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Ausgangslage und grundsätzliche Überlegungen

4 Windenergie an Land

4.3 Regionale Steuerung und Ausgleich von unterschiedlichen Standortqua- Standortqua-litäten

4.3.1 Ausgangslage und grundsätzliche Überlegungen

Die Stromgestehungskosten bei der Nutzung der Windenergie an Land werden maßgeblich durch das Windaufkommen am Standort (Weibull-Verteilung) beeinflusst. Deutschlandweit sind diesbezüglich sehr starke Unterschiede zu verzeichnen. Tendenziell sind gute Windstandorte vor allem im Norden und Westen, schlechtere Standorte eher im Süden und Osten verortet (vgl. Abbildung 4-4).

Der bisherige Ausbau der Windenergie spiegelt diese Verteilung der Potenziale grundsätzlich wider.

Sowohl beim Zubau als auch bei der kumulierten Kapazität belegen die nördlichen Bundesländer die Spitzenpositionen. An der Entwicklung über die Zeit (vgl. Tabelle 4-2 und Tabelle 4-3) lässt sich je-doch erkennen, dass der Ausbau der Windenergie auch in den Südländern ökonomisch darstellbar ist und der Ausbau in allen Bundesländern stark schwankt. Durch das Referenzertragsmodell wird im heutigen System zumindest für einen Teil der windschwächeren Standorte eine auskömmliche Vergü-tung sichergestellt. Die Volatilität des Ausbaus weist jedoch darauf hin, dass neben rein ökonomi-schen Überlegungen weitere Faktoren für den Zubau von Windenergieanlagen an Land relevant sind.

Hervorzuheben ist insbesondere die bereits in der Marktanalyse (Abschnitt 4.1) behandelte Verfüg-barkeit ausreichender Flächen.

Bislang hat das Referenzertragsmodell demnach zumindest die Grundvoraussetzungen für einen regi-onal verteilten Ausbau geschaffen. Mit der Einführung einer allgemeinen Zubaubeschränkung und ei-ner veränderten Rolle des Referenzertragsmodells (siehe Abschnitt 4.3.3) in der Ausschreibung ent-steht jedoch eine neue Situation, die Auswirkungen auf die regionale Verteilung des zukünftigen Windenergieausbaus hat.

Im Rahmen der Ausschreibung sind die beiden Ziele

 Homogenisierung des ausgeschriebenen Gutes und

 Erreichen einer angestrebten regionalen Verteilung getrennt voneinander zu betrachten.

Beide Zielsetzungen führen im Kontext der Ausschreibung in der Tendenz zumindest kurzfristig zu ei-nem Anstieg der Systemkosten des Zubaus von Windenergie an Land.

Durch eine Homogenisierung des Gutes können auch schlechtere Standorte mit höheren Stromgeste-hungskosten ausgebaut werden. Allerdings erhöht die Homogenisierung auch den Wettbewerbsdruck in der Ausschreibung, so dass ggf. der kostentreibende Effekt zumindest hinsichtlich der Förderkosten teilweise ausgeglichen wird.

Eine regionale Verteilung des Ausbaus der Windenergie an Land, die nicht der Verteilung nach den geringsten Stromgestehungskosten entspricht, führt ebenfalls zum Ausbau von schlechteren Standor-ten. Ein Gegeneffekt durch einen erhöhten Wettbewerb ist hier nicht zu erwarStandor-ten. Eine ausgeglichene

regionale Verteilung kann jedoch ggf. durch einen kontinuierlichen Ausbau in allen Regionen langfris-tig Wettbewerb sichern. Zudem werden durch einen regional verteilten Ausbau ggf. Netzengpässe ausgeglichen und Abregelung vermieden sowie eine ausgeglichenere Verteilung der regionalen Wert-schöpfung bewirkt11.

Tabelle 4-2: Historische Entwicklung des Zubaus der Windenergie an Land nach Bundesland (eigene Berechnungen nach BWE 2015)

Tabelle 4-3: Historische Entwicklung der kumulierten installierten Leistung der Windenergie an Land nach Bundes-land (eigene Berechnungen nach BWE 2015)

11 Da Netzausbau immer eine kostengünstigere Variante darstellt, sollten Netzengpässe jedoch nicht als Hauptgrund für eine regionale Ver-teilung gesehen werden. Insbesondere sollte eine veränderte regionale VerVer-teilung nicht als Motivation für einen verzögerten Netzausbau genutzt werden.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Baden-Württemberg 29.3 46.2 72.4 29.4 39.68 13.6 62.6 79 18 29.6 15.3 17 18.9 31.6 18.65

