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Was sind aber nun auf der anderen Seite die Eigenschaften, die gerade die Virulenz des Umweltkeimes P. aeruginosa bedingen und ihn als Opportunist in der CF-Lunge so erfolgreich machen?

P. aeruginosa ist ein metabolisch vielseitiges Bakterium, das sich bevorzugt in allen wässrigen Habitaten der Umwelt findet. Wie bereits oben skizziert, weist er zwei Phänotypen auf, mit Hilfe derer er sich in einem Habitat etablieren und dann persistieren kann: auf der einen Seite planktonisch und schwimmend, und auf der anderen Seite sessil im Biofilm.

Als planktonisches Bakterium ist er sehr beweglich und kann sich schnell im wässrigen Medium schwimmend ausbreiten. Zur Fortbewegung dient dabei ein einzelnes polares Flagellum, welches den Organismus durch seine Rotationsbewegung vorantreibt [28].

Auch auf visköserem Medium ist P. aeruginosa die Fortbewegung noch in Form von Schwärmbewegungen möglich, wie es auch von einigen anderen Arten der Proteobakterien bekannt ist, z. B. Proteus mirabilis. Hierzu ist bei P. aeruginosa neben dem Flagellarapparat auch das Vorhandensein der auf der Oberfläche verteilten Pili von Bedeutung. Mit seiner Fähigkeit zu schwärmen ist P. aeruginosa in der Lage, sich sowohl ungerichtet als auch gezielt als Reaktion auf chemotaktische Reize auszubreiten.

Als weiterer wichtiger Virulenzfaktor der Bakterien ist ihre Fähigkeit zu nennen, über diverse Sekretionsmechanismen Toxine und lytische Enzyme zu sezernieren, die Strukturen des Wirtes schädigen. Einige dieser Virulenzfaktoren sind auch in der Lage, Entzündungsmediatoren zu inhibieren und so die Abwehr des Körpers zu

unterminieren. In diesem Zusammenhang sei bereits der so genannte Typ III-Sekretionsmechanismus vorweg erwähnt, dessen Expression in direktem Zusammenhang mit einer schlechteren Prognose für den infizierten Patienten steht [29, 30].

Darüber hinaus sezerniert P. aeruginosa einige Homoserin-Lactone, deren extrazelluläre Konzentration die Exprimierung einzelner Virulenzfaktoren innerhalb der Population steuern. So kommt es in bestimmten Phasen der Etablierung der Infektion zu einer massiven Expression von Virulenzfaktoren, mit denen der Wirtsorganismus zuvor nicht konfrontiert wurde. Diese als „Quorum sensing“

bezeichnete Kommunikation unter den Bakterien koordiniert auch andere physiologische Vorgänge [31, 32].

Hat P. aeruginosa an eine Oberfläche adhäriert, entwickelt sich aus der wachsenden Kolonie ein Biofilm, dessen Hauptanteil mit 85% aus extrazellulärer Matrix besteht [5]. Durch die Matrix haftet die Kolonie an ihrer Oberfläche und ist einer Eradikation nur schlecht zugänglich. Als Grundsubstanz dient dabei neben dem von P.

aeruginosa sezernierten Alginat besonders der vom Wirt sezernierte Mucus in der CF-Lunge. Neuere Untersuchungen haben belegt, dass dieser Mucus fast vollständig frei von Sauerstoff ist und P. aeruginosa sich demzufolge unter anaeroben Bedingungen in der Lunge etabliert [33, 34, 35].

Biofilme sind komplex organisierte biologische Strukturen, in denen eine große Diversität an Phänotypen zu finden ist [36]. Im Inneren des Biofilmes ist der Stoffwechsel der Bakterien derart verlangsamt, dass die natürliche, ausgeprägte Resistenz von P. aeruginosa gegen antimikrobielle Substanzen noch weiter zunimmt:

Deren mittlere Hemmkonzentration (MHK) erhöht sich für Bakterien in Biofilmen noch um den Faktor 102 bis 105 gegenüber dem planktonischen Phänotyp.

