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Analgetische medikamentöse Behandlung der alkoholassoziierten Polyneuropathie Zur analgetischen Therapie bei alkoholassoziierten PNP sollten Medikamente mit eigenem

3. Behandlung von riskantem, schädlichem und abhängigem Alkoholgebrauch

3.5 K ÖRPERLICHE K OMPLIKATIONEN UND K OMORBIDITÄT

3.5.3.13 Analgetische medikamentöse Behandlung der alkoholassoziierten Polyneuropathie Zur analgetischen Therapie bei alkoholassoziierten PNP sollten Medikamente mit eigenem

Suchtpotential möglichst vermieden werden.

Empfehlungsgrad: B, LoE: 1b Gesamtabstimmung: 100%

Literatur: Finnerup (2015), Saarto (2010), Bonnet & Scherbaum (2017), Witkiewitz (2018)

3.5.4 Hintergrund der Evidenz

Es wurde eine Leitlinien-Adaptation der ausgewählten und methodisch bewerteten Quellleitlinien durchgeführt. Für die Themen Alkohol und Lebererkrankung sowie Alkohol und Pankreaserkrankung wurde eine selektive Pubmed-Recherche durchgeführt. In einer neuen Recherche im Januar 2020 ergaben sich, bis auf neue Erkenntnisse zur nichtinvasiven Diagnose der alkoholischen

S3 LL Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen

Seite | 121 Lebererkrankung mittels Elastographie, keine neuen Daten (Moreno et al., 2019; Mueller et al., 2010; Nguyen- Khac et al., 2018, Thiele et al., 2018).

Die European Association for the Study of the Liver hat 2012 die Clinical Practise Guidelines on the Management of Alcoholic Liver Disease” publiziert. Diese Leitlinie gibt im Wesentlichen den Konsensus Stand einer europäischen Konferenz in Athen 2010 wieder. Leider sind darin die Entstehung und die dabei verwendeten Regeln nicht so klar beschrieben, dass sie als Quellleitlinie verwendet werden kann (DELBI-Score<0,6). Die EASL-Guideline beschränkt sich inhaltlich auf die gastroenterologische Behandlung der alkoholbedingten Lebererkrankung. Das Management der zugrundeliegenden alkoholbezogenen Störung wird nicht behandelt. Es erscheint daher notwendig, in dieser Leitlinie den Aspekt der Alkoholtherapie hervorzuheben. Eine aktualisierte Leitlinie der EASL zur alkoholbedingten Lebererkrankung (European Association for the Study of the Liver, 2018) hat Empfehlungen zur Behandlung der seltenen alkoholischen Hepatitis präzisiert.

Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) hat 2012 die „S3-Leitlinie Chronische Pankreatitis: Definition, Ätiologie, Diagnostik, konservative, interventionell endoskopische und operative Therapie der chronischen Pankreatitis“ erstellt (Hoffmeister et al., 2012) (AWMF Registernummer 021–003). In ihr sind Empfehlungen für Definition, Ätiologie, Diagnostik und Therapie der chronischen Pankreatitis ausführlich dargestellt, hierauf sei ausdrücklich verwiesen. Zusätzlich erscheint es notwendig, auf die Behandlung der alkoholbezogenen Störung zu verweisen, die – wie die genannte Leitlinie betont – eine häufige Ursache der chronischen Pankreatitis ist. Gerade angesichts der Notwendigkeit, auf Alkoholkonsum zu verzichten, soll PatientInnen mit alkoholbezogener Störung eine Therapie der Grunderkrankung angeboten werden.

Für das Thema „alkoholassoziierte Polyneuropathie“ wurde eine systematische PubMed Literatur-Recherche für den Zeitraum der letzten 15 Jahre nach randomisiert-kontrollierten Studien durchgeführt.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat 2019 die S1 Leitlinie zur Diagnostik bei Polyneuropathien herausgegeben (Heuß et al., 2019). Die Leitlinie beschreibt die verschiedensten klinischen Manifestationen von Polyneuropathien, deren Ätiologie und Diagnostik.

Bei der Behandlung der alkoholbezogenen Störung und den alkoholassoziierten körperlichen Organerkrankungen sind prinzipiell zwei unterschiedliche diagnostische Wege zu beschreiten: Einmal wird von der alkoholbezogenen Störung ausgehend nach prognostisch relevanten organischen Folgestörungen (z.B. Hepatitis, Leberzirrhose, Leberkarzinom, chronische Pankreatitis Polyneuropathien etc.) zu suchen sein. Andererseits wird bei Leber-, Herz-, Pankreaserkrankungen und Erkrankungen des peripheren Nervensystems etc. eine alkoholische Genese zu bestätigen bzw.

auszuschließen sein. Wird bei organischen Erkrankungen eine alkoholbezogene Störung festgestellt, sind sowohl die spezifischen organischen Krankheitssymptome als auch die alkoholbezogene Störung

S3 LL Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen

Seite | 122 selbst zu behandeln. Wird zunächst die alkoholbezogene Störung diagnostiziert, sind zusätzlich die körperlichen Komplikationen zu behandeln. Die Prognose wird einmal von der fortgeschrittenen Folgekrankheit und zum anderen von der Alkoholabstinenz abhängen.

