mit eukaryontischen Wirtszellen direkt in diese transloziert werden. Solche Sekretionssysteme sind bei einigen human- und pflanzenpathogenen Bakterien zu finden (CORNELIS u. v. GIJSEGEM, 2000;

HUECK, 1998). Zur Injektion in die Wirtszelle werden Proteine zu Strukturen zusammengelagert, die eine nadelähnliche Form annehmen und mit dieser eine Pore in der Wirtszellmembran bilden. Dies ist für S. Typhimurium (KUBORI et al., 2000), Shigella spp. (TAMANO et al., 2000) und enteropathogene E. coli (SEKIYA et al., 2001) bereits beschrieben. Die Struktur des Translokons von P. aeruginosa ist bisher nicht vollständig aufgeklärt. SCHOEHN et al. konnten 2003 erste Ergebnisse bezüglich der Funktion und Interaktion der Translokatorproteine PopD und PopB bei der Porenbildung in der Wirtszellmembran veröffentlichen. Die Rolle des Proteins PcrV blieb dabei unklar. Die Funktion der einzelnen Effektorproteine wurde bereits unter Punkt 2.2. erörtert.

Die Expression des Typ III Sekretionssystems und seiner Effektorproteine erfolgt vornehmlich in der späten exponentiellen Phase des bakteriellen Wachstums (DACHEUX et al., 2000; HA u. JIN, 2001), wenn Signale, wie der Kontakt mit einer eukaryontischen Wirtszelle, Präsenz von Serum und Ca2+-Depletion vorhanden sind (IGLEWSKI et al., 1978; VALLIS et al., 1999a).

Bei einer Studie zum Auftreten von Typ III Sekretion bei klinischen Isolaten von P.

aeruginosa konnte festgestellt werden, dass 73 % aller Isolate ein Typ III Sekretionssystem hatten. Dabei stammten die Isolate von Patienten mit CF, Pneumonie, Sepsis, Wundinfektionen und Harnwegsinfektionen (FELTMAN et al.,

2001). Eine andere klinische Studie zeigte, dass die Letalität bei Patienten mit Infektion eines Typ III sezernierenden Pseudomonas-Isolates signifikant höher lag als bei Patienten, die mit P. aeruginosa infiziert waren, welcher kein Typ III Sekretionssystem besaß (ROY-BURMAN et al., 2001). Vor allem eine hohe Sekretion des Effektorproteins ExoS in Kombination mit PcrV führte zu erhöhter Letalität. Bei Untersuchungen dieser Isolate in einem Zytotoxizitätsversuch und in einem Maus-Pneumonie-Modell konnten ähnliche Ergebnisse erzielt werden (ROY-BURMAN et al., 2001).

Viele Studien berichten, dass sich Stämme von P. aeruginosa aus chronisch infizierten CF-Lungen durch eine gegenüber Umwelt-Isolaten verringerte Virulenz auszeichnen (BURKE et al., 1991). Insbesondere sollen CF-Isolate geringere Mengen an Proteasen, Elastasen und Exotoxin A produzieren (BURKE et al., 1991) und weniger Typ III sezernierte Effektorproteine, wie ExoT, ExoS, ExoY und ExoU (ROY-BURMAN et al., 2001). So hat sich die Meinung durchgesetzt, dass das Habitat der CF-Lunge einen Selektionsdruck zur Ausbildung eines wenig virulenten Phänotyps darstellt.

Überraschenderweise konnte VON GÖTZ (2003) in seinen genomweiten Analysen des klinischen WT und der SCV des Stammes 20265 feststellen, dass die SCV während des exponentiellen Wachstumsphase 33 der 36 Gene, die für die Typ III Sekretion verantwortlich gemacht werden, deutlich höher exprimierte als der klonale WT. Besonders stark waren die Unterschiede bei den Effektor- und Porenproteinen.

Dabei war pcrV mit einer um das 270-fache höheren Exprimierung das am stärksten regulierte Gen, exoS war 90-fach hochreguliert in der SCV. Die anderen Gene waren um mehr als 30-fach höher exprimiert. WEHMHÖNER (2002) konnte mit Proteomanalysen des Stammes 20265 die gleichen Unterschiede feststellen. Mit den genomischen Analysen von VON GÖTZ konnte außerdem nachgewiesen werden, dass der Stamm 20265 ExoU-defizient ist, was für die meisten CF-Isolate zutrifft (DACHEUX et al., 2000). In der Regel ist es so, dass entweder ExoS oder ExoU vorhanden ist (ROY-BURMAN et al., 2001)

Das Gen exsA, einer der Hauptregulatoren des Typ III Sekretionssystems (YAHR et al., 1995; DACHEUX et al., 2001a), war in den Analysen von VON GÖTZ in der SCV ebenfalls höher exprimiert. ExsA dient dem Typ III Sekretionssystem als Aktivator, wobei ExsC eine unterstützende Funktion durch Inhibition von ExsD ausübt. In Abwesenheit von ExsC wird ExsA durch Wechselwirkungen mit ExsD inhibiert (McCAW et al., 2002; DASGUPTA et al., 2003).

