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1. Theoretischer Hintergrund

1.1. Dermatillomanie

1.1.7. Ätiologie & Störungsmodelle

In diesem Kapitel werden verschiedene Faktoren genannt, die zur Ätiologie der Erkrankung Dermatillomanie beitragen können.

1.1.7.1. Genetik

Einige Studien befassten sich bereits mit der Entstehung der Dermatillomanie und somit mit den möglichen prädisponierenden Faktoren der Erkrankung.

In der Erforschung von Prädispositionen ist die Genetik ein wesentlicher Punkt. Neziroglu et al. (2008) untersuchten unter anderem die familiäre Häufung der Skin-Picking-Symptomatik von 40 ProbandInnen, die ebenfalls eine solche aufzeigten. 16 ProbandInnen berichteten von Familienmitgliedern, die ihre Haut manipulierten.

Im Bereich der genetischen Prädisposition werden oftmals auch Zwillingsstudien durchgeführt. Monzani et al. (2012) führten eine solche Zwillingsstudie mit 2518 Zwillingen durch, wovon 1.2% klinisch relevantes Skin-Picking aufwiesen. Hierbei war auffällig, dass diese 1.2% der Zwillinge mit klinisch relevantem Skin-Picking ausschließlich Frauen waren.

Durch weitere Analysen innerhalb der weiblichen Zwillinge (n = 2191) ließ sich feststellen, dass 40% der Varianz des Skin-Pickings durch genetische Faktoren erklärt werden konnte.

Die restlichen 60% der Varianz wurden durch nicht gemeinsame Umweltfaktoren und Messfehler erklärt.

1.1.7.2. Impulsivität/ dysfunktionale Emotionsregulation

Das Persönlichkeitsmerkmal Impulsivität beziehungsweise die dysfunktionale Emotionsregulation werden ebenfalls als mögliche prädisponierende Komponente der Dermatillomanie diskutiert.

Dass Betroffene Schwierigkeiten in der Emotionsregulation zeigen können, lässt sich bereits durch die Berichte der Trigger, die zum Skin-Picking führen, erahnen. Dabei werden beispielsweise Stress oder Ängstlichkeit als Trigger genannt, wie im Kapitel 1.1.4. bereits

13 erläutert wurde. Das Manipulieren der Haut könnte in solchen Fällen als Regulationsstrategie dienen.

Auch das Messinstrument MIDAS (Milwaukee Inventory for the Dimensions of Adult Skin Picking) von Walther et al. (2009), welches die Subtypen automatisiertes Picking und fokussiertes Picking erhebt, beinhaltet Items, die zu einer ähnlichen Interpretation der Regulationsstrategie schließen lassen, wobei sich diese auf den Subtyp des fokussierten Pickings begrenzen. Ein Item bezieht sich beispielsweise auf das Hautmanipulieren bei negativen Emotionen, wie Frustration, Traurigkeit, Stress oder Ärger.

Pozza, Giaquinta und Dèttore (2016) untersuchten unter anderem durch welche Emotionsregulationsdefizite die Subtypen des Skin-Pickings vorhergesagt werden können.

Eines der Studienergebnisse war, dass höhere Ausprägungen in Bezug auf Schwierigkeiten im zielgerichteten Verhalten und beschränkten Zugang zu Emotionsregulationsstrategien, höhere Werte im fokussierten Picking vorhersagten. Schwierigkeiten im zielgerichteten Verhalten konnten des Weiteren auch das automatisierte Skin-Picking vorhersagen.

Schienle, Zorjan, Übel und Wabnegger (2018) versuchten in ihrer Studie unter anderem die Ergebnisse von Pozza et al. (2016) zu replizieren. In ihrer Studie kam es jedoch zu anderen Ergebnissen, die allerdings genauso die Mitwirkung der Impulsivität beziehungsweise der dysfunktionalen Emotionsregulation im Skin-Picking zeigten. Impulskontrollschwierigkeiten konnten in dieser Stichprobe das fokussierte Skin-Picking vorhersagen, mit einer Varianzaufklärung von 33%. Das automatisierte Picking konnte durch den Mangel an emotionaler Klarheit vorhergesagt werden.

