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Anordnung der Lesarten nach den Wörterbuchfunktionen

Im Dokument Diplomová práce (Seite 76-79)

II. Theoretischer Teil

9. Anordnung der Lesarten

9.6. Anordnung der Lesarten nach den Wörterbuchfunktionen

Aus der bisherigen Behandlung der Lesartenanordnung ist ersichtlich:

1) Es ist aus verschiedenen Gründen unmöglich, ein einziges Kriterium auf alle Wortschatzeinheiten anzuwenden: Die chronologische Entwicklung lässt sich oft nicht

ermitteln und deshalb ist die Kombination mit dem logischen Prinzip nötig, logische Zusammenhänge gibt es oft nur zwischen manchen Lesarten und bei manchen Wortarten sind sie überhaupt nicht vorzufinden, nicht alle Lexeme haben eine dominante Bedeutung, das Prinzip der Kohärenz kann nur als ergänzendes Kriterium fungieren, unterschiedliche syntaktische oder semantische Distribution unterscheiden nur manche Lesarten, dazu ist das syntaktische Prinzip ohne Rücksicht auf die Semantik genau wie das Häufigkeitsprinzip ungeeignet, die Übersetzungsfrequenz ist beim heutigen Stand der parallelen Korpora (gemeint konkret für das Sprachenpaar Deutsch – Tschechisch, aber nach SAŁACIAK 2006 und LEW 2013 auch Englisch – Polnisch) immer noch einzuschätzen, der Grad der Korrespondenz zwischen dem Lexem und dem Äquivalent kann bei allen Bedeutungen gleich sein usw. Von der Unmöglichkeit der Anwendung eines einzigen Kriteriums spricht SAŁACIAK (2006: 93-98), LEW (2009: 3, 8), FRASER (2008: 74f.),ZGUSTA (1971: 275f.).

2) Das Häufigkeitsprinzip und die inhaltlichen Prinzipien einerseits und das syntaktische Prinzip und die inhaltlichen Prinzipien andererseits stehen oft miteinander im Widerspruch.

3) Innerhalb der benutzerorientierten Lexikographie sind die Wörterbuchfunktionen für die lexikographischen Entscheidungen primär.

Genauso wie bei der Lesartenstrukturierung sollten deshalb die Wörterbuchfunktionen und die Äquivalenztypologie eine entscheidende Rolle bei der Wahl der passenden Anordnung der Lesarten eine entscheidende Rolle spielen. Viele Autoren geben zwar Empfehlungen für die Anordnung der Lesarten, aber nicht im Zusammenhang mit verschiedenen Wörterbuchfunktionen (siehe 9.5. Hierarchie der Prinzipien bei den behandelten Autoren). Im Folgenden sollen die auf den Wörterbuchfunktionen basierenden Vorschläge für die Lesartenanordnung von BAUNEBJERG HANSEN (1990), LEW (2009) und SOUKUP (2008) vorgestellt werden. Es handelt sich dabei um Empfehlungen für synchrone allgemeine WB.

Die folgenden Vorschläge für die Wörterbuchanordnung nach den Wörterbuchfunktionen können nur teilweise miteinander verglichen werden, da bei den Autoren unterschiedliche Wörterbuchtypen im Mittelpunkt des Interesses stehen: LEW

konzentriert sich auf einsprachige WB, aber behandelt auch zweisprachige aktive WB, BAUNEBJERG HANSEN behandelt nur zweisprachige WB und SOUKUP nur zweisprachige passive WB.

BAUNEBJERG HANSEN (1990) regelt die Lesartenanordnung selbständig für aktive und passive Funktionen – sie stellt selbständige Kriterien für die Anordnung der Lesarten im passiven WB und im aktiven WB auf. Wie schon bei der Behandlung der Strukturierung konstatiert wurde, bezieht BAUNBEBJERG HANSEN (1990: 110-125) in den Terminus „Anordnung“ nicht nur die Anreihung der Lesarten, sondern auch die der Anreihung vorausgehende Strukturierung und sogar die Äquivalentdifferenzierung ein41. Für die Anreihung der Lesarten bestimmt sie getrennt für das aktive WB und für das passive WB eine Folge von Kriterien beginnend mit dem am empfehlenswertesten.

