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Aktueller Entflechtungsgrad der Netzbetreiber

Wie in den vorangegangenen Abschnitten gezeigt, handelt es sich bei den Schweizer Gasnetz-betreibern in der Regel um integrierte Anbieter, welche die buchhalterischen Entflechtungsvor-gaben gemäss Verbändevereinbarung zu erfüllen haben. Nachfolgend wird aufgezeigt, was diese Vorschriften im Wesentlichen bedeuten und inwieweit sich die Netzbetreiber darüber hinaus schon heute freiwillig weitergehend entflechtet haben.

2.6.1 Ebene Verteilnetz - Lokalnetze

Wie oben ausgeführt, verpflichtet die Verbändevereinbarung gemäss Art. 6 die über 100 Ver-teilnetze in der Schweiz zu einem „internen buchhalterischen Unbundling der Netzkosten von den Kosten der übrigen Aktivitäten, so dass jede Quersubventionierung unterbleibt.“ Die De-tails hierzu werden im Branchenstandard NEMO vorgegeben. Demnach bedeutet die buchhal-terische Trennung im Wesentlichen die Führung einer eigenen Kostenrechnung für das Netz (Betriebsbuchhaltung), auf deren Basis die Netznutzungsentgelte festgelegt werden und die den folgenden Rahmen hat:

 Die Kosten des lokalen Erdgasnetzbetreibers müssen von den übrigen Geschäftsbereichen im Querverbundunternehmen und vom Erdgas-Handelsbereich getrennt ausgewiesen wer-den können. Hierzu werwer-den für das Netz die Systemgrenzen zu Vorliegernetzen und End-kunden vorgegeben.

 Ein transparenter Nachvollzug der Überleitung der Informationen zu den laufenden Kosten aus der Finanzbuchhaltung zur Kostenrechnung des Netzes muss gewährleistet sein.

 Kostenbasis für die Bestimmung des Netzentgelts (anrechenbare Kosten) sind insbesondere die Kosten des Netzbetriebs auf kalkulatorischer Basis (namentlich kalk. Kapitalkosten/Zin-sen, kalk. Abschreibungen, kalk. Steuern), die Betriebskosten des Netzes, Kosten vorgela-gerter Lokalnetze, Steuern und Abgaben sowie die Kosten der Systemdienstleistungen (SDL).

 Zur Bestimmung der Kapitalkosten ist eine Anlagenrechnung zu führen, wobei empfohlen wird, die Kapitalkosten auf der Basis von historischen Anschaffungswerten und einem kal-kulatorischen WACC mit 60% FK Anteil zu bestimmen.

 Für lokale Netzbetreiber, welche an nachgelagerte Netzbetreiber liefern, gilt die Vorgabe der Vermeidung von möglichen Doppelbelastungen der Endverbraucher des nachliegen-den Gasnetzbetreibers („Pancaking“).

Es müssen also für die lokalen Gasnetze – anders als Strom-Verteilnetzbetreiber – keine separa-ten Jahresrechnungen (Bilanz und Erfolgsrechnung) geführt werden. Die effektiven Kapitalkos-ten, Abschreibungen oder teils Steuern werden durch kalkulatorische Grössen ersetzt.

Ausgehend von diesen organisationsneutralen Vorgaben sind vielfältige Organisationsformen denkbar. Abbildung 13 fasst die wichtigen Möglichkeiten für Verteilnetzbetreiber zusammen,

wobei die blau hinterlegte Box jeweils diejenige Einheit ist, in welcher die Kosten für das Gas-netz geführt werden. Im oberen Teil sind Beispielorganigramme für Unternehmen, welche nur erdgasbasierte Dienste anbieten. Der untere Teil illustriert Varianten für Querverbundunter-nehmen, welche in der Schweiz die Regel darstellen.

Abbildung 13: Organisationsformen

Quelle: Swiss Economics Die im Rahmen dieser Studie befragten fünf Lokalnetzbetreiber – alles Querverbundunterneh-men – haben folgende Organisation gewählt:

 Buchhalterische Entflechtung gemäss VV/NEMO mit teilweise organisatorischer Trennung von Netz (Gasnetz in einer Division zusammen mit anderen Netzen) und Lieferung, Ein-kauf und anderen Einheiten. In Abbildung 13 entspricht dies Q1.

