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Übungen zur waldpädagogischen Gesundheitsförderung

7 Waldpädagogik als Unterstützung der Gesundheitsförderung bei Jugendlichen

7.2 Übungen zur waldpädagogischen Gesundheitsförderung

„Freilich spüren wir alle unseren Leib, und befinden uns irgendwie, aber wir sind sehr dumm und unerfahren darin. Dem eigenleiblichen Spüren angehörige Erfahrungen ver­

mögen wir kaum zu machen, geschweige denn zu artikulieren. Statt dessen muten wir den verobjektivierenden Zugang zum menschlichen Körper, wie er in der herrschenden Me­

dizin ausgeübt wird, auch uns selbst zu. Zu unserem eigenen Körper haben wir im We­

sentlichen eine instrumentelle Beziehung. Das heißt, der Körper wird im Alltag eben als In­

strument oder als Organ zur Verrichtung bestimmter Dinge benutzt. Das Spüren ist sozu­

sagen zusammengeschrumpft auf das „Ich fühle mich gut“ oder „Ich fühle mich schlecht“.

Mannigfaltigkeit der Phänomene eigenleiblicher Phänomene ist uns nicht geläufig“

(Böhme, 1993, zit. aus Wiesmann, 2008, S. 74). Genau hier knüpft das „Körpererfahrungs­

konzept“ von Größnig an, (1988). Gesundheitsförderung erfolgt durch Steigerung der Wahrnehmungsleistung, Sinnesqualität und Wohlbefinden. Dies ist meines Erachtens eine gute Möglichkeit auf die die Waldpädagogik zurückgreifen kann. „Viele Menschen lieben die Natur, oft wie etwas Fremdes, Äußeres, das wenig mit ihnen selbst zu tun hat. Jedoch sind Menschen auch selbst Natur und Teil der Natur. Andererseits brauchen sie die Natur als Lebensgrundlage, denn alles, was sie nutzen und genießen, ist Natur oder hat dieses als Voraussetzung. Entfremdung von der Natur bedeutet auch Entfremdung von sich selbst und vom eigenen Körper“ (Bolay, Reichle, 2012, S. 36).

Somit sollen die Aktivitäten der Waldpädagogik so ausgewählt werden, dass sie folgende Ziele enthalten:

• Schulung von Rhythmuserfahrung (Oszillation) zwischen Extremwerten

• Schulung von Sensibilität, „Fühlqualität“ und Präzision der Wahrnehmung

• Schulung von Bewusstheit bezüglich Körpererleben, Erlebnisintensität

• Schulung der Entspannungsfähigkeit (Paletta, 2001, S. 47).

• Schulung der Wahrnehmung der Umwelt/Natur in ihrer Gesamtheit

In den nächsten zwei Kapiteln werden einige ausgewählte Übungen mit Bezug auf Wald/Natur und Gesundheit angeführt um einen besseren Theorie­Praxis Bezug herstellen zu können. Auf Grund der Länge einiger Übungsbeschreibungen werden zum Teil nur be­

stimmte Sequenzen herausgenommen, in diesen Fällen befindet sich eine detailliertere Beschreibung im Anhang.

7.2.1 Übungen zur Wahrnehmung und Anregung der Sinne Barfußraupe/Fühlstraße

Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer sollen mit verbundenen Augen über unterschiedliche Waldbodenoberflächen gehen. Alle Gruppenmitglieder stellen sich hintereinander und nun legt jede/r Teilnehmerin/Teilnehmer die Hände auf die Schultern der/des Vorderfrau/Vor­

dermanns und schließt die Augen. Die/der Gruppenleiterin/Gruppenleiter steht in der ersten Reihe mit offenen Augen und beginnt langsam vorwärts zu gehen. Die „Barfuß­

raupe“ bewegt sich nun über verschiedene Waldoberflächen wie Moos, Laub, Nadeln, Sand, Steine Wurzeln etc., anschließend wird wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt und die Teilnehmerinnen/Teilnehmer können die Augen wieder öffnen. Diese Übung kann auch paarweise, mit verbundenen Augen, auf allen Vieren oder auch entlang eines zuvor gespannten Seils entlang gehend durchgeführt werden. Danach berichten die Teilnehme­

rinnen/Teilnehmer wie sie sich gefühlt haben. Ziel: Sinneswahrnehmung entwickeln, Re­

gulation zwischen Konzentration, eigenes Gleichgewicht und „fremde Einflüsse“, Erfah­

rungen entdecken, Fokus darauf richten wann und womit man sich wohlfühlt (Bayrisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, 2009, Paletta, 2010).

Spiegelgang

Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer sind auf einer Wanderung durch den Wald mit Spiegeln unterwegs und erleben den Wald aus einer anderen Perspektive. Teilnehmerinnen/Teil­

nehmer stellen sich hintereinander auf, mit einer Hand halten sie einen kleinen Spiegel so weit an die Nase, dass sie während des Rundgangs nur die „Baumkronenwelt“ sehen können. Die andere Hand wird auf die Schultern der/des Vorderfrau/Vordermanns gelegt.

