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Klassischerweise sind bei Durchfallerkrankungen von Schweinen vier Grundmechanismen in der Pathogenese zu unterscheiden: Hypersekretion, Malabsorption, Hypermotilität und eine

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erhöhte Permeabilität der Darmwand/-schleimhaut (MOON 1978). Den meisten Durchfallerkrankungen des Schweines liegt allerdings eine Kombination dieser Mechanismen zu Grunde (MOESER U.BLIKSLAGER 2007). Hinzu kommt, dass sehr häufig die intestinale Barriere (erhöhte intestinale Permeabilität) auch bei sekretorischen und malabsorptiven Diarrhoeformen beeinträchtigt ist. Letztendlich kann auch die relative Erhöhung der sich im Darmlumen bzw. im Chymus befindenden Ionen (durch erhöhte Sekretion und reduzierte Absorption) dazu führen, dass eine Durchfallerkrankung durch das erhöhte osmotische Potential verstärkt wird. Diese Veränderungen in der Schleimhaut können nicht zuletzt dazu führen, dass inflammatorische Kaskaden aktiviert werden, die wiederum eine erhöhte Sekretion auslösen und insgesamt das Krankheitsgeschehen verschärfen (circulus vitiosus;

MOESER U.BLIKSLAGER 2007).

Entzündungssymptome führen aber auch über bestimmte Regulationsmechanismen zu Anpassungen im Organismus mit z.T. weitreichenden Auswirkungen – einer durch Entzündungsmediatoren provozierten reduzierten Futteraufnahme, einem vermehrten Katabolismus von Aminosäuren und weiteren für die immunologische Abwehr aufzubringenden Kosten, welche die Minderleistung der Tiere erklären (SPURLOCK 1997;

WILLIAMS ET AL.1997).

2.2.1 Auswirkungen von Infektionen auf die Futteraufnahme und das Wachstum 2.2.1.1 Futteraufnahme

Die bei nahezu allen Spezies erste Konsequenz einer Infektion ist eine Reduktion der Futteraufnahme. Diese kann je nach Spezies allein schon zu erheblichen Einbußen in der Leistung führen (KLASING 2006). Die Regulation der Futteraufnahme an sich ist ein sehr komplexes Geschehen. Es gibt kurzfristige (von Mahlzeit zu Mahlzeit) und langfristige Signalsysteme sowie periphere und zentrale Regulationsmechanismen (BUYSE U.DECUYPERE 2013). Zytokin-vermittelte Veränderungen im Nahrungsaufnahmeverhalten (reduzierter Appetit) können die Verfügbarkeit von Energie und Nährstoffen erheblich mindern (JOHNSON 1998). Selbst bei einer nur moderaten Immunstimulation scheint eine gewisse Einschränkung der Futteraufnahme aufzutreten (GANDRA U.SCRIMSHAW 1961). Wie bereits seit längerem bekannt, gibt es eine gewisse „appetitmindernde“ Wirkung (reduzierte Futteraufnahme) von endogenen Mediatoren der Akute-Phase-Antwort (IL-1β, TNF, Interferon-α, Interferon-γ;

LANGHANS 1992;LANGHANS ET AL.1993).

Der Einfluss von bakteriellen Darminfektionen auf die tägliche Futteraufnahme wird unterschiedlich eingeschätzt. In einer neueren Metaanalyse konnte für die bakteriellen Darminfektionen beim Schwein eine Reduktion der Futteraufnahme um etwa 15 % nachgewiesen werden (PASTORELLI ET AL.2012).

2.2.1.2 Wachstum

Die Entwicklung der KM-Zunahme ist bei jungen/wachsenden Tieren ein guter Indikator zur Beurteilung des Schweregrades eines Infektionsgeschehens. Die KM-Zunahme (als Maß für das Wachstum) ist von bakteriellen Infektionen des Magen-Darm-Traktes weitaus deutlicher beeinträchtigt, als dies beispielsweise unter respiratorischen Erkrankungen zu beobachten ist (PASTORELLI ET AL.2012). Die jeweilige Reduktion in der KM-Zunahme ist aber nicht nur eine Folge der reduzierten Futteraufnahme, sondern auch evtl. ein Resultat von veränderten Verdauungs- und Stoffwechselvorgängen und einer erhöhten Aktivität des Immunsystems (SANDBERG ET AL. 2007). Die bei Infektionen des Magen-Darm-Trakts besonders ausgeprägten Einbußen an Tageszunahmen im Erkrankungszeitraum (bis zu 40 %) verdienen besondere Erwähnung (PASTORELLI ET AL.2012).

