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Absch¨ atzung des potentiellen Wirkungsgradgewinns

F¨ur die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Prozesses zur Herstellung eines selektiven Emitters ist die potentielle Wirkungsgradsteigerung ein wesentliches Kriterium. Da der selektive Emitter die an der Vorderseite der Solarzelle entstehenden elektrischen Verluste reduziert, h¨angt der erreichbare Wirkungsgradgewinn in erster Linie von diesen Verlus-ten und damit von der Qualit¨at des homogenen Emitters ab. Die folgende Absch¨atzung basiert auf dem an der Universit¨at Konstanz eingesetzten Standard-Emitter und der

Kon-taktierung durch frei erh¨altliche und markt¨ubliche Siebdruck-Pasten. Vergleicht man die angegebenen Werte mit industriell hergestellten Emittern gleichen Schichtwiderstands ist zu beachten, dass das eingesetzte Diffusionsprogramm nur bez¨uglich einer geringen S¨ atti-gungsstromdichte und nicht in Hinblick auf eine kurze Prozesszeit und hohe Homogenit¨at

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uber ein langes Diffusionsrohr optimiert ist. Die Rekombinationsverluste fallen damit ten-denziell geringer aus als bei industriellen Emitter-Diffusionen.

Im Folgenden werden Einfl¨usse einer durch den selektiven Emitter verbesserten Vorderseite aufVOC, jSC und den F¨ullfaktor analysiert und zu einem Wirkungsgradgewinn verrechnet.

Dabei werden zwei F¨alle betrachtet:

• Die vollst¨andige Eliminierung der Rekombinationsverluste im Emitter. Sie ist theo-retisch nicht m¨oglich, kann aber als Obergrenze des Gewinns f¨ur den Fall betrachtet werden, dass die Emitterverluste auf ein vernachl¨assigbares Niveau abgesenkt werden k¨onnen.

• Eine Reduzierung der Rekombinationsverluste auf das durch die Messung der in Ka-pitel 3.3 gezeigten S¨attigungsstromdichten bestimmte Niveau. Dieser Fall dient der Evaluation des potentiellen Wirkungsgrad-Potentials auf Basis des in dieser Arbeit beschriebenen R¨uck¨atz-Verfahrens. Um eine m¨oglichst realistische Absch¨atzung zu erm¨oglichen, werden neben den S¨attigungsstromdichten weitere experimentell be-stimmte Gr¨oßen herangezogen, die als spezifisch f¨ur den betrachteten Herstellungs-prozess anzusehen sind.

Kurzschlussstromdichte

Die unter jSC-Bedingungen auftretenden Verluste lassen sich anhand der internen Quan-teneffizienz (IQE) analysieren. Sie stellt das Verh¨altnis der bei der jeweiligen Wellenl¨ange generierten und eingesammelten Ladungstr¨ager zur Anzahl der in der Solarzelle ankom-menden Photonen dar, w¨ahrend die externe Quanteneffizienz (EQE) alle auf die Solarzelle auftreffenden Photonen ber¨ucksichtigt. Die IQE monokristalliner Standard-Solarzellen mit unterschiedlich stark dotiertem homogenen und selektivem Emitter ist in Abb. 4.1 dar-gestellt. Die IQE-Verl¨aufe wurden dabei derart skaliert, dass das Maximum der IQE 1 betr¨agt.

Die Rekombinationsverluste an der Oberfl¨ache und im Emitter f¨uhren zu einer Absenkung der IQE bei kurzen Wellenl¨angen, da diese eine Absorptionsl¨ange in der Gr¨oßenordnung der Emittertiefe aufweisen. Der Verlauf der IQE im kurzwelligen Bereich wird auch alsblue response bzw. Blauantwort bezeichnet. Die aus der IQE resultierende Kurzschlusstrom-dichte l¨asst sich bei bekannter Reflexion R(λ) und Photonenflussdichte Φ(λ) berechnen,

4 Solarzellen mit selektivem Emitter

Abb. 4.1: Auf 1 skalierte IQE monokristalliner Solarzellen mit homogenem Emitter (HE) unter-schiedlichen Schichtwiderstands (nicht gleichzeitig prozessiert, HE 45 unterschiedliches Substrat) sowie mit selektivem Emitter (SE). Zus¨atzlich ist die Photonenflussdichte des ASTM G173-03 [97] Spektrums dargestellt, sie f¨uhrt zu einer Gewichtung der IQE-Differenzen.