In einer anderen Untersuchung berichtete eine Mehrheit der vom pathologischen Skin-Picking Betroffenen von einer ansteigenden Anspannung vor dem Skin-Picking und einer Erleichterung oder Befriedung während des Skin-Pickings. Die Berechnungen im Rahmen der Studie führten zum Ergebnis, dass Schwierigkeiten in der Emotionsregulation und emotionale Reaktivität das pathologische Skin-Picking vorhersagten (Snorrason, Smari & Olafsson, 2010).

Die Wichtigkeit der emotionalen Reaktivität in der Dermatillomanie konnte auch bereits mittels fMRT-Bildgebung gezeigt werden. Wabnegger, Übel, Suchar und Schienle (2018) untersuchten Frauen mit Dermatillomanie und gesunde Kontrollpersonen. Diesen wurden affektive Bilder während der fMRT-Messung gezeigt, welche Angst, Ekel oder Freude hervorrufen sollten. Frauen mit Dermatillomanie hatten allgemein höhere Werte in den Ekelratings und Angstratings. Die Hirnaktvierungsmuster zeigten, dass Frauen mit

14 Dermatillomanie bei allen affektiven Bildern (Angst, Ekel und Freude) stärkere Aktivierungen zeigten. Beim Betrachten von fröhlichen Bildern zeigten sie eine stärkere Amygdala-Aktivierung. Bei angstbezogenen Bildern ließ sich eine stärkere Aktivierung in der Insula, im orbitofrontalen Cortex und marginal in der Amygdala feststellen. Ekelbezogene Bilder führten zur stärkeren Aktivierung in Insula und Amygdala. Somit lässt sich festhalten, dass Frauen mit Dermatillomanie, sowohl subjektiv durch die Ratings als auch objektiv durch die fMRT-Messung, eine erhöhte emotionale Reaktivität aufwiesen.

Zusammengefasst lassen diese Befunde darauf schließen, dass Personen mit Dermatillomanie zum einen eine höhere emotionale Reaktivität haben und zum anderen mehr Schwierigkeiten haben mit diesen Emotionen umzugehen oder diese zu regulieren. Das Manipulieren der Haut könnte hierbei im Sinne eines Emotionsregulationsmodells als Regulationsversuch dienen.

Das Emotionsregulationsmodell bei körperfokussierten repetitiven Verhaltensstörungen basiert auf einer negativen Verstärkung, da die relevante Verhaltensstörung als Befreiung von negativen Emotionen fungiert, und die Befreiung beziehungsweise Entlastung dazu führt, dass das Verhalten verstärkt und gefestigt wird (Roberts, O’Connor, Bélanger, 2013).

Dennoch ist wichtig zu erwähnen, dass nicht alle Personen mit Dermatillomanie einen negativen affektiven Zustand vor dem Hautmanipulieren haben und somit auch nicht aufgrund einer Entlastung dieses Zustands ihre Haut manipulieren (Snorrason et al., 2010).

1.1.7.3. Lerntheoretisches ComB-Modell

Gallinat, Martin und Schmidt (2020) überarbeiteten das Comprehensive Behavior Modell (ComB-Modell) von Mansueto, Stemberger, Thomas und Golomb (1997), welches als lerntheoretisch basiertes Störungsmodell zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Trichotillomanie entwickelt wurde. Gallinat et al. (2020) veränderten das Modell, um als Störungsmodell der Dermatillomanie zu dienen, indem sie es mit Einflussfaktoren erweiterten. Diese Anpassung des Modells an die Dermatillomanie rechtfertigen die AutorInnen mit der engen Verbindung der Trichotillomanie und der Dermatillomanie, da es sich bei beiden um körperfokussierte repetitive Verhaltensstörungen handle.

Die nachfolgende Erklärung des Modells wurde auf Grundlage der Arbeit von Gallinat et al.

(2020) erfasst.

15 Zentrale Bestandteile des ComB-Modells sind Cues, diskriminative Stimuli, Verhalten und Konsequenzen. Ergänzend wurde für das Modell der Dermatillomanie die Komponente Personenvariablen hinzugefügt.

