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3.5 Analytische Methoden

3.5.10 Analytische Ultrazentrifugation

3.5.10.1 Sedimentationsläufe

Mittels analytischer Ultrazentrifugation kann der Sedimentationskoeffizient bestimmt werden, welcher für jedes Protein, abhängig von seinem Molekulargewicht, seiner Dichte und seiner Form, charakteristisch ist. Dazu wird die Ultrazentrifuge mit hohen Umdrehungszahlen betrieben, wodurch Proteine in den radial ausgerichteten Sektorzellen bis zum Zellenboden wandern. Im Verlauf der Zentrifugation kommt es zur Ausbildung einer Trennlinie (Sedimentationsfront) zwischen reinem Lösungsmittel ohne Makromoleküle und demjenigen Lösungsmittelanteil, im dem noch sedimentierende Proteine enthalten sind. Die Wanderung der Grenzlinie wird in regelmäßigen Zeitabständen über die Messung der Absorption bzw.

Fluoreszenzemission in der Sektorzelle verfolgt. Die Wanderungsgeschwindigkeit entspricht

der Sedimentationsgeschwindigkeit, die nach Normierung auf die Zentrifugalbeschleunigung nach Svedberg als Sedimentationskoeffizient s bezeichnet wird (Formel 5).

]

r Abstand des Messpunktes zum Rotationszentrum [cm]

t Zeit [s]

ω: Winkelgeschwindigkeit (2π x Upm/60) [s-1]

Der Sedimentationskoeffizient hängt vom Molekulargewicht und dem Reibungskoeffizienten f des Makromoleküls ab. Da jedes während der Zentrifugation wandernde Makromolekül eine einzelne Sedimentationsgrenzlinie zeigt, können auch komplexe Mischungen analysiert werden. Bilden in einer Probe zwei Makromoleküle einen Komplex, so ist dieser mit Sicherheit schwerer und wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schneller sedimentieren als jede seiner Einzelkomponenten. Dies bedeutet, dass ein erhöhter Sedimentationskoeffizient den eindeutigen Nachweis für eine Wechselwirkung zwischen den gemischten Makromolekülen liefert (Schubert et al., 2002).

Die einfachste Bestimmung von Sedimentationskoeffizienten beruht auf der Bestimmung der Wanderungsgeschwindigkeit des Wendepunkts der Grenzlinie während der Sedimentation.

Obwohl die gleichmäßige Wanderung der Moleküle die Ausbildung einer scharfen Grenzschicht zwischen Lösungsmittel und Lösung erwarten lässt, ist häufig eine Verschmierung dieser Grenzschicht zu erkennen. Grund dafür ist die Diffusion der Teilchen (Lebowitz et al., 2002). Um die s-Werte mehrerer Komponenten in einer solch komplexen Mischung zu extrapolieren bietet sich eine rechnergestützte Auswertung an. Die theoretische Beschreibung der Sedimentation mehrerer Spezies erfolgt durch die Lamm Gleichung (Lamm, 1929) (Formel 6).

Formel 6: Lamm-Gleichung zur Behandlung mehrerer sedimentierender Spezies in einem Sedimentationslauf.

χ Makromolekulare Spezies

r Abstand des Messpunktes zum Rotationszentrum [cm]

t Zeit [s]

D Diffusionskoeffizient D=RT/(NAf) [m² s-1] (R: Gaskonstante, NA: Avogadrozahl, f Reibungskoeffizient) ω: Winkelgeschwindigkeit (2π x Upm/60) [s-1]

Die Differentialgleichung beschreibt vollständig die Vorgänge in einer analytischen Ultrazentrifuge unter Berücksichtigung von Diffusionseffekten. Mit dem Programm SedFit (http://www.analyticalultracentrifugtation.com) lässt sich durch numerische Integration der

explizit nicht lösbaren Lamm Gleichung, Komponentenanalyse und anschließende Regularisierung der zeitliche Verlauf der Wanderung der Grenzschichten in eine diffusionskorrigierte Sedimentationskoeffizientenverteilung c(s) umwandeln (Lebowitz et al., 2002; Schuck, 2000). Alternativ wurde die dc/dt Methode zur Auswertung von Sedimentationsläufen verwendet (Stafford, 1992). Dazu wurde ein von Dr. Klaus Richter (Lehrstuhl für Biotechnologie, TU München) geschriebenes Programm verwendet. Dabei werden eng benachbarte scans eines Sedimentationsexperiments voneinander subtrahiert, um ein Profil zu erstellen, bei dem die Wanderungsgeschwindigkeit der Lauffront (dc/dt) gegen den Radius aufgetragen wird. Basierend auf Formel 5 wird die Radiuskoordinate in s-Werte umgewandelt, wodurch eine Sedimentationskoeffizientenverteilung entsteht, die g(s*) genannt wird. Allerdings wird hierbei, anders als bei der Lamm-Gleichung, keine Korrektur um Diffusionseffekte durchgeführt, was die Auflösung verringert (Lebowitz et al., 2002).

