3 Spät eingereiste Jugendliche und junge Erwachsene in Zahlen
3.5 Ausbildungs-, Erwerbs- und Familiensituation
Die Analysen zur Ausbildungs-, Erwerbs- und Familiensituation erfolgen auf der Basis der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung SAKE, die als einzige Quelle diese Informationen enthält. Allerdings lassen sich mit dieser Stichprobenerhebung nicht gleich detaillierte Analysen durchführen wie oben. Und die Aussage-kraft ist in zweierlei Hinsicht begrenzt:
■
Es sind nur Personen in der Stichprobe enthalten, die zurständigen Wohnbevölkerunggehören, also kaum Kurzaufenthalter/innen und Asylsuchende.■
Es werden nurin Privathaushalten Lebendebefragt, also in unserer Zielgruppe keine Personen, die in Asylunterkünften oder Ausbildungsinstitutionen wohnen.Ausbildungs- und Erwerbsstatus
Einen Überblick über die Ausbildungs- und Erwerbssituation der spät eingereisten Jugendlichen und jun-gen Erwachsenen bietetAbbildung 7. Sie macht deutlich, dass die meisten Späteingereisten von 16 bis 24 Jahren entweder über eine Ausbildung auf Sekundarstufe II verfügen oder in einer Ausbildung stehen.
Unter deninsgesamt rund 11‘400 Personen ohne Sek II-Abschlusssind etwa die Hälfte erwerbstätig und die andere Hälfte nicht erwerbstätig. Wie vertiefte Analysen zeigen, sind von den Personen ohne Sek II-Abschluss 60% junge Frauen. Die Jugendlichen und junger Erwachsenen ohne Sek II-Abschluss machen insgesamt26% aller Späteingereistenaus, also rund einen Viertel. Wie erwähnt ist jedoch in diesem Wert der Asylbereich kaum mit abgebildet.
Abbildung 7: Ausbildungs- und Erwerbsstatus späteingereister Jugendlicher und junger Erwachsener von 16 bis 24 Jahren, 2013 (ständige Wohnbevölkerung, Personen in Privathaushalten)
Quelle: SAKE 2013
Ausbildungslosigkeit und Herkunft
Der Anteil von Späteingereisten ohne Abschluss auf Sekundarstufe II unterscheidet sich zwischen den Herkunftsländergruppen markant, wieAbbildung 8deutlich macht. Junge aus denNachbarländern machen in absoluten Zahlen die grösste Gruppe Späteingereister aus, aber sie sind sehr selten ohne Sek II-Abschluss und stehen nicht in einer Ausbildung. Die grösste Zahl von spät eingereisten Jungen ohne Sek II-Ausbildung stammt aus derEU Süd(4520 Personen). Hier verfügt knapp die Hälfte der spät eingerei-sten 16-24-Jährigen über keinen Abschluss und steht auch nicht in einer Ausbildung. Die zweitgrösste Gruppe ohne Sek II-Abschluss ist ausWestbalkan und Türkeizugezogen (4150 Personen oder rund 40%). Die dritte relevante Herkunftsländergruppe ist hier unter «Rest der Welt» zusammengefasst. Es handelt sich umNicht-OECD-Länderanderer Kontinente. Hier haben rund ein Viertel der Späteingerei-sten weder einen Abschluss auf Sekundarstufe II noch stehen sie in einer Ausbildung (1720 Personen), wobei wiederum der Asylbereich mangelhaft abgebildet ist. Dagegen ist bei den Ländern der EU Ost und auch bei anderen EU/EFTA- sowie OECD-Ländern Ausbildungslosigkeit auf Sekundarstufe II praktisch kein Thema.
5'651 5'704 6'619
11'978 13'325
0 2'000 4'000 6'000 8'000 10'000 12'000 14'000 nicht erwerbstätig ohne Sek II
erwerbstätig ohne Sek II nicht erwerbstätig mit Sek II in Ausbildung erwerbstätig mit Sek II
16-24 Jährige
Abbildung 8: Anzahl späteingereiste Jugendliche und junger Erwachsene von 16 bis 24 Jahren mit und ohne Sek II-Abschluss nach Herkunft, 2013 (ständige Wohnbevölkerung, Personen in Privathaushalten)
Quelle: SAKE 2013
Regionale Verteilung der Ausbildungslosen
Späteingereisteohne Abschluss auf Sekundarstufe IIsind sehr ungleich über das Land verteilt (vgl.
