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Seit den ersten Veröffentlichungen über Recyclingverfahren zu Beginn des neuen Jahrhunderts, konnte bereits ein umfangreiches Wissen über verschiedene Verfahren zur Behandlung von Batterien, zur Extraktion von Ma-terialien und zur Wiederverwendung des Materials in neuen Batterien aufgebaut werden. Die veröffentlichten Forschungsbeiträge kommen jedoch in erster Linie aus China, gefolgt von Süd-Korea (Melin 2018)

Das LIB-Recycling ist nach wie vor in der Entwicklung. Auch wenn es bereits Anlagen im industriellen Maßstab gibt, wird an alternativen Methoden oder an der Verbesserung bestehender Prozesse geforscht. Dabei reichen die Forschungsthemen von Vorbehandlungsprozessen über die Herstellung von Materialien aus rezyklierten Batterien bis hin zu den unterschiedlichen Recyclingprozessen. In der Vergangenheit konnte ein Fokus im Be-reich der hydrometallurgischen Behandlung festgestellt werden (Melin 2018).

Nachfolgend sind einige innovative Verfahren aus den unterschiedlichsten Behandlungsbereichen angeführt.

Dabei besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit oder darauf, dass die genannten Prozesse zukünftig eingesetzt werden. Es handelt sich um neue Ansätze, welche zumeist im Labormaßstab getestet werden und durchaus noch weiteren Forschungsbedarf haben.

4.4.1 Kryogene Zerkleinerung

Eine Möglichkeit, Altbatterien für die Weiterverarbeitung vorzubereiten, ist das kryogene Zerkleinern. Durch die Abkühlung der Batterien auf niedrige Temperaturen mit flüssigem Stickstoff, Kohlendioxid oder Argon werden die Batteriematerialien spröde und elektrochemisch inaktiv (Grandjean et al. 2019). Der Vorteil dieser Methode ist daher ein sicheres Zerkleinern der eingebrachten Batterien, unabhängig vom Lade- und Gesund-heitszustand der Batterie, ohne dass eine vorherige Entladung erforderlich ist. Darüber hinaus können die Bat-teriematerialien aufgrund ihrer Versprödung effizienter zerkleinert werden. Ein feiner pulverförmiger Input kann für die Weiterverarbeitung von Vorteil sein. Die kryogene Zerkleinerung ist jedoch mit hohen Investitions- und Betriebskosten verbunden, weshalb diese Methode beim Batterierecycling eher eine technologische Ni-sche darstellt.

Das patentierte Verfahren der kryogenen Kühlung wird als Vorbehandlungsschritt im Toxco-Verfahren, früher bekannt als Retrieve, eingesetzt. Bei diesem Verfahren werden die Batterien mit flüssigem Stickstoff bei Atmo-sphärendruck auf -175 °C bis -195 °C gekühlt (McLaughling & Adams 1999). Seit 2014 schlägt ein weiteres

Patent von Retrieve vor, zusätzlich zum flüssigen Stickstoff einen Sprühstrahl aus Wasser zu verwenden.

Dadurch soll eine Suspension entstehen, die für die weitere Behandlung von Vorteil ist (Smith & Swoffer 2014).

4.4.2 Elektrohydraulische Zerkleinerung

Die elektrohydraulische Zerkleinerung basiert auf Stoßwellen, die durch gepulste Funkenentladungen erzeugt und über ein flüssiges Trägermedium (meist Wasser) auf das Material übertragen werden. Kurze, heftige Stöße greifen gezielt Schwachstellen an Materialgrenzen des Eingangsmaterials an. Nach der Zerkleinerung der ver-schiedenen Batteriekomponenten (Kathode, Anode, Elektrolyt, Separator, Zelle und Batteriegehäuse) soll eine materialgerechte Trennung der Fraktionen möglich sein.

Basierend auf dieser Art der Zerkleinerung wurde von der Projektgruppe des Fraunhofer IWKS eine Abfolge von Batterierecyclingschritten entwickelt, die von den Entwicklern als Konkurrenzfähig gegenüber anderen Ver-fahren gesehen wird. Die energieeffiziente und schonende Materialbehandlung bei niedrigen Temperaturen, ohne den Einsatz zusätzlicher Chemie, soll das Recycling der Einzelkomponenten Kunststoff, Elektrolyt, Koh-lenstoff und Aktivmaterial für die erneute Herstellung von Batterien ermöglichen (Öhl et al. 2019).