wobei q die Elementarladung darstellt:

jSC =q Z

EQE(λ)Φ(λ)dλ=q Z

(1−R(λ)) IQE(λ)Φ(λ)dλ . (4.1) F¨ur einen idealen (verlustfreien) Emitter wird die IQE unterhalb des maximalen Werts auf 1 gesetzt. Der Stromverlust im Emitter bzw. der maximal erzielbare Gewinn ergibt sich durch Vergleich mit der jeweiligen idealen IQE. Er ist in Tabelle 4.1 f¨ur die in Abb. 4.1 dargestellten Emitter angegeben. Dabei wurde zwischen dem f¨ur den Zellwirkungsgrad rele-vanten Wellenl¨angenbereich oberhalb 300 nm und dem aufgrund des sog.UV cut-offsdurch das Modulglas und das zur Modulverklebung verwendete Ethylenvinylacetat (EVA) redu-zierten Bereich oberhalb 380 nm unterschieden. Vergleicht man die jSC-Verluste in den unterschiedlichen Wellenl¨angenbereichen, so f¨allt die geringe Differenz trotz recht stark abweichender IQE auf. Sie begr¨undet sich durch den relativ geringen Photonenfluss f¨ur λ <400 nm, welcher durch das im gleichen Bereich liegende Maximum der Reflexionskurve zus¨atzlich reduziert wird. Dieser Effekt entkr¨aftet teilweise das h¨aufig gegen den Einsatz selektiver Emitter angef¨uhrte Argument, der Stromgewinn ginge bei Verschaltung in ei-nem Modul wieder verloren. Die mit dem EVA verbundenen Absorptionsverluste lassen sich durch den Einsatz von Silikon zur Modulverklebung weitgehend vermeiden [136, 137].

Die in Tabelle 4.1 angegebenen jSC-Verluste der homogenen Emitter stellen die theoreti-sche Obergrenze f¨ur den Gewinn durch einen selektiven Emitter dar. Um eine realistische

Tabelle 4.1: Aus der EQE berechneter jSC-Verlust im Emitter f¨ur das gesamte nutzbare Spek-trum und unter Annahme eines UV cut-offs durch das Modulglas und EVA unter-halb von 380 nm.

∆jSC [mA/cm2] 45 Ω/ 49 Ω/ 58 Ω/ SE 80 Ω/

300–1200 nm 0,86 0,75 0,61 0,42

380–1200 nm 0,69 0,60 0,48 0,36

Absch¨atzung f¨ur den hier untersuchten R¨uck¨atzprozess zu erhalten, muss der Verlust durch den selektiven Emitter subtrahiert werden. Dieser wurde f¨ur einen ebenfalls durch PECVD-SiNX:H passivierten selektiven Emitter mit Rsheet,1= 80 Ω/ berechnet und in Tabelle 4.1 angegeben.

Eine Verbesserung der IQE im kurzwelligen Bereich auf 1 reduziert auch die optimale Di-cke der Antireflexionsschicht um ca. 1,5 nm. Der dadurch zu erzielenden Stromgewinn ist mit ca. 0,002 mA/cm2 allerdings zu vernachl¨assigen. Die niedrigere Emitterdotierung f¨uhrt neben einer Verbesserung der Blauantwort auch zu einer schw¨acheren Absorption langwel-ligen Lichts durch freie Ladungstr¨ager im Emitter (siehe Abschnitt 2.3.1), wodurch sich die IQE im langwelligen Bereich verbessert. F¨ur Schichtwiderst¨ande oberhalb 50 Ω/ ist der damit verbundene Stromverlust kleiner als 0,1 % [138].

Die Messung einer Stromdifferenz aufgrund einer ver¨anderten externen Quantenausbeute

∆EQE(λ) erfordert eine dem Standardspektrum m¨oglichst identische Spektralverteilung des IV-Testers, da sich die resultierende Stromdifferenz nach Gleichung 4.1 ausdr¨ucken l¨asst als

∆jSC =q Z

∆EQE(λ)Φ(λ)dλ . (4.2)

Weicht die spektrale Verteilung der Photonenflussdichte des IV-Testers ΦIV(λ) von der des Standardspektrums ΦStd(λ) ab (spectral mismatch), entsteht ein systematischer Messfehler von

∆jSC,Std−∆jSC,IV =q Z

∆EQE(λ)ΦStd(λ)dλ−q Z

∆EQE(λ)ΦIV(λ)dλ (4.3)

=q Z

∆EQE(λ)(ΦStd(λ)−ΦIV(λ))dλ (4.4)

=q Z

∆EQE(λ)∆Φ(λ)dλ . (4.5)

Bei einem geringeren UV-Anteil des IV-Testers im Vergleich zum Standard-Spektrum, wie er z.B. bei Flashern auftritt, wird also ein geringerer Stromgewinn gemessen (siehe [139]).