An der Spitze geht die/der Gruppenleiterin/Gruppenleiter und führt die „Karawane“ be­

wusst langsam auf einen vorher ausgewählten Pfad durch den Wald. Eine weitere Mög­

lichkeit wäre, den Spiegel so an die Stirn zu halten, dass nur der Waldboden gesehen wird. Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer dürfen während des Rundgangs nur in den Spiegel schauen. Nach dem Rundgang sollen die Teilnehmerinnen/Teilnehmer die Möglichkeit be­

kommen sich mitteilen zu können (Bayrisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, 2009). Ziel: Betrachtung aus einer anderen Perspektive, Neugier auf andere Sichtweisen lenken.

Waldbild/­mandala

Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer werden gebeten verschiedene Materialien wie Moos, Stöckchen, Blätter, Früchte, usw. zu sammeln um gemeinsam ein Bild zu gestalten. Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer können frei nach ihrer Fantasie dieses Bild gestalten. Es können mehrere Einzelbilder oder ein großes Bild entstehen. Im Anschluss können diese Bilder den anderen Teilnehmerinnen/Teilnehmer gezeigt und erläutert werden. Ziel: krea­

tiver Umgang mit Naturmaterialien in der Gruppe (Bayrisches Staatsministerium für Land­

wirtschaft und Forsten, 2009). Fremdartigkeit des Materials regt in besonderem Maß zum Freilassen von Fantasien an (Paletta, 2010).

Vertrauensgang

Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer erleben den Wald als „Blinde“.

Die Jugendlichen suchen sich einen Partner dem sie „blind“ vertrauen. Einem Jugend­

lichen werden die Augen verbunden und der andere führt den „Blinden“ durch den Wald.

Der „Sehende führt den „Blinden“ an Zweige, Baumstümpfe, Moose, Beeren u.a. heran, die dieser dann betasten, riechen und evtl. schmecken kann. Nach frühestens 5 Minuten kommen beide Teilnehmerinnen/Teilnehmer wieder zum Ausgangspunkt zurück und tau­

schen ihre Rollen. Ziel: Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer stellen Vertrauen untereinander her und nehmen den Wald sinnlich wahr. Sinneswahrnehmung entwickeln, differenzieren, sich orientieren, Regulation zwischen Selbst­ und Fremdorientierun g (Bayrisches Staats­

ministerium für Landwirtschaft und Forsten, 2009, Paletta, 2010).

Tal der verlorenen Seelen

Am Boden wird ein abgegrenztes Areal mittels einer Spagatschnur in Form eines „Spin­

nennetzes“ markiert. Durch die Mitte des „Netzes“ führt eine „Leitlinie“ (Spagatschnur, die etwas dicker als die anderen Schnüre ist). Der „Reisende“, diesem sind die Augen ver­

bunden, hat die Aufgabe, dieses Spinnennetz durch Ertasten der Leitlinie zu überqueren.

Eine Gruppe von Anderen erschwert dieses Vorhaben, indem sie versuchen, ihm den Weg zu verstellen, oder ihn um die eigene Achse zu drehen. Ziel: den eigenen Weg verfolgen, Sinneswahrnehmung entwickeln, differenzieren, sich orientieren. Regulation zwischen Selbst­ und Fremdorientierung (Paletta, 2010).

7.2.2 Übungen zur Verbesserung der Körperwahrnehmung Grenzen

Teilnehmerinnen/Teilnehmer stehen verstreut im Spielraum, klopfen sich selbst von oben nach unten ab, hüpfen, schwingen mit den Armen, regen Kreislauf­ und Atemtätigkeit an.

Spüren sich selbst in den Äußerungen ihrer Lebendigkeit (Atem, Herzschlag, Prickeln, Wärme, etc.). In einem 2. Schritt tasten sich die Teilnehmerinnen/Teilnehmer ab, d.h.: sie erspüren in der Berührung die Haut als Außenbegrenzung des Körpers. Danach sollen sie ihre Arme ausstrecken und ihren Bewegungsraum (nach oben, nach vorne, hinten, am Boden) in mehreren Ebenen erspüren. Ziel: Eigenwahrnehmung, Körperbezug stärken (Paletta, 2010).

Konzentrische Wachstumsringe

Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer stellen sich vor dass sie sind ein Baum mit vielen konzen­

trischen Wachstumsringen sind. Sie verfolgen die Ringe von außen nach innen, beob­

achte, wie die Ringe immer kleiner werden, je mehr sie sich dem Zentrum nähern. Sie sollen die Kraft, die sich um die Mitte herum zentriert spüren. Ziel: Körperwahrnehmung, eigene Stärke fühlen (Franklin 1999 zit. aus Paletta, 2010).

