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Typ V – Sekretionssystem

5. Z USAMMENFASSUNG

5.2 A LLELVARIATION VON EIB G UND DIE DAMIT VERBUNDENEN E IGENSCHAFTEN

5.2.1 Unterschiede zwischen den eibG-Allelen

Mittels Sequenzierung aller Gene der 36 positiven Stämme konnten 21 verschiedene eibG-Allele identifiziert werden. Als Referenzsequenz diente die von Lu et al. publizierte eibG-Sequenz (Genbank-Nr.: AB255744.1), anhand derer die Unterschiede der eibG-Allele bestimmt wurden. Es ergaben sich Übereinstimmungen in den AS-Sequenzen von EibG zwischen 88,11 und 100%. Die größten Unterschiede zur Referenzsequenz wurden bei den Allelen eibG-020 (90,30%) und eibG-021 (88,11%) festgestellt. Somit konnten drei Subtypen von eibG durch die Allel-Heterogenität

identifiziert werden: eibG-α, eibG-β und eibG-γ, wobei eibG-α mit 19 Allelen bei 33 STEC-Stämmen die größte eibG-Untergruppe darstellte.

Basierend auf den Basensequenzen konnten die theoretischen AS-Sequenzen bestimmt und miteinander verglichen werden (Abb. 28). Die meisten Sequenzabweichungen wurden im mittleren Bereich der AS-Sequenz festgestellt, der auch die häufigsten Differenzen in der AS-Sequenz bei allen anderen Eib-Proteinen aufwies (vgl. Kapitel 4.16).

5.2.2 Signalsequenz

Mit dem SignalP-4.0 – Server (Petersen et al., 2011) konnte die Signalsequenz von eibG-001 (Referenzsequenz) den ersten 27 Aminosäuren innerhalb der aus 70 Aminosäuren bestehenden Anfangssequenz von EibG zugeordnet werden (vgl. Abb. 63 und Abb. 64). Der Vergleich von diesen ersten 27 Aminosäuren innerhalb der 21 eibG-Allele zeigte eine Homologie zwischen 96,15 und 100%. Dabei ist die Aminosäure Methionin an der Position EibG007 bei den Allelen EibG-015 (eibG-α) und EibG-021 (eibG-γ) durch Lysin ersetzt, und das Allel 020 (eibG-β) weist bei EibG028 eine Erweiterung der Signalsequenz durch ein zusätzliches Alanin auf.

Der Austausch von Methionin durch Lysin, also einer unpolaren gegen eine basische Aminosäure, wirkt sich anscheinend auf die Erkennung durch das Chaperon SecB des sec-Sekretionssystems und somit auf die erfolgreiche Expression des gesamten EibG-Proteins aus. In allen Experimenten, in denen ein unmittelbarer Vergleich der Expression verschiedener EibG-Subtypen möglich war, exprimierten die EibG-γ Produzenten insgesamt weniger EibG als die EibG-α und EibG-β – Stämme.

Bei einem Vergleich von 20 eibG-positiven STEC produzierte der Stamm 0520/99 (eibG-γ) nach 20 h geschüttelter Inkubation nur sehr wenig EibG (Abb. 51 B und D). Erst in den letzten 4 Stunden der 24-stündigen stationären Kultivierung bildet der Stamm 0520/99 mehr EibG als bei geschüttelter Kultivierung (Abb. 52 C) und produziert bis zu diesem Zeitpunkt fast gar kein EibG. Mittels eibG-exprimierender Klone konnte die Variabilität in der Expressionsstärke verschiedener EibG-Subtypen durch Expression im E. coli – Stamm BL21(DE3) mit gleichem genetischem Hintergrund nachgewiesen werden. Obwohl die Klon-Stämme B-1-10 (eibG-α), B-20-1 (eibG-β) und B-18-2 (eibG-γ) mit gleicher Zellzahl eingesät, identisch kultiviert und mit IPTG induziert wurden, wurden mit dem eibG-γ – Klon immer nur geringere Konzentrationen an EibG-γ erzielt (Abb. 53 und Abb. 54).

Die Ergebnisse aus der Biofilmuntersuchung (Kapitel 4.5.5) zeigen nach einer 12-stündigen Inkubation bei allen stationär kultivierten Klonen eine hohe Anzahl an adhärenten Zellen (Abb. 49).

Diese betragen bei dem eibG-γ – Stamm B-18-2 das ca. 6-Fache im Vergleich zur geschüttelten Kultivierung. Dabei ist die EibG-Konzentration zu diesem Zeitpunkt bei stationär kultiviertem B-18-2 viel niedriger als in Schüttelkultur (Abb. 53 C).

