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4.2 Allgemeingültige Abbildung des Teilmodells „Entwicklung der Spurrinnen“

4.2.1 Allgemeines

Die Formulierung des quantitativen Modells in dem Darmstädter-Risiko-Analyse-Tool orientiert sich an dem zuvor entwickelten und dargestellten theoretischen Modell zur Entwicklung der Spurrinnentiefe (siehe Abschnitt 3.7.2). Aufgrund der Möglichkeiten und Restriktionen des Berechnungsprogramms DRAT mussten vereinzelt Änderungen in dem Teilmodell vorgenommen und Hilfsgrößen ergänzt werden (allgemeine Hinweise zu DRAT werden in dem Anhang 8.1 gegeben, für genaue Erläuterungen zu den Möglichkeiten von DRAT sowie der Programmsprache und den Ein- und Ausgabedateien siehe [Bald 1991]). Weiterhin wurden einige Größen des theoretischen Teilmodells in dem quantitativen Modell vernachlässigt, da sie indirekt durch andere Größen abgebildet sind; unter Berücksichtigung der Datenbasis hätte ihre einzelne Beachtung nur die Komplexität des quantitativen Modells und damit die Berechnungsdauer erhöht, aber nicht die Aussagekraft und Genauigkeit verbessert. Vor dem Hintergrund der anschließenden Anwendung des quantitativen Modells für zwei Beispielstrecken, wobei hier verschiedene Daten zur Verfügung

standen, wurden zudem zusätzliche Größen zur Berechnung von bereits im theoretischen Modell beschriebenen Größen eingefügt. Im Detail wird die Abbildung des quantitativen Teilmodells in DRAT in Abschnitt 4.2.2 dargestellt. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Größen und die Zahlenwerte der Faktoren, mit denen anschließend die Berechnungen mit dem Modell durchgeführt werden, stehen in Zusammenhang mit dem Anwendungsbeispiel. Die Ermittlung und Festlegung dieser Zahlenwerte wird in den Abschnitten 4.3.1 bis 4.3.3 erläutert.

Im Gegensatz zu der Erstellung der theoretischen Modelle in Kapitel 3 wird hier für das ausgewählte Teilmodell eine fertig hergestellte Asphaltdeckschicht betrachtet, die für den Verkehr frei gegeben wird. Demzufolge werden die Eingangsgrößen für die Formulierung als gegebene Größen betrachtet und nicht durch vorgeschaltete Teilmodelle abgebildet und berechnet. Die Vorgehensweise zur Bestimmung der Eingangsgrößen in Abhängigkeit von den zuvor durchlaufenen und in den anderen Teilmodellen abgebildeten Prozessen wäre analog zu der Vorgehensweise für die Spurrinnenbildung. Einflüsse aus den vorhergehenden Teilprozessen bilden sich für das ausgewählte Teilmodell in den Daten der Größen, das heißt in der Größenordnung ihrer Werte und der dazugehörigen Wahrscheinlichkeitsverteilung, jedoch grundsätzlich ab.

Bild 4.5: Beispiele für die Skalierung einer Größe

In DRAT können den Größen bei ihrer Definition nominale, ordinale und kardinale Skalen zugeordnet werden. Der Wert oder die Ausprägung der Größe wird über die Werte der Skala definiert (siehe Bild 4.5), wobei mit DRAT eine Klassenbildung der Größe vorgenommen wird. Der Wert einer kardinal skalierten Größe liegt daher in den durch die Skalenwerte definierten Intervallen, ihr ist aber kein definierter Einzelwert zugewiesen. Die Intervallbreite, das heißt die Abstände der Skalenwerte, kann dabei variieren. Für die Berechnungen ist zu beachten, dass diese (programmbedingt) nur mit kardinal skalierten Größen durchgeführt werden können. Sind die Eigenschaften einfach messtechnisch zu bestimmen, wie dies für die Eingangsgrößen des vorliegenden Modells vornehmlich der Fall ist, werden kardinal skalierte Größen überwiegen.

Mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung wird die Wahrscheinlichkeit angegeben, mit der die Größe einen Wert oder eine Ausprägung in dem entsprechenden Intervall aufweist. Die Summe der Wahrscheinlichkeiten der Ausprägungen der Größe muss stets 1 (100 %) ergeben. Bei Bedarf kann die Ausprägung der Größe in Abhängigkeit von einem oder mehreren weiteren Größen stehen. Dies ist bei der Definition der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Größe anzugeben.

Die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Größen kann angenommen bzw. im spezifischen Fall anhand von Daten ermittelt werden oder durch die Angabe einer Formel (gegebenenfalls abhängig von weiteren Größen) berechnet werden. Werden Daten verwendet, sind diese insbesondere auf die Repräsentativität für die betrachtete Fragestellung zu prüfen; sind selten eintretende Zustände nicht enthalten, ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung vor dem Hintergrund der Anwendung und der gewünschten Aussagekraft des Ergebnisses gegebenenfalls anzupassen.

