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Auf die steirischn Alma bin i niedagsessn

Im Dokument Erika Sieder und Walter Deutsch (Seite 172-177)

1. Auf da steiarischen Alma bin i nieda g’seß’n

Und mei schwarz augats Diarnal, kann i nit vergeß’n.

Aufgezeichnet – vermutlich – 1933 von Paul Urstöger „Otto Eberhards und Curt Rotters Flachauer Zuträger“1172, „Lied aus Gosau“, ohne Angabe der Gewährsleute. SVLW, C 07/f. Das Fragment zeigt ebenso wie die nachfolgende, etwa zeitgleiche Aufzeichnung aus Bad Aibling dieselben melodischen Konturen eines Wiederholten Viertakters.

Die in Kiem Paulis „Sammlung Oberbayrischer Volkslieder“ veröffentlichte Fassung des Ulrich Toni aus Bad Aibling (1928) zeigt in der Liedweise dieselbe viertaktige Gestaltung wie (16a). Der Jodler entspricht dem Jodler-Typus [Au – 18], „Hå i duli di e – ’n alt’n Lecherbauern seiner“.

1173

(17)

L: 2

5

3

1

7 1 /

J: 1 7 7 1

zweistimmig

1172 Anmerkung von Dr. Wolfgang Dreier-Andres, SVLW.

1173 Siehe dazu Band 22/2.1, Kapitel A.I.1., op. cit., Jodler Typus A ungeradtaktig [Au – 18], S. 107.

B.III. Jodler-Lied geradtaktig / Sonderformen – Geschichte einer Liedstrophe

Auf da steiarischen Alma bin i nieda g’seß’n

T+M / 1:2 – Fragment

Auf die steirischn Alma bin i niedagsessn

T+M / 2:2 + Jodler

1. Auf die steirischn Alma bin i nieda gsessn Und die steirischn Dirndl ko i net vogessn.

Ho la dje dri ri o ri hol dje di ri o ri Je di ri o ri hol dje di ri a

Ri je diri o ri hol dje hui di ri ri o ri – auf da Alm.

2. Du herzigs schöns Dianal, nur bei dir liegt die Wahl, Konnst an andern Buam nehma, wann scho i dir net gfall.

Ho la dje dri ri o ri hol dje di ri o ri Je di ri o ri hol dje di ri a

Ri je diri o ri hol dje hui di ri ri o ri – auf da Alm.

Aufgezeichnet 1928 von Kiem Pauli in Bad Aibling, gesungen von Ulrich Toni. In: Kiem Pauli (Hg.): Sammlung Oberbayrischer Volkslieder, mit einem Nachwort von Karl Alexander von Müller, München 1934, S. 354.

Nachweise und Verbreitung:

Seidl (1850), Drittes Heft, S. 45, Nr. 9.

Auf der steirischen Alm bin ih oanmahl g’wess’n;

Sach a schwarzaugat’s Diend’l, kann ’s nit mehr vergess’n..

Schlossar (1881), S. 181f., Nr. 145, op. cit., Str. 2, Zle 5–Zle 8, dem Reim entsprechend zweizeilig.

Auf der karntnerischen Alm bin i niedergsessen, Und auf die steirischen Dirnln kann i nit vergessen.

Greinz (1894) – Schliersee’r Schnadahüpfeln, Erstes Bändchen, S. 23, Nr. 1:

Af da boarisch’n Grenz bin i niedag’sess’n, Und die boarische Liab’ kann i nia vagess’n!

„Auf der steirischen Alma bin i drobmat gsessañ, und die steirische’n Mentscha kån i leicht vagessen“, T+M / 2:2 + Jodler und Textzeile „i da hålts nit!, aufgezeichnet 1898 von Josef Pommer in Sieding, gesungen von Bürger-meister Mathias Hauer und Franz Bock, beide Wirtschaftsbesitzer in Sieding. NÖVLA, A 371/8. Hinweis in Pommer 4 (1902), S. 137f., Nr. 128, resp. S. 288, Nr. 306. Textvariante. Andere Liedweise. Anderer Jodler.