4 Solarzellen mit selektivem Emitter

Offene Klemmenspannung

Die offene Klemmenspannung VOC einer Solarzelle wird haupts¨achlich durch die S¨ atti-gungsstr¨ome bestimmt und l¨asst sich daraus ¨uber das Zwei-Dioden-Modell berechnen (siehe Gleichung 2.7). Wenn die Rekombination in der Raumladungszone durch die Metallisierung nicht oder gleichermaßen beeinflusst wird, kann von einem konstantenj02ausgegangen wer-den. Dies trifft zu, solange der Emitter nicht zu hochohmig ist oder zu heiß gefeuert wird.

Der S¨attigungsstrom der ersten Diode j01 setzt sich aus den Bestandteilen von BSF, Ba-sis und Emitter zusammen, nur letzterer l¨asst sich durch eine Verbesserung des Emitters reduzieren. Der erzielbare Spannungsgewinn ist deshalb um so gr¨oßer, je kleiner die festen Anteile aus Basis und BSF sind. Aus diesem Grund wird der Spannungsgewinn auf mc-Silizium meist geringer sein als auf monokristallinem Substrat.

F¨ur den idealen Fall zu vernachl¨assigender Emitter-Rekombination werden nur die Anteile der Basis und des BSF anj01betrachtet, w¨ahrend die Berechnung desVOC-Gewinns f¨ur den hier betrachteten R¨uck¨atz-Prozess auf Basis der in Abb. 3.13 gezeigten Messwerte erfolgt.

Bei einer Passivierung durch PECVD-SiNX:H werden dabei unabh¨angig von der Ausgangs-diffusion f¨ur hohe Schichtwiderst¨ande minimale j0E von knapp 70 fA/cm2 erreicht (siehe Abschnitt 3.3). Dieser Wert wird deshalb im Folgenden als Untergrenze f¨ur den hochohmi-gen Bereich des selektiven Emitters verwendet. Im hier betrachteten idealen Fall entspricht die metallisierte Fl¨ache der niederohmigen Fl¨ache, damit reduziert sich Gleichung 3.22 zu:

j0E =f1j0E,1+fMj0M . (4.6) MitfM= 5 % undj0M= 400 fA/cm2 (siehe Abschnitt 3.3.4) ergibt sich daraus ein minima-ler Wert von j0E≈85 fA/cm2.

In Abb. 4.2 ist links die aus der Zwei-Dioden-Gleichung berechnete offene Klemmenspan-nung als Funktion der Emitters¨attigungsstromdichte f¨ur unterschiedliche S¨ attigungsstrom-dichten der Basis j0B dargestellt, diese decken den Bereich von hochwertigem Cz-Si bis zu industriell verwendetem mc-Si ab. F¨ur den BSF-Anteil und die S¨attigungsstromdichte der zweiten Diode wurden dabei Erfahrungswerte von j0BSF= 250 fA/cm2undj02= 20 nA/cm2 angenommen.

Zur Berechnung des m¨oglichen Gewinns in VOC wird die Emitters¨attigungsstromdichte des homogenen Referenz-Emitters ben¨otigt, sie wird im Wesentlichen durch den Schichtwi-derstand bestimmt. Dieser Zusammenhang l¨asst sich durch einen Fit der j0E-Werte der direkten Diffusion von 30–110 Ω/ aus Abb. 3.13 parametrisieren. Der daraus berechne-te Spannungsgewinn ist in Abb. 4.2 rechts abgebildet. Die zus¨atzliche Spannungsdifferenz aufgrund der unterschiedlichen j0M-Werte wurde dabei nicht ber¨ucksichtigt, da keine

Da-0 5 0 1 0 0 1 5 0 2 0 0 2 5 0 3 0 0 3 5 0

Abb. 4.2: links: Nach dem Zwei-Dioden-Modell berechnete offene Klemmenspannung als Funk-tion des Emitters¨attigungsstroms.

rechts: Potentieller VOC-Gewinn als Funktion des Schichtwiderstands des homoge-nen Referenz-Emitters f¨ur den hypothetischen Fall der vollst¨andigen Eliminierung der Rekombinationsverluste im hochohmigen Bereich sowie unter der Annahme j0E,1 = 70 fA/cm2. Verwendete Parameter: j02 = 20 nA/cm2, j0,BSF = 250 fA/cm2, jSC = 37,5 mA/cm2,RP = 10 kΩcm2,j0E-Daten aus Abb. 3.13.

ten ¨uber den gesamten Schichtwiderstandsbereich vorliegen. Sie betr¨agt < 1 mV (siehe Abschnitt 3.3.4) und kann damit in dieser Absch¨atzung vernachl¨assigt werden.