Bayern 18.6 32.7 51.5 37.5 35.03 33.6 81.35 47.95 23.6 56.3 51.8 164.52 188 251.58 410

Hessen 45.2 41.8 60.1 34.6 52.96 24.9 23.5 26.8 32.8 24.8 52.75 99.3 122.4 184.2 214.85

Nordrhein-Westfalen 223.7 365.9 435.4 377 230.84 174.3 167.7 165.6 119.6 156.7 90.25 159.9 142.15 237.85 307.2 Rheinland-Pfalz 109 121.6 141.4 87.9 101.98 106.6 182.1 130.4 84.4 94.2 121.15 258 282.75 413.4 462.7

Saarland 4.2 5.9 6 10.8 21.6 0.6 0 11.2 8 6 28.8 15.6 9.6 34.1 37.3

Sachsen 55.1 115.7 117.5 81.4 51.62 36.55 65.95 38.6 43 50.3 44.35 33.05 29.35 35.5 32.7

Thüringen 33.8 28.9 83.5 132.9 70.88 4.4 122 44.8 15.6 25.1 36.8 48.65 102.3 105.5 148.2

Berlin 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 2.3

Brandenburg 79.4 326.7 503.6 534.3 372.61 440.4 508.6 230.75 407.95 402.7 234.4 181.1 250.36 255 498.2

Bremen 2.2 0 22 0 12 5.2 1.9 7.8 15.8 6.8 27.74 19.5 9.1 2 18.6

Hamburg 3.4 0 6.2 2.2 1.48 0 0 0 0 12 5 3.37 0 2.4 4.4

Mecklenburg-Vorpommern 100.6 225.1 107.8 137.9 90.7 77 138.3 93.3 104.2 67.2 57.2 97.7 307.92 401.54 373.25 Niedersachsen 554.5 668.2 898.2 596.5 549.1 442.57 377.98 368.01 383.67 391 289.99 431.05 350.03 389.84 627.36 Sachsen-Anhalt 189.7 302.6 497.9 337.6 222.26 347.2 339.75 253.45 227.2 340.7 154.15 148.9 197.95 225.95 291.4 Schleswig-Holstein 201.3 377.6 244.1 207.7 167.01 100.9 149.4 169.15 179.3 193.4 233.05 299.78 313.55 427.95 1303.15 Anteil Nordländer 68.6% 71.5% 70.2% 69.6% 70.1% 78.2% 68.3% 67.3% 79.3% 76.1% 69.4% 59.7% 61.5% 56.9% 65.7%

Anteil Südländer 31.4% 28.5% 29.8% 30.4% 29.9% 21.8% 31.7% 32.7% 20.7% 23.9% 30.6% 40.3% 38.5% 43.1% 34.3%

Südländer

Nordländer

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Baden-Württemberg 61.3 107.5 179.9 209.3 248.98 262.58 325.18 404.18 422 451.78 467.08 486.38 501.56 533.05 549.9 Bayern 67.5 100.2 151.7 189.2 224.23 257.8 339.18 387.13 410.73 467.03 521.38 683.6 868.89 1120.47 1523.87 Hessen 211.8 253.6 313.7 348.3 401.26 426.16 449.66 476.46 509.26 534.06 587.77 687.11 799.74 973.54 1181.38

Nordrhein-Westfalen 643.9 1009.8 1445.2 1822.2 2053.04 2226.34 2392.26 2557.86 2677.46 2831.66 2928.11 3070.86 3185.67 3414.67 3681.12 Rheinland-Pfalz 250.9 372.5 513.9 601.8 703.78 810.38 991.98 1122.38 1206.78 1300.98 1421.43 1662.63 1911.3 2303.09 2727.8

Saarland 12.5 18.4 24.4 35.2 56.8 57.4 57.4 68.6 76.6 82.6 111.4 127 136.15 166.75 202.85

Sachsen 300.3 416 533.5 614.9 666.52 703.07 769.02 807.62 850.62 900.92 943.27 975.82 1004.84 1039.14 1066.45 Thüringen 181.3 210.2 293.7 426.6 497.48 501.88 631.88 676.68 692.28 717.38 754.18 801.33 899.34 993.44 1129.24

Berlin 0 0 0 0 0 0 0 0 2 2 2 2 2 2 4.3

Brandenburg 442 768.7 1272.3 1806.6 2179.21 2619.6 3128.16 3358.91 3766.86 4170.36 4400.78 4600.51 4816.18 5047.19 5456.61