 Rechtliche Entflechtung, nicht aber organisatorische Entflechtung, indem die Gasnetz AG von der Energiesparte auf Auftragsbasis geführt wird (Fall Q5 in Abbildung 13).

 Rechtliche Entflechtung mit teilweise organisatorischer Trennung, bei der das Gasnetz einer Tochtergesellschaft zugeordnet ist und von der Netzdivision der Muttergesellschaft auf Auftragsbasis geführt wird (Fall Q4 in Abbildung 13).

Die buchhalterische Trennung gemäss NEMO wurde also in allen untersuchten (nicht reprä-sentativen) Fällen auf freiwilliger Basis mit zusätzlichen Entflechtungsinstrumenten bis hin zur rechtlichen Entflechtung ergänzt, wobei jedoch in keinem Fall eine vollständige organisatori-sche Trennung durchgeführt wurde.

Als Grund für die nicht vollständige organisatorische Entflechtung wurden von den Verteil-netzbetreibern Synergien bzw. Kostenvorteile der gewählten Lösung angegeben:

 Nutzung von Synergien beim Netzbau und –Unterhalt (z.B. Sanierung Gasrohre zusammen mit Strom- und Wasserleitungen, wenn neue Glasfaserleitungen gelegt werden);

Q1

Reiner Netzbetreiber (NB) / reines Gasversorgungsunternehmen (GVU)

Querverbundunternehmen (Q)

 Vermeidung von Split Incentives (Rentabilisierung eines Neuanschlusses nur mit Netznut-zungsentgelten schwieriger, bzw. Kostenbeiträge auf Ebene Lieferant fallen weg);

 Abstimmung Gaseinkauf auf vorhandene Kapazitäten;

 Nutzung von personellen Synergien in der Linie z.B. beim Rohr- und Leitungsbau oder beim Dispatch / Leitstelle;

 Nutzung von personellen Synergien im Overhead, z.B. Personal, Finanzen, Recht, Admi-nistration oder Geschäftsleitung. Dabei ist es so, dass auch die grössten befragten Unterneh-men nicht so gross sind, dass diese für den Netzbereich eine eigene Finanz- oder Personal-abteilung führen würden;

 Nur eine Ansprechperson gegenüber Neukunden für Gaslieferung und Netzanschluss.

Gemäss Umfrage ist die Grösse der meist lokal verankerten Unternehmen gemessen an zeitäquivalenten im Gasbereich inkl. Verteilnetz überschaubar, oft sind es weniger als 10 Voll-zeitäquivalente.

2.6.2 Ebene Transportnetz - Regionale Netze und Swissgas

Die Vorgabe der buchhalterischen Entflechtung nach Art. 6 der Verbändevereinbarung gilt auch für Regionalnetzbetreiber und Swissgas. Die Details sind im Manual „Entgelte für regio-nale und überregioregio-nale Zonen“ festgehalten. In Version 2.7, die vorliegenden analysiert wurde, sind die Ergebnisse einer einvernehmlichen Regelung mit dem Preisüberwacher vom Oktober 2014 bereits berücksichtigt. Die buchhalterische Trennung wird demnach so verstanden, dass mindestens eine regulatorische Schattenrechnung vorhanden sein muss, auf deren Basis die Netznutzungsentgelte festgelegt werden. Diese ergänzt die übliche finanzielle und betriebliche Buchhaltung und hat folgenden Rahmen:

 Die anrechenbaren Kosten müssen transparent hergeleitet werden. Zu diesem Zweck wird empfohlen, eine eigene Kostenrechnung für das regionale Gasnetz zu führen.

 Die anrechenbaren Kosten für das regionale Netznutzungsentgelt (NNE Regional) sind von den Kosten des Gashandels und den Kosten übriger Aktivitäten getrennt auszuweisen.

Hierzu werden entsprechende Systemgrenzen definiert und die Kosten ergeben sich aus diesen Systemgrenzen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.

 Eine Quersubventionierung der am Markt erbrachten Leistungen durch das NNE Regional ist auszuschliessen. Die Kostenbasis für das NNE Regional enthält nur die Kosten für Stan-dardleistungen, die für den Netzbetrieb erforderlich sind und den Kunden oder Dritten nicht direkt in Rechnung gestellt wurden. Entsprechend sind Erlöse, die mit Ressourcen erwirtschaftet werden, die im Rahmen der Kostenrechnung dem Netz zugeordnet sind, von der Kostenbasis in Abzug zu bringen.

