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Anhang II – Übersicht Länder der Vergleichsanalyse

Fallstudie 8: Aufbewahrungspflichten Rechtsanalyse

§ 147 Abgabenordnung, § 257 Abs. 1 Handelsgesetzbuch und § 14b Umsatzsteuergesetz

Die geordnete Aufbewahrung bestimmter Geschäftsunterlagen zu abgeschlossenen Geschäftsvor-gängen dient steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Zwecken. Diese Regelung trifft jeden, der zur Buchführung verpflichtet ist, insbesondere Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches. Die Aufbewahrungspflicht ist in § 147 Abgabenordnung sowie in § 257 Abs. 1 Handelsgesetzbuch ge-regelt. Dort ist abschließend aufgezählt, welche Unterlagen wie lange aufzubewahren sind. Dane-ben gibt es auch branchen- und anwendungsspezifische Aufbewahrungspflichten für die öffentliche Verwaltung, Krankenhäuser, Telekommunikations- und Energieerzeugungsunternehmen, das Bauwesen etc. Verstöße gegen die Aufbewahrungspflicht werden steuerrechtlich genauso behan-delt, wie Verstöße gegen die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht.

Fehlen Unterlagen, kann es sein, dass die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht mehr gege-ben ist. Infolgedessen kann die Finanzbehörde eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vor-nehmen. Strafbar kann ein Verstoß nach § 283b Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) sein, wenn jemand Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseiteschafft, verheimlicht, zer-stört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert. Möglich-erweise kommt auch eine Strafbarkeit nach § 274 StGB (Urkundenunterdrückung) oder § 370 Ab-gabenordnung (Steuerhinterziehung) in Betracht.

Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen nach § 147 Abgabenordnung

Gemäß dieser Vorschrift sind folgende Unterlagen 10 Jahre geordnet aufzubewahren: Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz, Buchungsbele-ge, Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufü-gen sind. Für die empfanbeizufü-genen Handels- oder Geschäftsbriefe, Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Be-deutung sind, beträgt die Aufbewahrungsfrist 6 Jahre.

Aufbewahrung von Unterlagen und Fristen nach § 257 Handelsgesetzbuch

Nach dieser Norm ist jeder Kaufmann verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewah-ren: Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach

§ 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte, die empfangenen

Han-delsbriefe, Wiedergaben der abgesandten HanHan-delsbriefe, Belege für Buchungen, in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern.

Aufbewahrung von Rechnungen nach § 14b Umsatzsteuergesetz

Dieser Vorschrift zufolge hat der Unternehmer ein Doppel der Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder die in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, 10 Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt worden ist.

Gesetzgeberischer Handlungsspielraum ist grundsätzlich gegeben.

Ergebnisse der Fallstudie

Kurzbeschreibung: Die Aufbewahrungspflichten, die die Unterbringung bestimmter Geschäftsunter-lagen zu terminierten Geschäftsvorgängen regeln, dienen steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Zwecken.

Befragte: Im Rahmen dieser Fallstudie wurden Interviews mit Unternehmensvertretungen aus den Branchen Baugewerbe, Handel, Produzierendes Gewerbe, Unternehmensnahe Dienstleistungen und Handwerk geführt. Es konnten Kleinst- und Kleinunternehmen sowie 2 große Unternehmen als Gesprächspartner gewonnen werden.

Ergebnisse: In den Unternehmen ist die Umsetzung der genannten Vorschrift mit einem zeitlichen und logistischen Aufwand verbunden. Für die Unternehmen bedeutet diese Vorschrift, dass sie für die Unterlagen Lagerplatz aufbringen müssen. Die Unternehmensgröße ist für den aufzubringen-den Lagerplatz und die damit verbunaufzubringen-dene Belastung im Unternehmen entscheiaufzubringen-dend. Dementspre-chend ist bei größeren Unternehmen durch die größere Menge an Dokumenten mehr Aufwand und Lagerraum notwendig. Durch die Raumnutzung entstehen generell immer Kosten, die das Unter-nehmen tragen muss. In den meisten Fällen gaben die befragten UnterUnter-nehmen an, dass Lager-raum im Unternehmen vorhanden ist. Bei einem Kleinstunternehmen reicht die vorhandene Büro-fläche aus, um die Dokumente zu lagern. Einzelne Unternehmen mussten jedoch Raumanmietun-gen vornehmen, die mit einem Mietkostenaufwand verbunden sind. Ein Unternehmen plant den Bau eines weiteren Gebäudes, das ausschließlich für die Archivierung genutzt werden soll. Einige Unternehmen waren der Meinung, dass bei einem Anstieg der aufzubewahrenden Unterlagen eine eventuelle Auslagerung bzw. Erweiterung des Lagerraums vorgenommen werden müsste. Darüber hinaus ist es schwierig, einen Raum zu finden, der für die Aufbewahrung geschäftlicher Unterlagen geeignet ist. Hier sind insbesondere Anforderungen an Feuchtigkeit, Zugriffsbeschränkung und Brandschutz zu beachten.

Neben den Raumkosten ist ein zeitlicher Aufwand für die Verwaltung und Archivierung erkennbar, von dem sich die meisten Unternehmen jedoch wenig belastet fühlen. In kleinen und mittleren Un-ternehmen wird der Zeitaufwand als gering eingeschätzt und je nach Anzahl der Beschäftigten, die sich mit der Archivierung beschäftigen, mit ungefähr 1–2 Arbeitstagen im Jahr beziffert. In Großun-ternehmen ist für die Einhaltung der Vorschrift nicht nur ein größerer Platzbedarf notwendig, son-dern auch ein größerer zeitlicher Aufwand erforderlich. Ein großes Unternehmen gab an, für die Archivierung seiner Geschäftsunterlagen 4 Vollzeitkräfte zu benötigen.

Die elektronische Aufbewahrung wird von einigen befragten Unternehmen als hilfreich empfunden.

Ein befragtes Kleinunternehmen gab an, dass die elektronische Speicherung von der Zentrale ge-gen geringe Vertragskosten übernommen wird. Das Gros der kleinen Unternehmen berichtete je-doch von Schwierigkeiten mit dieser Form der Informationslagerung. In den meisten Fällen sind sich die kleineren Betriebe nicht sicher, welche technischen Anforderungen sie hierfür zu erfüllen hätten. Andererseits besitzen sie eine bereits funktionierende Archivierung in Papierform und nut-zen ohnehin kaum digitale Rechnungen, weshalb Unterlagen bereits in Papierform vorlägen. Zu-sätzlich müssten die Unternehmen in technische Ausstattung investieren, um die Ansprüche an die elektronische Aufbewahrung zu erfüllen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt im Regelfall dazu, dass KMU ihren Aufbewahrungspflichten in Papierform nachkommen.

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