Abbildung 9).
Abbildung 9: Regionale Verteilung spät eingereister Jugendlicher und junger Erwachsener von 16 bis 24 Jahren ohne Sek II-Abschluss, 2013 (ständige Wohnbevölkerung, Personen in Privathaushalten)
Quelle: SAKE 2013
0 1'000 2'000 3'000 4'000
Tessin Nordwestschweiz Ostschweiz Zentralschweiz Espace Mittelland Zürich Genferseeregion
16-24 Jährige 0 2'000 4'000 6'000 8'000 10'000 12'000
Rest der Welt OECD Rest Westbalkan/Türkei EU/EFTA Rest EU Ost EU Süd Nachbarländer
in Ausbildung & mit Sek II ohne Sek II
Während nur sehr wenige in den Grossregionen Tessin, Ostschweiz oder Nordwestschweiz leben, liegt die Genferseeregion diesbezüglich weit vor Zürich an der Spitze. Die übrigen Regionen finden sich irgendwo dazwischen. Die hier fehlenden Personen ohne Sek II-Abschluss aus dem Asylbereichs sind tendenziell gleichmässiger über die Schweiz verteilt.
Haushaltsstruktur der Ausbildungslosen
Die spät eingereisten Jungenohne Abschluss auf Sekundarstufe IIleben vergleichsweise selten mit ihren Eltern zusammen (vgl.Abbildung 10).
Abbildung 10: Haushaltsstruktur spät eingereister Jugendlicher und junger Erwachsener ohne Sek II-Abschluss, 2013 (ständige Wohnbevölkerung, Personen in Privathaushalten)
Quelle: SAKE 2013
Sie wohnen am häufigsten bei Verwandten. Dies ist dadurch erklärbar, dass es sich oft um Frauen han-delt, die jung zu einem Partner in der Schweiz zuziehen und bei den Schwiegereltern leben, bis es das Einkommen des Paares erlaubt, eine eigene Wohnung zu beziehen. Der eigene Haushalt entspricht am zweithäufigsten der Lebensrealität. Dies ist häufiger der Fall als mit den eigenen Eltern zusammenzuleben.
Ein nicht unerheblicher Anteil hat bereits einen eigenen Haushalt mit Kindern. Späteingereisten ohne Abschluss auf Sekundarstufe II übernehmen also teilweise früh Verantwortung für eine eigene Familie und sind dadurch beim Nachholen einer Ausbildung auch konfrontiert mit Vereinbarkeitsproblemen nicht nur zeitlicher, sondern auch finanzieller Art. Dies gilt insbesondere für die Frauen, von denen unter den Aus-bildungslosen zwei Drittel verheiratet sind (über alle Qualifikationen hinweg knapp die Hälfte). Bei den Männern ist dies ein Viertel (über alle 15%).
Haushaltseinkommen der Ausbildungslosen
Ein weiterer Indikator für die soziale Lage der spät eingereisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist das äquivalenteBruttoeinkommen der Haushalte, in denen sie leben. Äquivalent heisst, dass mittels sogenannter Äquivalenzskalen die Einkommen verschieden grosser Haushalte auf eine einheitliche Skala umgerechnet wurden. Um verschiedene soziale Gruppen zu vergleichen, kann sodann die sogenannte
1477
2558 2957
0 500 1'000 1'500 2'000 2'500 3'000 3'500 4'000 eigener HH mit Kinder
im HH der Eltern eigener HH ohne Kinder im HH mit Verwandten
16-24 Jährige 4005
Quintilsverteilung betrachtet werden (vgl.Abbildung 11). Ein Quintil entspricht jeweils einem Fünftel aller Haushalte in der Schweiz. Das erste Quintil umfasst den Fünftel der Haushalte mit den tiefsten Einkom-men, das fünfte Quintil den Fünftel mit den höchsten Einkommen. Würden alle Haushalte in der Schweiz betrachtet, lägen die Säulenwerte alle bei 20%.