 Kostenbasis für die Bestimmung des Netzentgelts (anrechenbare Kosten) sind die Kosten der vorzuhaltenden Transportkapazität inkl. der standardmässigen Systemdienstleistun-gen auf kalkulatorischer Basis (namentlich kalk. Kapitalkosten/Zinsen, kalk. Abschreibun-gen, kalk. Steuern). Ebenfalls anrechenbar ist nach Vereinbarung mit dem Preisüberwacher die Einlage in die zweckgebundene Investitionsreserve.

 Zur Bestimmung der Kapitalkosten ist eine Anlagenrechnung auf der Basis von historischen Anschaffungswerten zu führen, der WACC wurde basierend auf dem aktuellen WACC für Stromnetze mit dem Preisüberwacher einvernehmlich auf 4.9% festgelegt. Sollte sich die

Kalkulation des WACC gemäss Stromversorgungsverordnung während der einvernehmli-chen Regel ändern, so wird diese Kalkulation auch für die Gasnetze übernommen werden.

Zuletzt hatte das BFE den WACC für Stromnetzte von 4.70% auf 3.83% gesenkt.

 Marketingkosten dürfen zu einem Teil auf das Netz geschlüsselt werden, „weil Marketing-massnahmen die Netzauslastung erhöhen und damit die Netznutzungsentgelte für sämtli-che Netzkunden vergünstigen können.“

Transportnetzbetreiber müssen für ihre Gasnetze keine separaten Jahresrechnungen (Bilanz und Erfolgsrechnung) und auch nicht zwingend separate Kostenrechnungen führen. Die effek-tiven Kapitalkosten, Abschreibungen oder teils Steuern spielen wie bei den Lokalnetzen keine unmittelbare Rolle bei der Entgeltfestsetzung und die Vorgaben schränken die Transportnetz-betreiber in ihrer Organisationsformen nicht ein.

Gestützt auf eine Umfrage bei den vier Regionalgesellschaften sowie Swissgas gibt es heute folgende Organisations- bzw. Entflechtungsmodelle im Transportnetz:

 Buchhalterische Trennung gemäss Manual ohne eigenes Personal gesteuert aus einem Ak-tionär/Lokalnetzbetreiber heraus, wobei die Division Netz die Aufgaben im Bereich Netz wahrnimmt und insofern indirekt eine gewisse organisatorische Trennung vorhanden ist;

 Buchhalterische Trennung und teilweise organisatorische Trennung von Netz und Ein-kauf/Handel/Dispatch bzw. von Netzbetrieb, Transportmanagement und Energieeinkauf bzw. von Netz, SDL und Einkauf;

 Rechtliche und organisatorische Entflechtung in je eine Netz- und Energieunternehmung, wobei beide Gesellschaften die identische Aktionariatsstruktur aufweisen.

Die Transportnetzbetreiber haben somit sehr unterschiedliche Organisationsformen gewählt und wie die Verteilnetzbetreiber auf freiwilliger Basis zusätzliche Entflechtungsinstrumente eingeführt.

Die Netzbetreiber sehen in integrierten Organisationsmodellen folgende Synergien bzw. Kos-tenvorteile:

 Einkauf von Gas in Beachtung der Netzstabilität;

 Vermeidung von Aufbau von doppeltem Knowhow im Netz und Einkaufsbereich (statt-dessen Verrechnung);

 Nutzung von personellen Synergien im Overhead, z.B. Personal, Finanzen, Recht, Admi-nistration oder Geschäftsleitung/Gremien. Dabei ist es so, dass die befragten Unternehmen nicht so gross sind, dass sich für den Netzbereich z.B. eine eigene Finanz- oder Personalab-teilung lohnen würde;

 Steuerfolgen bei einer rechtlichen Entflechtung;

 Transportabwicklung.

Gemäss Umfrage sind die Unternehmensgrössen auch auf der Transportebene überschaubar – kein Unternehmen beschäftigt mehr als 100 Vollzeitäquivalente.