Der größte Nachteil ist wohl der Aufbereitungsaufwand. Große Energiespeicher müssen bis auf die Zellebene zerlegt werden, bevor sie verwendet werden können. Der Erfolg der Auftrennung in verschiedene Material-komponenten variiert je nach Zelltyp, inwieweit ist unbekannt. Das Verfahren befindet sich noch im Pilotmaß-stab mit geringen Durchsätzen von 0,5 Tonnen pro Stunde (Bittner 2018). Die attraktiv erscheinende direkte Wiederverwendung des Aktivmaterials gelingt bisher nur mit Kapazitätsverlusten (Öhl et al. 2019). Völlig offen bleibt, inwieweit der Elektrolyt zurückgewonnen, die Batterie umgebende Medium verunreinigt wird oder eine Wiederaufbereitung erfolgt.

4.4.3 Froth Flotation – Schaumflotation

Die Schaumflotation wird als mechanisches Trennverfahren eingesetzt. Dabei soll nicht nur das Anodenmaterial vom Kathodenmaterial, sondern auch unterschiedliche Kathodenmaterialien voneinander getrennt werden.

Das Verfahren nutzt unterschiedliche Oberflächenhydrophobien feiner Materialien, um diese zu trennen. Wenn Partikel mit Wasser gemischt werden, bilden mit Partikeln beladene Luftblasen eine Schaumschicht, während hydrophile Partikel zurückbleiben (Mohr et al. 2020).

In einer Studie von Zhan et al. wurde sowohl gebrauchtes wie auch neues Aktivmaterial untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass es kaum Unterschiede bei der Trennleistung gibt. Bei gebrauchtem Aktivmaterial ist die Rückgewinnung des Aktivmaterials teilweise etwas geringer, da ein Teil der Graphitpartikel nicht schwimm-fähig sind.

Eine Erhöhung der Reinheit des Kathodenmaterials erfolgt durch eine feinere Zerkleinerung, was frische hyd-rophobe Oberflächen im Wasser ermöglicht. Als effektiver Kollektor für das Anodenmaterial wurde Kerosin identifiziert (Zhan et al. 2018). Auch dieses Verfahren ist noch in der Entwicklung und benötigt weitere Studien und Untersuchungen (Mohr et al. 2020).

4.4.4 Elektrolyt-Rückgewinnung durch CO2-Extraktion

Die meisten derzeitigen Recyclingmethoden für LIB gewinnen den Elektrolyten nicht zurück. Der Fokus liegt zumeist auf den monetär wertvollen Metallen, wobei man die weniger wertvollen oder schwerer rückgewinn-baren Stoffe einfach loswerden will. Beispielsweise wird in der thermischen Behandlung der Elektrolyt einfach verbrannt (Liu et al. 2014).

Bei der Elektrolyt-Extraktion werden die Batterien in ein Extraktionsgefäß gelegt. Dann erfolgen Einstellungen (Druck und Temperatur), sodass sich der überkritische Zustand einstellt. Der kritische Zustand bei CO2 stellt sich über einen Druck von ca. 74 bar bei einer Temperatur von 31 °C ein. Die Elektrolyte werden von den über-kritischen Flüssigkeiten extrahiert und in ein Auffanggefäß überführt. Dort wird der ursprüngliche Zustand der Fluide wiederhergestellt und der Elektrolyt kann abgetrennt werden (Liu et al. 2014).

Grützke et al. haben die Extraktion des Elektrolyten mittels flüssigem und überkritischem CO2 untersucht. Flüs-siges CO2 hat noch nicht den kritischen Zustand erreicht, während hat und das überkritische CO2 über dem kritischen Punkt (74 bar und 31 °C) liegt. Im Experiment wurden die dafür geöffnete Rundzellen in einer Extrak-tionskammer mit dem Extraktionsmedium (CO2) durchströmt. Das Ergebnis zeigte, dass mit der Extraktion mit-tels flüssigem CO2 eine höhere Ausbeute (über die Zeit) erzielt werden kann als gegenüber überkritischem CO2. Bei weiteren Versuchen wurde dem CO2 weitere Zusätze beigefügt, um die langen Extraktionszeiten zu verkür-zen und bisher nicht gelöste Leitsatze zu extrahieren. Maximale Rückgewinnungsraten konnten mit Mischun-gen aus verschiedenen Lösungsmitteln erreicht werden. Die Autor*innen schließen daraus, dass es Mischun-generell möglich ist, mit CO2-Extraktion den Elektrolyten aus gebrauchten Batteriezellen zu gewinnen. Dazu müssen jedoch die Extraktionsbedingungen (insbesondere die zusätzlichen Lösungsmittel) auf die einzelnen Zellkom-ponenten (Elektrodenmaterialeien, Separator, Elektrolyt und Geometrie) abgestimmt werden (Grützke et al.