Abbildung 11: Quintilsverteilung der äquivalenten Bruttoeinkommen der Haushalte späteingereister Jugendlicher und junger Erwachsener ohne Sek II-Abschluss und zu aller Späteingereisten im Vergleich zu allen Haushalten in der Schweiz, 2013 (ständige Wohnbevölkerung, Personen in Privathaushalten)
Für die Gesamtheit aller Haushalte in der Schweiz liegen die Werte aller Quintile bei 20%. Quelle: SAKE 2013
Bereits wenn die Haushalte aller spät eingereisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen betrachtet wer-den (graue Säulen), sind demgegenüber die unteren Einkommensquintile deutlich stärker vertreten bei der Gesamtheit aller Haushalte in der Schweiz. Die Haushalte der Späteingereisten ohne Abschluss auf Sekun-darstufe II (rote Säulen) konzentrieren sich noch sehr viel stärker in den zwei tiefsten Einkommensquinti-len. Die Fallzahlen im obersten Quintil sind bei ihnen so gering, dass der Wert gar nicht ausgewiesen wer-den kann.
Erwerbsintegration und Erwerbseinkommen im Laufe des späteren Lebens
In der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung SAKE lässt sich auch verfolgen, wie die eigenen Erwerbs-einkommen der im Alter von 16 bis 24 Jahren Eingewanderten sich nach Altersgruppen entwickeln (vgl.
Abbildung 12). Verglichen werden die Gruppen mit (eckige Linienmarker) und ohne Abschluss auf Se-kundarstufe II (runde Linienmarker) jeweils mit den in der Schweiz geborenen Secondos und Secondas (grau) sowie dem gesamtschweizerischen Durchschnitt (schwarz).
Hier wird ersichtlich, dass die Einkommensentwicklung bei den Personen ohne Sek II-Abschluss unabhän-gig vom Zeitpunkt der Zuwanderung flach verläuft. Die Späteingereisten unterscheiden sich also nicht von den übrigen Personen ohne Sek II-Abschluss. Dagegen liegen die Bruttoerwerbseinkommen der Spätein-gereisten mit einem Sek II-Abschluss in den späteren Altersgruppen deutlich unter dem Niveau der Ver-gleichsgruppen. Es sind also die Qualifizierten, welche die grössten Einkommenseinbussen gegenüber dem Potenzial ihrer Qualifikation verzeichnen. Dies kann mit Anerkennungsproblemen bei ausländischen Abschlüssen zusammenhängen. Möglich ist auch, dass die durchschnittliche Qualifikation tiefer ist als bei
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
1. Quintil 2. Quintil 3. Quintil 4. Quintil 5. Quintil
ohne Sek II alle
den Vergleichsgruppen. Dies könnte darauf verweisen, dass der Anschluss an verdienstrelevante Weiter-bildungen nicht klappt. Die dritte Möglichkeit ist, dass es Späteingereisten mit Abschluss auf Sekundarstu-fe II weniger gut als den Vergleichsgruppen gelingt, eine gute Erwerbsintegration zu erreichen und Karrie-reschritte zu realisieren.
