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6. QUANTITATIVE UND QUALITATIVE ANALYSE DER DENDROGEOMORPHOLOGISCHEN

6.3 Lahnenwiesgraben (LWG)

6.3.3 Testfläche FP 31 (LWG)

6.3.3.3 Auswertung und Interpretation der dendrogeomorphologischen

Für die Analyse der Hangdynamik liegt das Probenmaterial von insgesamt 12 Fichten vor.

Betrachtet man die Reaktionen aller Bäume ohne eine räumliche Differenzierung, so erscheint ein recht eindeutiges Bild bezüglich der Hangaktivität am Standort FP 31 (Abb. 38).

Da keine älteren Bäume zur Verfügung standen, reicht ein maximaler Rückblick bis ins Jahr 1860.

Abb. 38: Standort FP 31 – Reaktion der Bäume auf Massenbewegungen in Bezug zur Gesamtzahl der beprobten Bäume (graue Balken).

Zwar treten 1907 und 1910 Druckholzjahre (unteres Diagramm) auf, doch setzt eine Reduktion erst im Jahr 1921 ein. Hier beginnen Reduktionsphasen an drei von neun Bäumen (oberes Diagramm), was erneut im Jahr 1946 beobachtet werden kann. Des weiteren ist eine Häufung von Startjahren für Reduktionen zwischen 1975 und1987 zu erkennen. Im mittleren Diagramm zeigt sich ein abrupter Beginn der Reduktionen ab 1921, der in eine Aktivitätsspitze 1948-49 gipfelt. Zu diesem Zeitpunkt sind 77,8 % (!) aller beprobten Bäume reduziert, also von Massenbewegungen beeinflusst. Die Bewegungen kommen zum Erliegen und zwischen 1964 und 1974 herrscht Stabilität.

Start von Reduktionsphasen am Standort FP 31

0

Dauer der Jahrring-Reduktion am Standort FP 31

0

Start von Druckholzphasen am Standort FP 31

0

Erst 1975 beginnt eine zweite Aktivitätsphase, die jedoch insgesamt schwächer ist als die erste von 1921-1963. Rezent scheint sehr wenig Hangdynamik stattzufinden, da lediglich ein Baum ein reduziertes Wachstum aufweist.

Bei mehreren Bäumen beginnen Druckholzphasen zwischen 1948 und 1957. Hier ist ein deutlicher Zusammenhang zum Abflachen der Reduktionen nach der Spitze 1949 zu erkennen. Massenbewegungen (Kriechen, Rutschungen) führten zu Baumschiefstellungen, die mittels Druckholzbildung ausgeglichen wurden. Hier ist ferner eine kurze Dauer der Bewegungen zu vermuten. Der Gesamtüberblick liefert also folgende Erkenntnisse zur Hangdynamik an diesem Standort:

• vor 1921 ist der untersuchte Hangbereich stabil

• 1. Aktivitätsphase von 1921-1963 (abrupter Beginn der Bewegungen)

• Stabilitätsphase 1964-74

• 2. Aktivitätsphase von 1975-2000

• deutliche Aktivitätsspitze 1948-49 (77,8 %)

• heute sehr schwache Aktivität

Um die raum-zeitliche Differenzierung der Bewegungen zu rekonstruieren, bedarf es der genaueren Betrachtung einzelner Baumstandorte.

Mit Hilfe der Bäume 1 bis 7 und 12 lässt sich die Hangdynamik im oberen Teil des Anbruchs rekonstruieren (Tab. 14). Das Alter aller Fichten übersteigt 90 Jahre.

Tab. 14: Baumdaten und Analyse am Standort Testfläche FP 31 (Bäume 1-7 und 12). Die Kernentnahme fand bei allen Bäumen am 18.08.2000 statt.

FP31/

Baum schief Bemerkungen Umfang (m) Alter Reduktion Druckholz

1.1

1.2 hangauf an Abrißkante, Wurzeln z.T.

freigelegt, am Wanderweg

0,6 >96 1948-1949

1975-1996 1950-1952 1954-1957 2 hangauf 2 m über Abrisskante, trotz

DH z.T. schwache Reduktion 1,10 >90 1952-1957

1957-1999 3 hangauf Scholle 1, unterhalb liegt

Abrisskante 2 1,15 140* 1931-1957 1998-1999

4 hangauf

stark schief, Wurzeln z.T.

freigelegt in Abrisskante 2, 1957-99 DH bei zunehmender Reduktion.

0,70 >93 1946-1951 1991-2000 6-2 ist 1924-28 und 1951-60 reduziert

7.2 gerade oberhalb oberster Abrisskante 1,68 >94 1948-1954 1984-1990

12 gerade Östlich vom Rutschbereich 1,25 117* 1948-1959 1907

Aus den Baumdaten geht eine beginnende Reduktion bei den Bäumen 5 und 6 im Jahr 1921 hervor. Bei Baum 6 wird bereits ab 1923 Druckholz ausgebildet, was auf eine Schiefstellung hindeutet. Beide Bäume stehen auf einer erkennbaren Scholle unterhalb Kante 2, die 1921 durch Kriechbewegungen mit anschließender Rotationsrutschung entstand. Die Reduktion 1931-1957 von Baum 3, welcher gemeinsam mit Baum 4 auf der Scholle oberhalb steht, ist als Kriechbewegung infolge der Destabilisierung unterhalb zu werten. Ein Zusammenspiel der Dynamik ist bei diesen Schollen auch ab 1942 zu beobachten. Im Jahr 1946 verstärkt sich die Reduktionsphase bei Baum 3 und Baum 4 erfährt einen deutlichen Bewegungs-impuls, welcher letztendlich zu einer langen Druckholzphase ab 1952 führt. Offensichtlich beeinträchtigen die Bewegungen von 3 und 4 die Bäume oberhalb. Denn die Fichten 1 und 7 zeigen ab 1948 ein reduziertes Wachstum, was auf Bewegungen hindeutet. Auch Baum 12, der nicht unmittelbar an der Abrisskante 1 steht, zeigt zwischen 1948 und 1959 Reduktion.