Gegen¨uber einem als frei von Rekombinationsverlusten angenommenen Emitter ergibt sich f¨ur einen homogenen 50-Ω/ Emitter unter der Annahme j0B = 100 fA/cm2 ein VOC-Verlust von knapp 13 mV, w¨ahrend die Differenz zu einem selektiven Emitter mit j0E,1 = 70 fA/cm2 etwa 9 mV betr¨agt. Bei einem h¨oheren Basisanteil j0B oder einem h¨ o-heren Schichtwiderstand des homogenen Emitters f¨allt ∆VOC geringer aus. Gleiches gilt nat¨urlich f¨ur den hier konstant gehaltenen j0-Beitrag der R¨uckseite, eine Reduzierung z.B.

durch eine dielektrische Passivierung der R¨uckseite (PERC-Solarzelle) f¨uhrt entsprechend zu einem Synergieeffekt in Form eines h¨oherenVOC-Gewinns durch den selektiven Emitter.

F¨ullfaktor

Der F¨ullfaktor einer Solarzelle wird im Wesentlichen durch die S¨attigungsstromdichten und die ohmschen Widerst¨ande beeinflusst. Wie bereits bei der Berechnung des VOC-Gewinns wirdj02als konstant angenommen, gleiches gilt f¨ur den Parallelwiderstand. Die durch einen selektiven Emitter erzielte Absenkung in j0E und damit j01 wirkt sich deutlich st¨arker in

4 Solarzellen mit selektivem Emitter

VOC als in VMPP aus, daraus ergibt sich ein leichter F¨ullfaktorverlust. F¨ur die in Abb. 4.2 angegebenen Parameter der Zwei-Dioden-Gleichung und einen 50 Ω/ Emitter betr¨agt er maximal 0,1 %abs. Eine Beeinflussung des F¨ullfaktors durch den selektiven Emitter erfolgt damit haupts¨achlich ¨uber den SerienwiderstandRS. Ein zus¨atzlicher Serienwiderstand ∆RS f¨uhrt zu einem Spannungsabfall am MPP von ∆VMPP= ∆RS·jMPP. SofernRPausreichend hoch ist, bleibt jMPP weitgehend unver¨andert. Der Einfluss des Serienwiderstands auf den F¨ullfaktor l¨asst sich dann durch die Definition des F¨ullfaktors absch¨atzen:

∆F F =−jMPP·∆VMPP

jSC·VOC =−jMPP2 ·∆RS

jSC·VOC . (4.7)

∆RS setzt sich dabei aus der Erh¨ohung des Schichtwiderstands und der Absenkung des Kontaktwiderstands zusammen.

Der Schichtwiderstandsbeitrag l¨asst sich aus der Differenz von Gleichungen 2.14 und 2.15 f¨ur einen homogenen und selektiven Emitter berechnen, die Absenkung des Kontaktwi-derstandsbeitrags ergibt sich aus Gleichung 2.11. Mit der N¨aherung fj = 1 l¨asst sich die F¨ullfaktor-Differenz ∆F F =F FSE−F FHE berechnen zu:

∆F F =− jMPP2 jSC·VOC

(d−WMaske)3

12·(d−WFinger)∆Rsheet+ d

WFinger∆ρc

(4.8)

mit ∆Rsheet =Rsheet,1−Rsheet,HE und ∆ρcc,SE−ρc,HE. Da ∆Rsheet und ∆ρc ein umge-kehrtes Vorzeichen aufweisen, kompensieren sich die beiden Einfl¨usse teilweise. W¨ahrend der Kontaktwiderstand des selektiven Emitters unabh¨angig vom Schichtwiderstand ist, steigt der des homogenen Emitters mit dem Schichtwiderstand deutlich an. Bei der Opti-mierung des Zellprozesses f¨ur einen homogenen Emitter werden hohe Kontaktwiderstands-verluste durch eine Absenkung des Schichtwiderstands verhindert, deshalb ist ∆F F in der Regel negativ. Bei schlecht kontaktierbaren Dotierprofilen kann ∆F F aber auch positiv werden (siehe z.B. [140]). Der Fortschritt in der Entwicklung der Silber-Siebdruckpasten erm¨oglicht die verlustarme Kontaktierung immer hochohmigerer Emitter, dies kann eben-falls zu einem positiven ∆F F f¨uhren, da ∆Rsheet dann sehr gering wird.