Die oben dargestellten Verläufe entsprechen der praktischen und klinischen Erfahrung. Sie sind allerdings nur in wenigen Studien für einige alkoholbezogene Erkrankungen untersucht worden.

3.5.5 Darstellung der Evidenz

3.5.5.1 Körperliche Erkrankungen und alkoholbezogene Störungen

Das Organ, welches an häufigsten von einer alkoholassoziierten Folgeerkrankung betroffen ist, ist die Leber, sei es in Form einer Fettleber, Hepatitis oder Zirrhose mit einem hepatozellulärem Carcinom als möglicher Spätfolge. Die Mortalität der PatientInnen mit einer alkoholbezogenen Störung und einer Leberzirrhose ist höher als in der Allgemeinbevölkerung (Cargiulo, 2007). Beim Auftreten einer alkoholischen Leberzirrhose sollten auch die anderen Organsysteme untersucht werden, die durch Alkohol häufig geschädigt werden (z.B. Herz, Nervensystem, Pankreas) bzw. als Komplikation der Leberzirrhose mitbetroffen sein können (z.B. Oesophagusvarizen, Leberzellkarzinom). Hepatozelluläre Karzinome treten bei Leberzirrhose gehäuft auf und daher sollte nach ihnen gesucht werden. Eine Metaanalyse (Corrao et al., 2004) untersuchte die epidemiologische Literatur zu den somatischen Folgeschäden des Alkoholkonsums. Von 561 ursprünglich gefundenen Studien erfüllten 156 Untersuchungen über insgesamt 116.702 PatientInnen die Qualitätsanforderungen der Metaanalyse.

Eine starke Risikoerhöhung durch Alkoholkonsum wurde gefunden für Karzinome von Mundhöhle, Oesophagus und Larynx, Bluthochdruck, Leberzirrhose, chronischer Pankreatitis, Unfälle und Gewalt.

Weniger direkte Zusammenhänge wurden gefunden für Tumore von Colon, Rektum, Leber und Brust.

Wenn ein somatischer Folgeschaden durch Alkohol auftritt, bestehen häufig weitere Schäden (Gossop et al., 2007).

3.5.5.2 Screening bei Lebererkrankungen

Es gibt eine deutliche Korrelation zwischen Alkoholkonsum und dem Auftreten einer Leberzirrhose (Corrao, 1998; Rehm, 2010; Thomson, 2008; Welch et al., 2008). Deshalb soll bei Untersuchungen wegen einer Lebererkrankung routinemäßig ein Screening auf eine alkoholbezogene Störung durchgeführt werden. Dafür ist der AUDIT-Test (Gual et al., 2002, Saunders et al., 1993) (Fragebogen siehe Anlage) geeignet, ggf. in einer ersten Stufe der AUDIT-C mit drei Fragen zum Alkoholkonsum (Bush et al., 1998). Zur Diagnostik der alkoholbezogenen Störung siehe Kapitel 2 dieser Leitlinie.

3.5.5.3 Alkoholbedingte Lebererkrankung und Abstinenz

Zwei große Metaanalysen belegen den Zusammenhang von Alkoholkonsum und Leberzirrhose (Corrao et al., 1998, Rehm et al., 2010). Für die Langzeitprognose einer alkoholbedingten

S3 LL Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen

Seite | 123 Lebererkrankung (sei es Fettleber, Hepatitis oder Zirrhose) ist die Alkoholabstinenz von entscheidender Bedeutung (Addolorato et al., 2007; Buechler et al., 2009; Garbutt, 2010; Latvala et al., 2005; Moussavian et al., 1985; Nei et al., 1983; Röjdmark & Brismar, 2001). Auch die Leberhistologie wird unter Abstinenz besser (Nei et al., 1983), ebenso die Leberfunktion (Garbutt 2010; Menon et al., 1995, Moussavian et al., 1985). Zur Therapie der alkoholbezogenen Störung s.

Kapitel 3.3, 3.4. und 3.8 dieser Leitlinie.

Ein neuer wichtiger nichtinvasiver Parameter für den Schweregrad einer chronischen Lebererkrankung ist die Lebersteifigkeit (Mueller, 2020). Diese hat einen hohen Langzeitprognosewert und kann ohne größeren Aufwand mit Hilfe der Elastographie untersucht werden. Abstinenz verbessert auch kurzfristig und langfristig die Lebersteifigkeit (Mueller et al., 2015; Trabut et al., 2012).

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