Zwei wesentliche Aussagen konnten dadurch gemacht werden: bei gleicher Kultivierungsart exprimieren eibG-γ – Produzenten weniger EibG als die Träger anderer eibG-Allele, was auf die veränderte Signalsequenz zurückgeführt werden konnte. Die stationäre Kultivierung begünstigt eine verstärkte Biofilmausbildung, wobei die Konzentration an EibG bei geschüttelten Kulturen viel höher ist. Damit ist also nicht nur EibG an der Biofilmausbildung ab der 12. Kultivierungsstunde beteiligt, sondern es wird diese durch weitere Faktoren begünstigt. Da der Expressionsstamm BL21(DE3) keine Gene für Antigen43 oder EhaA aufweist (Daten durch NCBI-BLAST erhalten), sind diese Adhäsionsproteine nicht an der Biofilmausbildung der generierten eibG-positiven Klone beteiligt.

5.2.3 Weitere AS-Bereiche von EibG

Mittels Swiss Model Workspace konnten drei Templates für ein 3D-Modell von EibG erstellt werden:

das YadA aus den Yersinia-Spezies, das verwandte EibD und HIA aus Haemophilus influenzae (vgl.

Kapitel 4.15.1). Aufgrund der hohen Komplexität der vorhergesagten trimeren Struktur von EibG konnte mit den PDB-Daten der Templates (3s6lD, 2xqhA und 3emoA) zumindest eine monomere Darstellung von EibG berechnet werden (Abb. 80). Durch den Vergleich zu der mit 61,99%

identischen AS-Sequenz von EibD konnten weiterhin einzelne Bereiche von EibG ermittelt werden:

der Kopfbereich (EibG1-174), der Nackenbereich (EibG175-303), der RHcc-Bereich (EibG304-353), der Sattelbereich (EibG354-384), der LHcc-Bereich (EibG385-414), die Transmembrandomäne (EibG415-508), die IgA-Bindungsstelle (EibG347-349)und die IgG-Bindungsstelle (EibG391), woraus ein 3D-Modell erstellt werden konnte (vgl. Tabelle 25 und Abb. 81). Den größten Unterschied zu EibD zeigt dabei der Kopfbereich, welcher bei EibG um 14 Aminosäuren länger ist und mit 41,38% die geringste Übereinstimmung mit EibD im Vergleich zu den anderen Bereichen darstellt.

Mit keinem der vorgeschlagenen Templates konnte die Struktur und Funktion der ersten 83 Aminosäuren von EibG vorhergesagt werden. Nach Abspaltung der theoretisch berechneten Signalsequenz mit 27 Aminosäuren gibt es für den Bereich EibG28-85 kein geeignetes 3D-Modell.

Allerdings konnte eine hohe Homologie der AS-Sequenz dieses Bereichs zu einigen Aminopeptidasen aus Deinococcus-Spezies und der Metalloprotease AmpS aus S. aureus detektiert werden (BLAST-Algorithmus von UniProt). Von den sieben möglichen metallkomplexierenden Aminosäuren von AmpS konnten drei auch im homologen Bereich von EibG identifiziert werden (GLU-46, HIS-51 und TYR-58). Da die 3D-Modellierung diesen Bereich nur mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit im Vergleich zur realen Konformation darstellen würde, konnte theoretisch nicht ermittelt werden, ob sich diese Aminosäuren in den äußeren oder inneren Bereichen des EibG-Trimers befinden. Die polaren Eigenschaften der drei detektierten Aminosäuren deuten aber auf einen der äußeren Bereiche hin.

Die Bereiche von YadA, welche für die Adhäsion an die Wirtszellen (YadA29-81) und die Kollagenbindung sowie die Autoagglutination (YadA83-104) verantwortlich sind (Nummelin et al., 2004), wurden mittels Jalview und UniProt miteinander verglichen und homologe Bereiche für EibG identifiziert. Der Bereich EibG141-192 weist eine 26,42%ige Homologie zu YadA29-81 und EibG194-215 eine 50,00%ige Homologie zu YadA83-104 auf. Innerhalb der EibG-Sequenz liegen diese Bereiche am Übergang von der Kopfdomäne (EibG1-174) zum Nacken bzw. im Nackenbereich (EibG175-303) von EibG und könnten ähnliche Funktionen wie bei YadA haben. Der Vergleich homologer Bereiche aller EibG-Allele zeigte eine AS-Übereinstimmung zwischen 95,45 und 100%.