Die Experimente wurden von Dr. Klaus Richter (Lehrstuhl für Biotechnologie, TU München) durchgeführt. Für die Sedimentationsläufe wurden die analytische Ultrazentrifuge ProteomoLab XL-A von Beckman mit Fluoreszenzdetektion und dem Rotor Ti-50 verwendet, weshalb die Varianten sTrpA S206C und sTrpA S229C hergestellt und mit dem Fluorophor Alexa 488 markiert wurden (3.4.3). Ein Vorteil der spezifischen Markierung einer Untereinheit (hier sTrpA) bei der Untersuchung von Protein-Protein Interaktionen ist, dass während des Ultrazentrifugationsexperiments das Verhalten des Komplexes unabhängig von störenden Einflüssen der restlichen Komponenten (z.B. Eigenabsorption von überschüssigem nicht-komplexierten sTrpB2i oder zugesetzter Indolderivate) beobachtet werden kann. Darüber hinaus kann aus den Integralen der Sedimentationskoeffizientenverteilung c(s) direkt der Anteil des komplexierten und nicht-komplexierten, fluoreszenzmarkierten sTrpA abgelesen werden. Da die eingesetzten Konzentrationen aller Proteine bekannt sind, kann über den Zusammenhang KD=([TrpA]frei*[TrpB]frei)/[TrpATrpB]Komplex die Dissoziationskonstante KD des Komplexes berechnet werden. Die Probenzellen wurden mit 300 µl Proteinlösung beladen, wobei die Konzentration des mit dem Fluorophor Alexa288 markierten Proteins (3.4.3) auf 250-500 nM eingestellt wurde. Die Sedimentationsgeschwindigkeit lag bei 42.000 Upm, und es wurde bei 23 °C für 12 h zentrifugiert.

3.5.10.2 Gleichgewichtsläufe

Die Zentrifugation bei niedrigeren Umdrehungszahlen eröffnet die Möglichkeit, über das Sedimentationsgleichgewicht das Molekulargewicht zu bestimmen. In diesem Fall wurde die Methode des „High-Speed Sedimentation Equilibrium (HSSE)“ verwendet (Yphantis, 1964).

Dabei kommt es nach genügend langer Laufzeit zu einem Gleichgewicht zwischen zwei entgegengesetzten Prozessen, der Sedimentation im Zentrifugalfeld und der Rückdiffusion der Teilchen. Analog zum Sedimentationsgeschwindigkeitslauf (3.5.10.1) wird der

Fluoreszenzemissionsverlauf in der Sektorzelle in regelmäßigen Zeitabständen verfolgt.

Abbildung 18 zeigt schematisch die Einstellung des Gleichgewichts.

Abbildung 18: Zeitabhängige Änderung des Konzentrationsgradienten im Sedimentations-gleichgewichts-Experiment.

Links: Beginn des Experiments; Mitte: In der ersten Phase sedimentiert gelöstes Material verstärkt zu Boden. Die Sedimentation überwiegt gegenüber der Diffusion (ungleich große Pfeile); Rechts: Das Sedimentationsgleichgewicht ist (annähernd) erreicht (gleich große Pfeile). Abbildung aus Holtzhauer (1996)

Formel 7: Berechnung von M aus Sedimentationsgleichgewichtsläufen M molare Masse [g/mol]

R allgemeine Gaskonstante=8,31 J*mol-1*K-1 T absolute Temperatur [K]

c Konzentration des gelösten Proteins [mg/ml]

ρ Massendichte des Lösungsmittels [g/ml]

partielles spezifisches Volumen des Proteins [ml/g]

r Abstand des Messpunktes zum Rotationszentrum [cm]

ω2 Winkelgeschwindigkeit (2π x Upm/60) [s-1]

Das bedeutet, dass eine Auftragung von ln c gegen r2 für eine ideale einzelne Spezies im Gleichgewicht eine Steigung ergibt, die proportional zum Molekulargewicht ist.

Die Experimente wurden von Dr. Klaus Richter (Lehrstuhl für Biotechnologie, TU München) durchgeführt. Für die Gleichgewichtsläufe wurden die analytische Ultrazentrifuge ProteomoLab XL-A von Beckman mit Fluoreszenzdetektion und dem Rotor Ti-50 verwendet.

Eine Probenzellen wurde mit 95 µl Proteinlösung beladen und mit 10 µl FC42 Sedimentationsöl überschichtet. Die Konzentration des mit dem Fluorophor Alexa288

markierten Proteins (3.4.3) wurde auf 250-500 nM eingestellt. Die Zentrifugationsgeschwindigkeit lag zwischen 13.000 und 18.000 Upm, und es wurde bei 4 bzw. 23 °C bis zur Einstellung des Gleichgewichts zentrifugiert.

Die Pufferdichte ρ wurde über die Dichtemessapparatur von Dr. Helmut Durchschlag (Lehrstuhl Biochemie II, Universität Regensburg) bestimmt, das partielle spezifische Volumen mit dem Programm Ultrascan (http://www.ultrascan.uthscsa.edu/) aus der jeweiligen Aminosäuresequenz des Proteins berechnet. Die experimentellen Daten der Sedimentationsgleichgewichtsläufe wurden ebenfalls mit diesem Programm ausgewertet.

Dabei wurden nach Erreichen des Sedimentationsgleichgewichts 5-10 Fluoreszenzemissionsverläufe mittels eines globalen fits an Formel 7, d.h. unter Annahme eines 1-Komponenten Modells, angeglichen und daraus die mittlere molare Masse der Probe ermittelt.