Für das aktive WB empfiehlt sie folgende Kriterien (ich lasse dabei das erste Kriterium

„Anordnung nach Bedeutung“, dass sich offensichtlich nur auf die Gliederung bezieht, aus): 1) Frequenz, 2) Spezifizierungsgrad, 3) syntaktische Distribution, 4) semantische Distribution. 1) und 2) sollten im Einklang miteinander benutzt werden, aber wo es nicht geht, spricht sich BAUNEBJERG HANSEN (1990) für das Kriterium der Frequenz aus. Obwohl BAUNEBJERG HANSEN (1990) für die Äquivalentstruktur eintritt, folgt aus ihrem Exkurs nicht, dass sie mit „Frequenz“ die „Übersetzungsfrequenz“ im Sinne hätte, eher meint sie die Frequenz der zielsprachigen Wortschatzeinheiten an sich. Die Angaben zur syntaktischen und semantischen Distribution sollen äquivalentdifferenzierende Funktion haben. Da BAUNEBJERG HANSEN (1990) die Strukturierungskriterien mit den Anordnungskriterien vermischt, ist ihre Sicht auf die Reihenfolge der Lesarten im passiven WB nicht so transparent. Es ist nämlich nicht klar, ob die erste Position in ihrer Rangliste – 1) „formal-syntaktische Kriterien“ – nur als Hilfe zur Aufgliederung oder auch als Hilfe zur Anreihung dienen soll, ob also z.B.

bei Verben die Unterscheidung transitiv – intransitiv – reflexiv oder die Frequenz bzw.

der Inhalt die Reihenfolge der Lesarten bestimmen sollen. Falls formal-syntaktische Kriterien nach BAUNEBJERG HANSEN (1990) auch bei der Anreihung die erste Rolle spielen sollen, ist es z. B. beim folgenden Fall zu bedenken: Im DUW weist das Lexem

„erstrecken“ zwei Hauptlesarten auf. Die erste Hauptlesart ist die reflexive Gebrauchsweise, die sich in drei ziemlich verbreitete allgemein gebrauchte

„Unterlesarten“ gliedert. Die zweite Hauptlesart ist hier die transitive, aber regional beschränkte Gebrauchsweise. Sollte die Reihenfolge im Namen des logischen Prinzips

41 Von der semantischen Distribution spricht sie als vom Kriterium, das eingesetzt werden soll, falls die

„ersten 4 Anordnungskriterien nicht ausreichen, um zwei oder mehrere Äquivalente oder Gruppen von Äquivalenten gegeneinander abzugrenzen.“ (BAUNEBJERG HANSEN 1995: 115, Kursivdruck von der Verfasserin dieser Arbeit) – als ob das Kriterium der Frequenz eine äquivalentdifferenzierende Funktion hätte.

und auch des Häufigkeitsprinzip so bleiben, oder nach der üblichen „formal-syntaktischen“ Folge „reflexiv nach transitiv“ geordnet werden? Das zweite von BAUNEBJERG HANSEN (1990) angeführte Kriterium betrifft offensichtlich nur die Gliederung (Anordnung nach Bedeutung, „die im Idealfall – wie im aktiven A-Teil – mit einer Anordnung nach Äquivalenten zusammenfällt“ – BAUNEBJERG HANSEN 1990:

121), dann folgen Kriterien, die schon eindeutig als Hilfe zur Anreihung bezeichnet werden können: 2) Frequenz, 3) Spezifizierungsgrad, 4) semantische Distribution.42

LEW (2009) und SOUKUP (2008) stellen sich nicht mit der Zuschreibung von geeigneten Anordnungskriterien nur erstens aktiven und zweitens passiven Funktionen zufrieden, sondern ordnen Anordnungskriterien einzelnen Funktionen zu, was mit den größeren Möglichkeiten von heutigen elektronischen WB zusammenhängt – beide bieten am Ende ihrer Abhandlungen alternative WBA-Modelle zu den traditionellen an:

1. mit einer nichtlinearen Struktur (siehe 9.7. Linearität vs. Nicht-Linearität), 2. mit der

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