Cues: Die Cues können in internale und externale Cues unterteilt werden. Als internale Cues zählen Kognitionen, Sensationen, aber auch Emotionen. Diese könnten beispielsweise Anspannung oder Langeweile sein. Externale Cues können Settings oder Werkzeuge sein. Ein Drang die Haut zu manipulieren, kann durch diese Cues erzeugt werden, weil sie durch klassische Konditionierung zu Hinweisreizen werden, die einen Impuls beziehungsweise Drang zum Verhalten auslösen.

Diskriminative Stimuli: Auch bei den diskriminativen Stimuli, die als zweite zentrale Komponente genannt werden, gibt es sowohl internale als auch externale. Internale diskriminative Stimuli können Gedanken oder auch die Körperhaltung sein. Externale hingegen beziehen sich beispielsweise auf die An- oder Abwesenheit anderer Personen. Die diskriminativen Stimuli sind Hinweisreize, die wiederholt im Kontext der Hautmanipulation erscheinen. Sie hemmen oder erleichtern über die operante Konditionierung das Skin-Picking.

Hemmen sie es, nennt man sie auch Inhibitoren. Erleichtern sie es, sind sie Disinhibitoren.

Verhalten: Pathologische Verhaltensweisen treten auf, welche oftmals ritualisiert stattfinden.

Man kann sie in Vorbereitung, Ausführung und Nachbereitung gliedern. Die Vorbereitung kann beispielsweise das Zurechtlegen einer Nadel sein. Die Ausführung betrifft das Skin-Picking, welches in Form von Quetschen, Zupfen oder Kratzen stattfinden kann. Die Nachbereitung kann zum Beispiel die Wundversorgung nach der Hautmanipulation sein.

Konsequenzen: Die Konsequenzen des Skin-Pickings kann man in belohnende und aversive unterteilen. Belohnend wäre das Gefühl von Erleichterung oder Befriedung nach dem Skin-Picking. Als belohnende Konsequenz kommt auch das Gefühl von Erfolg vor, wenn beispielsweise eine Hautunreinheit entfernt wurde. Aversiv wären unter anderem Schuldgefühle oder blutende Wunden. Auch Schamgefühle können hierbei auftreten. Diese Konsequenzen (belohnend sowie aversiv) führen kurzfristig zur Beendigung der Skin-Picking-Episode, aber zeitgleich auch zur langfristigen Aufrechterhaltung des pathologischen Verhaltens.

Das ComB-Modell der Dermatillomanie wurde um die Komponente Personenvariablen erweitert, wie in Abbildung 1 zu sehen ist. Damit sind prädisponierende und aufrechterhaltende Faktoren gemeint, die personenbezogen sind und in die einzelnen

16 Komponenten mitwirken könnten. Hier werden biologische Prädispositionen, Neigung zu Hautunebenheiten, Impulsivität, Reizreaktivität und mangelnde Emotionsregulationsfähigkeit genannt.

Abbildung 1. Lerntheoretisches ComB-Modell der Dermatillomanie.

1.1.7.4. Pathologisches Grooming

Self-Grooming ist bei den Tieren als Fellpflege bekannt, die unter anderem passiert, um Parasiten zu entfernen (Prokop, Fančovičová & Fedor, 2014). Grant und Stein (2014) argumentieren, dass die Dermatillomanie sowie die Trichotillomanie in eine Kategorie der Grooming-Störungen zusammengefasst werden könnten.

Prokop et al. (2014) haben in ihrer Studie untersucht, inwiefern Grooming-Verhalten auch bei Menschen gezeigt wird. Dafür wurde den Untersuchungspersonen ein Vortrag über Hormone und einer über Parasiten gehalten. Nach dem Vortrag über Parasiten hatten die Untersuchungspersonen höhere Werte in der HPAS (Human Parasite Avoidance Scale) als zuvor. Die von den AutorInnen selbstkonstruierte HPAS beinhaltet 3 Items, die abfragen, wie

17 häufig eine Person in den letzten 45 Minuten einen Kratzdrang verspürte, wie häufig sie das Gefühl hatte, dass etwas auf ihrem Körper krabbelte, und wie stark ihr Bedürfnis war ihre Hände zu waschen. Somit führten die visuellen und verbalen Informationen über die Parasiten und mögliche Gesundheitsrisiken aufgrund dieser zur Aktivierung des Grooming-Verhaltens.