2015).

Auch für das Rückgewinnen von Anodenmaterial bzw. Graphit wurde der Prozess der Elektrolytextraktion mit Kohlendioxid (CO2) untersucht. Inwiefern der Extraktionsprozess eine Auswirkung auf die Qualität des Graphi-tes hat. Es wurde festgestellt, dass Graphit aus einer gealterten Zelle die einer unterkritischen CO2 -Elektroly-textraktion in Kombination mit einer thermischen Behandlung die besten elektrochemischen Eigenschaften zeigt und im Besten Fall den Benchmark – einer synthetisierten Graphitanode – übertrifft. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass trotz der geringeren Kristallinitätsgröße im Vergleich zu nicht-extrahierten Graphitparti-keln die Elektrolytextraktion mit unterkritischem CO2 als die beste Recyclingmethode angesehen wird, da der recycelte Graphit die beste elektrochemische Leistung zeigt und der Elektrolyt zu 90 % zurückgewonnen wird, einschließlich des Leitsalzes (Rothermel et al. 2016).

4.4.5 Aufbereitung von Kathodenmaterial durch Mikrowellenbehandlung

Durch die Mikrowellenbehandlung soll das Kathodenmaterial aus gemischten LIB aus Handy und Laptops (LCO und LMO) aufbereitet werden. Ziel dabei ist die Gewinnung von Metallen wie Co, Ni, Mn sowie Li.

Nach der Entladung werden das Kathoden- und Anodenmaterial getrocknet und zerkleinert. Bevor das Material in den Mikrowellenofen kommt, wird Kathodenmaterial mit Anodenmaterial gemischt. Dabei fungiert das Ano-denmaterial als Reduktionsmittel, wobei das Mischverhältnis eine wichtige Rolle spielt. Durch die Aussetzung des Materials der Mikrowellenstrahlung erwärmt es sich und die Reduktion erfolgt. Im weiteren Schritt wird

das wärmebehandelte Produkt in Wasser gelaugt und danach filtriert bzw. durch einen Magnetabscheider ge-führt.

Das erreichte Produkt setzt sich aus den Phasen Co, CoO, MnO, Mn3O4 und Ni zusammen und kann als ein potenzielles Vorprodukt für die Synthese neuer LIB dienen. Eine durchgeführte Kostenabschätzung kommt zu dem Schluss, dass dieser Prozess wirtschaftlich geführt werden könnte.

Versuche des Auslaugverhaltens nach der Mikrowellenexposition Ergebnisse zeigen, dass Lithium in Form von Lithiumcarbonat mit einer Reinheit von 95% durch Wasserlaugung extrahiert werden konnte. Die Mikrowellen-behandlung bewirkt auch eine verbesserte Metallextraktion bei der Auslaugung mit organischen Lösungsmit-teln (Zitronensäure) (Pindar & Dhawan 2020a; Pindar & Dhawan 2020b).

4.4.6 Direktes Recycling

Direktes Recycling ist eine Rückgewinnungsmethode, bei dem die aktiven Materialien von LIB direkt zurückzu-gewonnen werden, während ihre ursprüngliche Verbundstruktur erhalten bleibt. Ziel ist es das Kathoden- und Anodenmaterial für einen Wiedereinsatz aufzubereiten.

Es erfolgt eine Trennung der einzelnen Batteriebestandteile, wobei in erster Linie physikalische Prozesse, wie durch Schwerkraft, magnetische Trennung oder eine moderate thermische Verarbeitung verwendet werden, um den chemischen Abbau der aktiven Materialien zu vermeiden. Die aktiven Materialien werden gereinigt, und sowohl Oberflächen- als auch Bulkdefekte werden durch erneute Lithiierung oder hydrothermale Prozesse repariert (Chen et al. 2019; Gaines 2018; Ge 2019).