Bremen 13.1 13.1 35.1 35.1 47.1 52.3 64.2 72 87.8 94.6 120.84 140.86 149.01 151.01 169.61

Hamburg 23.8 23.8 30 32.2 33.68 33.68 33.68 33.68 33.68 45.68 50.68 53.4 52.75 55.15 57.49

Mecklenburg-Vorpommern 456.4 681.5 789.3 927.2 1017.9 1094.9 1233.2 1326.5 1430.7 1497.9 1549.1 1627.3 1950.33 2338.53 2706.12 Niedersachsen 1758.7 2426.9 3325.1 3921.6 4470.7 4905.27 5282.54 5646.72 6028.45 6407.19 6664.24 7039.42 7333.86 7646.12 8233.05 Sachsen-Anhalt 493.7 796.3 1294.2 1631.8 1854.06 2201.26 2533.01 2786.46 3013.66 3354.36 3509.16 3642.31 3830.34 4048.19 4336.39 Schleswig-Holstein 1177.6 1555.2 1799.3 2007 2174.01 2274.91 2390.51 2522.21 2693.71 2858.51 3014.98 3271.19 3547.37 3897.49 5089.57 Anteil Nordländer 71.6% 71.6% 71.2% 70.9% 70.8% 71.5% 71.1% 70.8% 71.4% 71.7% 71.4% 70.6% 70.0% 68.7% 68.4%

Anteil Südländer 28.4% 28.4% 28.8% 29.1% 29.2% 28.5% 28.9% 29.2% 28.6% 28.3% 28.6% 29.4% 30.0% 31.3% 31.6%

Südländer

Nordländer

Abbildung 4-4: Geographische Verteilung der Windhöffigkeit (nach durchschnittlicher Windgeschwindigkeit) in Deutschland (ohne Naturschutzgebiete, Siedlungsflächen und steile Hänge)

Im Folgenden werden zwei Instrumente, das Referenzertragsmodell sowie eine Kontingentierung der Ausschreibung hinsichtlich ihres Beitrags zu den beiden Zielsetzungen dargestellt und bewertet.

4.3.2 Kontingentierung

Die Reservierung eines Kontingents für eine oder mehrere Regionen in der Ausschreibung zielt direkt auf das Erreichen einer bestimmten regionalen Verteilung des Ausbaus ab. Alternativ könnten dazu auch regional separate Ausschreibungen genutzt werden. Diese führen aber im Vergleich zur Kontin-gentierung zu höheren Effizienzverlusten und werden daher im Folgenden nicht weiter besprochen.

Bei der Reservierung eines Kontingents wird eine Mindestquote für eine oder mehrere definierte Regi-onen vorgegeben. Entsprechend der Quoten kommen in der Ausschreibung auch Projekte zum Zug, die ggf. ohne die Kontingentierung aufgrund eines zu teuren Gebots keinen Zuschlag erhalten hätten.

Eine detaillierte Beschreibung der Funktionsweise und Wirkungen einer Kontingentierung in Aus-schreibungen findet sich in Abschnitt 3.2.2.6.

Zur Umsetzung der Kontingentierung müssen zum einen der Zuschnitt der Regionen und zum ande-ren die Höhe der Kontingente definiert werden. Die Festlegung dieser Parameter ist jedoch komplex, insbesondere aufgrund der Schwierigkeiten bzgl. der politischen Akzeptanz und regional widersprüch-licher Interessen. Die durch die Kontingentierung entstehenden Mehrkosten sind aber stark von der Parametrierung abhängig – zu hohe Quoten führen bspw. dazu, dass innerhalb der Kontingente kein Wettbewerb stattfindet, was zu hohen Förderkosten führt. Die Parametrierungsrisiken bei einer Kon-tingentierung sind daher auch im allgemeinen Ausschreibungsdesign zu berücksichtigen. So kann bei-spielsweise ein ambitionierter Höchstpreis die kostensteigernde Wirkung zu hoch gewählter Quoten minimieren.

4.3.2.1 Diskussion Reformvorschläge

Einen konkreten Vorschlag zur Kontingentierung haben die Bundesländer Hessen, das Saarland, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Thüringen vorgelegt (Bundesländer 2015). Dieser Vorschlag fordert eine Reform des Referenzertragsmodells, so dass auch „weniger windhöffige Binnenstandorte zwischen 60 % und 90 % noch auskömmlich errichtet und betrieben werden können“, kombiniert mit einer Kontingentierung der Ausschreibung für die mittel- und süd-deutschen Bundesländer (BW, BY, SL, HE, NW, RP, SN, TH) und die nordsüd-deutschen Bundesländer in Höhe von jeweils 40 %. Die restlichen 20 % bleiben ungebunden, so dass der Zubau je nach Aus-schreibungsergebnis zwischen 40 % und maximal 60 % in einer der beiden Teilräume stattfindet.