Werden Annahmen zur Wahrscheinlichkeitsverteilung getroffen, sind zum einen die in dem vorherigen Kapitel dargestellten oder weitere Kenntnisse über die Eigenschaften und Zusammenhänge zu berücksichtigen, zum anderen ist zu bedenken, welche Verteilung grundsätzlich

verwendet werden kann und unter welchen Bedingungen. Als Stichworte für gängige und in diesem Zusammenhang grundsätzlich geeignete Verteilungen seien die Normalverteilung, die Student-Verteilung, die logarithmische Normalverteilung, die Exponentialverteilung, die Weibull-Verteilung und die Chi²-Verteilung genannt. (Für weitere Erläuterungen zu den Verteilungen siehe zum Beispiel [Sachs, Hedderich 2006].) Die Standardabweichung der Eigenschaften der Eingangsgrößen von der Asphaltdeckschicht und somit die Breite der Wahrscheinlichkeitsverteilung wird von der Qualität des Materials und, wie in dem vorherigen Kapitel dargestellt, wesentlich von der Qualität des Einbaus beeinflusst.

Da die Gauß'sche Normalverteilung bei der Festlegung der Wahrscheinlichkeitsverteilung verschiedener Größen der Beispielstrecken angewendet wird, werden im Folgenden diesbezüglich relevante Eigenschaften der Normalverteilung erläutert. Die Normalverteilung eignet sich zur Beschreibung von einer Größe mit zufälligen Fehlern. Für eine Summe von vielen unabhängigen, beliebig verteilten Zufallsvariablen gleicher Größenordnung kann annähernd eine Normalverteilung (nach dem Zentralen Grenzwertsatz) angenommen werden. Für eine normalverteilte Größe mit dem Mittelwert ì und der Standardabweichung σ gilt die in Bild 4.6 dargestellte Verteilung.

Bild 4.6: Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Normalverteilung mit dem Mittelwert µ und der Standardabweichung σ

Zur Vereinfachung wird bei der Festlegung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Größe der Beispielstrecken angenommen, dass bereits in dem Bereich ì ±3alle Werte (also 100 %) liegen.

Wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Größe durch die Angabe einer Formel in Abhängigkeit weiterer Größen berechnet, ist darauf zu achten, dass diese Größen geeignete Einheiten und Skalen besitzen und (möglichst) keine undefinierten Bereiche vorliegen. In dem erstellten quantitativen Modell basieren die Formeln zum Beispiel auf physikalischen Gegebenheiten oder auf Annahmen über die Zusammenhänge zwischen den Eingangs- und den Ergebnisgrößen.

Werden die Zusammenhänge angenommen und ist die Ergebnisgröße von mehreren Eingangs-größen abhängig, muss zum Teil das unterschiedliche Maß des Einflusses der EingangsEingangs-größen berücksichtigt werden. Dies kann entweder durch den Wert der Eingangsgröße direkt geschehen oder mit der Berechnung eines geeigneten Mittelwertes aus den Faktoren, die die Ausprägung der Größe bestimmen und verändern. Für Faktoren, die eine relative Änderung ausdrücken (dies ist hier relevant), ist grundsätzlich der Mittelwert mit dem geometrischen Mittelwert zu berechnen [Sachs, Hedderich 2006]:

x=k

x1x2...xk, wobei xi > 0. (1)

Werden mehrere Faktoren betrachtet, denen eine unterschiedliche Bedeutung bei der Berechnung der Ergebnisgröße beigemessen werden soll, ist der gewogene geometrische Mittelwert von ihnen zu bestimmen mit ni als Gewicht des Größe xi:

lgx=n1lgx1n2lgx2...nklgxk

n1n2...nk (2)

 x=e

n1⋅lnx1n2⋅lnxN2...nk⋅lnxk

=x

1 n1/N

x2n2/N⋅...⋅xknk/N mit N=n1n2...nk.

(3)

Die Definition von Variablen ist in DRAT (noch) nicht möglich. Modellbedingt kann aber die Verwendung von Variablen, das heißt konstanten Werten in Abhängigkeit einer weiteren Größe, erforderlich sein. Eine hierfür hilfsweise mögliche Vorgehensweise ist vor einem Anwendungs-hintergrund (Berechnung der durchschnittlichen Anzahl der täglichen Achslastübergänge des Schwerverkehrs) in Abschnitt 4.2.2 beschrieben.

Die Skalen bzw. die Ausprägungen und Intervallgrenzen, die für die einzelnen Größen in dem Beispiel definiert werden, sind in Abhängigkeit von der für die Betrachtung relevanten Größenordnung gewählt. Bei der Bestimmung der Anzahl der Klassen sind neben der Annahme oder Kenntnis über die Verteilung die gewünschte Genauigkeit und Differenzierung der Ergebnisse einerseits und der damit korrespondierende Rechenaufwand anderseits gegeneinander abzuwägen.

Gleiches gilt für die Definition der Abhängigkeiten in der Wahrscheinlichkeitsverteilung:

Beispielsweise kann die Verteilung der Lufttemperaturen in Abhängigkeit von den Zuständen des Wetters (im Anwendungsbeispiel Regen, bewölkt, wechselnd, sonnig) angegeben werden, der zusätzliche Rechenaufwand steigt dadurch aber deutlich an; daher ergibt sich die Frage nach dem Nutzen der differenzierten Aussage.