Gleichzeitig schirmt der Biofilm die Prokaryonten von der Immunantwort des Wirtes ab. Die Bakterien sind so weder phagozytierenden Zellen noch opsonisierenden Antikörpern oder dem Komplementsystem zugänglich. Man kann den Lungenbefall mit P. aeruginosa bei CF als Prototyp für eine bakterielle Biofilm-Infektion bezeichnen. Gerade hier finden sich bei Untersuchung des Sputums gehäuft mucoide Stämme von P. aeruginosa.

Die spätere Bildung sessiler Kolonien im Wirt und auch die Invasion in sein Gewebe setzen für das planktonische Bakterium zunächst eine Kontaktaufnahme voraus. So ist die Adhärenz einer der entscheidenden Schritte für die Etablierung eines Keimes im Wirt. Umgekehrt ist aber auch für den Wirt zur Phagozytose der Pathogene eine Zell-zu-Zell-Bindung unerläßlich.

Es existieren dabei unterschiedliche Möglichkeiten der Adhärenz für P. aeruginosa an eine Wirtszelle. Untersuchungen zur Interaktion zwischen CFTR und P.

aeruginosa geben Hinweise darauf, dass es unter anderem auch durch die Bindung zwischen CFTR und den Lipopolysacchariden des Bakteriums zur spontanen Internalisierung in Epithelzellen kommt [37, 38]. Diese entspricht keiner Phagozytose und führt nicht zur Fusion des Bakterienvesikels mit lytischen Zellorganellen [39, 40].

Über den Mechanismus der Typ III-Sekretion ist P. aeruginosa dann in der Lage, so genannte Exotoxine durch die Zellmembran in die Wirtszelle zu injizieren, die in die Regulationskreisläufe der Zelle eingreifen und auf diesem Weg die Virulenz des Keimes steigern [41, 42, 43].

Eine entscheidende Rolle bei der Abwehr einer Infektion mit P. aeruginosa spielen die polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN). Durch chemotaktische Reize angelockt, phagozytieren sie die durch die humorale Immunantwort opsonierten planktonischen Bakterien. Sie leisten damit den größten aktiven Beitrag

zur Abwehr einer Pseudomonas -Infektion. Neutropenie ist neben der CF einer der höchsten Risikofaktoren für schwer verlaufende Infektionen mit P. aeruginosa.

Gleichwohl kommt auch die Phagozytose durch PMN nicht immer einem Abtöten des Keimes gleich. Stattdessen hat sich gezeigt, dass es insbesondere dem Stamm P.

aeruginosa TB gelingt, konstitutiv intrazellulär zu überleben und sich in PMN sogar zu vermehren.

P. aeruginosa TB wurde 1983 aus dem Sputum eines CF-Patienten isoliert und fiel dort durch einen schweren Infektionsverlauf als hochvirulent auf. In vitro -Untersuchungen zeigten, dass Bakterien dieses Stammes PMN abtöten können, indem sie eine Schrumpfung und Kondensation der Abwehrzellen auslösen.

Um die verantwortlichen Virulenzgene von P. aeruginosa TB näher zu klassifizieren, erstellte Herr Lutz Wiehlmann im Rahmen seiner Promotion eine Bank spezifischer Minitransposons zur Mutagenese des Stammes. Diese wurden in Bakterien des Wildtyps P. aeruginosa TB eingebracht, um Einzelkopie-spezifische, stabile Mutanten des Wildtyps zu erzeugen. Durch die individuelle Signatur der Transposons wurde es möglich, mehrere unterschiedliche Klone parallel in einem einzelnen Versuchsansatz zu testen [44]. So konnte mit hoher Durchsatzrate ein großer Teil des bakteriellen Genoms auf Defekte mit Bedeutung für die intrazelluläre Überlebensfähigkeit in PMN untersucht werden.

Dieser Test führte über die Lokalisation des Transposons zur Identifikation einiger Dutzend Gene, deren Deletion das intrazelluläre Überleben von P. aeruginosa TB in PMN entweder im positiven oder negativen Sinne signifikant beeinflusst. Während ein Teil für bisher nicht näher identifizierte aber bereits beschriebene Gene codiert, konnten für andere Gene durch Vergleich mit dem vollständig sequenzierten Genom

von P. aeruginosa PAO1 oder anderer Bakteriengenera schon Proteine vorhergesagt werden.

