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8.4.1 Einleitung

Mit der Justizreform wurde die Aufsicht wesentlich vereinfacht und kohärenter ausgestaltet.

 Der Grosse Rat übt über die Justizkommission die Oberaufsicht über die Gerichtsbarkeit und die Generalstaatsanwaltschaft aus.

 Das Obergericht nimmt die Aufsicht über die erstinstanzlichen Zivil-, Straf- und die Jugend-gerichte sowie über die Schlichtungsbehörden wahr.

 Das Verwaltungsgericht übt die Aufsicht aus über die Steuerrekurskommission, die Boden-verbesserungskommission, die Enteignungsschätzungskommission sowie über die Rekurs-kommission für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern.

 Die Generalstaatsanwaltschaft nimmt die Aufsicht über die kantonalen und regionalen Staatsanwaltschaften sowie die Jugendstaatsanwaltschaft wahr.

Im Zentrum steht die Frage, ob dieses Aufsichtsmodell zweckmässig und praktikabel ist. Dazu wurden sämtliche Leiterinnen und Leiter der Justizbehörden, der Leiter der Stabsstelle Ressour-cen, die Vorsteherin des Finanzdepartements, der Vorsteher und Generalsekretär der JGK, als auch die Präsidien der Justiz- und Finanzkommission befragt.

8.4.2 Erkenntnisse aus den Gesprächen

a) Oberaufsicht über die Gerichtsbarkeit und Generalstaatsanwaltschaft

Die Oberaufsicht über die Gerichtsbarkeit und die Generalstaatsanwaltschaft liegt bei der Justiz-kommission des Grossen Rates (Juko). Die Juko führt jährlich in drei Teams die Aufsicht über Staatsanwaltschaft, Obergericht und Verwaltungsgericht aus. Das Einvernehmen zwischen der Justiz und der Juko ist aus Sicht beider Akteure gut.

Die Aufgaben der Juko umfassen neben der aufsichtsrechtlichen Tätigkeit auch die Vorbereitung der Richterwahlen und die Wahl des Generalstaatsanwalts. Zudem ist die Juko zuständig für die Vorberatung des Budgets der Justiz. Grundsätzlich überlässt die Fiko der Juko die Vorberatung des VA/AFP der Justiz. Sie befasst sich nach eigenen Aussagen grundsätzlich nicht damit. Falls die Fiko mit den Anträgen der Juko nicht einverstanden wäre, so besteht die Möglichkeit, die Differenzen zwischen den Kommissionen zu bereinigen.

Die Fiko stellt fest, dass die Juko – ähnlich wie die Sachbereichskommissionen – Fachwissen über die Justiz aufbauen konnte und damit gleichzeitig eine gewisse Nähe zur Justiz entwickelt hat. Die Fiko hat den Eindruck, dass daher finanzielle Anliegen der Justiz durch die Juko tenden-ziell wohlwollender aufgenommen werden, als dies in der Fiko der Fall sein würde. Weil die Fiko aber den gesamtstaatlichen Haushalt betreut, hat sie eine grössere Distanz zu Anliegen einzelner Dienststellen und beurteilt diese kritischer, was auch in der Natur ihrer Aufgabe resp. Verantwor-tung liegt. Der Fiko-Präsident hat im Gespräch die Meinung geäussert, dass er es sinnvoller

fände, wenn die Fiko, welche für den gesamtstaatlichen Haushalt verantwortlich ist, auch für die Vorberatung des Budgets der Justiz verantwortlich wäre.

b) Aufsicht innerhalb der Gerichtsbehörden

Obergericht

Beim Obergericht wurde diese Aufgabe der bisherigen Aufsichtskammer der Geschäftsleitung übertragen und wird von einem dafür bestimmten Gerichtsinspektor wahrgenommen. Die Funk-tion des Inspektors hat im Kanton Bern TradiFunk-tion und ist schweizweit einzigartig. Zu seiner unab-hängigen Rolle gehört auch, dass er die Geschäftsleitung des Obergerichts unabhängig betrach-tet. Er ist daher direkt dem Gerichtspräsidenten des Obergerichts angegliedert.

Der Inspektor überprüft anhand der Tribuna-Einträge und weiterer Datenbanken die Geschäfts-tätigkeit der Regionalgerichte in Bezug auf Fallzahlen, Verfahrensdauern usw. und führt mit den Geschäftsleitungen und nötigenfalls direkt Betroffenen Gespräche, wenn die Auswertungen dies als anzeigt erscheinen lassen. Die Gerichte und Abteilungen müssen halbjährlich Bericht erstat-ten. Regelmässig führt der Justizinspektor sodann Inspektionen vor Ort durch. Die vom Oberge-richt auf diese Weise ausgeübte Aufsicht wird von den Beaufsichtigten als zweckmässig, prakti-kabel und adäquat erachtet. Das aktuelle Aufsichtsmodell sei klarer als die Regelungen vor der Reform und die Intensität sowie der mit der Aufsicht verbundene Aufwand angemessen. Auch seien die vorhandenen Aufsichtsinstrumente ausreichend.