Bei vielen Liedern habe ich keinen Sänger angegeben, ich hätte eine ganze Runde nennen müssen.

(Begleitschreiben an Josef Pommer, 26. März 1908. STVLA, Mappe 39.)

„Und auf der steirischen Grenz bin i nieda gsess’n – Von der steirischen Grenz“, T+M / 4:4, aufgezeichnet 1901 von Raimund Zoder in Kirchberg a. d. Pielach, gesungen von Maria Labner und ihrer Schwester. Druck-fassung. NÖVLA, A 38/15; gedruckte Fassungen in: DVL 25 (1923), S. 4f. „Auf da steirischn Grenz – Von der steirischen Grenz“, T+M / 4:4, aufgezeichnet 1901 von Raimund Zoder, gesungen von den Töchtern der Labner-Wirtin in der Soiß bei Kirchberg a. d. Pielach mit Schreibvarianten „Freid / Freud; Buachan / bua-chan; Kotek / Zoder (1948), S. 129, „Auf der steirischen Grenz“, T+M / 3:4; mit Str. 4 der hs. Originalaufzeich-nung in: Hofer 1 (1975), S. 13, Nr. 9 „Auf der steirischen Grenz“ mit Dialektvarianten „kañ / koañ; scheidest / scheiden tuast“ und Textergänzungen „der Str. 5 bis Str. 11 [nach ms Manuskript] von L. Bergolth“.

Pommer 4 (1902), S. 137f., Nr. 128, „Auf da steirisch’n Ålma bin i drobma g’sess’n – Auf der steierischen Ålma.

Jodlerlied“, T+M / 2:2 + Refrain-Jodler, aufgezeichnet 1868 in Bruck an der Mur, gesungen von Josef Stadler, Forstverwalter in Großhollenstein, N.Ö.

Aus Sieding, am Fuße des Schneebergs, ist eine ziemlich abweichende, jedoch vortreffliche Singweise dieses Jodlerliedes überliefert.

„Auf der steiarischen Ålma bin is nieda gsess’n“, T+M / 2:2, aufgezeichnet 1908 von Christian Bogensberger in Aschbach bei Mariazell. STVLA, Mappe 39, 4. Eigene Gstanzl-Melodie.

Halberstadt (1912), S. 115–117, „Und af da steirischen Alma bin is nieda g’seßen – Almlied“, T+M / 2:2 + Jodler (vierstimmig), aufgezeichnet 1892 am Breinerhof. Textvariante. Melodievariante zur Aufzeichnung Franz Reingruber 1920. Nachdruck in: Eva Maria Hois: Unser Liederbuch – Semmering (= Lieder der Regionen 5), Graz 2016, S. 96f.

„Auf der steiarischn Alma bin i niedergsessn“, T+M / 4:2 + Jodler, aufgezeichnet 1915 von Otto Dengg im Lammer- tal / Tennengau (Sbg.), gesungen von „Frauen Dengg & Pirker“, Reinschrift der hs. Aufzeichnung durch Curt Rotter. Nachdruck mit Liedweise-Variante, anderem Jodler und anderen Folgestrophen. In: Adolf Dengg:

Mein Liederbüchl. Noten zu den schönsten Liedern des Textliederbuches „Leutln, hiaz sing mar oans!“ von Otto Dengg sowie viele weitere Volkslieder, Gstanzln und Jodler in ein-, zwei- und dreistimmigem Volkssatz, Mayrische Buchhandlung Otto Neugebauer, Salzburg 1949, S. 96, Nr. 90, „Auf da steirischen Ålma bin i ’s niedag’sessn“, T+M / 3:2 + Refrain-Jodler.

B.III.3. Geschichte einer Liedstrophe

B.III. Jodler-Lied geradtaktig / Sonderformen – Geschichte einer Liedstrophe

DVL 31 (1929), S. 105, Klier: Volkslieder aus Slawonien, aufgezeichnet von Wiener Wandervögeln (H. Franz, F. Kandler u. T. Preißler):

Bei einer Grenzlandsfahrt kamen Wiener Wandervögel in die Sprachinsel Hrastovac (zu deutsch Eichen- dorf) nordwestlich von Bosnisch-Brod in Jugoslawien. Die Bewohner sind vor beiläufig vierzig Jahren in dem dortigen Urwald aus fast allen deutschen Gebieten der ehemaligen Monarchie Österreich-Ungarn angesiedelt worden … eine mannigfaltige Zusammensetzung des Liedgutes … [unter] den dort gesungenen und aufgezeichneten Volksweisen: „Auf der steirischen Alma“.

„Auf die steirischn Alma bin i niedagsessn, und die steirischn Dirndl ko i net vogessn“, T+M / 2:2 + Jodler, auf-gezeichnet 1928 von Kiem Pauli in Bad Aibling, gesungen von Ulrich Toni. In: Kiem Pauli (Hg.): Sammlung Oberbayrischer Volkslieder, mit einem Nachwort von Karl Alexander von Müller, München1934, S. 354.

Str. 2 anderer Text. Andere Liedweise. Anderer Jodler.

Jungbauer 1 (1930), S. 200f., Nr. 138a, „Auf da steirischen Ålma san ma ’s niedagsessn“, T+M / 7:4, aufgezeichnet 1905 von Gustav Jungbauer und Hans Brazda in Vorderhammer, gesungen von Marie Köchl. Andere Melodie.

Str. 2 bis Str. 7 anderer Text; S. 201, Nr. 138b, „Auf da steirischen Ålma bin i niedergsessn“, T / 8:4, aufge-zeichnet 1907 von Franz Dichtl in Deutschhaidl. Str. 2 bis Str. 7 anderer Text; 201f., Nr. 138c, „Auf da stei-rischen Ålma san ma ’s niedagsessn – Nachtbesuch“, T+M / 3+4, aufgezeichnet 1905 von Gustav Jungbauer und Hans Brazda in Vorderhammer, gesungen von Marie Köchl. Alle Strophen-Varianten als Schnaderhüpfel im Wechselgebiet belegt. Melodievariante zu Reingruber-Aufzeichnung (Außer-Neuwald 1920).

„Auf da steiarischen Alma bin i nieda g’seß’n“, T+M / 1:2, Fragment, aufgezeichnet [1933] von Paul Urstöger,

„Lied aus Gosau“, ohne Angabe der Gewährsleute. SVLW, C 07/f.

Dreo / Burian / Gmasz (1988), S. 118, Nr. 73, „Auf da ungarischn Grenz bin i niedagsessen“, T+M / 4:4, aufge-zeichnet 1977 von Sepp Gmasz in Illmitz, gesungen von den „Illmitzer Frauen“. Andere Melodie; S. 240, Nr. 149, „Jå, übers Bachal bin i gsprunga“, T+M / 6:2, aufgezeichnet 1961 von Harald Dreo in Großhöflein, gesungen von Hermann und Margarethe Titzer. (Bgld.VLA, 133/22). Andere Melodie. Str. 6:

Jå, auf da stoasteirischn Ålma bin i ’s niedagsessn, Jå, und mei schwårzaugats Diandl kånn i nit vagessen

Bergolth (1992), S. 44, Nr. 24 „Auf der steirischn Grenz bin i niederg’sessn – Auf der steirischen Grenz“, T+M / 6:2. Str. 2 bis Str. 6 anderer Text, siehe dazu [LuR – 20]. Melodievariante zu regionaler Fassung Str. 3.

Deutsch / Distelberger (1993), S. 22, „Auf der steirischen Ålma bin i ’s niedagsessn“, T+M / 3:4 + Jodler, aufge-zeichnet 1913 von Raimund Zoder im Haselgraben bei Waidhofen/Ybbs, gesungen von Maria Tatzreiter vulgo Luegerin und ihrer Tochter. NÖVLA, A 83/12. Str. 2 und Str. anderer Text. Andere Liedweise. Anderer Jodler.

Holzapfel 5 (1994), S. 53, s. v. „vergessen“, Nr. 2089, mit weiteren Quellenangaben.

Liederösterreich (1999), S. 47, „Auf der Steirischen Grenz bin i niederg’sess’n“, T+M / 4:2. Nachdruck der Str. 1, 2, 5 und 6 der Reingruber-Aufzeichnung (Außer-Neuwald 1920, NÖVLA, A 230/13). „Liebeslied aus der Steiermark“ [sic!].

„Auf der steirischen Ålma bin i ’s niedergsessn“, T+M / 6:2. In: meine Lieder – deine Lieder, 10. Jg. Blatt 1, Gundl Holaubek-Lawatsch: Meine liebsten Lieder und Jodler, Steirisches Volksliedwerk, Graz 2010, S. 26. Verweis auf Pommer-Aufzeichnung (1868). Liedweise Variante zu Reingruber-Aufzeichnung Außer-Neuwald 1920.

Dieses ein bisschen Kärntnerisch anmutende Lied, das wahrscheinlich aus dem oberen Murtal stammt, habe ich von der Mitzi-Dirn gelernt. Im Steirischen Volksliedarchiv gibt es die Aufzeichnung einer an-deren Melodie aus Aschbach bei Mariazell 1908 (STVLA, Mappe 39)1174. Manchmal beginnt dieses Lied mit den Worten „Auf der steirischen Grenz“.

Singen im Wirtshaus (2012), S. 130f., Nachdruck meine Lieder – deine Lieder, Gundl Holaubek-Lawatsch, op. cit. mit weiteren Strophen aus Anton Hofer und Wolfgang Strohmayer (Hg.): Heint gehn ma nimmar hoam. Lieder fürs Wirtshaus aus der niederösterreichischen Singtradition (= Niederösterreichische Lie-derhefte 19 [sic! 15]). Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft „Singen und Musizieren“ im NÖ Bildungs- und Heimatwerk, Amstetten – Matzen 1995, S. 9; Verweis auf Variante Deutsch / Distelberger (1993), op. cit.

Lieder der Regionen 5 (2016), S. 96f., „Auf da steirischen Ålma bin i’s niedagsessn“, T+M / 4:2 + Jodler.

Nachdruck Halberstadt-Aufzeichnung mit motivisch veränderter Liedweise und identem Jodler.

Anmerkung:

Die 17 Fassungen des Liebesliedes „Auf der steirischen Alma bin i niedergsessn“ sind beispielhaft für melodische und formale Besonderheiten von Aufzeichnungen in abgrenzbaren Überlieferungsräumen. Die auf beiden Seiten des Wechsels, dem angrenzenden Semmering und in der Region des Schneeberggebiets aufgezeichneten Fassungen zeigen eine größere Zahl gesungener Varianten. Mit weiteren Fassungen aus der Obersteiermark und aus Kärnten liegt eine Vielzahl unterschiedlicher melodischer Profile vor, welche zur melodischen und formalen Differenzierung des vorliegenden Liedtypus beitragen. Die Darstellung der 1174 Siehe Nachweis Nr. 4, aufgezeichnet 1908 von Christian Bogensberger.

B.III.3. Geschichte einer Liedstrophe

einzelnen Beispiele erfolgt aufgrund ihrer formalen Struktur. Auffallend ist, dass von 17 unterschiedlichen Fassungen nur fünf Aufzeichnungen – (1), (2), (4), (16a) und (17) – einen Refrain-Jodler aufweisen.

Der Wiederholte Viertakter bildet das formale Grundmuster für unterschiedliche Melodien. Er entspricht der einfachsten Art, einem Text mit zwei Langzeilen oder vier Kurzzeilen den adäquaten Rahmen zu geben.

In Beispiel (2) aus Bruck an der Mur ist die viertaktige Liedweise eine klangbrechende Gstanzl-Melodie mit großen Intervall-Sprüngen, welche durch den Lagenwechsel der Jodlerstimme entstehen. Der nach-folgende Refrain-Jodler gliedert sich in ungewöhnlicher Art in 2 + 4 + 4 + 2 Takte mit unregelmäßiger Aufeinanderfolge der zweitaktigen Motive.

Eine Variante dieses Liedes ist durch Josef Pommers handschriftliche Aufzeichnungsskizze aus Sieding (3) belegt. Sie zeigt keine „ziemlich abweichende … Singweise“, wie Pommer in der gedruckten Fassung aus Bruck an der Mur (2) feststellt, sondern entspricht demselben Typus und zeigt eine Verwandtschaft.

Die Variante des dazu gesungenenen Jodlers (3) ist – trotz schwer lesbarer und verblichener Notation – aus der veränderten Ordnungszahl des Incipits abzulesen.

Im Wiederholten Viertakter von Beispiel (9) vollzieht die Hauptstimme mit ihrem dominantischen Anstieg den elementaren tonalen Weg von der Terz in den Grundton. Das Intervall der Terz, als Rahmen für einen melodischen Weg, ist in der österreichischen Volksmusik die häufigste Struktur für knappe, organisch wirksame Melodien1175.

In Beispiel (10) wird der Liedtext mit jenem Wiederholten Viertakter gesungen, dessen Melodie Ernst Hamza 1908 als „die im ganzen Wechselgebiet häufigste Schnaderhüpfl-Melodie“ beschreibt1176.

Mit dem Wiederholten Viertakter von Beispiel (11) tritt deutlich die stilistische Nähe mancher Singweisen zum Ländler / Steirer hervor. Die enge Verwandtschaft der vorliegenden Melodie mit dem „Steirer“ zeigt deren Gegenüberstellung zu einem „Steirischen“ aus Scheifling (Obersteiermark), aufgezeichnet um 1910 von Viktor Jabornik (1862 – 1933).1177

(11) 1908

Scheifling 1910

Für den Wiederholten Viertakter aus Vorderhammer / Böhmerwald (12) findet sich in der oberöster-reichischen „Landler-Sammlung“1178 eine melodische Parallele. Die Liedweise bildet einen geschlossenen Bogen, welcher in den ersten beiden Takten einen motivischen Impuls für den Anstieg in die nächsthö-here Lage erhält.

Der Wiederholte Viertakter der Fassungen aus dem Lammertal (Salzburg) und der Gosau (Oberösterreich) unterscheidet sich nur durch rhythmisch unterschiedlich akzentuierte Motive. Die handschriftliche Dengg-Aufzeichnung aus dem Lammertal (16a) zeigt in der von Curt Rotter1179 kommentierten und vierstimmig notierten Reinschrift einen Refrain-Jodler. Nach vier Takten erhält der dreistimmig parallel geführte Haupt-satz einen simultan einsetzenden Solojodler als Überschlag. Die handschriftliche Urstöger-Aufzeichnung (16b) liegt archivert nur als Fragment vor. Die Liedweise dieser Fassung findet sich auch in einer oberbaye-rischen Aufzeichnung (17), welche der Musiker und Liedsammler Kiem Pauli (1882 – 1960) in seinem Haupt-werk „Sammlung Oberbayerischer Volkslieder“ (München 1934) veröffentlichte. Auch für diese Version ist die formale Gegebenheit des Wiederholten Viertakters bezeichnend. Der anschließende Refrain-Jodler zählt mit seiner melodisch-harmonischen Entfaltung zum Grundtypus der „musica alpina“. Dessen Ordnungszahl 1 7 7 1 umfasst eine kaum überschaubare Anzahl von Varianten in der Lied- und Tanzmelodik.1180

1175 Vgl. z. B. Walter Deutsch: Das alpenländische Liederbuch,Wien 1979, S. 28, „Is wohl a scheane Zeit“; S. 42, „Wås braucht ma auf an Bauerndorf?“; S. 52, „Bin an årmer Hüatabua“; S. 64, „Der Bauer verkaft sein Åcka und Pfluag“; S. 87, „Auf der Ålm is koan Bleibm“; S. 150, „Unta da Lindn“; S. 169, „Wås kümmern mi die Sternlan“; S. 244, „Es blühen die Maien“;

S. 256, „Lippei, sollst gschwind aufstehn!“, u. v. a.

1176 Siehe Band 22/2.1, Kapitel A.II., op. cit., Lied mit Refrain-Jodler ungeradtaktig [LuR – 15], „Daß ’s in Wåld finsta is, deis måcht dås Hulz, S. 305ff.; siehe auch Kapitel C.III.2., op. cit., Gstanzl mit Liedweise [LuSh/L – 4], S. 930; S. 900.

1177 COMPA 2 (1994) – Deutsch / Gschwantler: Steyerische Tänze, S. 366, Nr. 1 (7).

1178 COMPA 8 (1998) – Derschmidt / Deutsch: Der Landler, S. 463, Nr. 4, Schildberg / Traunviertel 1873.

1179 Curt Rotter war in den Jahren um 1930 Obmann des Arbeitsausschusses für das Volkslied in Salzburg.

1180 Siehe Kapitel C.I. Tanz ungeradtaktig / geradtaktig [Tu] / [Tg], S. 802, S. 804; Band 22/2.1, Kapitel A.I.1., op. cit., Jodler-Typus A ungeradtaktig [Au], S. 68–109.

Die Beispiele (4) und (6) belegen mit ihrer traditionellen Melodiegestalt im Rahmen des Ungeteilten Achttakters1181 eine weitere Formkategorie. Mit einem Anstieg zur Quint bilden die ersten vier Takte einen Melodiebogen, welcher seine formale Entsprechung im absteigenden Melos erhält. Die Wiederholung der zweiten vier Takte entspricht einer melodischen Schlussbekräftigung. In Beispiel (4) zeigt die Melodie eine reichere Diminution als in Beispiel (6), welches in seiner Ausführung die Grundform dieses Melodie-Typus – ohne Jodler – repräsentiert. Dazu liegt eine idente Aufzeichnung aus dem Böhmerwald1182 vor.

Die Beispiele (13) und (14) zeigen in ihrem Formablauf einen Geteilten Achttakter / eine Periode. Diese Struktur hat eine formal dominierende Stellung im österreichischen Volkslied. Der Halbschluss für die erste und der Ganzschluss für die zweite viertaktige Phrase bilden eine Musikform, welche den idealen Rahmen für unterschiedliche Inhalte darstellt. Der Rhythmus der Melodie und die zugrunde liegende Har-moniefolge geben dem Lied eine Prägnanz, welche es von anderen Erscheinungen ähnlicher Art abhebt.

Bei den Beispielen (13) und (14) handelt es sich um Aufzeichungen von zwei gänzlich unterschiedlichen Melodiestilen: einerseits der gemeindeutsche Melodietypus mit durchgangsbetonten Melodik, andererseits der alpine Musikstil mit klangbrechender Ländler-Melodik.

Im frühesten Textbeleg (Seidl 1850) wird „auf der steirischen Alm“ ein unvergessliches „schwarzaugat’s Diendl“ besungen, bei Schlossar (Steiermark 1881) liegt die Alm „an der karntnerischen Grenz“, wie auch in der Liebleitner-Aufzeichnung (1) aus Vorau (1928). In der frühesten Liedaufzeichnung mit Refrain-Jodler (2) aus Bruck a. d. Mur (1868) sind „die steirisch’n Diandlan“ unvergesslich, auch wenn vom Sänger in Str. 2 spöttisch angemerkt wird, dass sie trotz „Kröpf glaub’n, sö sant scheañ“. In der Textvariante (3) der Fas-sung aus Sieding am Fuße des Schneebergs (1898) findet der Spott über „die steirisch’n Mentscha“ bereits in Str. 1 seinen Ausdruck, denn sie sind vom Sänger „leicht zu vagessen“, gefolgt vom verächtlichen Spott:

Und die steirisch’n Mentscha, dö glaub’n, sö sant scheañ.

Steigt ma eahna auf die Kröpf, siacht ma d’ Sunn åbigeahñ.1183

1181 Vgl. „Ungeteilter Achttakter“, Kapitel C.III.1., op. cit., Gstanzl-Melodien [LuSh], S. 868ff.

1182 Jungbauer 1 (1930), S. 201f., Nr. 138c, „Auf da steirischen Ålma san ma ’s niedagsess“n“, Vorderhammer 1905.

1183 Pommers Vermutung (2) „wahrscheinlich niederösterr. Spottgesätz“ widerspricht die Variante aus dem Mürzthal (Werle 1884, S. 282) – wenn auch mit der Sicht auf die aufgehende Sonne,

D’ Mürzthala Deand’ln moan All’, sö war’n schean. Wan mar af d’ Kröpf auffisteigt, siacht ma d’ Sun aufgeah’n.

Die Variante aus dem Salzbachthal drückt noch mehr Verachtung aus:

D’ Oesterreicha Mentscha, sö moan’, sö war’n schön. Sö war’n rechti Stutz’n zan Küa suach’n geh’n.

B.III. Jodler-Lied geradtaktig / Sonderformen – Geschichte einer Liedstrophe

[LgT – 3]

L: 1 2 7 1 /

siehe Jodler

J: 1

5

7

5

7

5

1

5 [Au – 13] und Lied zweistimmig [LgR – 10]1184

Notensatz Josef Hutz 1. Wås håt denn der Teixl scha wieda in da Mühl,

Weils goar a so rumplt, sunst gehts so mäuserlstüll.

Dri ho e di, dri ho e ho, dri ho e di, dri ho e ho Dri ho e di, dri ho e ho, dri ho e hobbs, ho da ro.

2. Dås Mühlrådl is brocha, dås kenn i schoñ im Gång.

I bin a fescha Müllersbua, und stöll mas wieda zsamm.

Dri ho e di …

3. Da Erschti muaß den Kråmpn trågn, Da Zweite muaßn einischlågn,

Da Dritti muaß mitn Schupfkoarrn foahrn Und schwitzn wia die Noarrn.

Dri ho e di, dri ho e ho, dri ho e di, dri ho e ho Dri ho e di, dri ho e ho, dri ho e hobbs, ho da ro.

Weitere Strophen gingen verloren.

(J. Hutz)

Aufgezeichnet 1987 von Josef Hutz in St. Lorenzen a/W., „im Volkston“ gesungen. Privatarchiv Hutz, Lied Nr. 50.

Liedtext entspricht der handschriftlichen Erstaufzeichnung, lokaler Dialekt z. Tl. durch hochsprachliche Schreibung ersetzt (z. B. scha = schon).

Weitere regionale Fassungen:

ad Str. 3:

„Oana muass den Kråmpn trågn“, T+M / 2:4 + Refrain-Jodler, aufgezeichnet 1920 von Franz Reingruber in Außer-Neuwald, N.Ö. Wechselgebiet. [LgR – 10], S. 744f.

1184 Siehe Kapitel B.II. Lied mit Refrain-Jodler geradtaktig [LgR – 10], S. 744; Band 22/2.1, Kapitel A.I.1., op. cit., Jodler-Typus A ungeradtaktig [Au – 13], S. 95.

B.III.3. Taktwechselndes Jodler-Lied geradtaktig [LgT]

Im Dokument Erika Sieder und Walter Deutsch (Seite 172-177)