Einerseits dürften entzündliche Reaktionen in der Magen-Darm-Schleimhaut die Effizienz der Verdauung und Absorption mindern, was die Folgen einer geringeren Futteraufnahme noch verschärft. Besondere Erwähnung verdient aber, dass in der Metaanalyse von PASTORELLI ET AL.(2012) die Einbußen in den Tageszunahmen zwei- bis dreifach stärker ausgeprägt waren, als aufgrund der Reduktion in der Futteraufnahme zu erwarten war. Bei bakteriellen Infektionen des Verdauungstraktes des Schweines bspw. waren die täglichen Zunahmen bei identischer Futteraufnahme um 29,6 % ± 8,5 % reduziert (PASTORELLI ET AL.2012).

Die Einbußen in den Zunahmen, die nicht auf die geringere Futteraufnahme (bzw. die auch allein damit verbundene ungünstigere Futterverwertung) zurückzuführen sind, dürften dem im Krankheitsfall erhöhten Erhaltungsbedarf, den Veränderungen in der Absorption und Verwertung von Energie und Nährstoffen sowie dem veränderten Metabolismus geschuldet sein (PASTORELLI 2012).

2.2.2 Einfluss von Infektionen auf Nährstoff-Verdaulichkeit und -Metabolismus Schädigungen an der Darmschleimhaut beeinflussen immer auch die Verdauung (Vorgänge

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der enzymatischen Zerlegung) und die Nährstoffresorption (Übergang in den Körper) negativ, wodurch die Verfügbarkeit von Aminosäuren und anderen Nährstoffen reduziert ist (TURK 1972). Eine erhöhte intestinale Sekretion kann ebenfalls durch Gewebeschäden verursacht werden, wodurch dann beispielsweise die Proteinverdaulichkeit reduziert sein kann (HALE ET AL.1985).

Im Hinblick auf infektiöse Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes ist auch zu beachten, dass im Intestinum mitunter beträchtliche Proteinmengen umgesetzt werden (Aufbau/Abbau) (STANGL 2010). Generell findet eine Proteinsynthese in allen Geweben des Organismus statt, wobei sich die Syntheseleistung der einzelnen Organe und Gewebe (bezogen auf die Gesamt-Proteinsynthese des Organismus) unterscheidet (STANGL 2010). Nur annähend 8 % des Gesamtkörperproteins befinden sich im Darmgewebe (SUSENBETH U.KEITEL 1988). In der Muskulatur hingegen befinden sich etwa 55 % des Gesamtkörperproteins (SUSENBETH U. KEITEL 1988), welches aber in deutlich geringerem Umfang täglich erneuert wird (HALAS ET AL.2003). Während in der Muskulatur 2,4 bis 17,4 % des Proteins täglich umgesetzt werden, sind es im Intestinum zwischen 16,2 und 79,4 % (HALAS ET AL.2003).

Von besonderer Bedeutung sind die Aufwendungen, die der intermediäre Stoffwechsel im Erkrankungsfall benötigt (nach dem Primat: Abwehr vor Ansatz). Nahezu jeder immunologische Abwehrprozess benötigt auch gewisse Mengen an Aminosäuren zur Proteinsynthese und Gluconeogenese (BEISEL 1992). Ein Teil der durch die Nahrungsaufnahme und durch den Muskelabbau zur Verfügung stehenden Aminosäuren wird von der Leber für die Gluconeogenese und die Synthese der Akute-Phase-Proteine verwendet (KLASING 1998;LE FLOCH ET AL.2004). Ein weiterer Anteil wird von den Immunzellen für die Immunglobulinsynthese und die Zellvermehrung des Immunsystems sowie generell für alle wichtigen Prozesse der immunologischen Abwehr benötigt (KLASING 1998;LE FLOCH ET AL.2004). Das für diese Prozesse notwendige Aminosäuren-Muster entspricht allerdings nicht demjenigen, welches durch die Muskelproteolyse zur Verfügung steht (SANDBERG ET AL. 2007). Eine negative Stickstoffbilanz kann das Ergebnis einer klassischen Immunreaktion sein. Das Ausmaß steigt proportional zum Schweregrad der Infektion an (BURCIAGA-ROBLES ET AL.2010).