Eine Gruppe von Genen ist involviert in den Metabolismus oxidativer Stressfaktoren wie zum Beispiel Wasserstoffperoxid. Dieses stellt über die Generierung von Hypochlorit eine wichtige Waffe der PMN zur Abtötung von Mikroorganismen dar.

Interessanterweise überlebt nur ein Teil der Mutanten dieser Gruppe schlechter in den PMN, wohingegen bei einigen, namentlich Mutanten mit defekten eisenbindenden Proteinen, eine noch weiter steigende Überlebensrate zu beobachten ist.

Die zweite Gruppe von Genen ist beteiligt am Aufbau des polaren Flagellums von P.

aeruginosa. Bei allen Mutanten dieser Gruppe ist die Rate der intrazellulär überlebenden Bakterien geringer als beim Wildtyp. Elektronenmikroskopisch konnten für die gefundenen Mutationen Defekte in der Morphologie des Flagellums belegt werden.

Neben seiner Bedeutung für Beweglichkeit und Adhärenz des Bakteriums zeigt der Aufbau des Flagellums und seines Transmembranapparates starke Homologien zum Typ III-Sekretionssystem, wie es auch für die Genera Salmonella und Yersinia belegt ist [45, 46, 47]. Defekte im Sekretionsmechanismus des Flagellums wären aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit dem Typ III-System eine weitere mögliche Ursache für die verringerte Virulenz dieser Mutanten, die es aber noch zu belegen gilt.

2 Zielsetzung der Arbeit

Die phänotypische und genetische Analyse der Transposon-Mutanten von P.

aeruginosa TB durch Herrn Lutz Wiehlmann hat zur Identifikation und teilweisen Annotation von Genen geführt, die für das intrazelluläre Überleben des Bakteriums in PMN essentiell sind. Die Identifikation von Genen, die die Virulenz eines Mikroorganismus bedingen, kann aber nur zu Vorhersagen über die eigentliche Ätiologie führen. Der nächste Schritt ist die Demonstration des tatsächlichen Phänotyps unter in vitro -Bedingungen, die sich dem Geschehen in vivo immer weiter annähern, bis sich daraus ein immer besseres Modell zum Verständnis für den Pathomechanismus der Infektion entwickelt.

Erstes Ziel dieser Dissertation war es nun, auf diesen Erkenntnissen aufbauend eine spezifizierte experimentelle Überprüfung von Phänotypen durchzuführen.

Ausgewählt hierfür wurden solche STM-Mutanten, für die bereits eine Annotation des deaktivierten Genes bekannt ist. Es sind dies im Einzelnen:

PA 5349: codiert vermutlich für Rubredoxin-Reduktase

PA 4228: codiert für ein essentielles Protein der Pyochelin–Biosynthese, PchD

PA 1441: homolog zu fliK in S. typhimurium

Zu ihrer Untersuchung wurden im Rahmen dieser Dissertation neue geeignete in vitro- Detektionsverfahren etabliert und eingesetzt. Die beiden Mutanten mit Defekten in PA 5349, beziehungsweise PA 4228, wurden dabei besonders auf ihre Rolle bei der Bewältigung von oxidativem Stress hin untersucht.

Das Gen PA 1441 codiert für eine Untereinheit des Flagellen-Sekretionsapparates,

dieser Flagellen-Mutanten wurde das Augenmerk besonders auf Hinweise für eine mögliche Sekretion von Proteinen durch das Flagellum gerichtet.

Als zweites Ziel der Arbeit sollte der ursprüngliche Phänotyp von P. aeruginosa TB für einige der untersuchten Mutanten wiederhergestellt werden, indem zum ausgeschalteten Gen homologe DNS aus dem apathogenen Umweltisolat P.

aeruginosa SG17M mittels triparentaler Konjugation in die Mutanten eingebracht wurde. Die so gewonnene genetische Revertante wurde funktionell getestet und dabei in ihrem Verhalten mit der zugehörigen STM-Mutanten und dem Wildtyp verglichen.

3 Material