Abbildung 12: Standardisiertes Bruttoerwerbseinkommen nach Altersgruppen (Median), 2013
Selbständige wurden von den Berechnungen ausgeschlossen, Das standardisierte Bruttoerwerbseinkommen (Haupt- und Nebenbe-schäftigung) entspricht dem Einkommen für eine VZ-Stelle (100%, 42-Stunden-Woche). Quelle: SAKE 2013
Die Erwerbsintegration kann aufgrund tiefer Fallzahlen nicht separat für Späteingereiste mit und ohne Abschluss auf Sekundarstufe II untersucht werden. Für die Gesamtheit der zwischen 16 und 24 Jahren Zugewanderten entwickelt sich dieErwerbslosigkeit(Selbstangabe) nach Altersgruppen im Vergleich zu Secondos und Secondas sowie zum gesamtschweizerischen Durchschnitt wie inAbbildung 13 darge-stellt. Im Alter von 21 bis 24 Jahren, also kurz nach ihrer Ankunft, haben 23% der Späteingereisten kei-nen Job und suchen Arbeit. Die Quote sinkt in der nächsten Altersgruppe auf 9%, liegt aber immer noch deutlich über den Vergleichsgruppen. Einzig im Alter von 40 bis 49 Jahren nähert sich ihre Erwerbslosen-quote den Vergleichsgruppen an. Nach 50 jedoch entwickeln sich die Quoten der verschiedenen Gruppen tendenziell wieder auseinander, was jedoch auch mit dem anderen Qualifikationsprofil dieser Gruppen zusammenhängen dürfte.
Ein weiterer Hinweis auf Probleme der Erwerbsintegration ist auch dieQuote der Nichterwerbsperso-nenan allen Personen, die an sich erwerbstätig sein könnten (vgl.Abbildung 14). Personen in Ausbil-dung werden und Erwerbslose werden bei dieser Betrachtung nicht mitgezählt. Diese Quote der Nichter-werbstätigen liegt bei den Späteingereisten weit über den Vergleichsgruppen. Von allen 21–24-jährigen Späteingereisten, die nicht in einer Ausbildung stehen, sind 17% Nichterwerbspersonen, die keine Arbeit suchen. Darunter sind viele junge Frauen, insbesondere solche, die keinen Abschluss auf der Sekundarstu-fe II haben. In dieser tiefqualifizierten Gruppe sind rund die Hälfte Nichterwerbspersonen, die keine Arbeit suchen.
0 20'000 40'000 60'000 80'000 100'000 120'000
21 - 24 25 - 29 30 - 34 35 - 39 40 - 44 45 - 49 50 - 54 Späteingereiste ohne Sek II Secondos ohne Sek II Total ohne Sek II Späteingereiste mit Sek II Secondos mit Sek II Total mit Sek II
Abbildung 13: Erwerbslosenquoten (ILO-Definition4) von Personen, die im Alter von 16–24 Jahren in die Schweiz zugewandert sind, von Secondos und dem gesamtschweizerischen Durchschnitt, 2013
Die Altersgruppen ab 55 Jahren können aufgrund der tiefen Fallzahlen nicht ausgewiesen werden. Quelle: SAKE 2013
Abbildung 14: Anteil Nichterwerbspersonen bei Personen, die im Alter von 16–24 Jahren in die Schweiz zugewandert sind, Secondos und dem gesamtschweizerischen Durchschnitt, (ohne Erwerbslose und Personen in Ausbildung), 2013
Quelle: SAKE 2013
4
0%
5%
10%
15%
20%
25%
21 - 24 25 - 29 30 - 34 35 - 39 40 - 44 45 - 49 50 - 54 Späteingereiste Secondos Total
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
14%
16%
18%
21 - 24 25 - 29 30 - 34 35 - 39 40 - 44 45 - 49 50 - 54 Späteingereiste Secondos Total
Der Anteil der Nichterwerbspersonen sinkt in den folgenden Altersgruppen, bleibt aber mit über 10%
weit über dem schweizerischen Durchschnitt. Im Familienalter steigen dann in den Vergleichsgruppen die Quoten an, so dass alle drei Gruppen nahe beieinander liegen, ab 40 Jahren dagegen bewegen sie sich wieder weit auseinander. Es sind unter den Späteingereisten nun zunehmend auch Männer, die zu den Nichterwerbspersonen zählen, wiewohl die Frauen in der Mehrzahl bleiben. Tiefe Qualifikation und Ge-sundheitsprobleme in diesen Altersgruppen dürften dabei eine wichtige Rolle spielen (vgl. auch B,S,S./KEK 2014).
Fazit zur Ausbildungs-, Erwerbs- und Familiensituation
Die Datenquelle lässt keine verlässlichen Aussagen zum Asylbereich und zu Personen in Internatsaus-bildungen zu. Für die Übrigen lässt sich festhalten: