Kontroverse zum Gastkommentar aus Z. Allg. Med. 1992; 68: 1-2.
(...) Ich muß hier ganz klar dagegen Stellung nehmen, daß wir Allgemei
närzte Anwälte unserer Patienten sein sollen. Anwalt heißt, für jeman
den die Verantwortung zu überneh
men. Wenn wir für unsere Patienten die Verantwortung übernehmen wollen, werden wir in ärgste Schwie
rigkeiten kommen - denn das hält kein Arzt psychisch über längere Zeit aus.
Wir haben genug damit zu tun, verantwortlich zu handeln - das heißt: was wir tun, müssen wir vor allem vor uns und natürlich auch vor den Patienten verantworten können.
Mehr ist nicht machbar. Jeder Arzt, der länger in einer eigenen Praxis tätig ist, wird es am eigenen Leib verspüren, wenn er etwas anderes versucht.
Und wo würden dann die Mündig
keit des Patienten und seine Eigen- und Mitverantwortlichkeit bleiben, die von verschiedenster Seite gefor
dert werden, wenn wir die Anwalt
schaft über unsere Patienten über
nehmen. Beides, weder die Anwalt
schaft noch die Mündigkeit aber ent
sprechen der Praxisrealität.
(...)
Was Sie unter medizinisch techni
scher Bescheidenheit verstehen, weiß ich nicht. Ich kann mir nur vor
stellen, daß Sie den Allgemeinarzt bedauern, weil er nicht wie ein Kli
niker diverse Maschinen und Appa
rate für seine Diagnostik anwenden kann. Daß diese der Allgemeinarzt aber meist nicht benötigt, können Sie nicht wissen. Denn unsere Fälle setzten sich zu etwa 90% aus Baga
tellfällen zusammen, wo eine auf
wendige Diagnostik nicht erforder
lich ist. Allerdings muß einem klar
sein, daß die Feststellung »Bagatell- erkrankung« immer nur eine nach
trägliche ist, wenn die Gesundheits
störung also wieder abgeklungen und der Patient gesund ist.
Und daß die Aufnahme authenti
scher menschlicher Beziehungen (???) ohne Aufgabe ihrer Institutio
nalisierung (???), ärztliche Seelsorge als Anwaltschaft des Patienten den Allgemeinarzt qualifizieren soll
-Nun, wenn das wirklich so wäre, inklusive der von Ihnen angenom
menen so überaus häufigen psychi
schen Erkrankungen in der Allge
meinpraxis, wozu dann unser langes Medizinstudium? Wir könnten doch unsere Patienten mit einer Ausbil
dung in Psychologie oder Psychoso
matik bestens betreuen und jene paar Fälle, die nicht psychisch be
dingt sind, an die Spezialisten abge
ben.
Dann aber würde es blitzartig keine Allgemeinmedizin mehr ge
ben, denn die Verluste an Menschen
leben wären so hoch, daß kein Staat sich etwas derartiges leisten könnte.
(...)
Dr. med. Harro üanninger Lektor der Medizinischen Fakultät der Universität Wien
Leiter des Niederösterreichischen Institutes für Allgemeinmedizin
A-3595 BrunnAViled 60
Erwiderung von Stephan Doering
(...)
Wenn ich behaupte, daß ein Groß
teil der Patienten wegen seelischer Bedürftigkeit zum Allgemeinarzt kommt, so meine ich damit natürlich nicht, daß alle diese Menschen psy
chisch oder psychosomatisch krank seien. Sie haben in den meisten Fäl
len eine körperliche Erkrankung, nur ist es oft so, daß diese nur Vorwand,
aber nicht Hauptgrund des Arztbe
suches ist. Viele Besuche beim Allge
meinarzt sind aus medizinischer Sicht überflüssig, haben ihren Sinn aber in der menschlichen Begegnung mit dem Arzt. Daß diese Patienten in den Fallstatistiken nicht unter den psychogenen Erkrankungen auftau
chen, versteht sich von selbst.
Bei der Frage der Anwaltschaft des Allgemeinarztes stehen wir sicher in einem grundlegenden weltanschau
lichen Widerspruch zueinander.
Meine Aussagen beruhen auf der Annahme, daß wir oft in der Lage sind, andere Menschen besser zu verstehen, als sie selbst es können.
Gerade für den Allgemeinarzt, dem sich der Patient ja mit seinen Nöten anvertraut, resultiert daraus eine Verantwortung, der er sich meiner Meinung nach nicht entziehen kann.
Er kann sich darauf beschränken, medizinisches Schulwissen anzu
wenden und sich aus allen persönli
chen seelischen Widersprüchen des Patienten heraushalten; er kann sich aber auch bemühen, diese Wider
sprüche zu verstehen, und aus die
sem Verständnis heraus versuchen, dem Patienten gerecht zu werden.In diesem Sinne bedeutet Anwaltschaft selbstverständlich nicht Entmündi
gung des Patienten, sondern die be
wußte Einflußnahme im Interesse des Patienten, mit der Bereitschaft, das Verursachte mitzuverantworten.
Dieser Anspruch ist in den zwei Bei
spielen aus der Praxis für mein Emp
finden eindrucksvoll erfüllt worden.
Medizinisch technische Beschei
denheit ist für mich der obenge
nannte Verzicht auf klinisch-tech
nisch anspruchsvolle Medizin, den ich Ihrer Annahme entgegen nicht bedauere, sondern hochschätze.
Authentische menschliche Bezie
hungen entstehen zu lassen heißt.
Leserbrief *** Leserbrief Leserbrief
359die ganze Persönlichkeit in eine Be
gegnung einfließen zu lassen, auch vor dem Patienten der zu sein, der man ist, und nicht ein funktionieren
des Werkzeug, das Wissen und er
lernte Fähigkeiten am Patienten an
wendet. Die Wahrung der Institutio
nalisierung einer solchen Beziehung bedeutet, bei aller Einfühlsamkeit und momentanen Intensität der Be
gegnung eine Distanz zu wahren, die
den Schein einer Freundschaft oder Verbrüderung zwischen Arzt und Patient nicht entstehen läßt.
Alle diese menschlichen Bezie
hungsqualitäten, die für mich zu ei
nem guten Arzt gehören, können durch eine psychologische Ausbil
dung nur begrenzt erworben wer
den; und wenn ich auch der Auffas
sung bin, daß eine psychotherapeu
tische Zusatzqualifikation einem All
gemeinarzt sehr hilfreich sein kann, so bin ich mir doch darüber im kla
ren, daß diese Fähigkeiten in den Händen eines Allgemeinarztes ohne fundierte medizinische Allgemeinbil
dung wertlos sind.
(...)
Cand. med. Stephan Doering I-ahnstraße 92
1000 Berlin 44
Buchbesprechungen
Rolf Ranft, Wilfrid Seifart, Georgi Tontschev
Hausärztliche sym
ptomatische Behand
lung Krebskranker
Praktische Hinweise Bibliomed - Medizinische
Verlagsgesellschaft mbH, Melsungen, 2. Auflage 1991.
faschenbuch, 159 Seiten, 7 Abbildungen, 11 Tabellen, 19,80 DM.
Inhalt
• Grundsätze zur ambulanten Therapie Krebskranker
• Therapie des Krebs
schmerzes
• Behandlung von gastrointe
stinalen, respiratorischen, urologischen und dermato
logischen Symptomen
• Hinweise zur Ernährung von Tumorpatienten
• Versorgung und Betreuung von Colostomie-Trägern
• Psychische Führung von Krebskranken
Kommentar
Knapp und präzise werden Behandlungsmöglichkeiten all der Probleme angegeben, die im täglichen Umgang mit Krebskranken auftreten. Die Autoren beschränken sich auf wenige, ausgezeichnete Tabel
len und Abbildungen, das Sachregister ermöglicht einen schnellen ZugrilT zur ge
wünschten Information; die Literaturhinweise sind gut ge
wählt, dürften aber teilweise schwer erreichbar sein (ExDDR-Literatur).
Das gesamte Buch enthält kein überflüssiges Wort und doch gelingt es den Autoren durch
gehend in sehr einfühlsamer Weise, die Probleme von Pati
ent - Arzt - familiärem und sozialen Umfeld darzustellen, immer unter dem Leitmotiv
»Lebensqualität des Krebs
kranken«.
Jedem, der sich mit Tumor
therapie beschäftigt, sei dieses Büchlein ans Herz gelegt.
D.-S. Gericke
R. Seithel
Neuraltherapie 4
Grundlagen - Klinik - Praxis Hippokrates Verlag, Stuttgart 1991. 274 Seiten, 116 Abbildungen, 50 Tabel
len, kartoniert, 98;- DM.
Inhalt
• Methode der Thermogra
phie bei Schmerzzuständen
• Indikationen der Neu
raltherapie bei Störungen des Bewegungsapparates
• Medikamentöse Therapie
• akute HNO-Erkrankungen
• i.v.-Gabe von Lokalanä
sthetika
• Segmentdiagnostik
• Schmerztopographie
• Darstellung von Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Kopf- und Gesichts
schmerz, Muskel- und
Gelenkschmerz, Kreuz
schmerzen
• außerdem Festansprachen und abrechnungstechnische Tips
Kommentar
Zielgruppe dieses Buches sind hauptsächlich neuralthera
peutisch praktizierende Ärzte, die ihren bereits vorhandenen Wissensstand ergänzen wol
len. Das Buch ist sicherlich nicht als Nach-schlagewerk gedacht, sondern eine ge
lungene Aufbereitung der Speyerer Tage und beinhaltet eine gute Mischung aus wis
senschaftlichen Ergebnissen und weiterhelfenden prakti
schen Tips für den praktizie
renden Neuraltherapeuten.
Besondere Erwähnung verdie
nen die präzisen und aussage
kräftigen Abbildungen, Foto
grafien und die Tabellen, in denen sich die hohe Qualität der Vorträge wiederspiegeln.
Dr. med. Christiane Ittner- Hofmann
2SJFA
KongreßberichteBronchiale Hyperreagibilität
»Bronchiale Hyperreagibilität« kann ebenso als »bronchiale Hyperreakti
vität« bezeichnet werden. So aber wird kein Patient jemals sein Pro
blem definieren. Denn er kommt in die Pra.xis und klagt über einen stän
digen trockenen Husten beispiels
weise beim Lachen, nach längerem Sprechen oder lautem Rufen, aber auch, wenn in seiner Umgebung Sprays oder Parfüms versprüht wer
den oder wenn geraucht wird. Nach Ansicht von Prof. Ulrich H. Cegla, Bad Ems, sieht so die Symptomatik der bronchialen Hyperreagibilität (BHR) aus. Letztendlich handelt es sich um eine überschießende Reak
tion der Bronchialschleimhaut (Schwellung und Kontraktion) auf Reizstoffe, die beim Gesunden keine Reaktionen hervorrufen. Eine BHR beginnt meist schon im Kindesalter und verliert sich häufig beim Er
wachsenen wieder. Sie zeigt eine deutliche genetische Disposition, die auch mit Asthma bronchiale korre
liert. Zu den Triggerfaktoren zählen sowohl die »personal air pollution«
in Form des Zigarettenrauchens als auch die Exposition gegenüber Reiz
gasen (Arbeitsplatz, Industriege
biete), des weiteren allergische Re
aktionen und Virusinfekte. Aber auch akute Atemwegsinfekte im Kleinkindesalter wie Bronchiolitis oder Pneumonie führen oft zu einer lebenslangen bronchialen Hyperrea
gibilität, die bereits durch kleinere Mengen nicht-allergener Stimuli aus
gelöst wird. Prädisponierend ist auch die Tatsache, daß im Nervensystem von Asthmatikern eine erhöhte cho- linerge und alpha-adrenerge Ant
wort und eine verminderte beta-ad- renerge Antwort gefunden wurde.
Schädigungen des Bronchialepithels und Entzündungen in den Atemwe
gen spielen ebenfalls eine Rolle.
Cegla wies darauf hin, daß beson
ders im Kindesalter der gastroöso
phageale Reflux, die bronchopulmo
nale Dysplasie sowie Erkrankungen
mit Schleimhautretentionen eben
falls eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von BHR spielen. Vor al
lem Kinder von Raucherinnen be
kommen häufiger Infekte, da bereits bei der Geburt der IgE-Gehalt erhöht ist. Therapeutisch empfiehlt Cegla hier eine Vermeidung des Refluxes sowie von Infektionen durch Impfun
gen, die Verminderung der Allergene und Irritantien sowohl in als auch außerhalb der Wohnung, das Mei
den von Nahrungsmitteln, auf die der Patient allergisch reagiert, sowie in Ausnahmefällen eine Hyposensibili
sierung, außerdem physikalische Maßnahmen zur Unterdrückung des unproduktiven Hustens und eine Pharmakotherapie. Hier lassen sich je nach Ursache der BHR Prophylak- tika (DNCG, Nedocromil, Ketotifen) sowie Therapeutika unterscheiden.
Früher standen an erster Stelle der Therapeutika die Beta-2-Sympathi- komimetika, inzwischen sind in der Asthmatherapie auch die inhalativen Glukokortikoide weit nach vorn ge
rutscht. Je nach Ursache der BHR spielen die Parasympathikolytika ebenfalls eine wichtige Rolle.
Das Theophyllin mit seinen zahl
reichen Wirkungsansätzen hat bei der BHR einerseits einen relaxieren- den Effekt auf die glatte Muskulatur und einen anregenden auf die muko
ziliäre Clearance, von besonderer Bedeutung hält Cegla allerdings den antientzündlichen und gefäßabdich- tenden Effekt des Theophyllins, der bereits bei Serumspiegeln um 6 mg/dl auftritt.
Die heutige Therapie der BHR, so faßt Dr. med. Stefan Müller, Berlin- Buch, zusammen, steht auf zwei Säulen; der antiinflammatorischen Dauertherapie mit DNCG, Nedocro
mil, Ketotifen oder inhalativen Glu
kokortikoiden, sowie einer broncho- dilatatorischen intermittierenden oder Dauertherapie mit Beta-2-Sym- pathomimetika, Theophyllin, evtl, mit Anticholinergika oder systemi
schen Glukokortikosteroiden. Wich
tig ist jedoch auch ein an die Schwere der Erkrankung angepaßter thera
peutischer Stufenplan sowie eine
Vermeidung von möglichen iatroge- nen Nebenwirkungen durch unge
zielte Polypragmasie. Vor allem aber sollte der Patient durch intensive Aufklärung, Schulung und ambu
lante Lungenfunktionsprüfungen in die BHR-Therapie einbezogen wer
den.
II. Expertengespräch Pneumologie der Minden Pharma GmbH vom 18.-20. Okt. 1991 am Titisee.
Helga Vollmer M. A.
Eggenfeldener Str. 99 8000 München 81
Reversible, selektive MAO-A- Hemmung: Fortschritt in der antidepressiven Therapie Im depressiven Geschehen spielt ein Mangel der Neurotransmitter Sero
tonin und Noradrenalin eine Rolle.
Fast alle bisherigen Antidepressiva versuchen, diesen Mangel durch Hemmung der Wiederaufnahme der Neurotransmitter zu beheben. Der andere Angriffspunkt, die Hemmung des abbauenden Enzyms Mono
aminoxidase, wurde lange Zeit ver
nachlässigt. Die erste Substanz die
ser Art, Iproniazid, mußte wegen Nebenwirkungen vom Markt genom
men werden, erklärte Priv.-Doz. Dr.
Gerd Laux, Würzburg, auf einem Symposium in Königswinter.
Die MAO-Hemmer der älteren Generation hemmen irreversibel MAO-A und MAO-B. Für die antide
pressive Wirkung muß aber nur die Monoaminoxidase A inhibiert wer
den. Mit Moclobemid steht jetzt ein reversibler und selektiver MAO-A- Hemmer zur Verfügung, der nicht die von den alten MAO-Hemmern gefürchteten Probleme, wie Hepa- toxizität und hypertensive Krisen, mit sich bringt. Letztere können durch Interaktion mit biogenen Ami
nen wie Tyramin entstehen. Tyra
min wirkt indirekt sympathikomime- tisch und wird durch Monoaminoxi
dasen abgebaut. Deswegen mußten Patienten, die MAO-Hemmer beka
men, Tyramin-haltige Nahrungsmit
Kongreßberichte
tel wie Rotwein und Käse streng mei
den. Moclobemid fehlen auch weit
gehend anticholinerge und arrhyth- mogene Eigenschaften, wie sie von trizyklischen Antidepressiva be
kannt sind.
Die reversible Enzymbindung macht die Therapie mit Moclobemid besser steuerbar. Die Pause, die beim Umstellen von alten MAO-Hemmern auf Trizyklika immer eingehalten werden mußte, kann bei Moclobe
mid entfallen.
In zahlreichen Doppelblindstudien demonstrierte Moclobemid seine kli
nische Überlegenheit gegenüber Placebo und in kontrollierten Ver
gleichsstudien seine Ebenbürtigkeit mit anderen Antidepressiva wie Amitriptylin, Clomipramin, Desipra- min, Imipramin, Maprotilin, Mianse
rin und dem irreversiblen, nicht se
lektiven MAO-Hemmer Tranylcypro- min. Die Responderquoten betragen rund 60-70%. Einige dieser Studien zeigten für Moclobemid einen frühe
ren Wirkungseintritt.
Prof. Gastpar, Essen, gab einen Überblick über das Nebenwir
kungspotential von Moclobemid. Die Abbrecherrate wegen Unverträglich
keit liegt bei Moclobemid, Tranyl- cypromin, Maprotilin und Mianse
rin zwischen 2% und 4%, bei Desipramin, Clomipramin und Ami
triptylin zwischen 10% und 12% und bei Imipramin um 5%. Moclobemid führt deutlich seltener zu anticholin- ergen Nebeneffekten als Trizyklika:
Über Mundtrockenheit klagen 15%
gegenüber 40% der Patienten und über Obstipation 5% gegenüber 10%.
Deshalb eignet sich die Substanz gut für polymorbide Alterspatienten, die z. B. wegen einer Prostata-Hypertro
phie oder einem Glaukom trizykli
sche Antidepressiva mit cholinergen Nebeneffekten nicht nehmen kön
nen.
Und noch ein wichtiger Aspekt zur Therapiesicherheit: Moclobemid in suizidaler Absicht in Überdosis ein
zunehmen, hat kaum Aussicht auf Erfolg. Selbst bei Dosen um 20 g treten lediglich Somnolenz, Hyper- flexie und Nausea auf. Es ist keine
spezifische toxikologische Behand
lung, höchstens eine Magenspülung erforderlich, berichtete Gastpar.
Moclobemid wirkt nicht sedierend.
Deshalb können Unruhezustände auftreten. Moclobemid wird aus die
sem Grund bevorzugt gegen ge
hemmte Depressionen eingesetzt.
Gute Erfolge erzielt man auch bei Trizyklika-resistenten atypischen Depressionen. In der Hemmung der Suizidalität ist Moclobemid ebenso wirksam wie Trizyklika, erklärte Prof. Hans-Jürgen Möller, Bonn. Es sei wegen der fehlenden Sedierung nur dann etwas Vorsicht am Platze, wenn man es mit einem agitierten Suizidalen zu tun hat, schränkte Möller ein. Moclobemid sollte in sol
chen Eällen mit einem Neurolepti
kum kombiniert werden.
Einführungssymposium und Presse
konferenz »Fortschritt in der De
pressionsbehandlung mit dem neu
artigen RIMA Aurorix«, Sponsor Ro
che. Königswinter. 20. und 21. Sep
tember 1991.
I)r. med. Angelika BischofT Otilostr. 2
8032 Gräfelfing
Ifosfamid bei der Behandlung von Sarkomen
Ifosfamid in der Monotherapie me
tastasierter Weichteilsarkome R. Benjamin vom MD Anderson-In
stitut führte mehrere Phase-I-Stu- dien mit Ifosfamid durch. An 255 Patienten erreichte er eine Remis
sionsrate von 15%. Er konnte dabei eine eindeutige Dosisabhängigkeit nachweisen. S. P. Chawla aus Los Angeles berichtete über eine hohe Remissionsrate von 68% bei 50 un- vorbehandelten Patienten mit Weichteilsarkomen unter einer Hochdosis von Ifosfamid zwischen 14 und 16 g/m^. Er konnte dabei auch zeigen, daß eine der gefürchte
ten Nebenwirkungen des Ifosfamids, die Neurotoxizität, durch Zugabe von Natriumcarbonat und die Vermei
dung einer metabolischen Azidose
sehr häufig verhindert werden kann.
V. Bramwell (London) stellte eine randomisierte Phase-III-Studie der EORTC (European Organization for Research and Treatment of Cancer) vor, in der Ifosfamid 5 g/m^ vergli
chen wurde mit Cyclophosphamid 1,5 g/m^. Bei insgesamt 135 Patien
ten ging Ifosfamid mit einer höheren Remissionsrate (25%) als Cyclo
phosphamid (13%) bei unvorbehan- delten Patienten einher. J. Schütte (Essen) erreichte mit einer Ifosfamid- Monotherapie in unterschiedlicher Dosierung Remissionsraten zwi
schen 16 und 31%.
Ifosfamid in der Kombinationstherapie
R. Stuart-Harris (Westmead, Austra
lien) erreichte mit der Kombination aus 5 g/m^ Ifosfamid und 40 bis 60 mg/m^ Adriamycin eine Remissions
rate von 22% bei 50 Patienten. Die mediane Überlebenszeit der Patien
ten betrug 12 Monate. In der Studie von H.J. Weh (Hamburg) an 45 Pa
tienten lag die Remissionsrate mit der gleichen Kombination bei 43%.
Allerdings war in dieser Studie Ifos
famid mit 10 g/m^ deutlich höher do
siert. Die mediane Überlebenszeit lag aber auch in dieser Studie nur bei 13 Monaten. Ähnlich waren die Befunde von J. Schütte (Essen), der eine Phase-II-Studie der EORTC vor
stellte. An 175 Patienten, die mit Adriamycin 50 mg/m^ und Ifosfamid 5 g/m^ behandelt wurden, lag die Remissionsrate bei 35%, die me
diane Überlebenszeit bei 14 Mona
ten. Auch die Befunde von S. Torna (Genua), der anstatt Adriamycin Epirubicin einsetzte, waren ähnlich:
Remissionsrate 44% bei nicht vorbe
handelten Patienten, mediane Über
lebenszeit 10 Monate. A. Santoro (Mailand) stellte eine randomisierte Phase-III-Studie der EORTC vor, in der dreiarmig verglichen wurde:
Adriamycin, Adriamycin + Ifos
famid, CYVADIC. Die Remissionsra
ten an 612 Patienten waren nahezu identisch: 24%, 27% und 27%.
K. Antman (Boston) untersuchte an 327 Patienten, ob das Hinzufügen
Kongreßberichte
von Ifosfamid zu Doxorubicin und DTIC einen therapeutischen Vorteil ergibt. Die Kombination aus Doxo
rubicin, DTIC und Ifosfamid führte zu einer Remissionsrate von 20%, die Kombination aus Doxorubicin und DITC allein nur zu einer Remissions
rate von 11%. Allerdings ging die Dreifachkombination mit einer we
sentlich höheren Toxizität einher und bisher war kein Unterschied in der Überlebenszeit der Patienten festzustellen.
Fazit des Symposiums war, daß die Prognose von Patienten mit meta
stasierten Weichteilsarkomen wei
terhin sehr schlecht ist. Es gibt bis
her keine Kombinationschemothera
pie, die einer Monotherapie mit Adri- amycin oder Ifosfamid eindeutig überlegen ist. Dies gilt insbesondere für die Überlebenszeit der Patienten, die weiterhin nur bei etwa 12 Mona
ten liegt. Wie können in dieser Situa
tion Fortschritte erzielt werden? Ein Weg könnte die Dosissteigerung der wesentlichen Medikamente Doxoru
bicin und Ifosfamid sein, die jedoch nur unter gleichzeitiger Anwendung von Wachstumsfaktoren möglich ist.
Ein anderer Weg könnte darin beste
hen, die chirurgische Therapie in das multimodale Konzept konsequent einzubauen, etwa in der Art, daß man bei allen Patienten nach einer erfolgreichen Chemotherapie ver
sucht, restliche Tumormassen zu entfernen und damit eine Vollremis
sion zu erreichen.
Satelliten-Symposium der Fa. Asta im Rahmen des ECCO-6, 27.-31. 10.
1990 in Florenz.
Stefanie Weh
Bergstedter Chaussee 198 2000 Hamburg 65
Impfung gegen Hepatitis A bietet Langzeitschutz
Jährlich werden 8000 bis 10000 Fälle von Hepatitis A in den alten Bundesländern gemeldet, die Dun
kelziffer liegt vermutlich jedoch weit höher. Ursache ist zum einen die zu
nehmende Reisefreudigkeit und zum anderen der wachsende Einwande
rerstrom.
Als Endemiegebiete gelten der ge
samte afrikanische Kontinent und weite Teile von Asien und Südame
rika. Aber auch Gebiete im Mittel
meerraum, beispielsweise Türkei und Süditalien, gehören dazu. Wie Professor Robert Steffen, Zürich, an
hand verschiedener Studien zeigen konnte, stecken sich von tausend Ur
laubern etwa drei bis sechs an, wenn sie organisiert reisen, und rund zwanzig von jenen, die mit dem Rucksack, also im allgemeinen unter schlechten hygienischen Verhältnis
sen, unterwegs sind.
Zuhause sind neben Kanalarbei
tern, Mitarbeitern in virologischen Labors oder auf Infektionsstationen besonders jene gefährdet, die häufi
gen Umgang mit Kindern haben. Im Gegensatz zu ihren Eltern sind hier lebende Ausländerkinder meist nicht immun und stecken sich dann bei Besuchen in ihrer alten Heimat an.
Da bei Kindern seilen der typische Ikterus auftritt und die Infektion des
halb leicht übersehen werden kann, kann es zu regelrechten Kleinepide
mien kommen, bei der Kindergärt
nerinnen, Spielkameraden und de
ren Eltern angesteckt werden, er
klärte Professor Burghart Stück, Ber
lin, beim Symposium „Neue Wege der Hepatitis-A-Prophylaxe“ Ende Oktober 1991 in Capri.
lin, beim Symposium „Neue Wege der Hepatitis-A-Prophylaxe“ Ende Oktober 1991 in Capri.