Diese Methode befindet sich jedoch noch im Labor- bzw. Pilotmaßstab, wo hingegen der pyrometallurgische und hydrometallurgische Prozess bereits im industriellen Maßstab betrieben werden können (Chen et al. 2019).

Pilotbetriebe für direktes Recycling sind Kyburz (2020), OnTo Technology (2020) und Battery Resourcers (2020), wobei hier nicht bekannt ist, wie der tatsächliche Prozess abläuft, bzw. ob die Pilotanlage bereits in Betrieb ist.

Das direkte Recycling von Aktivmaterialien zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um einen relativ einfachen Prozess handelt. Zudem verursacht es weniger Emissionen als der pyrometallurgische oder hydrometallurgi-sche Prozess und das Aktivmaterial kann nach der Aufbereitung sofort für die Zellenproduktion eingesetzt werden. Dem gegenüber stehen Herausforderungen wie die extrem genaue Sortierung nach der Kathoden-chemie, was sich technisch und auch wirtschaftlich schwierig erweisen kann. Der Prozess zeigt sich als nicht flexibel und ist sehr empfindlich auf Veränderungen im Inputstrom. Auch der Lithiumverslust kann nicht allge-mein für alle Batterien gleichermaßen angenommen werden. Es ist daher kein Leichtes rezykliertes Material zu produzieren mit exzellenter elektrochemischer Performance, die der Batterieerzeugung genügen (Chen et al.

2019; Ge 2019).

4.4.6.1 Aufbereitung des Kathodenmaterials

Der Fokus im direkten Recycling liegt in der Rückgewinnung des Kathodenmaterials. Sowohl die unterschied-lichsten Kathoden-Typen (NMC, LCO, LFP) wie auch verschiedene Methoden (thermisch, chemisch, hydrother-mal) kommen dabei zur Anwendung. So haben Ge (2019) und Li et al. (2020) ein NCM523-Kathodenmaterial durch Sintern rezykliert. Zheng et al. (2017) untersuchten die Herstellung von NMC111 Kathodenmaterial aus gemischten Inputmaterial und thermischer Behandlung. Mit der Aufbereitung von LFP-Material beschäftigten

sich Song et al. (2017) auf thermischer Basis sowie Ganter et al. (2014) auf chemischer und elektrochemischer Weise, wobei die chemische Lithiierung vielversprechender scheint. Shi et al. (2018) und Sloop et al. (2020) bereiten LCO-Kathodenmaterial hydrothermal auf. Wobei Sloop et al. angeben, auch Anodenmaterial und Elektrolyt zurückgewinnen zu können.

4.4.6.2 Aufbereitung des Anodenmaterials

Über die Aufbereitung von Anodenmaterial liegt wenig Literatur vor. Bei den thermischen Prozessen wird das Anodenmaterial, welches hauptsächlich aus Graphit besteht, verbrannt (Chen et al. 2019). Sabisch et al. (2018) untersuchten das Recycling von Anodenmaterial und untersuchten selbst gebaute Halbzellen. Dabei wurden zehn Zyklen mit aufbereitetem gegenüber neuem Anodenmaterial getestet. Dies lieferte ein brauchbares Er-gebnis, jedoch ist hier noch viel zu forschen. Auch Sloop et al. (2020) beschreibt die Aufbereitung von Graphit.

Jedoch wird auf die weitere Verwertung nicht eingegangen.

4.4.7 Graphitrecycling

Es gibt viele Ansätze in der Forschung, die sich um die Rückgewinnung von Graphit bemüht. Insbesondere die Einstufung dieses Materials als kritischen Rohstoff, durch die Europäische Union unterstützt (Europäische Kom-mission, 2020) unterstützt diese Projekte. Es gibt auch Versuche, sowohl die thermische Vorbehandlung als auch die hydrometallurgischen Prozesse entsprechend anzupassen.

Die aktuellen hydrometallurgischen Prozesse laugen das Aktivmaterial mit anorganischen oder organischen Säuren aus. Dabei verbleibt Graphit in den festen Rückständen und ist derzeit ohne Wert. Die Nachbehandlung und Gewinnung von Graphit aus den festen Rückständen oder Schlacken wäre sehr kostspielig und ist auch technisch sehr anspruchsvoll. Dies liegt auch darin, dass neben Graphit Verunreinigungen wie Cu, Al und an-dere anorganische Komponenten enthalten sind (Dutta et al., 2018; Pinna et al., 2017; Vieceli et al., 2018; Zheng et al., 2018).