Die Gegenüberstellung der IgG- und IgA-Bindungsdomänen von EibD (Leo et al., 2011) erlaubte die Identifizierung der homologen Bereiche innerhalb von EibG (Abb. 82). Mit einer 50%igen Übereinstimmung zu EibD329-344 wurde der um acht Aminosäuren kürzere Bereich EibG344-351 für die IgA-Bindung bestimmt. Die AS-Abfolge 347REY349 zeigt den Austausch der Aminosäuren LYS-332 und LYS-333 bei EibD gegen die Aminosäuren ARG-347 und GLU-348 bei EibG, was zu einer geringeren Affinität von EibG zu IgA führt. Der Bereich EibG388-415 weist eine 57%ige Homologie zum entsprechenden Bereich von EibD mit der für die IgG Fc – Bindung relevanten Aminosäure ASP-391 auf (ASP-387 bei EibD). Dieser Bereich ist bei allen Mitgliedern konserviert und zeigt bei allen

Eib-Proteinen eine ähnlich hohe Affinität zum IgG Fc. Mittels Jalview wurde EibG391 in den äußeren Bereichen der α-Helizes unter Zuhilfenahme eines 3D-Modells lokalisiert (Abb. 83), womit diese Aminosäure nicht durch andere EibG-Bereiche verdeckt sein kann und somit für die Bindung an das IgG Fc – Fragment zur Verfügung steht. Je EibG-Trimer gibt es daher drei Bindungsstellen für IgG Fc.

ELISA-Experimente zur Affinitätsbestimmung EibG-haltiger Lysate an IgG-Moleküle verschiedener Spezies (Kapitel 4.9) ergaben eine ca. dreifach höhere Affinität von EibG-α (Stamm 2875/96) zu IgG aus Rind im Vergleich zu IgG der anderen untersuchten Spezies (Abb. 57). Dabei sind die Affinitäten für IgG aus Mensch, Schwein, Ziege und Schaf ähnlich hoch, wobei die Bindung von EibG an IgG aus Huhn nur etwas höher im Vergleich zum Lysat des eibG-negativen Stammes 1745/98 ausfällt.

Eine weitere Mutation innerhalb der EibG-Sequenz ist durch erhöhte Expressionsraten des betroffenen EibG-Allels auffällig geworden. Der Stamm 2875/96 (eibG-α) wurde in allen Experimenten als der EibG-Produzent mit der höchsten Konzentration an EibG identifiziert. Der verwandte Stamm 1809/00 weist den gleichen Serotyp (O91:H14) und den gleichen Sequenztyp (ST 33) auf. Das Allel eibG-001 vom Stamm 1809/00 unterscheidet sich nur in einer Aminosäure von dem Allel eibG-016 des Stammes 2875/96: EibG203. TRP-203 von eibG-001, und auch von allen weiteren sequenzierten eibG-Allelen, ist bei eibG-016 durch LEU-203 ausgetauscht. Der Austausch dieser beiden hydrophoben Aminosäuren kann eine sterische Veränderung der Sekundärstruktur von EibG an dieser Stelle bewirken und anscheinend die Erkennung durch das sec-System oder weiterer Komponenten des EibG-Sekretionsweges begünstigen.

5.2.4 AS-Vergleich innerhalb der Eib-Familie

Der Vergleich der AS-Sequenzen aller Eib-Proteine (Kapitel 4.16) zeigt stark konservierte Bereiche an den N- und C-terminalen Enden sowie variable Sequenzen im mittleren Bereich dieses Proteins (Abb.

84). Dabei sind die Transmembrandomänen, der LHcc-Bereich, der Sattelbereich mit der angrenzenden IgG-Bindungsstelle und die Signalsequenzen sehr ähnlich aufgebaut. Die von Leo et al.

(2011) ermittelte IgA-Bindungsstelle von EibD (EibD332-334) weicht bei fast allen anderen Eib-Mitgliedern in der AS-Abfolge ab (KKY bei EibC und EibD, TDK bei EibA, TDR bei EibF sowie REY bei EibE, EibG und EibH) und vermittelt somit voneinander abweichende Affinitäten dieser Proteine zu IgA (Leo et al., 2011).

Die für YadA ermittelten Bereiche für die Adhäsion an Wirtszellen sowie für die Kollagenbindung und die Eigenaggregation wurden mit denen von EibG verglichen und ähnlichen Sequenzen der Eib-Familie gegenübergestellt. Es ergibt sich eine Homologie zum postulierten Zelladhäsionsbereich für EibG141-192 mit 18,18% (von EibG zu EibF) und 36,96% (von EibG zu EibC). Die entsprechenden möglichen Bereiche für Kollagenbindung und Eigenaggregation (EibG194-215)zeigen eine Homologie zwischen 0% (von EibG zu EibA) und 77,27% (von EibG zu EibE bzw. EibC). Damit besteht nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass der für die Eigenaggregation von EibG ermittelte Bereich (EibG 194-215) auch bei EibE, EibC und EibD die gleiche Funktion hat, was aber einer weiteren experimentellen Überprüfung bedarf.