Bei hohen Schichtwiderstandsdifferenzen zwischen homogenem und selektivem Emitter muss zus¨atzlich ber¨ucksichtigt werden, dass sich der optimale Fingerabstand d f¨ur den selektiven Emitter zu kleineren Werten hin verschiebt. Da sich dadurch die Anzahl der Finger und damit die Abschattung erh¨oht, ist der Wirkungsgradgewinn durch diese An-passung aber gering.

Wirkungsgrad

Im Wirkungsgrad multiplizieren sich die Einfl¨usse auf VOC, jSC und den F¨ullfaktor (siehe Gleichungen 2.5, 2.6). VOC und jSC des selektiven Emitters steigen mit dem Schichtwider-stand und n¨ahern sich dabei einem S¨attigungswert an, w¨ahrend der F¨ullfaktor n¨ aherungs-weise linear sinkt. Dies f¨uhrt dazu, dass immer ein optimaler Schichtwiderstand existiert, dessen Wert von zahlreichen Prozessvariablen abh¨angt. F¨ur den homogenen Emitter gilt dies genauso. Hier f¨uhrt aber der mit dem Schichtwiderstand ansteigende Kontaktwider-stand zu einem zus¨atzlichen F¨ullfaktorverlust, sodass sich der optimale Schichtwiderstand zu geringeren Werten verschiebt. Entscheidend f¨ur den m¨oglichen Wirkungsgradgewinn ist damit der Verlauf des Kontaktwiderstands als Funktion des Schichtwiderstands. Ein beispielhafter Verlauf ist im folgenden Abschnitt abgebildet (Abb. 4.7). Der eingezeichne-te Fit soll hier zu einer Absch¨atzung des Wirkungsgradgewinns verwendet werden. Diese wird f¨ur die drei zur Berechnung des jSC-Gewinns genutzten IQE-Verl¨aufe durchgef¨uhrt.

Dabei werden jeweils die eingangs genannten F¨alle eines verlustfreien und eines mit den f¨ur den R¨uck¨atz-Prozess bekannten Verlusten behafteten selektiven Emitters betrachtet. Die sich daraus ergebenden Wirkungsgradgewinne sind in Tabelle 4.2 aufgef¨uhrt. F¨ur die Be-rechnung wurden weitere Prozessparameter angenommen, die in der Tabellenbeschriftung angegeben sind.

Tabelle 4.2: Absoluter Wirkungsgradgewinn gegen¨uber homogenem Emitter durch selektiven Emitter f¨ur den verlustfreien Fall und auf Basis der f¨ur den R¨uck¨atz-Prozess (EEB) bekannten Verluste. F¨ur die Berechnung wurde neben den in Abb. 4.2 angegebenen Prozessparametern zus¨atzlich angenommen: j0B= 100 fA/cm2, Rsheet,2/1(SE) = 30/80 Ω/,F F(SE) = 79 % .

∆η [ %abs.] 45 Ω/ 49 Ω/ 58 Ω/

SE: verlustfrei 0,74 0,70 0,67

SE: EEB 0,41 0,37 0,34

Es zeigt sich, dass die Emitterverluste durch den R¨uck¨atzprozess etwa halbiert werden k¨ on-nen. Die verbleibenden Verluste sind nur mit einer verbesserten Oberfl¨achen-Passivierung zu reduzieren, da f¨ur hohe Schichtwiderst¨ande die Oberfl¨achen-Rekombination gegen¨uber der Emitter-Rekombination ¨uberwiegt (siehe Abb. 3.17). Diese w¨are z.B. durch ein PECVD-SiNX:H-Schichtsystem mit unterschiedlichem Brechungsindex m¨oglich [141].