Dieser Vorschlag erscheint weder bzgl. des Zuschnitts der Regionen noch hinsichtlich der Höhe des Kontingents geeignet. Die für die Kontingentierung vorgeschlagene Region der mittel- und süddeut-schen Bundesländer erstreckt sich in nördlicher Richtung weit über die Grenze der zentralen Netzeng-pässe hinaus (siehe Abbildung 4-5). Im Netzentwicklungsplan 2015 (50Hertz Transmission et al.

2014) beträgt der Anteil dieser Bundesländer über die Bandbreite aller Szenarien hinweg 31-42 %, mit einer im Zeitlauf steigenden Tendenz. Auf Basis des NEP sowie unter Berücksichtigung der histori-schen Zubauraten wäre daher eine Quote in Höhe von 30-35 % in den ersten Ausschreibungsrunden eher gerechtfertigt. Der Vorschlag eines Kontingents von 40 % für die mittel- und süddeutschen Bun-desländer führt nach aktuellem Kenntnisstand zu ungerechtfertigten Mehrkosten.

Abbildung 4-5: Regionen für Kontingentierung nach Bundesländervorschlag und Grenze der Hauptnetzengpässe

Sofern eine Kontingentierung erwogen wird, könnte bspw. ein regionaler Zuschnitt anhand der beste-henden Netzengpässe sinnvoll sein, der sich dann bei Netzausbau über die Zeit verändern würde.

Eine solche Definition wäre jedoch möglicherweise nicht politisch akzeptabel. Unter Berücksichtigung der aktuellen und mittelfristig zu erwartenden Netzengpässe stellt eine Quote für die Südländer (Bay-ern/Baden-Württemberg/Saarland) eine geeignetere Alternative zum vorgelegten Ländervorschlag dar. Diese wäre allerdings sehr gering und sollte basierend auf den Szenarien des NEP bei etwa 10 % bzw. basierend auf dem historischen Ausbau bei etwa 5 % liegen. Es ist fraglich, ob eine solch nied-rige Mindestquote für die Südländer die zusätzliche Komplexität rechtfertigt und unter Beachtung der erheblichen jährlichen Schwankungen des Zubaus sinnvoll umsetzbar wäre.

4.3.2.2 Bewertung Kontingentierung

Eine Kontingentierung ist grundsätzlich eine geeignete Maßnahme, um innerhalb einer Ausschreibung bei ausreichender Flächenverfügbarkeit eine zuverlässige Steuerung der regionalen Verteilung zu er-reichen. Allerdings führt eine Kontingentierung notwendigerweise zumindest kurzfristig zu Mehrkos-ten aufgrund des Ausbaus der Standorte von schlechterer Qualität. Zudem bestehen erhebliche

Haupt-

netzeng-pässe

Schwierigkeiten und Parametrierungsrisiken bei der Umsetzung der Kontingentierung; sowohl die De-finition sinnvoller Regionen als auch die Festsetzung der Mindestquote sind durch erhebliche Unsi-cherheiten der Rahmenbedingungen gekennzeichnet. Weiterhin dürfte eine objektive Bestimmung ei-ner kostengünstigen Kontingentierung im politischen Prozess schwierig umsetzbar sein, da hierbei der Zielkonflikt zwischen der Minimierung der Kosten des Gesamtsystems und den wirtschaftlichen Ein-zelinteressen der betroffenen Regionen vorherrscht.

Empfehlung

Aufgrund der Komplexität der Umsetzung der Kontingentierung wird empfohlen, zum jetzigen Zeit-punkt keine Kontingentierung zum Erreichen einer bestimmten regionalen Verteilung des Ausbaus der Windenergie an Land einzuführen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass weitere Fak-toren wie insbesondere die regionale Verteilung der Flächenverfügbarkeit ebenfalls erheblichen Ein-fluss auf die regionale Verteilung des Ausbaus haben. Außerdem zeichnen sich derzeit keine aus Netzperspektive sinnvollen Regionen mit einem hinreichend hohen und zeitlich konstanten Anteil am Gesamtausbau ab. Sollte sich in den ersten Ausschreibungsrunden eine inakzeptable regionale Verteilung ergeben, so kann die Einführung von Kontingenten diskutiert werden.