Außerdem zeigte sich, dass die empfundene Vulnerabilität für Krankheiten der Untersuchungspersonen positiv korrelierte mit der Neigung zum Grooming-Verhalten. Auch emotionales Unbehagen bei salienten Krankheitshinweisreizen korrelierte positiv mit der Neigung zum Grooming-Verhalten. Da des Weiteren auch die Informationen über Parasiten besser erinnert werden konnten als jene über die Hormone, argumentierten die AutorInnen über den Ekel als Emotion, welche eine wichtige Rolle in der Aktivierung von Vermeidungsverhalten bei Parasiten spielen könnte (Prokop et al., 2014).

Schienle, Übel und Wabnegger (2018) lieferten Befunde zur erhöhten Ekelsensitivität bei Frauen mit Dermatillomanie, die auch im Zusammenhang mit pathologischem Grooming stehen könnte. Es handelte sich hierbei um eine fMRT-Studie, die visuelle Symptomprovokation im Sinne von affektiven Bildern durchführte. Die Bilder beinhalteten Hautunreinheiten beziehungsweise Hautunebenheiten sowie glatte Haut. Den Studienteilnehmerinnen (Frauen mit Dermatillomanie und gesunde weibliche Kontrollpersonen) wurden die Bilder während der fMRT-Messung präsentiert. Fünf randomisiert ausgewählte Bilder der Hautunreinheiten und der glatten Haut sollten im Anschluss von den Probandinnen bewertet werden. Frauen mit Dermatillomanie bewerteten Hautunreinheiten als ekeliger und fühlten mehr Anspannung und Drang zu Kratzen als Kontrollpersonen. Des Weiteren zeigten die Frauen mit Dermatillomanie, verglichen mit den Kontrollpersonen, stärkere Aktivierungen in der linken Insula sowie der linken Amygdala beim Betrachten von Hautunreinheiten. Die Involvierung der Amygdala und der Insula in der Ekelverarbeitung ist bereits durch vorherige Studien bekannt (Stark et al., 2007).

Auch zeigten Frauen mit Dermatillomanie in der Studie von Schienle et al. (2018) hohe Werte im Selbstekel und in der Ekelsensitivität. Ein positiver Zusammenhang zwischen dem empfundenen Ekel der Frauen mit Dermatillomanie während des Betrachtens der Hautunreinheiten und ihrer Aktivierung in Insula und Putamen konnte ebenfalls erfasst werden. Die Insula und das Putamen spielen eine Rolle im Kratzdrang/ Juckreiz und im Kratzen selbst (Papoiu et al., 2013).

Diese Befunde deuten darauf hin, dass das wiederholte Manipulieren der Haut als ekelgesteuertes Schutzverhalten dienen könnte, um potentielle Pathogene fernzuhalten.

18 Maraz, Hende, Urbán und Demetrovics (2017) konnten aufzeigen, dass Skin-Picking, Nägelbeißen und Trichotillomanie auf demselben Faktor laden, was als Indiz eines allgemeinen Grooming-Faktors interpretiert wurde.

1.1.7.5. Zwangsstörung

Die Zuordnung der Dermatillomanie zu den zwangsassoziierten Störungen ist eine weit verbreitete Handhabung, da sie sowohl im Diagnostikmanual DSM-5 (American Psychiatric Association, 2013) als auch im ICD-11 der Zwangsstörung zugeordnet wurde. So wird sie im ICD-11 als wiederkehrendes Picking der eigenen Haut, welches zu Hautläsionen führt, bezeichnet (World Health Organization, 2019).

Gemeinsamkeiten zur Zwangsstörung lassen sich im fokussierten Skin-Picking erkennen:

Hier verspüren Betroffene einen zwanghaften Drang ihre Haut zu manipulieren, was unter anderem in Form von Gedanken oder Impulsen passieren kann (Walther et al., 2009). Weiters wiederholen sie das Skin-Picking immer wieder. Ritualisiertes Verhalten kann hierbei beobachtet werden (Gallinat et al., 2020).

Dennoch gibt es auch Personen mit Dermatillomanie, die die Hautmanipulationen unbewusst und automatisiert durchführen. Beziehungsweise gibt es Betroffene, die eine Mischform von fokussiertem und automatisiertem Skin-Picking zeigen (Walther et al., 2009). Somit fällt in dieser Variante eine Form des Zwangsgedankens, der in der Zwangsstörung üblich ist, weg.