Bei Fichte 2 tritt ab 1952 ohne vorherige Reduktion eine lange Druckholzphase, die sich ab 1957 abschwächt, ein. Aufgrund der Nähe zu Baum 1 und dessen Reaktion ab 1948 ist hier ein Zusammenhang zu vermuten. Im Anschluss an die aktive Phase am Ende der 1940er Jahre kommt die Hangdynamik zum erliegen. Die Ausführungen bis hierher zeigen deutlich den Charakter einer rückschreitenden Hangdestabilisierung.

Ab 1975 jedoch entsteht infolge einer Wiederbelebung der Bewegungen bei Baum 1 ein diffuses Bild, was nicht mehr dem vorherigen Wirkungsgefüge entspricht. Nacheinander treten bei Baum 6, Baum 7, Baum 4 und zuletzt auch Baum 3 Reaktionen auf. Die Aktivität der Scholle, auf der 3 und 4 ab 1991 in Bewegung sind, zeigt sich im Gelände an der vegetationslosen Anrisskante 1. Wurzeln von Baum 1 wurden freigelegt und hängen in die Anrisskante hinein. Da Baum 1 jedoch ab 1996 keine Reduktion aufweist, gibt es zwei Deutungsmöglichkeiten bezüglich der Wurzelfreilegung. Der Baum hat noch nicht darauf reagiert oder die Freilegung fand bereits früher, nämlich im Rahmen der Reduktionsphase von 1975-96, statt.

Die Bäume 8, 9, 10 und 11 sind die einzigen für eine dendrogeomorphologische Auswertung brauchbaren Fichten im unteren Teil des Anbruchs (Tab. 15).

Besonders 8 und 9 sind recht jung, klein gewachsen und stehen exponiert im Wiesenhang.

Die Analyse dieser Bäume bezüglich Kriech- und Rutschbewegungen ist somit erschwert bzw. unangebracht, da Schneedruck und abgehende Schneebretter Reduktion und Druckholzbildung zusätzlich hervorrufen können. So sind die Druckholzphasen ab 1981 an beiden Bäumen sehr wahrscheinlich durch Schnee verursacht worden. Auch die Druckholzjahre 1999-2000 (Baum 8) und 1910-11 (Baum 11) wurden durch Schnee hervorgerufen. Da Baum 9 während der Reduktionsphase 1996-2000 bereits mehr als 45 Jahre alt ist, scheint dieser Standort rezent morphodynamisch aktiv zu sein.

Tab. 15: Baumdaten und Analyse am Standort Testfläche FP 31 (Bäume 8-11). Die Kernentnahme fand bei allen Bäumen am 18.08.2000 statt.

FP31/

Baum schief Bemerkungen Umfang (m) Alter Reduktion Druckholz

8 hangab Schneedruck ! 0,35 36* 1981-1986

1999-2000 ? 9 hangab unterhalb 31/8, Schneedruck ? 0,60 >49 1956-1961

1996-2000

1926-1963 1968-1970 1981-1986

10 hangab Schneedruck ?, Schollenmosaik 0,27 >50

1961-1963 1976-1980 1987-1998

1964-1971 1981-1986 1999 11 hangab/

parallel. Vergleich mit Baum 10 0,56 >118 1921-1930 1932-1963

1910-1911 1965-1971

Baum 10 steht rezent innerhalb eines Schollenmosaiks. Im Anschluss an drei Reduktions-phasen treten DruckholzReduktions-phasen auf. Diese Tatsache und der im Gegensatz zu 8 und 9 geschütztere Standort deutet auf Kriech- und Rutschbewegungen hin. Ob die Druckholz-phase 1981-86, wie bei 8 und 9 durch Schnee verursacht wurde und nur eine Unterbrechung der seit 1976 währenden Reduktion ist, kann nicht beantwortet werden.

Die bei Baum 11 auftretenden Reduktionsphasen ab 1921 und 1932 passen ins Bild der festgestellten Hangdynamik im oberen Bereich des Anbruchs bei Baum 5 und 3.

Die Abb. 39 befasst sich mit den Bewegungsaktivitäten der verschiedenen Baumstandorte.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Vergleichbarkeit mit anderen Untersuchungs-gebieten im Lahnenwiesgraben wurde ein Zeitintervall von 20 Jahren gewählt.

Auch bei dieser groben zeitlichen Darstellung der Hangdynamik lässt sich eine starke Aktivitätsphase zwischen 1920 und 1960 erkennen. Unter Berücksichtigung aller gewonnenen Erkenntnisse tritt die oben erwähnte zweite Phase, welche hier im Zeitfenster 1980 bis 2000 dargestellt ist, stark abgeschwächt auf. Für drei Bäume im unteren Bereich des Anbruchs musste die Signatur für `aktiv, unsicher` gewählt werden, da diese Bäume sehr wahrscheinlich einer Störung durch Schneedruck unterliegen.

Abb. 39: Bewegungsaktivität am Standort FP 31