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Akteure in der Schweizer Erdgasbranche

Abgesehen vom geringfügigen Biogaspotential verfügt die Schweiz über keine nutzbaren Erd-gasvorkommen. Sie ist daher nahezu vollständig auf den Gasimport angewiesen und es gibt im Unterschied zum Strommarkt keine substanziellen Produzenten. Die Schweizer Akteure im Gasmarkt fokussieren folglich auf den Einkauf von Gas und die Sicherstellung von dessen Transport zu den Endkunden.

Die Schweiz ist über die Transitgasleitung an das Europäische Transportnetz angebunden, über die etwa 75% der Importe in die Schweiz gelangen. Die Transitgasleitung ist ein wichtiges Teil-stück im transeuropäischen Transportnetz von den Gasfeldern Nordeuropas nach Italien.

Aus der Transitgasleitung wird an mehreren Messstationen Erdgas in das Schweizer Hoch-drucktransportnetz eingespeist und zu den Erdgasnetzen der Regionalgesellschaften transpor-tiert. Die Regionalgesellschaften verfügen teilweise ebenfalls über direkte Anbindungen an das Europäische Erdgasnetz, beispielsweise in der Region Genf und in der Ostschweiz. Im Tessin und in Kreuzlingen sorgt der lokale Erdgaslieferant autonom (unabhängig von den Regional-gesellschaften) für die Einspeisung (nachfolgend: isolierte Zonen). Aus den Hochdrucknetzen der Regionalgesellschaften gelangt das Gas in die lokalen Verteilnetze und schliesslich zu den Endkunden. Es gibt kaum alternative Gasimporte (etwa „liquified natural gas“) und keine sub-stantielle Gasspeicher im Schweizer Netz. Alles Gas wird daher unmittelbar aus den europäi-schen Gasnetzen in die Schweiz importiert und über Regionalnetze und Verteilnetze zu den Endkunden befördert.

Von insgesamt 2324 Gemeinden der Schweiz waren im Jahr 2016 nach Angaben des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), dem ein Grossteil der Schweizer Verteilnetzbetreiber angehören, 961 Gemeinden an das Erdgasnetz angeschlossen (entspricht einem Anteil von rund 40%). In der Schweiz gibt es aktuell über 100 Verteilnetze3, die grösstenteils im Besitz der öf-fentlichen Hand sind und in der Regel lokalen Gasversorgungsunternehmen (GVU) angehö-ren. Die GVU sind einerseits vertikal integriert und bieten Erdgastransport und die Erdgaslie-ferung an, andererseits handelt es sich mehrheitlich (etwa 75%) um Querverbundunternehmen, die z.B. auch Strom- und Wasserversorgung, Fernwärme oder Telekommunikationsdienstleis-tungen anbieten. In der fragmentierten Schweizer Gasversorgung gibt es auch einige grössere GVU. Die sieben grössten GVU waren 2002 für etwas mehr als die Hälfte des Schweizer Erd-gasabsatzes verantwortlich.4

Den GVU vorgelagert sind die vier grossen Regionalgesellschaften Gasverbund Mittelland (GVM), Erdgas Ostschweiz (EGO), Gaznat SA (Gaznat) und Erdgas Zentralschweiz (EGZ).

Hinzu kommen die Unigaz SA, die Erdgasversorgung Bündner Rheintal AG und die Aziende industriali di Lugano (AIL). Deren Kernaufgaben sind – wiederum vertikal integriert – die Be-schaffung und der Transport von Erdgas. Die Anteilseigener der Regionalgesellschaften sind die nachgelagerten GVU. Die Regionalgesellschaften arbeiten gemäss Statuten nicht gewinnori-entiert.

3 Gemäss VSG (2015) sind es 111.

4 Preisüberwacher (2012).

Für die Erdgasbeschaffung haben die Regionalgesellschaften gemeinsam mit dem VSG die ebenfalls nicht gewinnorientierte Beschaffungsgesellschaft Swissgas AG (Swissgas) gegrün-det, welche gleichzeitig Teile des Transportnetzes besitzt und betreibt. GVM, Gasnat und EGO halten je 26.98%, EGZ 5.61% und der VSG 16.45% der Anteile. Swissgas wickelt einen wesentli-chen Teil der Erdgasimporte in die Schweiz über langfristige Verträge ab, wobei zunehmend Importe von Sportmärkten (z.B. Marktgebiet Deutschland der NetConnect Germany, NCG) über kurzfristige Verträge erfolgen. Teilweise beschaffen Regionalgesellschaften (oder Gasver-sorger) Erdgas direkt an Grosshandelsmärkten beschaffen.5 Der Zugang zum Spotmarkt kann dabei wiederum über eine Tochtergesellschaft der Swissgas, SET Swiss Energy Trading AG, erfolgen, welche an den Spotmärkten NCG, Wallbach, PEG and TTF tätig ist und für die vier Regionalgesellschaften eine Handelsplattform betreibt.6 Die Regionalgesellschaften haben keine Bezugspflicht bei Swissgas.7 Bei Swissgas ist ebenfalls die Koordinationsstelle für Durch-leitungen Dritter auf dem Transportnetz angegliedert (KSDL), bei welcher u.a. Netzzugangs-gesuche mit den entsprechenden Netzbetreibern koordiniert werden.