Erstes Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die funktionellen Auswirkungen dieser erhöhten Expression von Typ III Genen nachzuweisen. Dazu wurden zunächst in vitro Zytotoxizitätsversuche mit der Maus-Makrophagen Zelllinie J774.A1 nach dem Vorbild von DACHEUX et al. (1999) durchgeführt. Insgesamt wurden die SCVs von 15 klinischen Isolaten aus der Medizinischen Hochschule Hannover getestet. Davon gehörten sieben SCVs der von HÄUSSLER et al. (2003) beschriebenen autoaggregativen Subgruppe an, acht waren nicht autoaggregativ. Im Vergleich zu den SCVs wurden jeweils die klonalen WT-Phänotypen getestet. Für den Stamm 20265 wurde von I. Attree (Grenoble, Frankreich) eine exsA-knock-out-Mutante der SCV zur Verfügung gestellt. Die acht nicht-autoaggregativen SCVs zeigten keine oder nur eine geringfügige Zytotoxizität, ebenso wie ihre klonalen WT (vgl.

Ergebnisse 4.1.2.). Einzige Ausnahme war der WT des Stammes 26, der ein deutlich zytotoxisches Verhalten aufwies. Anders war die Sachlage bei den Versuchen mit den SCVs der autoaggregativen Subgruppe (vgl. Ergebnisse 4.1.1.). Hier zeigte sich, dass vier der sieben SCVs eine im Vergleich zum WT signifikant höhere Zytotoxizität aufwiesen. Darunter war auch die von VON GÖTZ charakterisierte SCV 20265. Die vergleichend getestete exsA-Mutante von SCV 20265 zeigte keine Zytotoxizität, was als Beweis einer Typ III Sekretions-bedingten Virulenz diente. Neben der SCV 20265 waren die SCVs der Stämme 52, 8226 und 231 vermehrt zytotoxisch. Vergleicht man die Ergebnisse der 15 getesteten Isolate mittels eines Chi-Square-Tests, erhält man eine signifikante Korrelation zwischen dem autoaggregativen Verhalten der SCVs und einer erhöhten Zytotoxizität (p < 0,025).

Da für die Stämme 52, 8226 und 231 keine Genom-Analysen vorlagen, wurden Typ III Sekretions-Proteine mit Hilfe von SDS-Polyacrylamid-Gelen und Western Blots

nachgewiesen (vgl. Ergebnisse 4.2.). Hier konnte eine erhöhte Sekretion von Proteinen des Typ III Sekretionssystems bei allen drei SCVs festgestellt werden.

Somit zeigte sich, dass auch hier die festgestellte Zytotoxizität Typ III-vermittelt war, wobei auch hier davon ausgegangen werden kann, dass die Zytotoxizität ExoU-unabhängig war, da keine spezifischen Banden im Gel identifiziert wurden.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die beobachtete, ExoU-unabhängige Zytotoxizität auf die Bildung kleiner Poren in der Makrophagen-Membran zurückzuführen ist, wie für den ebenfalls ExoU-defizienten und stark zytotoxischen P. aeruginosa CHA beschrieben (DACHEUX et al., 1999). Die dabei involvierten Proteine PopB, PopD und PcrV bilden 2,8 bis 3,5 nm große Poren, die eine schnelle Onkose (Schwellen der Zelle und des Nukleus, Blasenbildung an der Membran und verstärkte Vakuolisierung) der eukaryontischen Zelle zur Folge haben. Lysierte Zellen ziehen dann durch chemotaktische Signale ,Schwärme’ von P. aeruginosa an, die vermutlich das ausfließenden Cytosol als Nahrungsquelle nutzen (DACHEUX et al., 2000, 2001b).

Die Ergebnisse der Studie von VON GÖTZ (2003) und die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit (siehe auch folgendes Kapitel) belegen, dass die Etablierung eines wenig virulenten Phänotyps, wie es für die chronisch infizierte CF-Lunge bisher angenommen wurde (BURKE et al., 1991; ROY-BURMAN et al., 2001), nur eine von mehreren Möglichkeiten von P. aeruginosa ist, eine persistierende Infektion auszubilden. Es scheint, dass es eine parallele Existenz unterschiedlich virulenter klonaler Varianten gibt. Dieser Befund wird durch das Auffinden von Antikörpern im Serum von chronisch infizierten Erwachsenen mit CF unterstützt, welche sich gegen Typ III Effektorproteine richten. Dies spricht für eine Sekretion dieser Proteine auch nach langem chronischen Infektionsverlauf (MOSS et al., 2001).

Vakzinierungsversuche mit Typ III Effektorproteinen könnten helfen, CF-Patienten vor zytotoxischen Phänotypen von P. aeruginosa zu schützen. Aktive und passive Immunisierung über PcrV bewirkte bei Mäusen eine hohe Überlebensrate nach Infektion mit dem hoch zytotoxischen Stamm P. aeruginosa 103 und verminderte

durch Entzündungsprozesse vermittelte Schäden am Lungenepithel (FRANK et al., 2002).

5.2. Erhöhte Zytotoxizität von autoaggregativen SCVs korreliert mit