Verwaltungsgericht

Am Verwaltungsgericht wurde zur Wahrnehmung der Aufsicht ein Ausschuss aus zwei Personen der Geschäftsleistung gebildet. Ausser gegenüber der Rekurskommission für Massnahmen ge-genüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern (RKMF), deren Entscheide direkt beim Bun-desgericht angefochten werden können, ist das Verwaltungsgericht gleichzeitig auch Beschwer-deinstanz der beaufsichtigten Kommissionen. Konflikte zwischen Aufsichts- und Rechtsmittel-funktion bestehen gemäss Verwaltungsgericht keine. Die Aufsicht Rechtsmittel-funktioniere problemlos. Im Gegenteil würden sich gewisse Synergien ergeben, indem das Verwaltungsgericht aus den Be-schwerdeverfahren ggf. über Informationen verfügt, um einen allfälligen Bedarf an aufsichtsrecht-lichen Massnahmen überhaupt zu erkennen. Es finden auch regelmässig Aufsichtsgespräche statt, an welchen unter anderem die durchschnittliche Verfahrensdauer besprochen wird.

Staatsanwaltschaft

Die Generalstaatsanwaltschaft schliesst mit den kantonalen und regionalen Staatsanwaltschaf-ten sowie der Jugendstaatsanwaltschaft eine Leistungsvereinbarung ab. Die leiStaatsanwaltschaf-tende Jugendan-wältin hat wiederum die Aufsicht über die Dienststellen inne (vgl. Kapitel 5.2).

Die Generalstaatsanwaltschaft kann im operativen Bereich und im Rechtsmittelgeschäft direkt Weisungen erteilen. Fachlich führen jedoch die leitenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte

Institutionelle Unabhängigkeit der Justiz ECOPLAN / WENGERPLATTNER

ihre Abteilungen. Hier schreitet die Generalstaatsanwaltschaft nur selten ein, z.B. wenn Penden-zen aussergewöhnlich hoch ansteigen und folglich abgebaut werden müssen. In erster Linie sind die leitenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte für die Überwachung der Arbeitserledigung verantwortlich. Die Staatsanwälte müssen dazu regelmässig über ihre Fallbearbeitung rapportie-ren. Die Geschäftsleitung kann gegebenenfalls mit einer Weisung zur Fallplanung einschreiten.

Die Aufsicht wird von den beaufsichtigten Staatsanwaltschaften als gut funktionierend und ange-messen wahrgenommen. Vereinzelt besteht der Wunsch, dass die Generalstaatsanwaltschaft ihr Controlling bei den abgekürzten Verfahren reduziert. Die abgekürzten Verfahren müssen alle durch die Generalstaatsanwaltschaft genehmigt werden, was bundesrechtlich nicht vorgeschrie-ben wird. Die Generalstaatsanwaltschaft hat bis anhin auch alle Anklagen an das Wirtschafts-strafgericht kontrolliert. Diese Kontrolle soll nun abgeschafft werden.

8.4.3 Schlussfolgerung

 Die Aufsicht innerhalb der Justiz ist zweckmässig organisiert. Durch die Reduktion und Ver-einheitlichung der Aufsichtsverhältnisse ist deren Handhabe auch praktikabler geworden.

 Die Oberaufsicht über die Justiz nimmt die Juko wahr. Zudem prüft sie auch das Budget der Justiz. Die Fiko nimmt sich weitgehend zurück, beobachtet aber in kritischem Abstand die Haltung der Juko gegenüber der Justiz. Letztlich liegt der Entscheid über Anliegen, namentlich Begehren für zusätzliche Stellen, beim Grossen Rat und kann somit von der Juko nur bedingt beeinflusst werden. Entsprechend der Anregung der Fiko kann durchaus geprüft werden, ob es im Sinn einer gesamtheitlichen Behandlung der Finanzbedürfnisse der kantonalen Behör-den nicht angebracht wäre, dass auch das Justizbudget durch die Fiko statt durch die Juko zuhanden des Grossen Rates vorbereitet wird.

8.5 Wahlprozedere: Richterinnen und Richter, Generalstaatsanwältin bzw.