Abbildung 9: Beteiligungsverhältnisse an der Transitgas AG und FluxSwiss

Quelle: Geschäftsbericht Swissgas 2014 Wie die Regionalgesellschaften ist auch Swissgas zumindest teilweise vertikal integriert, einer-seits direkt als Eigentümerin eines Teilstückes des Schweizerischen Transportnetzes und ande-rerseits indirekt als Mehrheitsaktionärin der Transitgas AG (Transitgas). Transitgas betreibt das Schweizer Teilstück des transeuropäischen Transportnetzes, aus der mehr als 75% des schweizerischen Gesamtverbrauchs bezogen werden. Ihr Aktionariat besteht aus Swissgas (51%), FluxSwiss (46%) und der E.ON Ruhrgas AG (3%). Swissgas als Mehrheitsaktionärin be-zieht ca. 12 % der Kapazität, die zum grossen Teil für die Schweizer Versorgung genutzt wird.

5 Die Anzahl kurzfristiger Geschäfte nimmt gemäss Swissgas (Geschäftsbericht 2014) stetig zu, hingegen nimmt die Menge pro Geschäft ab. Mit dem Auslaufen der Langfristverträge fällt teils fest verfügbare Exit-Kapazität weg, welche z.B. durch Teilnahme an Auktionierungen kompensiert werden kann.

6 http://swiss-energy-trading.ch/ vom 18.4.2016.

7 Gemäss Interview mit CEO R. Rohrbach vom 7.3.2016.

Die restlichen 88 % der Kapazität werden FluxSwiss zur Nutzung verpachtet8 und von dieser für Transitzwecke vermarktet. FluxSwiss gehört zu 50.2% dem belgischen nationalen Fernnetz-betreiber Fluxys SA, Global Infrastructure Partners (44.9%) und Swissgas (4.9%). Die Beteili-gungsstruktur der Transitgas und der FluxSwiss ist in Abbildung 9 dargestellt. Neben der Ver-marktung von Transit-Kapazitäten bietet FluxSwiss auch Dienstleistungen in Zusammenhang mit dem internationalen Gastransport an (Swissgas, 2014).

Abbildung 10 veranschaulicht die aktuelle Struktur des Schweizer Erdgasmarktes, in der die Gasversorgungsunternehmen, Regionalgesellschaften und Swissgas allesamt gleichzeitig Gas-lieferant und Netzbetreiber sind. Diese fragmentierte, vertikal und teilweise horizontal inte-grierte Struktur der Schweizer Erdgasbranche ist historisch gewachsen. Die Details bezüglich der Organisation einzelner Versorger einerseits und den künftig geplanten neuen Akteuren (z.B. netpool) andererseits finden sich in Kapitel 2.6 und 2.7.

Abbildung 10: Struktur und Besitzverhältnisse der Schweizer Gasnetzbetreiber

Quelle: Swiss Economics Nachfolgend werden die Netzebenen wie folgt unterschieden:

Transportnetz: Hochdrucknetze der Transitgas AG, Swissgas AG und der Regionalgesell-schaften;

Verteilnetz: Alle übrigen an das Transportnetz angeschlossenen (Verteil)Netze und deren nachgelagerte Netze (i.d.R. Niederdruck unter 5 Bar).

8 2014 betrugen die Erträge der Transitgas AG aus „Lease Agreement“ rund 114 Mio. CHF (Geschäftsbericht 2014).

Weitere Dienste:

Strom, Wasser, Fernwärme, Abfall etc.

VSG

51 %

Transitgas

Industriekunden

EGZ

Gasversorgungsunternehmen Gaznat

Verteilnetze

GVM EGO

Regional-Netz

Regional-Netz

Regional-Netz

Regional-Netz Swissgas

26 % 26%

26% 5.6%

Mitglieder

Eigentümer

Wärmekunden Dienstleistungen

Transportnetz

16.4%