Der erzielbare Wirkungsgradgewinn von 0,3–0,4 %abs. muss unter Ber¨ucksichtigung der

ge-4 Solarzellen mit selektivem Emitter

troffenen Annahmen betrachtet werden. Er kann insbesondere aufgrund folgender Faktoren deutlich von den berechneten Werten abweichen:

• Den gr¨oßten Einfluss hat der Verlauf des Kontaktwiderstands als Funktion des Schicht-widerstands. Der angenommene lineare Zusammenhang stellt eine starke Vereinfa-chung dar, da f¨ur hohe Schichtwiderst¨ande mit einer ¨uberproportionalen Zunahme zu rechnen ist. Zum Zeitpunkt der Ver¨offentlichung dieser Arbeit sind bereits verbes-serte Metallisierungspasten erh¨altlich, die eine Kontaktierung hochohmigerer Emitter erm¨oglichen. Da der Kontaktwiderstandsverlauf aber auch stark vom Emitter- und Temperaturprofil beim Kofeuern abh¨angt, ist die Angabe repr¨asentativer Werte nicht m¨oglich.

• Die Qualit¨at der hier betrachteten homogenen Emitter ist als sehr hoch einzuordnen.

Ein auf Homogenit¨at und kurze Prozesszeit optimierter industrieller Diffusionspro-zess f¨uhrt bei gleichem Schichtwiderstand zu tendenziell h¨oheren Emitterverlusten.

Da diese wegen des h¨oher dotierten und steiler abfallenden Dotierprofils vor allem nahe der Oberfl¨ache auftreten, ist durch den R¨uck¨atzprozess f¨ur solche Emitter ein h¨oherer Wirkungsgradgewinn zu erwarten. Dies gilt insbesondere f¨ur im Inlinever-fahren hergestellte Emitter.

• Eine Verbesserung der Oberfl¨achenpassivierung vergr¨oßert ebenfalls den erzielbaren Gewinn, da der schw¨acher dotierte selektive Emitter aufgrund der h¨oheren L¨ ocher-konzentration an der Oberfl¨ache sensitiver auf die Qualit¨at der Passivierung reagiert.

• Der angenommene Basisanteil j0B der S¨attigungsstromdichte ist relativ gering. F¨ur multikristalline Basissubstrate sind deutlich h¨ohere Werte anzunehmen, dies redu-ziert den erzielbaren Gewinn inVOC und damit auch den Wirkungsgradgewinn (siehe Abb. 4.2).

Da der Schichtwiderstand eines homogenen Emitters f¨ur einen m¨oglichst hohen Wirkungs-grad sehr nahe an der Grenze der Kontaktierbarkeit liegt, ist die Standardabweichung des Kontaktwiderstands und damit auch des Wirkungsgrads ¨uber eine Vielzahl identisch pro-zessierter Solarzellen bei Einsatz eines selektiven Emitters geringer, was als zus¨atzlicher Vorteil anzusehen ist.

Ein weiterer, von dem betrachteten Basismaterial abh¨angiger Effekt liegt in dem Einfluss der ver¨anderten Diffusionstemperatur auf die Minorit¨atsladungstr¨ager-Lebensdauer. Bei multikristallinem Silizium k¨onnen hohe Diffusionstemperaturen zu einer Degradation der Lebensdauer f¨uhren [142–144]. Andererseits kann eine h¨ohere Diffusionstemperatur auch zu einer verbesserten Getterwirkung f¨uhren. So zeigt eine nachtr¨agliche IQE-Analyse der

in [54] ver¨offentlichten Ergebnisse von Solarzellen aus p-Typ Cz-Si, dass ein Teil des jSC -Gewinns durch den selektiven Emitter auf eine Erh¨ohung der effektiven Diffusionsl¨ange von ca. 1200 µm (HE) auf ca. 1800 µm (SE) zur¨uckzuf¨uhren ist.

Die gezeigte Berechnung des potentiellen Wirkungsgradgewinns kann aufgrund der vielen getroffenen Annahmen nur als grobe Absch¨atzung betrachtet werden und dient in erster Linie der Analyse physikalischer Zusammenh¨ange und Einflussgr¨oßen, die bei der Umset-zung eines Prozesses zur Herstellung eines selektive Emitters beachtet werden m¨ussen. F¨ur die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines solchen Prozesses sind zudem die in der Regel nicht bekannten oder nicht ver¨offentlichten Kosten der Einzelprozesse zu ber¨ucksichtigen.

Hinzu kommen weitere Faktoren wie z.B. der zus¨atzliche Verlust durch Waferbruch.

4.3 Prozessierung von Solarzellen mit selektivem