Formbarer Lehm sein

Der Gruppenleiter gibt folgende Anweisung: „Lege dich auf den Boden. Stell dir vor, du bist ein Stück Lehm, das leicht formbar ist. Stelle dir nun die elegantesten und begab­

testen Hände vor, diese berühren deinen Körper und bringen ihn in eine ideale, am besten funktionsfähige Form. Versuche dir die Hände einer Künstlerin/eines Künstlers vorzu­

stellen, die aus deinem Körper ein wunderschönes Kunstwerk schaffen. Wie fühlst du dich jetzt, wie geht es dir mit dieser Form. Versuche dich so lange zu verändern, bis du dich wirklich wohl fühlst“. Ziel: Idealvorstellung von sich selbst vs. Spüren von Wohlbefinden (Paletta, 2010).

Schlingpflanze

Der Gruppenleiter gibt folgende Anweisung: „Visualisiere, wie sich eine Pflanze um einen Holzstamm schlingt, der Stamm ist deine zentrale Achse (bist du). Beobachte vor deinem inneren Auge, wie die Pflanze immer höher wächst und ihre Blätter in den Himmel ragen und versuche sie abzuschütteln, dich von ihr zu befreien“. Ziel: Körperwahrnehmung, fremde Einflüsse abschütteln (Franklin, 1999 zit. aus Paletta 2010).

7.2.3 Übungen zum Thema Wald und Nachhaltigkeit Rollenspiel Jagd

Die Teilnehmerinnen/Teilnehmer setzen ein Rollenspiel zum Thema „Jagd in der heutigen Gesellschaft“ in Szene und lernen diese kennen. Sieben freiwillige Mitspielerinnen und Mitspieler bekommen eine Namenskarte und befestigen diese an ihrer Kleidung. Sie sollen im Laufe des Spiels ihre Position bestmöglich vertreten. Der Gruppenleiter übernimmt die Rolle des Moderator. Anschließend verteilt dieser Spielkarten, welche sich die Teilnehme­

rinnen/Teilnehmer durchlesen. Die restlichen Gruppenmitglieder schauen als Beobachter (z.B. Reporter) zu und notieren die Argumente, die ausgetauscht werden. Vor Spielbeginn wird eine Ausgangssituation bekannt gegeben.

Beginnend mit der Rolle eines Jagdpächters (Dr. Dieter Dackel) stellt nun jeder Spieler kurz sich selbst und seine Rolle vor, danach beginnt die Diskussion. Die Gerüchte sollten erst ins Spiel gebracht werden, wenn die Diskussion in vollem Gange ist. Dies sollte den zwei involvierten Teilnehmerinnen/Teilnehmer vor Beginn der Diskussion mitgeteilt werden, ohne dass dies die anderen erfahren. Zehn Minuten vor Ablauf der halben Stunde erinnert der Gruppenleiter an das Ziel, eine Einigung zu erreichen. Der Spielleiter sollte auch wenn nötig eingreifen und die Diskussion moderieren. Zusammen mit den Beobachtern wird der Spielverlauf in der Gruppe besprochen. Ziel: Sozialkompetenz, zusammen mit anderen ausgewogene und gerechte Entschei­dungen anstreben. Konflikte gewaltfrei austragen (Bayrisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, 2009).

Die Erbengemeinschaft und ihr Wald

Mit diesem Spiel soll Nachhaltigkeit bewusst gemacht werden. Die Teilnehmerinnen/Teil­

nehmer sollen erfahren, dass es an ihrem eigenen Verhalten liegt, wie lange eine Res­

source zur Verfügung steht. Weiters lernen die Teilnehmerinnen/Teilnehmer wie Konkur­

renzsituationen die nachhaltige Nutzung einer Ressource erschweren oder verhindern können, und wie optimaler Nutzungsgrad (Entnahmemenge) festzustellen ist. Dadurch soll spielerisch das Prinzip der Nachhaltigkeit erlernt werden.

Ziele: Sachkompetenz, vorausschauendes und zusammenhängendes Denken. Sozial­

kompetenz, zusammen mit anderen ausgewogene und gerechte Entscheidungen an­

streben, Vorteile des Miteinanders erkennen, Isolationstendenzen vorbeugen. Selbstkom­

petenz, Verantwortung für Handlungen übernehmen, Rücksicht auf die Natur und andere Menschen nehmen. Erkennen, dass Selbstsucht nicht optimale persönliche Ergebnisse er­

bringt (Bayrisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, 2009). Bild, Vor­

stellung, Funktionalität als Gegenüberstellung zu eignen Gefühl, Spüren und persönlichen Bezug (Paletta, 2010). Nach dem Spiel wäre meines Erachtens eine günstige Gele­

genheit, auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit im Bezug auf Wald und Gesundheit zu nehmen.