Ein Hinterfragen der Zuordnung der Dermatillomanie als Zwangsstörung fand schon in mehreren wissenschaftlichen Arbeiten statt. Odlaug und Grant (2010) konnten beispielsweise die Dermatillomanie eher als Suchterkrankung einordnen, da sie unter anderem die Gemeinsamkeit feststellten, dass sowohl Suchterkrankte als auch Personen mit Dermatillomanie daran scheitern, das Problemverhalten abzulegen, auch wenn sie die Folgen der Erkrankung kennen. Andere Zuordnungen der Dermatillomanie, die AutorInnen bisher gemacht haben, wurden bereits in den vorherliegenden Kapiteln beschrieben.

Eine Vergleichsstudie der klinischen Merkmale der Dermatillomanie und der Zwangsstörung von Grant, Odlaug und Kim (2010) zeigte unter anderem, dass die Personen mit Dermatillomanie (= Skin-PickerInnen) eher zu zeitgleich auftretendem Nägelbeißen neigen als jene mit Zwangsstörung. Weiters investierten die ProbandInnen mit Zwangsstörungen mehr Zeit in ihre Gedanken und Handlungen als die Skin-PickerInnen. Die Conclusio der

19 AutorInnen war, dass es zwar Ähnlichkeiten zwischen den beiden Störungsbildern gibt, es aber dennoch bedenklich wäre, die Dermatillomanie lediglich als eine Art der Zwangsstörung anzusehen.

In den Neurowissenschaften gibt es ebenfalls Befunde, die sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen der Dermatillomanie und den Zwangsstörungen aufzeigen.

Eine voxelbasierte Morphometrie-Analyse wurde von Schienle, Potthoff und Wabnegger (2018) durchgeführt, um mögliche hirnstrukturelle Auffälligkeiten bei Personen mit Dermatillomanie aufzudecken. Hierzu wurden Männer und Frauen mit der Diagnose Dermatillomanie sowie gesunde Kontrollpersonen untersucht. Dabei zeigte sich, dass Personen mit Dermatillomanie reduzierte graue Volumina im orbitofrontalen Cortex und in der Insula aufweisen. Pujol et al. (2004) erhielten in ihrer MRT-Studie, bei welcher sie Personen mit Zwangsstörungen und Kontrollpersonen untersuchten, einen ähnlichen Befund:

Personen mit Zwangsstörungen hatten ein reduziertes graues Volumen im medialen orbitofrontalen Cortex, in der linken insulo-opercularen Region und im medialen frontalen Gyrus. Auch Yoo et al. (2008) konnten in ihrer Untersuchung von ZwangspatientInnen unter anderem eine verringertes graues Hirnvolumen in der Insula im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen feststellen. Funktionen, die dem orbitofrontalen Cortex zugeschrieben werden, sind unter anderem im Rahmen der Entscheidungsfindung (Rich, Stoll & Rudebeck, 2018), der Verarbeitung von Belohnungsreizen (Klein-Flügge, Barron, Broderson, Dolan &

Behrens, 2013) sowie auch bei der Wahrnehmung von Berührungen (Rolls et al., 2003). Die Insula wird unter anderem als relevante Region für die Interozeption beschrieben (Critchley, Wiens, Rotshtein, Öhman & Dolan, 2004).

Dennoch gibt es auch Berichte, die Unterschiede in hirnstrukturellen Auffälligkeiten aufzeigen, wie zum Beispiel im Cerebellum. Wabnegger und Schienle (2019) konnten in ihrer Studie herausfinden, dass Männer und Frauen mit Dermatillomanie, verglichen mit Kontrollpersonen, ein geringeres graues Volumen in den linken cerebellaren Lappen 5 und 6 haben. Im Gegensatz dazu zeigt eine groß angelegte Studie mit MRT-Bilden von Personen mit Zwangsstörungen, dass diese ein vergrößertes graues Volumen im Cerebellum bilateral aufzeigen (De Wit et al., 2014).

Somit wird erkennbar, dass weder die pathologischen Verhaltensmuster noch die neurologischen Befunde der Dermatillomanie und der Zwangsstörungen eindeutig übereinstimmen, allerdings sind Gemeinsamkeiten erkennbar.

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